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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1870
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- 31.03.1870
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- Deutsch
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1096 Nichtamtlicher Theil. 73, 31. März. mich daher selbst hüten in den Fehler zu verfallen, etwa die Folgen der von uns vorgeschlagcnen Abkürzung als zu heilsam darzustcllen, — ein Fehler, in den mein Herr Vorredner, glaube ich, in entgegengesetzter Richtung verfallen ist, indem er die Folgen einer Abkürzung der Frist sicherlich als zu schwarze für das Interesse der Schriftsteller geschildert hat. Run fragt eö sich, welche Einwendungen setzt man denn unserem Vorschläge entgegen. Einmal hat der letzte Herr Redner gesagt, cS sei eine Verkürzung der letzt den Autoren gewährten Frist. Daö acceptire ich, und ich werde Nachweisen, warum wir zu dieser Abkürzung kommen. Dann hat er aber einen zweiten Vorwurf gemacht, den ich gleich zuriickwcisen will; er sagte, dieser Vorschlag sei ihm zu complicirt. weil er zwei Weisen der Berechnung anfstellc. Es ist nun allerdings richtig, daß der jetzige Regiernngsentwurf nur eine Zahl dahin aufstellt, die Schutzdauer währe Jahre nach dem Tode des Schriftstellers. Aber, meine Herren, für den Handel und Wandel ist das keine feststehende Zeit. Man hat so oft ge sagt, wenn man ein complicirtes Prinzip, wie wir cS wollen, entführe, so würde cS Demjenigen, mit dem der Autor contrahiren will, schwer sein zu berechnen, aus wie lange er ein Schrifteigcnthum erwirbt. Aber, meine Herren, Keiner der jetzt mit einem Autor contrahirt, weiß, wie lange der Himmel jedem Autor zu leben beschicken hat; er kann morgen die Augen schließen und die Schutzfrist dauert daun nur 30 Jahre, während man beiderseits vielleicht aus eine doppelt so lange gerechnet hatte. Wenn dagegen die Berechnung nach beiden Faetorcn erfolgt, wie cS in unserem Amende ment vorgcschlägeu wird, einmal nach der Lebenszeit des Autors und so dann nach dem Erscheinen des Werkes, hat der Handel einen ganz be stimmten Mabstab. Denn er wird bei jedem Werke, daö von dem Autor schon einmal publicirt war, das schon einmal verlegt worden ist, Nachsehen, wann ist das Werk zuerst erschienen? Ist das 20, 30 oder 40 Jahre her? Daraus kann er sich ganz genau die Frist berechne», die ihm für die Aus deutung dieses Unternehmens bleibt. Also in dieser Beziehung, glaube ich, gibt gerade unser Amendement im Handel und Wandel größere Festigkeit sind Sicherheit. Man hat uns endlich dagegen eiugcwendct: ja, aber mit der Einführung dieser kürzeren Schutzfrist würde die Herausgabe der gesammelten Werke am Lebensabende für die meisten Autoren geradezu unmöglich werden, weil ja die Werke, die sie in ihrer Jugendzeit geschaffen und publicirt hätten, dann schon freigewordcn seien, wie es z. B. allerdings bei Goethe, wenn er unter dem Gesetze gelebt hätte, der Fall gewesen sein würde. Dem begegne ich mit der Vorschrift, die wir in unser Amendement gesetzt haben, daß jeden falls noch zehn Jahre nach dem Tode dcö Autors die sämmtlichcn Werke desselben geschützt werden müssen, — also auch die ersten Jugcndschriften werden noch zehn Jahre nach seinem Tode diesen Schutz genießen. Also der Verleger, der die Sammlung der Werke eines Dichters unternimmt, hat die Aussicht, daß auch für die gcsammtcu Jugcndschriften des Schrift stellers, die er in die Sammlung mit aufnimmt, der Schutz zehn Jahre »och über daö Leben des Autors hinaus sich erstreckt, und für alle spätem Werke würde der Schutz ja noch länger währen, wenn daun noch nicht 40 Jahre seit dem ersten Erscheinen verflossen sind. Also in der Beziehung, glaube ich, ist das Erscheinen von gesammelten Werken in keiner Weise gefährdet. Nachdem ich so die Vorwürfe zurückgewiesen habe, die unserem Amen dement cntgegengestcllt worden sind, so will ich die Frage auch beantworten, warum wir die dreißigjährige Schutzfrist, wie sic bisher in Preußen und Deutschland bestanden hat, verlassen wollen. Ich kann einmal so erem- Plificiren. Man hat sich schon öfter zu derartigen Veränderungen der Schutzfristen entschlossen. Die preußische Regierung ist übcrgegangcn von der ewigen Dauer im Landrecht aus die dreißigjährige im Gesetz von 1837, und wie solche dann auch in den BuudeSbcschlüssen festgestellt worden ist. Es werden doch wohl zu dieser Acnderung zwingende Gründe bcigctragen haben, und ähnlich, glaube ich, können wir unS, wenn zwingende Gründe vorliegen, zu einer abermaligen Aenderung entschließen. Nun habe ich schon in der Generaldebatte bei der erste» Lesung einige oicser Gründe angedcutet, cö ist die große Ungleichheit, die in den Fristen hervorgerufen wird, eben wenn die Frist nur nach der Lebensdauer des Autors bemessen wird — die große Ungleichheit der Frist, die dadurch ent steht, wenn ein Autor ein sehr hohes Lebensalter erreicht und der andere früh stirbt. Aber, meine Herren, schädlich halte ich auch nicht nur diese Ungleichheit, sondern die überaus große Dauer, welche diese Fristen damit erlangen, und ich meine, wir haben gerade in Betress unserer classischcn Literatur, die durchschnittlich ja eine so lange Schutzfrist genossen hat, wie sic wieder gesetzlich sirirt werden soll, hinlängliche Erfahrungen von der Schädlichkeit dieser allzu lange» Fristen gemacht. Und damit Sie nicht glauben, cs seien subjcctive Empfindungen eines einzelnen ManueS, eines einzelnen Bcthciligten, eines vielleicht in dieser Rücksicht den Schriftstellern nicht allzu freundlich gesinnten Mannes, so wollte ich doch für die Schäd lichkeit, die sich aus einer zu langen Dauer der Frist ergibt, eine gewiß nicht anzuzweifelnde Autorität vorführen; es ist Niemand anders als Jacob Grimm. In seiner Rede über Schiller, gehalten bei der Säculnr- feier Schiller's 1859, spricht er sich in dieser Richtung, wie folgt, aus: „Noch ein anderes größeres Denkmal unfern Dichtern zu errichten, bleibt in Herausgabe ihrer Werke, wie bisher sic nicht einmal begonnen, ge schweige denn vollbracht ist. Der uns heute vor hundert Jahren Ge- borne ruht nun schon über fünfzig im Schoß der Erde und seine Gedichte liegen immer nicht so vor Augen, daß wir ihre Folge und Ordnung, die Verschiedenheit der Lesart überschauen, alle ihre Eigenthümlichkeit aus sorgfältiger Erwägung ihres Sprachgebrauchs kennen lernen, dann der Tcrtfeststellung in würdiger äußerer Gestalt uns erfreuen könnten. Für- Schiller, eö ist wahr, ist mehr geschehen als für Goethe, und dieser fällt auch viel schwerer. Die neulich erscheinende französische Uebersetzung Schiller's, geleitet und ausgerührt von Register, einem gründlichen Kenner nicht nur unserer heutigen deutschen, sondern auch der altdeutschen Sprache, geht in manchem musterhaft voran." Ich glaube, daß dies Zcugniß, das hier ein so gründlicher Kenner der Lite ratur uns verlegt,das Zcugniß,daßclsocine richtige, den Text kritisch herstcllcnde Ausgabe der Werke eines unsrer größten Dichter, sogar im Nachbarlande durch eine Uebersetzung gewissermaßen besser geschehen sei, als im eigenen Vaterlande, das ist deutlicher Fingerzeig, daß doch eine allzu lang bemessene Dauer der Schutzfrist nicht allzu richtig sein kann. Grimm fährt dann fort: „Was die über kurz oder lang zu bewerkstelligenden kritischen, dann die noch eher entbehrlichen ganz zuletzt das Werk krönenden Prachtaus gaben aufhält und hindert, ist die monopolischc Berechtigung und Be vorzugung des dcrmaligen Verlegers, der schon mehrfache und zahl reiche Abdrücke der Schiller'schcn Werke veranstaltet und abgesctzt, sich aber, so viel össentlich bekannt, zur längst bevorstehenden Festjcicr ge ring gerüstet hat. Der langjährige Bund beider Dichter mit einer- bewährten, feststehenden, rührigen Buchhandlung ist ihnen sicher heil sam und erwünscht gewesen, hat aber im Verlauf der Zeit unserer Li teratur eben keinen Vortheil gebracht." Und er fährt dann ferner fort: „Kein Schriftsteller kann die künftigen Erfolge und Erträge scincr Wcrlc im voraus überschauen, noch hat er was von ihm eigentlich dem ganzen Publicum hingcgcbeu wurde, auf immerhin ins Eigcu- thum des ihm zur Hand gegangenen Buchhändlers gewiesen: das Eigeuth um der Welt ist das höhere, und größere Ansprüche fließen daraus her, als sogar die Erben und Nachkommen besitzen. Wenn billig und selbstverständlich scheint, daß bei Leibcs- lcbcn ein Autor die Frucht neuer Ausgaben mit genieße, auch daß nach seinem Tode eine Zeit lang noch der erwachsende Vortheil zwischen Erben und Verleger gctheilt und beiden gern gegönnt werde, so hat doch die Gesetzgebung das Bcdürfniß gefühlt, Fristen anzusetzen, nach deren Ablauf diese Schriften Gemeingut werden, fortan auch vou mehreren Buchhändlern verlegt, von anderen Schriftstellern bearbeitet werden dürfen, genau wie cS bei weit zurückliegenden Werken des Al- tcrthums geschehen mag. Dann wird aller Erfolg von dem Werth der aufgewandlen Kritik und der Ausstattung der neuen Ausgaben abhängen. „Das Gebrechen ist nun jetzt, daß jene gesetzlich anbcraumten Fristen durch Sonderprivilegicn und Erstreckungen derselben aufgcschobcn, hin gehalten und vereitelt zu werden pflegen." und er beklagt schließlich, daß Schiller jetzt bereits, wie er sagt, seit sieben - malncun Jahren im Grabe ruht, ohne daß seine Werke wirklich zum Ge meingut der Nation geworden seien. Meine Herren! Wenn das also nach dem Ausspruche einer so wichti gen Autorität wohl nicht bezweifelt werden kau», daß ein Interesse der Nation an der Verkürzung dieser Fristen in doppelter Rücksicht vorlicgt, einmal damit der Nation dasjenige, was ihre großen Geister geschaffen, auch in der zweckentsprechendsten Form kritisch gesichtet, berichtigt/erläutert und in der nöthigeu Reihenfolge vorlicgt, und zweitens zu einem möglichst billigen Preise zu haben ist, so erübrigt mir nur, zu zeigen, daß das In teresse der Nation an einer Aenderung nun etwa nicht durch den Abschluß unserer classischcn Periode und damit, daß deren Werke jetzt frei geworden sind, erledigt sei, sondern, daß dasselbe Verhältniß sich auch auf eine Reihe von Schriftstellern anwcnden läßt, die mit ihren Werken wohl demnächst in die Reihe der classischcn cintrctcn möchten. Da will ich Ihnen nur kurz einige Fristen vorführen, wie sie sich stellen würden, einmal nach unserem Amendement und dann nach dem Entwurf der Regierungen. Alexander von Humboldt ist gestorben im Jahre 1859, das Aufhören des gesetzliche» Schutzes für alle seine Werke würde also erst im Jahre 1889 cintrcten; seine „Ansichten der Natur" sind dagegen schon im Jahre 1808 zum erstell Male erschienen, dieselben würden also bei Annahme des Rcgie- rungscntwurfs einen Schutz von 81 Jahren genießen; nach unserem Amen dement würde dagegen ihr Schutz, da Humboldt bereits 10 Jahre todt ist, schon mit dem Jahre 1869 erloschen sein, sie wären jetzt schon Gemeingut der Nation. Beim Kosmos, den Humboldt in sehr spätem Lebcnsalter veröffentlicht hat, fällt natürlich der Unterschied nicht ins Gewicht; der erste
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