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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1870
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- Erscheinungsdatum
- 04.04.1870
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- Deutsch
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N 70, 4. April. Nichtamtlicher Theil. 1151 weil eine Menge von Dctailbestimmungcn besser in dieser Commission als im Plenum abgemacht werden tonnen; aber eine möglichst kleine nnd eine Commission von solchen Mitgliedern, die entschlossen sind, Tag für Tag zn arbeiten nnd in etwa 2 bis 3 Woche» diesen Gesetzentwurf vorzulcgcn. Und das kann ich nach ziemlich gcnancm Stndinm dcö Entwurfs dem Herrn Abgeordneten Brann versichern: er hat zwar manche formellen Schwachen, so schlecht ist er aber nicht, daß wir »ach einer Arbeit von 3 Wochen ihn nicht mit gutem Gewissen hier annehmcn könnten. Meine Herren! Der Herr Abgeordnete Braun hat dann von dem Ver lagsrecht gesprochen, nnd hat cs besonders als eine» Mangel des Gesetzent wurfs gerügt, dass das Verlagsrecht darin gar nicht erwähnt wäre; er hat uns dann als Ideal das sächsische Gesetz vorgchalten. Meine Herren, das sächsische Gesetz enthält einige armselige Bestimmungen, z. B. daß, wenn über die Größe der Auflagen nichts ausgemacht ist, tausend Exemplare gelten und dergleichen, aber auch nicht entfernt da«, was ein Verlagsrecht umfassen soll. ES ist dem Herrn Abgeordneten Brann dabei passirt — was bei der Vielheit seiner Geschäfte ganz natürlich ist —, daß er gerade dem Gesetzent wurf über etwas Vorwürfe macht, was längst schon wenigstens in Preußen Rechtens ist; cS ist in Preußen längst rcchtsbcständig, daß, wenn ein Antor sich mit seinem Verleger über eine zweite Auflage nicht einigen kann, er dann diese zweite Auflage selbst machen kann, nur mit der Verpflichtung, von dem Verleger den Rest der Exemplare der ersten Auflage zurück;»- kaufen. (Abgeordneter Dr. Braun: In Preußen!) Ich gebe ja herzlich gern zn, ein Verlagsrecht brauchen wir, aber dieses Verlagsrecht ist eine gesetzgeberische Aufgabe für sich, nnd keineswegs eine so leichte Aufgabe, wie der Herr Abgeordnete zu meinem scheint. Viel lieber als ans das sächsische Gesetz würde ich mich in diesem Falle — Sic mögen das entschuldigen — auf das russische Gesetz berufen haben; ich weiß nicht, durch welchen glücklichen Zufall nach Rußland Bestimmungen über das Verlagsrecht gekommen sind, die entschieden für den Autor die günstigsten sind, die cS überhaupt jetzt gibt, soweit meine Kenntniß reicht. In Ruß land' z. B. wird immer nur aus fünf Jahre coutrahirt. Such die fünf Jahre vorüber, so hat der Autor das Recht, eine neue Auflage zu machen, und wenn noch ein Rest von Exemplaren da ist, so hat er gleichwohl das Recht, eine veränderte Auflage mache» zn lassen. Andrsten ich mag auf diese Dinge nicht eingehcn; so obenhin kann man sic nicht behandeln; mit ein paar Worten ist cö nicht abgemacht; cs ist eine Materie für sich nnd wir Handel» von dieser Materie nicht. Prinzipiell richtig hat der BundeSxath gehandelt, indem er erst das Autorrecht scstgestellt hat, seine Vcfngniß und seine Schranke»; dann erst können wir au das Verlagsrecht denken. Ferner hat sich der Abgeordnete vr. Braun auf eine Autoritär berufen, die wir wahrscheinlich, wenn wir in die Verathung des Gesetzentwurfes cingingcn, nicht anerkennen würden, nämlich auf den Rcgierungsrath von Witzlcben. Er meint, derselbe habe in seiner Kritik des Gesetzentwurfs vollkommen Recht. Dem verehrten Herrn Abgeordneten ist cS offenbar entgangen, daß Herr von Witzlcben einer der Verfasser des sogenannten Frankfurter Com- missionscntwnrfs ist, der in allem, was der Herr Abgeordnete Zopsthum nennt, wie z. B. die 30jährigc Schutzfrist, vollkommen mit diesem Gesetz entwürfe übcrcinstimmt. Herr von Witzleben hat überhaupt an diesem Ge setzentwurf nicht« auSzusctzc», als daß er nicht mit demjenigen gleich ist, der im Jahre 1864 in Frankfurt gemacht ist. Der Herr Abgeordnete vr. Brann hat sich dann beklagt über das „Ge schrei", welches die deutschen Schriftsteller erhoben hätten. Ich lasse mich ans die persönliche Polemik zwischen dem Herrn Abgeordneten und den Schriftstellern nicht ein, das ist eine Sache, die mich nichts angcht. Er lauben Sie mir nur, zum Schutz Derer, die hier nicht anwesend sind, zu sagen, daß cS gewöhnlich aus dem Walde so hcrausschallt, wie man hinein- gcruscn hat. Aber eins muß ich doch dem Herrn Or. Braun bemerken. Wenn er sagt: die Künstler, ja, die können nicht sprechen, die Schriftsteller aber haben die Zeitungen in der Hand, so bemerke ich ihm zunächst, daß die Zeitungen nnd alles, was damit zusammenhängt, der Journalist, der Publicist ja gar kein Interesse an der Schutzfrist haben. Er hat ja mit Recht gesagt, was so gewöhnlich geschrieben wird von Jahr zu Jahr, die Sensations-Literatur, die Fabrikbücher, das sei in den nächsten Jahren wieder vergessen, eine solche Literatur braucht nicht einmal eine fünfjährige Frist; ja, sie braucht überhaupt nicht geschützt zu werden. Die Zeitungen haben kein Interesse an der Schutzfrist, wenn also die Zeitungen für die deutsche Literatur cintrcten, so treten sic nicht ein für sich, sondern für etwas Höhe res, Bedeutenderes und Edleres, als sic selbst nach ihrer Aufgabe sein können. DaS ist nicht ein Egoismus, sondern cS ist die Begeisterung für den besten und edelsten Theil unserer Literatur. Nun sagt der Abgeordnete Dr. Braun, die Künstler werden zurückgc- stcllt, sic können nicht schreien. Wollen Sic denn die Güte haben, und sich erinnern des Unterschiedes zwischen dem Maler, dem Bildhauer und dem Schriftsteller in Bezug auf die vermögenSrechtlichc Ausnutzung seiner Sachen! DaS Gemälde ist ein Werthobjcct an sich; das Gemälde eines Menzel wird zu hohem Preis verkauft, und ebenso die Statue eines bedeutenden Bild hauers. Die Ausbeutung, die VermögenSrechtlichc Ausnutzung seines Werkes liegt also bei dem Bildhauer sowohl wie bei dem Maler in der Vcrwcrthung dicicö ersten Originalcrzcugnisses nnd ans diesem Grunde gebt hervor, daß die Reproduktion dieses Originals, wenn sie auch billiger Weise in gewissen Grenzen geschützt werden soll, doch für den Künstler nicht die Bedeutung hat, wie die Rcproduction, die mechanische Vervielfältigung des Buches für den Schriftsteller. DaS Manuscript, das Papier, die Tinte ist nichts wcrth; erst insofern und insoweit der Schriftsteller das Recht der mechanischen Ver vielfältigung erhält, tritt für ihn die vermögenSrechtlichc Benutzung im Unterschiede von dem Künstler ein. Meine Herren! Ich stelle hiermit die Polemik gegen den Herrn Abge ordneten ein, weil ich nothwendig noch einiges zur Motiviruug der beiden Amcudemcnts zu sagen habe nnd weil cS Ihnen sonst zu lange werden würde. Ich bemerke nur ciuS: wenn Herr l)r. Braun meint, daß die inter nationalen Verträge von der mechanischen Gleichmäßigkeit der Schutzfrist ab- häugcn, so ist er vollständig im Jrrlhum; cs gibt ja schon jetzt eine ganze Anzahl solcher internationalen Verträge bei ganz verschiedener Schutzfrist; wir können ja zu jeder Zeit einen Vertrag mit einem Staate schließen, der kürzere Schutzfristen hat; selbstverständlich gilt dann für die Werke wincr Bürger eben nur die eigene kürzere Schutzfrist. Das ist längst das Prinzip solcher internationalen Verträge. Und dann noch Eins. Wer würde nicht gern diesem Grundsatz folgen, die geistigen Productc möglichst billig zu machen, die bestimmt sind für die Nation. Wer könnte wagen, hier auf diesem Platze zu stehen und bloß für die In teressen von ein paar hundert Schriftstellern zu sprechen? Ich würde mich schämen, wenn ich mit einer solchen Absicht auf diese Tribüne treten könnte. Es versteht sich von selbst, die geistige Entwickelung der Nation, ihr Wohl, die Art, wie dasselbe am besten gefördert werden kann, hat die Grenze zn bestimmen für solche Schutzfrist. Wenn nun der Abgeordnete Braun sagt, wir brauchen nicht die alle, die lange Zeit, wir können sic verringern, so hat daö etwas für sich. Wir leben in der Zeit der Dampftraft. ES ist wahr, daß das Honorar vieler Schriftsteller, besonders der belletristischen, sich sehr gehoben hat, es ist wahr, daß jetzt mehr gelesen wird als früher, wo gibt cs einen Geschäfts- und Handelszweig, in dem heute nicht viel rascher umgcschlagcn wird, als es früher geschehen. Ich gebe zu, daß im Ganzen die Möglichkeit einer Verkürzung wohl statthabcn kann, aber ich bitte, doch Eins zu bedenken. Sie können populäre Schriften, Unterhaltungslcctüre n. s. w. durch Masscuvcrkauf höchst billig Herstellen und der Verfasser sowohl als der Verleger kann sich dabei vortrefflich stehen; wir haben die eminen teste» Beispiele dieser Massenverbreitung bekanntlich in Amerika, wir haben auch Beispiele davon in England, die Auflagen sind kolossal, in denen die englischen und amerikanischen Romauschriftcn verkauft werden; übrigens beträgt auch die Auflage unserer Gartenlaube 250,000 Exemplare. Aber glauben Sie denn, daß auf die gesammte Literatur, auf die deutsche Wissen schaft dieser Grundsatz anwendbar ist? Ist der Herr Abgeordnete Braun der Meinung, daß, wenn heute der alte Kant lebte, wir durch billige Auflagen die „Kritik der reinen Vernunft" bis zu unfern Droschkenkutschern verbrei ten könnten? oder meinen Sie, daß die Werke unserer anderen Philosophen, eines Hegel, Hcrbart, Fichte u. s. w., ja daß selbst die bedeutendsten Werke unserer großen Dichter so verbreitet werden können, wie die Groschen- Literatur, die Sie im Auge haben? Ja cs ist wahr, cs ist höchst nützlich für das Volk, daß die ziemlich oberflächliche, unbedeutende Belletristik und populäre Tageslitcratur möglichst billig werde. Es ist schon deshalb nützlich, weil heute in der VolkSmassc eine unterirdische Literatur herrscht, von der Viele von Ihnen vielleicht keine Ahnung haben. Nicht die Belle tristik der Gartenlaube, nicht die kleinen NoveÜchen und Romane sind es, sondern „Barbara Ubrhk", die Skandal-, die Ritter- und Räubergeschichten; cS gibt Verleger, die nur mit dieser Literatur sich beschäftigen, die Bände zu 3 Silbcrgroschcn verbreiten lassen durch Colportcurc unter Diener und Köchin nen und wenn Sie eine Statistik entwerfen könnten: was wird am meisten gelesen im Volke, so würden Sic zu dem traurigen Resultat kommen, daß diese unterirdische Literatur die meisten Leser hat. Wenn man diese ver treiben kann durch Verbreitung der besseren Belletristik, iver würde diesem Ziele nicht nachstrebcn? Indem Sie nun aber nur diese Schriftstellern ge ringerer Art, nur die, welche der Dichter die Kärrner statt der Könige im Reiche des Geistes nennt, im Auge haben, indem Sic, wie cs von einem volkswirthschaftlichcn Manne geschehen ist, sagen, fünf Jahre genügen, in fünf Jahren muß Jeder verbreiten können, was er schreibt, setzen Sie eine Prämie auf die Fabrikliteratur, auf die schlechte Literatur und vernichte» die wahre deutsche Wissenschaft und Kunst. Ich beschränke mich auf diese Bemerkungen, ich bitte aber um die Erlaub nis;, da hier schlechterdings noch nicht gesprochen ist von dem eigentlichen Prinzip der beiden Anträge, die Ihnen vorliegen, dies entwickeln zu dürfen. ES ist keine Kleinigkeit, ob wir heute durch unser Votum sagen, das eng lische Prinzip soll künftig in Deutschland herrschend sein für den Bücher- vcrkehr. Meine Herren, wenn wir das Votum heut fällen, so werfen wir die ganze Usance des Büchcrverkchrs um, wie er sich in Deutschland bisher seit einem halben Jahrhundert gebildet bat. Und wenn es sich da auch nur 163'
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