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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1870
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- 04.04.1870
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- Deutsch
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^ 76. 4. April. Nichtamtlicher Theil. 1155 fchcnswcrth und uvthwendig, daß, wenn die Nation ihre Schriftsteller ken nen lerne» solle, dies auf einmal mit dem Schriftsteller geschehe, und des wegen müßte der Nachdruck gleichsam wie in einer Schleuse zurückgchaltcn werde», dergestalt daß erst 30 Jahre nach dem Tode auf einmal die gcsamm- ten Werke des Schriftstellers der Nation zur allgemeine» Benutzung unter breitet werden. Meine Herren, dieser Grund kommt mir doch fast gesucht vor. Ich vermag nicht cinzuschen, warum für dasjenige Publicum, was nur im Stande ist die wohlfeileren Ausgaben zu kaufen, ein anderes Ver hältnis! wünschcnSwerth wäre, als für das Publicum, welches die thcureren Ausgaben kauft. Wir Alle, die wir die erste Serie der Ausgaben kaufen, müsse» unS zufrieden erklären, daß der Schriftsteller seine Werke nach und nach producirt, und wir kaufen sie, wie sic erscheinen. Ist denn das für uns ein Verlust? ist cS ein Schaden, daß wir den Mann nicht gleich als den Verfasser von einer ganzen Reihe Schriftwerke kennen lernen? Nein, wir freuen uns seines allmäblichcn Wachsens, und der allmählichen Kenntniß- nahmc seiner Schriften. Warum soll das nicht gelten sür das übrige Pub licum, welches die wohlfeileren Eremplare des Nachdrucks kaufen wird? Auch dieses wird die Schriften nach und nach kennen lernen, wie sie dem freien Verkehr anhcimfallcn; und ich vermag darin nicht den geringsten Grund zu scheu, unserem Anträge cntgegenzutreten. Meine Herren, man ist unserem Anträge auch mittelst prinzipieller Gründe entgegengctretcn. Man hat einen Streit darüber erhoben, ob der Schriftsteller ein geistiges Eigenthum an seinem Werke habe, oder nicht, und man behauptet, der Regierungs-Entwurf stehe auf dem Prinzip des geistigen EigentbumS, während unser Antrag dieses Prinzip verneint. Meine Herren, ich muß diesen Gegensatz vollständig in Abrede stellen; er würde nur zutrefsen, wenn der Regierungsentwurf eine ewige Schutzfrist gewähren wollte, und wir gar keine. Wir sind aber beide aus dein Stand punkt, daß wir die Schriftsteller schützen wollen, jedoch nur in einer zeitlichen Begrenzung. Ich meines Thcils nehme keinen Anstand anzuerkenncn, daß der Schutz des Schriftstellers in seinem Autorrecht eine Forderung der Gerechtigkeit ist, und man thnt nicht wohl und gut daran, zu meinen, dicier Schutz sei nur eine UtilitätSrücksicht: der Schriftsteller habe eigent lich gar kein Recht, und wenn man ihn schütze, so geschehe cs gewissermaßen nur'um Gottcswillcn. Ich glaube, daß wir ein Recht des Schriftstellers an seinen Werken anerkennen können, und habe auch nichts dagegen ein- zuwcndcn, wen» wir dies, um dem Dinge einen Namen zu geben, geistiges Eigenthuin nennen. Aber man darf nur nicht aus diesem Namen irgend welche Conscqucnzcn ziehen wollen, die an das körperliche Eigenthum sich knüpfen. Alle Diejenigen, die dies versichern, gcrathcn in dieser Beziehung uothwcndig mit sich selbst in Widerspruch. Sic können unmöglich die Befristung' erklären, die dieses Recht haben soll, die Sic ja aber selbst wollen. Daß das Eigcuthum Schranken unterliegt, ist richtig, aber mir ist nicht bekannt, daß irgend ein Eigcuthum durch Zeit abläuft. So lange ich im Besitze meines Grundstückes bin, erbt cS auch Kind und KindcS- kind. Ebenso wenig kann ich den Gesichtspunkt gelten lassen, den der Abgeordnete Stephani geltend macht: cS liege in der Befristung des Autoren rechtes eine Art Erpropriation vor. Es gibt keine Erpropriation ohne Ent schädigung. Soll denn der Autor cnttchädigt werden? Daran denkt ja auch der Herr Abgeordnete Stephani nicht, das Wahre ist: daß dem Rechte des Autors auf seine Werke ein nicht minder begründetes Recht der Nation gegen übersieht auf den freien Vertrieb ihrer Geistcsproductc, und wenn mit Rücksicht darauf das Autorrecht als ein zeitlich beschränktes betrachtet wird, so kann sich der Autor nicht beklagen. Denn er muß eingedenk bleiben, daß, so hoch er auch steht, er mit seiner geistigen Kraft doch nur in der geistigen Gcsammtbildung einer Nation wurzelt, und daß er gewissermaßen nur eine Schuld abträgt, wenn schließlich sein Werk der Gcsammtbildung der Nation wieder anhcimfällt. Meine Herren, als ich meinen Antrag in der freiwilligen Commission stellte, — eS geschah dies zu einer Zeit, als noch nicht bekannt war, daß der Abgeordnete Braun einen ähnlichen Antrag im Sinne habe — glaubte ich in der That einen vermittelnden Antrag zu stellen. Ich glaubte, daß hier noch wcitcrgchcnde Anträge auf Abkürzung der Frist gestellt werden würden. Ich habe mich gefreut, daß dies nicht der Fall ist. Es ist hier schon mehrfach berührt worden, daß ein Theil unserer Schriftsteller durch die erste Besprechung dieses Gesetzentwurfs, bei welcher manche Mißver ständnisse nnt untergelaufcn sind, in eine gewisse Beunruhigung gekommen ist. Ich würde es für ein Glück halte», wenn diese Schriftsteller, unter denen sich Namen befinden, auf welche Deutschland stolz sein darf, sich überzeugen wollten, daß auch wir, die wir nicht die Frist dcö Negierungs-Ent wurfs wollen, doch in der That nicht mit Ungerechtigkeit an die Ordnung der Verhältnisse, die sic so nahe berühren, herantreten wollen. Aber ich würde cö auch sür eine Beleidigung dieser Männer halten, wenn ich unter stellen wollte, daß ihr Patriotismus nicht länger andaucrtc, als die bundcS- mäßige Schutzfrist unverändert besteht. Meine Herren, ich komme schließlich zu dem Anträge, den der Herr Or. Wchrcnpfennig eventuell gestellt hat. Auch dieses soll ein vermittelnder Antrag sein; er will die absolute Schutzfrist beinhalten, ist aber bereit, dieselbe eventuell aus 20 Jahre herabzusctzen. Meine Herren, ich halte diesen Antrag deswegen für keinen guten, weil er der Gerechtigkeit in der That noch weniger huldigt als^ die 30jährige Schutzfrist; denn das Berhältniß wird dadurch unter den Schriftstellern noch ungleicher. Der Antrag kommt nur denjenigen Schriftstellern zu gute, welche oaS Erscheinen ihrer Werke lange Jahre überleben, er ist also nur im Interesse eines Theils der Schrift steller gestellt. Wenn ein Schriftsteller nicht volle 20 Jahre das Erscheinen seines Werkes überlebt, so ist die von unS vorgeschlagcne Frist sür ihn günstiger, denn er erhält dann eine über 20 Jahre bis zu 30 Jabren hinauS- gchcndc Frist, während nach dem Vorschläge des Abgeordneten Or. Wehren- pscnnig er immer nur 20 Jahre erhielte. Nur dann, wenn der Schriftsteller mehr als 20 Jahre das Erscheinen seines Werkes überlebt, würde die 20- jährige Frist des Abgeordneten Or. Wehrenpscnnig für ihn günstiger sein. Diese Frist stellt also das Berhältniß so: sie bcuachtheiligt Diejenigen, die das Unglück haben, früh zu sterben, sie bevorthcilt Diejenigen, die das Glück haben, länger zu leben. Meine Herren, finden Sic darin eine Gerechtig keit? Ich gestehe Ihnen, meine Herren, wenn Sic unseren Antrag ab lehnen sollten, so würde ich in der That noch lieber für die 30 jährige Frist stimmen, als für die 20jährigc, indem, wie bemerkt, durch die 2ÖjLhrige Frist die relative Unglcichbcit der Fristen noch stärker hervortritt. Schließlich will ich in Ucbercinstimmung mit meinem Mitantragsteller bitten, das vorletzte Wort in unserem Anträge umzuwandcln. Es heißt darin .Autors" — ich bitte zu setzen: „Urhebers". Es ist dieses Wort ohne mein Zuthun hincingekommen, während ich gerade die Ansicht ver trete, daß wir solche fremdländische Wörter in unserer deutschen Gesetzgebung nicht auwcnden sollen. Präsident: Ehe ich den Abgeordneten Niendorf bitte das Wort zu nehmen, will ich anzeigcn, daß der Abgeordnete Or. Wchrcnpfennig einen neuen Antrag eingebracht hat: „Der Reichstag wolle beschließen: 1. heute nach Schluß der DiScussion nur über §. 8. abzustimmcn; 2. nach erfolgter Abstimmung die Regierungsvorlage purer Commis sion von 14 Mitgliedern zu überweisen." Das Wort hat der Abgeordnete Niendorf. Abgeordneter Niendorf: Meine Herren, fürchten Sie keine lange Rede von mir; ich habe mein Theil bereits gcthan, indem ich Ihnen vor 8 Tagen meine Ansichten in die Wohnung schickte, wo Sie sie beim Kassee- tisch lesen konnten, oder des Abends zum EinschläferuugSmittcl. (Heiterkeit.) Ich muß aber hier sprechen, meine Herren, denn ich habe Auftrag von meinen College», — Sie wissen, ich bin Schriftsteller und kann dies in sofern thun, gleichviel, ob Sic meine Werke für werthvoll halten oder nicht, das ist hier gleichgültig. — Wir müssen durchaus dagegen protestireu, daß die Frist, wie sie besteht, irgendwie uuS gekürzt werde. Wir glauben und wissen: wir haben ein Eigenthum; wenn wir kein Eigcuthum hätten, dann könnten Sie uns keines wegdccrctircn und brauchten keine Schutz fristen einzuführcu. Ob nun das Eigenthuin ein geistiges sei oder ein reales, daö ist uns höchst gleichgültig. Das geistige, meine Herren, schenken wir Ihnen gern, aber das reale wünschen wir im Ernst uns zu bewahren. — Wenn wir nun in diesem Eigenthuin durch die neuen Ideen des Ab geordneten k)r. Braun noch beschützt und gestärkt werden sollen, ja nament lich, daß dies unser Eigenthum uns noch rentabler gemacht werden soll, indem er uns Paragraphen über die Verleger, über die dritte Potenz, wie er sagt, in das Gesetz hineinbringen will, so danken wir ihm dafür sehr. Wir sind selbst mündig und werden unsere Contracte mit den Verlegern schon selbst abmachcn. ES würde auch kein Paragraph dieser Art uns irgendwie helfen; denn die Verleger würden dann ebenso klug sein und bei Fällen der Contractvollziehung, zumal wenn sie einen unbekannten jungen Schriftsteller vor sich haben, der durchaus gern gedruckt sein will, was, meine Herren, unter Umständen viel sagen will, sich diesen Para graphen zu entziehen wissen. Der junge Lchriftstcllcr würde sich gern ge fallen lassen, daß der Verleger in den Contract schreibt: „der und der bezügliche Paragraph dcö Nachdruckgesctzes gilt diesmal nicht", und, meine Herren, jeder Spccialcoutract geht dem Gesetz bekanntlich vor. Es wären also diese Art von Bedingungen höchstens unnütz. Nun, meine Herren, zu der anderen Herrlichkeit, von den Tantiemen! Dann möchte der Ab geordnete Or. Braun erst dafür sorgen, daß er uuS Staatsbeamte anstcllt, die uns die Verleger hübsch beaufsichtigen, indem sic jeden Monat wenigstens die Cassc und Bücher der Buchhändler rcvidiren! Anders würde cS kaum gehen. Es geht sogar in Frankreich nicht anders, wo allerdings die Theater auf Tautismezahluiig gesetzt sind; allein, meine Herren, in Frank reich sind die Theater conccssionirt; es gibt ihrer wenige, und dann hat der Maire das Recht, den Theaterdircctor an der Cassc zu inspicircn und genau zu prüfen, wieviel cingekommcn ist, damit den Schriftstellern ihr Theil werde. Dieses oder Aehnlicheö aber kann der Staat in letzter Instanz beim besten Willen nicht mit dem Buchhandel thun, und wir danken auch schönstens dasür. Sie alle, meine Herren, und namentlich die (linke) Seite des Hauses ist sehr eingenommen gegen den clomiuuL enüuenL, gegen das
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