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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1870
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- Deutsch
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-N 98, 2. Mai. Nichtamtlicher Theil. 1475 Nichtamtlicher Theil. Die ersten deutschen Zeitungen. Culturgeschichlliche Skizzc von Wilhelm Girschner. Bereits in der letzten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts waren in Deutschland handschriftliche Zeitungsberichte verbreitet. Die Nedactionsbureaur derselben waren die Comtoire der großen Handelshäuser. Die in lebhaftem Aufschwünge begriffene Handels und Geschäftswelt mußte an den Ereignissen auf der Bühne der Welt, die zu keiner Zeit verfehlt haben, auf Spcculationcn und ge schäftliche Unternehmungen den unmittelbarsten Einfluß zu üben, einen großen Aulheil nehmen und sehr dabei interesstrt sein. ' Hiel ten doch Handel und Industrie niit ihren Netzen schon alleThcile der Erde umsponnen, und der Anstoß, der auf irgend einem Punkt die ses Gewebes gegeben wurde, pflanzte sich fühlbar nach allen Rich tungen fort. Daher wurde es Brauch der Kaufleutc, um sich so genau und schnell wie möglich von allen wichtigen Begebenheiten Kenntniß zu verschaffen, sich von ihren Geschäftsfreunden in der Ferne hierüber mit einiger Regelmäßigkeit Mitthcilungen machen zu lassen. Größere Handelshäuser verbanden sich zu diesem Behufe auch mit den Regierungen verschiedener Länder, welche ein gleiches Interesse an den Welthandel» hatten und dagegen die Neuigkeiten der Handelscorrespondenz austauschtcn. Die so ausgewcchselten Berichte der Handelshäuser wurden in den Comtoircn derselben oder von besonders beauftragten Zeitungsschreibern zusammengestellt, gedruckt und als Zeitung herausgegebcn. In der Auswahl und Mannigfaltigkeit des Materials, in der Anordnung und An lage, sowie in der Ausführlichkeit der Berichte sind diese Neuig- keits-Collcctioncu, wie wir sie nennen möchten, unser» modernen Zeitungen ziemlich nahe gerückt, und in Hinsicht auf Zuverlässig keit der wichtigeren politischen Nachrichten übertrcffen sie diese vielleicht um ein Bedeutendes. Sie enthalten fast tägliche Berichte ans den Gegenden und Ländern, auf welche vor zugsweise die Augen der Welt gerichtet waren. Viele Berichte sind von Augenzeugen geschrieben, und stets sind die wichtigeren auf die Ereignisse sich beziehenden Documcnte und Actcnstücke mitgcthcilt, bei den politischen Nachrichten ist auch womöglich die Quelle oder der Gewährsmann angeführt. Dem politischen ist auch ein literarischer Theil bcigegebcu, der sogar eine ziemliche Ausdehnung hat; außerdem wurden auch solche Mittheilungen gebracht, die wir heut zutage in das Feuilleton setzen würden: landschaftliche Schilderungen, Beschreibungen von Festen, Aufzügen, Volkssitten, Prozeßnach richten von Alchymistcn re.; auch die Nachrichten von allerhand schrecklichen Zeichen am Himmel, seltsamen Thieren und Mißgebur ten re. mit den daran sich knüpfenden sehr ernst gehaltenen Weissa gungen, Warnungen und Ermahnungen fehlten nicht. Hier und da finden wir am Ende auch schon „Anzeigen". Darin beruht aller dings ein wichtiger Unterschied zwischen damals und jetzt, daß die Nachrichte» ungleich später kamen, auch das Verständniß für die Zeitungen sich bei dem damaligen Stande der Bildung auf einen weit kleineren Kreis beschränkte, weshalb Absatz und Verbreitung nicht groß sein konnten. Eine indische Landpost gebrauchte damals bis zu uns elf Monate, und von Constantinopcl bis Wien waren die Briefe 40—50 Tage unterwegs. Solche Zeitungsberichte ließ namentlich das reiche und bedeutende Handelshaus der Fugger in Augsburg zusammcnstellen, dessen Flagge auf allen Meeren wehte, und welches in Ost- und Westindien blühende Factoreien und in allen wichtigen Handels- und Seestädten Agenturen besaß. Eine Samm lung von 28 Bänden derselben, die Jahre 1568—1604 umfassend, kam 1656 mit der Fugger'schcn Familien - Bibliothek nach Wien in die kaiserliche Bibliothek und ist für die Geschichtsforschung höchst werthvoll und interessant. Dies waren indessen noch keine eigentliche Zeitungen; es fehlt» ihnen hierzu ein wesentliches Moment — die regelmäßige Wiederkehr, und zwar in möglichst beschränkter Frist. Es waren mehr periodisch Collectioncn, bei denen die Zeitfristen zu ausgedehnt waren und will-! kürlich innegehalten wurden. Erst nachdem, was zu diesem weitere: Fortschritt unbedingt nothwendig, der Stoff sowohl wie die litera rische und mercanlilische Thätigkeit sich vermehrt, auch die Bildung zu einer solchen Allgemeinheit gelangt war, daß das Interesse für den ganzen Umfang der Tagesgeschichte bei dem größeren Publieum eine hinreichende Anzahl regelmäßiger Zeitungslcscr sicherte, konnte mit den cigentlichenZeitungcn der Anfang gemacht werden, zu denen jene kaufmännischen Berichte die Bahn gebrochen hatten. Die erste wirkliche Zeitung erschien zu Frankfurt a. M. in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts. Diese Stadt, die schon damals, ins besondere durch ihre noch jetzt blühenden halbjährlichen Messen, einen höchst bedeutenden Brenn- und Sammelpunkt des deutschen Handels bildete, war auch der Mittelpunkt des deutschen Buchhandels. Seinel günstige Lage, sein starker Verkehr, seine häufigen Fremdenbesuche waren ganz dazu geeignet, als das Material sich allmählich angehäuft und das Bedürfnis; vorhanden war, mit Nothwendigkeit zur Heraus gabe eigentlicher, regelmäßiger Zeitungen zu führen. Es war einem dortigen Bürger, dem Buchhändler und Buchdrucker Egenolph Emmel Vorbehalten, eine solche im Jahre 1615 zuerst heraus- zugcben. Er druckte sie auf seine Kosten und ließ sie allwöchentlich erscheinen. Sie war zugleich die erste regelmäßige Zeitung über haupt. Denn die „ Mercurics", auf welche die Engländer die An sprüche ihrer Priorität gründen, sind nichts weiter als sogenannte Relationen, d. h. Flugblätter, über einzelne merkwürdige Begeben heiten veröffentlicht; und von der „Gazzetta" der Italiener (angeb lich von ^»220, AN226ttu, einer kleinen Münze, mit der die ein zelnen Nummern bezahlt wurden, nach Andern von Zur?, tto s, schwatzen) dürfte sich schwerlich Nachweisen lassen, daß sie vor 1615 erschienen. Die „NotiHs seritt«", gesammelte Neuigkeiten in einer fortlaufenden Reihe, die es schon 1536 in Venedig in einem kaufmännischen Nachweisungs-Bureau gab, und die sich dort bis zur französischen Revolution erhielten, waren nur Manuscripte, ge schriebene Zeitungen. Die ersten gedruckten Zeitungen der Franzose: gab erst 1623 der Arzt Thcophrast Renaudot unter dem Titel „HouvsIIi-s orckinniros 4» ckivors onäroits" zu Paris heraus. Es erging den ersten Zeitungen wie den meisten Erfindungen es fand sich, sobald einmal der Anfang gemacht, alsbald ein Hee von Nachahmern ein, und das Unerhörte und Unglaubliche wurd in kurzer Zeit etwas Alltägliches. Und wie die Nachahmer meist de Gelvinn davontragen, so auch hier. Angefcuert durch Emmel's Bei» spiel, gab im nächsten Jahre der damalige Reichspostverwalter Jo Hann von der Birghden, dem seine amtliche Stellung vor allen Mit» bcwcrbcrn offenbar eine Menge Vortheile gewährte, eine ähnlich» wöchentliche Zeitung heraus, wobei er sich auch kein Gewissen daran» machte, nicht nur an der Emmel'schen Zeitung manchen Diebstahl z: begehen, sondern auch dieselbe durch eine Ungleichheit der Speditiv zu verdrängen. Emmel wurde dieserhalb beim Schöffenrathe z Frankfurt klagbar, worauf letzterer ein Verbot an Birghden ergehe ließ, seine Zeitung innerhalb Frankfurts zum Nachtheil des Kläger: abdrucken zu lassen. Aber der kaiserliche Postmeister, die Autoritä: des Frankfurter Senats nicht hoch anschlagend, erklärte, er werde de Verbot nicht Folge leisten. Emmel erneuerte seine Klage; doch wie derum ohne Erfolg. Der Senat zog es endlich vor, keinem Unrech zu geben, und beiden zu gestatten, die Zeitung auf ihre Gefahr z drucken. Doch waren die Streitigkeiten damit noch nicht zu Ende. Birghden scheint sich abermaliger Ungerechtigkeiten gegen Emme! 209 '
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