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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1870-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1870
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- Deutsch
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1092 Nichtamtlicher Theil. ^ 73, 31. März. mindcrtem Preise. Von Victor «Hugo s Xotre-clams cls k'aris erschien im Jahre 1831 die erste Ausgabe im Preise von 7 Francs 50 Centimes, 12 Jahre darauf zu 3 Francs 50 Centimes und 27 Jahre darauf zu 2 Francs per Band. Ich könnte diese Angaben noch bis ins Unendliche vermehre», will aber Sie nur bitten, vergleiche» Sic mit diesen Thalsachen die nicht abzulcug- ncndc Unlust des Deutschen am Biicherkaufen überhaupt, der seht auf ein mal politisch nachholen soll, was er durch Jahrhunderte speculircnd ver träumt hat; vergleichen Sie mit den, einheitlich centralisirtcn englischen und französischen Buchhandel die Zersplitterung des deutschen nach Ländern, Provinzen, Städten; lassen Sic nicht anher Acht ein gewisses kosmopoliti sches Ucbcrncigen des deutschen Geistes, der von keinem strafsen staatlichen Bande zusammcngchaltcn, sich, um mich des Ausdrucks eines geehrten Redners in diesem Hause zu bedienen, für das deutsche Nalionalgefühl in einer etwas allzu ccntnfugalcn Richtung entwickelt hat; nehmen Sic Rücksicht aus die fremdländische» Vorlieben und Gewohnheiten der meisten von unser» Vor nehmen und Neichen, die die eine Hälfte ihres, in der Regel nicht allzu reichlich bemessenen Büchcrctats für die französische, die andere für die eng lische Literatur zu verwenden Pflegen, so daß für die deutschen Bücher kaum etwas anderes übrig bleibt, als der Bcttlcrpfennig für Journalcirkcl und die Leihbibliothek, und Sie werden die geringeren deutschen Autorcnhonorarc in der That nicht ohne die größte Unbilligkeit dem engherzigen Egoismus unserer Verleger zuschreiben dürfen. Meine Herren, ich weih, wie wenig Aussicht ich habe, mit meinem An trag durchzudringen; ich glaube aber eine Pflicht zu erfüllen, indem ich das aussprcchc, was mir innerst auö dem Herzen kommt. Ich glaube, mein Antrag läßt sich mit einer gewissen Berechtigung auf das deutsche Natioual- cfühl zurückführcn, das gerade in dieser Beziehung noch immer ein Leck at, das nicht unbedenklich ist. Ich glaube endlich, daß, wenn wir das ewige Urheberrecht annchmcn, wir damit die erste friedliche Locomotive nicht allein über den Main, sondern auch über den Rhein und die Donau hin- ausscndcn werden. Alle Culturvölker werden bald durch die internationalen Schienen eines Gedankens mit einander verbunden sein, der, wenn er auch nirgend noch bewußt ausgesprochen wird, doch Allen mehr oder minder un bewußt auf der Zunge liegt. Es gibt manche Auswege und Aushilfen für die unS vorliegende Frage, aber nur eine logische Lösung — das Aus- sprcchcn dcS Prinzips vom prinzipiellen Urheberrechte selbst. Vice-Präsidcnt Fürst zu Hohenlohe Herzog von Usest: Ehe ich dem Abgeordneten Genast das Wort ertheilc, habe ich dem Hause die Mitthcilnng zu machen, daß der Abgeordnete vr. Ewald einen BcrbesscrungSantrag zum §. 8. gestellt hat, welchen ich, da er noch nicht ge druckt vorlicgt. Ihnen vorzutragcn habe. Der Abgeordnete vr. Ewald will, daß der §. 8. so zu fassen sei: Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachdruck wird, vor behaltlich der folgenden besonderen Bestimmungen, für die Lebens dauer des Urhebers (8§. I., 2. lättera, a), 30 Jahre nach dem Tode desselben und weiter bis zum Tode des noch lebenden letzten der nächsten Erben gewährt. Der Abgeordnete Genast hat das Wort. Abgeordneter Genast: Meine Herren! ich habe um das Wort ge beten, um mich mit voller Entschiedenheit auf den Standpunkt der Regie rungsvorlage zu stellen, welcher im §. 8. über den Schutz dcö Autorrechts, 30 Jahre nach dem Tode des Autors, eingenommen worden ist. Die Gegner dieser Ansicht pflegen sich ans den Fundamentsatz zu stützen: es gibt kein Eigcnthnm mehr an einer Idee, sobald dieselbe ausgesprochen ist. Meine Herren, bis zu einem gewissen Grade und bis zu'einer gewissen Grenze kann ich diesem Satze bcistimmcn. Eine Idee, welche im geistreichen Wcch- selgcsprächc, welche im Briefe des Freundes an den Freund, welche in einem TagcSartikcl einer Zeitung, welche selbst in einer Rede in einer parlamen tarischen Versammlung ausgesprochen worden ist — von einer solchen Idee laube ich allerdings, daß sic ein Eigcnthümerrccht für den Urheber nicht cgriindet. Aber, meine Herren, ein solches will derselbe auch nicht in An spruch nehmen sowohl ans Gründen jedenfalls der Bescheidenheit als auch aus innerlichen Gründen. Es ist ja schon immer etwas Zweifelhaftes, 'ob die ausgesprochene Idee von dem, der sie glaubt zuerst auszusprechcn, wirk lich auch zuerst gesunden worden ist, ob nicht vorher schon ein Anderer sie erschossen, ob sic nicht nur als Niederschlag aus der allgemeinen Jdecn- atmosphärc zu gelten hat. Aber wohl, meine Herren, muß ich die Grenze für gezogen erachten und muß mich jenem Fnndamcntalsatze der Gegner des Entwurfs eutgegenstellen da, wo die Idee irgend ein Stossreich, sei es ein kleines oder großes, für sich anSsondcrt, wo sic es durchaus dnrchdringt und vergeistigt, sei es durch wissenschaftlich-systematische, sei es durch künst lerische Form. Meine Herren, mag der Stoss gegeben oder erfunden sein, mag die Idee nicht zuerst in dem Autor entstanden' sein, — aber wie beides sich zu ein ander fügt, sich durchdringt und entweder die wissenschaftliche, systematische oder die künstlerische Form annimmt, dadurch wird cs zu einem Nengeschaf- jencn, dadurch wird es zu einer Realität. Lassen Sic mich nur ein einfaches Beispiel angcbcu. Bleiben wir zu nächst stehen bei einem lyrischen Gedicht. Denken Sic an eine der Mcistcr- dicbtnngcn Gocthe'ö, wie z. B.— wenn sic auch zwischen der Lyrik und der Epik steht — an die Ballade: Der König in Thule. Die Wissenschaft hat noch nicht erforschen könnnen, woher Goethe den Stoff genominen hat. Stofs nnd Idee können von ihm zuerst erfunden sein, mag cS aber dahin gestellt sein, sie haben einander zu solch einem künstlerischen Ganzen durchdrungen, daß cs geistiges Eigenthum des ganzen Volkes geworden ist, daß man ge wiß nicht, ohne sich eines großen Frevels schuldig zu machen, etwas an dieser Realität noch zu ändern wagen dürste. Wenn das schon beim lyri schen Gedichte, bei der kleinen Ballade der Fall ist — nm wie vielmehr bei den complicirteren Werken der Dichtkunst, beim Roman, bei der Tragödie! Wissen wir doch, daß die größten Dramatiker, Shakespeare an der Spitze, ihre dramatischen Werke erst vicsiach umgcarbeitet haben, bis sie diejenige Form erlang-- ten, in welcher sic dem Dichter selbst genügten. Meine Herren, cs ist nach meiner Neberzeugung daS Dichtwerk, das wissenschaftliche Werk ebenso eine Realität, als cs das Werk der bildenden Kunst oder der musikalischen Com- position ist. ES folgt für mich zunächst daraus das unbestrittene Recht des Urhebers, während seines Lebens frei darüber zu verfügen, das-Recht, sein Werk zu vervollkommnen, soweit wie ec glaubt, daß sein Werk einer Vervoll kommnung fähig und bedürftig ist, es folgt nach meiner Ueberzcugnng auch das Recht eines EigenthumS daraus, weil es eben zu einer Realität gewor den ist. Meine Herren, es ist überhaupt der Begriff des Eigenthnms nicht ein natürlich in uns ausgewachsener, sondern erst ein durch die Civilisation ge pflegter nnd entwickelter, der Begriff des Eigenthums ist eine Schöpfung des positiven Rechts, und wir in unserer Zeit stehen nach meiner Ueberzcugnng daran, eine Schöpfung auf diesem Gebiete des Rechts gleichfalls vornehmen zu sollen oder vornehmen zu können. Würde diese Erwägung zu derselben Eonsequenz a priori führen, welche mein Freund Köster, der vor mir an dieser Stelle gestanden hat, gezogen hat, so möchte ich mich, wenn es um etwas ganz neu zu Schaffeudes im Rechtsleben sich handelte, nicht gegen diese Consequenz verschließen; demungeachtet muß ich eine gewisse innere Begrenzung der Dauer des Rechts allerdings anerkennen, kann sie nicht von der Hand weisen. Es ist dies die Zeit, wo ein Werk der Kunst — nament lich rede ich hier von der Dichtkunst, wie ja auch im 8. 8. von dem Autoren rechte geredet ist — schon seinem Inhalte oder seiner Form nach entweder ein Allgemeingut der Nation geworden, gewissermaßen aufgesogen ist, oder wo cs ganz nnd gar dem Bewußtsein der späteren Generation entschwun den ist. Hier, meine Herren, stelle ich mich, im Gegensätze zu meinem Freunde Köster, lediglich aus den Standpunkt der Regierungsvorlage. Ich würde es für zu bedenklich halten aus Gründen, die ich inir erlauben werde, Ihnen nachher noch kurz auzudeutcu, hier zu einer ganz neuen Art und Weise der Gesetzgebung übcrzugehen. Auch die Gegner der Gesetzvorlage sprechen davon, daß sic für eine gewisse Zeitdauer den Schutz des Autor rechtes anerkennen wollen, und es sragt sich nur, welche Zeitdauer aus Utilitätsrücksichten als die richtige hier anzunehmen ist. Es liegen uns ja die Beispiele benachbarter Nationen vor, sie werden aber, und namentlich in Bezug auf eine Nation, welche den Reigen in der modernen Literatur ge führt hat, in Bezug auf Frankreich, zurückgewiescn, dasselbe Frankreich, wel ches noch vor drei Jahren den Schutz des Autorrechtes nach dem Tode des Autors aus 50 Jahre erhöht hat. Man will uns stets als Muster die Ge setzgebung in England Vorhalten. Meine Herren, cs ist von dem Herrn Vorredner schon in einigen Beispielen dargethan worden, welche ganz andern Dimensionen der Vertrieb von Autorwcrkcn in England angenommen hat, als dies in Deutschland der Fall ist. Lassen Sic mich nur noch eine einzige Zahl hinzufügen, welche mir als eine sehr bezeichnende vorkommt. In den Jahren 1866—186g erlebten die drei Werke von Dixon, jedes zu 2 Bän den kleiner Ausgabe, 15 Auflage», und cS erhielt der Autor dafür die Ho- norarsummc von 12,000 Pfunv Sterling. Ein solcher Absatz erscheint einem nur möglich, wenn man weiß, daß z. B. eine einzige, die größte Leihbiblio thek 5000 Exemplare auf einmal subscribirte, daß eine andere Leihbiblio thek, welche die sämmtlichen Eiseubahurciscndcn versorgt, 2—3000 Ercin- plare subscribirte. Die Möglichkeit ist aber auch nur dadurch wieder gegeben, daß England nicht für sich allein den Consumcuten bildet, sondern daß es als Hinterland seine bedeutenden Colvnien hat, nach welchen die Werke in großer Masse hingesendet werden. Meine Herren, wenn wir ähnliche Ver hältnisse hätten, dann würde uns wohl auch derjenige Schutz genügen, welchen die Engländer als für ihre Schriftsteller und Buchhändler genügend angesehen haben, denn bei solchem raschen Umsatz und bei solchem Honorar kann man allerdings mit Recht sagen, daß der Autor einen möglichst hohen Nutzen von seinen Werken bereits während seines Lebens gezogen hat. Solche Verhältnisse sind jedoch in Deutschland nicht im entferntesten vorhanden nnd Sie schassen sic wahrlich nicht dadurch, daß Sie die bisherigen Rechte des Schriftstellers abkürzen nnd schmälern; dadurch würden Sie nur schaffen, daß der Buchhändler sagt: In Betracht der Geringheit des kaufenden Pu- blicums in Deutschland, in Betracht des spärlichen Durchdringens eines Werkes kann ich auch nur um so weniger Honorar zahlen. Halten Sie.
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