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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1870
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- Erscheinungsdatum
- 04.04.1870
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- Deutsch
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76, 4. April. Nichtamtlicher Theil. 1153 folglich kann cs abgedrnckt werden. Das schein! außerordentlich einfach; aber schlagen Sic doch einmal das JnhaltSvcrzeichniß irgend eines großen Schriftstellers auf, sind denn da bloß die großen dramatische» oder geschicht lichen Werke? Da finden Sie, wenn Sie z. B. Lessing nehmen, in einem einzigen Bande einige hundert verschiedene Abhandlungen; die Schillcr'schcn Gedichte sind in verschiedenen Taschenbüchern, Zeitschriften u. s. w. erschienen. Nun denken Sic sich hinein in die 40jährige Schutzfrist von dem Erscheinen eines jeden einzelnen Werkes, und ich frage, ob ein deutscher Buchhändler nicht ein Gelehrter sein müßte, der von dem Gesammtwerk, das man ihm verlegt, »ach kurzem Studium sollte sagen könne«, ob nichts Nachgedrucktes darin ist. Meine Herren! Ich vergleiche jetzt meinen Vorschlag mit dem der Regierungsvorlage und ich kann mich bei diesem Punkte kurz fassen, zumal ich Ihnen schon zu danke» habe für die Ausmcrksamkcit, die Sie mir gezollt haben. Ich gebe dem Herrn Abgeordneten Braun, der nicht mehr hier zu sein scheint, eins von vornherein zu — (Der Abgeordnete Ilr. Braun (Wiesbaden) meldet sich) (Heiterkeit) ich sage, ich gebe zu, meine Herren, daß cS außerordentlich viel mehr Autoren in der Welt gibt, welche glauben, durch den Unterschied von 20 bis 30 Jah ren nach dem Tode betroffen zu werden, als wirklich davon betroffen werden; ich gebe Ihnen zu, daß cS vielleicht »och nicht drei Dichter und vielleicht noch nicht zwei Dutzend Gelehrte sein werden, auf die diese Differenz eine Anwendung findet. Da könne» mir freilich meine Gegner sagen, also willst Dn wohl die Gesetze nach den Ausnahmen machen? Ich würde aber auf diese Frage nicht antworten: nein, ich mache sic nach der Regel, sondern ich würde sagen: wenn ich drei Ausnahmen habe, und diese Ausnahmen heißen: Goethe, Schiller und Lessing, dann mache ich nach den drei Aus nahmen dieses Schutzgcsctz, aber nicht nach der Regel. Denn, meine Herren, die kleine Literatur, die Fabriklitcratur, die industrielle Literatur wird des halb nicht thcuercr, weil Sie eine längere Schutzfrist nehmen, die ist immer billig und wird noch billiger werden, denn wenn sic daS nicht ist, so wird sic ühcrhaupt nicht gelesen, also die wird durch dieses Monopol nicht im mindesten berührt. Noch Eins, meine Herren, und das hat Wichtigkeit, weil ich bei vielen meiner verehrten Freunde diese» Gedanken sich immer wiederholen gefunden babe, und bei der außerordentlichen parlamentarischen Kunst meines Freun des, des Abgeordneten Braun, war es natürlich, daß auch er diesen Gedan ken Ihnen wieder sorgfältig einzuträufcln suchte. Das ist der Gedanke, meine Herren, daß die Schutzfrist eigentlich nicht dem Schriftsteller zu gute komme, sondern dem Verleger. Ich gebe dem Abgeordneten Braun zu, daß, wenn wir heute noch die Art Eontracte zu machen hätten, wie sie vor einem halben Jahrhundert üblich war, er dann nicht Unrecht hätte, wenn nämlich der Schriftsteller sein Werk dcni Verleger hingäbe für immer und ewig. Hier hast du für den und den Preis das Werk, nun drucke es, so lange du willst, wie z. B. Goethe seinen „Hermann und Dorothea" an Vicweg verkaufte, indem er das Mannscript ihm versiegelt schickte mit dem Bemerken: willst du daö gegen ein Honorar von 1000 Thlr. drucken? auf- machcn darfst dn es aber vorder nicht! Vicweg nahm es, was sehr gcscheid von ihm war, denn cS war ein geringer Preis. Wenn dieser Gebrauch noch jetzt herrschte, so würde ich dem Abgeordneten Braun Recht geben, denn der Verleger bezahlt den Schriftsteller nicht nach dem, was ans dem Schriftsteller noch werden kann, sondern »ach seiner heutigen Beliebtheit, nach seinem heutigen Rufe, nach den heutigen Hoffnungen, die er auf das Werk setzt. Deshalb ist cS mir auch sehr fraglich, ob wir die gleiche Schutzfrist ausdehne» können auf musikalische Werke, weil zwischen den Componistcn und deren Verlegern noch heute jene ewigen Eontracte gemacht werden; bei den Büchern ist eö aber nicht so, sondern man macht einen Contract von Auflage zu Auflage, man bestimmt die Größe derselben, man macht sogar mit dem Verleger den Preis des Buches aus, und man wird bezahlt nach Tausenden von Eremplarcn. Dies bemerke ich dem Herrn Abgeordne ten Braun, denn es ist wirklich nicht so, wie er meint, daß der Verleger wie ein großer Blutegel auf dem Nacken des Schriftstellers und Dichters säße. Ein berühmter Schriftsteller, der die Rede des Herrn Abgeordneten Braun gehört hatte, sagte mir: Herr vr. Brau» macht ein Versehen, er tarirt die Dinge nach den Verhältnissen, wie sie in den vierziger Jahren waren, damals war cS allerdings Regel, daß der Autor über seinen Verleger schalt, genau so, wie cs Regel war, daß jede Köchin am Brunnen über ihre Herrschaft schalt, aber heute ist cS nicht mehr so, die Zeiten sind vorüber, die gegenseitigen Interessen haben sich ausgeglichen. Jetzt, meine Herren, nur noch den einen Punkt, auf den ich das Haupt gewicht lege, nämlich die Einheit unserer deutschen Gesetzgebung. Ich will deshalb heute an der Schutzfrist nicht rütteln, weil mir diese Dvc- torsrage von 20 oder 30 Jahren nicht wichtig genug ist, um das ganze deut sche System der Nachdrucksgesetzgebuug über den Haufen zu stoßen. Es ist dieser Punkt von meinem verehrten Freunde Stephani schon so ausführlich erörtert worden, daß ich nur noch weniges hcrvorzuheben habe. Meine Herren, die Gesetzgebung der Südstaaten setzt den Norddeutschen gegen über keine Rcciprocität voraus, aus dem einfachen Grunde, weil sie von der Voraussetzung ausgeht, daß die einmal nach dreißigjährigen Anstrcngnngen von den deutschen Regierungen vereinbarte Schutzfrist nicht wieder werde erschüttert werden. Das bayrische Gesetz von 1865 sagt also nicht, wenn die norddeutschen Staaten meinen Bürgern dieselbe Schutzfrist gewähren, so will ich es auch thun, sondern es sagt ohne Weiteres, jeder Bürger innerhalb der Länder des damaligen Deutschen Bundes ist bei mir so geschützt, als wenn er ein Bayer wäre. Daraus ergibt sich nun, wenn wir jetzt die Schutzfrist kürzen, die seltsame Folge, daß ein preußischer Schriftsteller hier 20 Jahre Schutz haben würde, in Bayern aber 30 Jahre, während umgekehrt der bayrische Schriftsteller zu Hause 30 Jahre und hier nur 20 Jahre Schutz haben würde. DaS geht natürlich nicht; es würde also die sofortige Folge unserer Acndcrung sein, daß in Bayern das Gesetz verändert und an die Stelle die Rcciprocität gesetzt würde, so daß der Norden als Ausland behandelt wird. DaS mag nun nicht schlimm scheinen, wenn die Bayern auch auf 20 Jahre heruntergchen, so würde nicht viel verloren sein. Nun kommt aber Württemberg, meine Herren! In Württemberg eristirt überhaupt kein specielles Nachdrucksgesctz, sondern der Bundestags- bcschluß von 1845 und ein Gesetz von 1815, welches allen Ausländern nur 6 Jahr Schutz gewährt: in dem Augenblick, wo die Schutzfrist hier bei uns durchlöchert wird, würde die Conscgucnz sein, daß wir in Württemberg als Ausländer behandelt würden und in Württemberg nur 6 Jahre Schutz genössen. Ich gebe Ihnen nun bereitwillig zu, daß, da die Schwaben so viele Bücher produciren, verhältnißmäßig viel mehr als wir, sie mehr Interesse haben, sich den norddeutschen Markt zu erhalten, als wir etwa hätten, uns den schwäbischen Markt zu erhalten. Aber nun, meine Herren, erinnere ich Sie an Oesterreich. Oesterreich war das Land des Nachdrucks bis vor gar nicht langer Zeit; Oesterreich hat kein Interesse daran, seine Producentcn geschützt zu haben aus dem norddeutschen Markt, aus dem einfachen Grund, weil die oesterrcichischc Literatur eine geringfügige ist; cs hat wohl eher ein Interesse daran, daß es unsere Producte durch Nachdruck billiger bekomme und daß es unö nicht ferner die Schutzfrist zu gewähren brauche. Ich bin überzeugt, meine Herren, wenn wir hier jetzt an dieser Schutzfrist ändern, so wird die Folge sein, daß zwar bei uns in Deutschland auch nicht ein Buch um einen Groschen billiger wird, wohl aber, daß wir in das Nach druckswesen mit allen seinen üblen Folgen wieder zurücksinken, wenigstens gegenüber den 8 Millionen Deutschen in Oesterreich. Meine Herreit, lassen Sie mich schließen mit einer Stelle aus Lessing, die der Herr Präsident vielleicht die Gewogenheit hat, mir zn erlauben, daß ich sie vorlese. Lessing hat einen kleinen Aufsatz geschrieben „leben und leben lassen," wo er mit der Schärfe, die ihm überall eigen ist, die Fun damente der Materie, die wir heute sbehandclu, klarlegt, und keineswegs in einem zunftmäßigen Sinne. Er klagt zuletzt über den Nachdruck: „Daß der Nachdruck unbillig sei, daß der Nachdruck sich schämen sollte, zu ernten, wo er nicht gcsäi hat, und, der faulen Hummel gleich, über den Honig der fleißigen Bienen herzufallcn, wer leugnete das? Aber was hilft das, dem Nachdruck zu steuern? Freilich, wenn Deutschland unter einem Herrn stünde, welcher der natürlichen Billigkeit durch po sitive Gesetze zu Hilfe kommen könnte." Meine Herren, der eine Herr, das eine Oberhaupt ist da (Stimmen: Nein!) — was daran noch fehlt, wird schon kommen; — cS handelt sich bei uns nur noch darum, daß wir die Grundzügc der schon bestehenden einheitlichen Gesetzgebung erhalten und sie noch einheitlicher machen. Lassen Sie uns dafür sorgen, daß nicht jener Zug des Industrialismus und des Materia lismus, der — ich muß es offen sagen — sich in dieser Frage gezeigt hat, cindringe in die stillen Hallen unsrer deutschen Kunst und Wissenschaft, daß er die billige und gerechte Gesetzgebung uns nicht wieder zu Nichte mache! (Bravo.) Präsident: Der Abgeordnete von Zehmcn hat das Wort. Abgeordneter von Zchmen: Nach den längeren Vorträgen der beiden Herren Vorredner mögen die geehrten Herren mir gestatten, nur kurz den von mir gestellten Antrag näher zu begründen. Mit dem Anträge des Herrn Abgeordnete» Braun, den er zuerst im Eingänge seiner Rede uns näher verführte, und der dahin geht, das vorliegende Gesetz gegen den Nachdruck an eine Commission zu verweisen, habe ich mich insoweit ein verstehen können, als ich auch meinerseits die llcbcrzcugung gewonnen habe, daß es unmöglich sein möchte, in zweckmäßiger Weise ein Gesetz wie das vorliegende von 74 Paragraphen über die sehr schwierige Materie, die es behandelt, im Plenum durchzuberathen. Der Herr Abgeordnete Braun hat aber auch in weiterer Folge seiner Rede ganz richtig den Unterschied hcrvorgchoben, der zwischen seinem Anträge und dem meinigen besteht. Er beruht darauf, daß ich vor der Uebcrweisung der Gesetzesvorlage an die Commission eine Entscheidung über die §§. 1., 3. und 8., die wir gegen wärtig discutirt haben, wünsche. Ich halte cS der Wichtigkeit der Prinzipien, die diese Paragraphen enthalten, entsprechend, daß der Reichstag in seinem
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