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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1870
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- Ausgabe
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- 1870-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1870
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- Deutsch
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-N 7z, 31. März. Nichtamtlicher Theil. 1091 zu ihm gewinnt. ES ist in der That nicht anders in England z. B. mit der Emancipation der Katholiken, mit der Rcformbill. mit der Aufhebung der Sclavcrei ergangen, und wenn unser neues Strafgesetzbuch die Fälle der mit Todesstrafe zu belegenden Verbrechen von 14 aus vier reducirt, so nähert es sich dadurch ganz osscnbar den Aussassungcn derer, welche die Aushebung der Todesstrafe überhaupt wollen. Meine Herren, alle Gesetzgebungen der Culturstaaten haben sich in der letzten Zeit dem Gedanken des ewigen Urheberrechts dadurch genähert, daß sie demselben besondere Qualitäten und außerordentliche Schntziristcn zugc- standcn haben, welche ohne Iuconscqucnz nur aus der fortschreitenden An erkennung des Prinzipcs selbst gefolgert werden können. So lieb cS mir daher auch sein würde, wenn daS von mir vertretene Prinzip die Zustimmung des Hauses fände, so würde ich doch schon genug gethan und erreicht zu haben glauben, wenn es mir gelänge, Ihnen das selbe, nicht mathematisch, 'zu beweisen — die Prätension mache ich nicht — aber wenigstens doch einigermaßen näher zu bringen. Die Verlhcidigung des ewigen oder des prinzipiellen Urheberrechts Pflegt in der Regel — und ich glaube richtig — von dem Satze auSzugehc», daß der Gedanke, die Form, nidem sic ausgesprochen wird, in das allgemeine Eigcnthum aller Derer übergehe, welche sie in sich aufuchmen, sic versieben, sic weiter verbreiten, daß dagegen aber die Form, in welcher dieser Gedanke ausgesprochen wird, daS rechtmäßige Eigcnthum ihres Urhebers verbliebe. Meine Herren, ich will versuchen, diese beiden Sätze durch einige Vergleiche etwa« klarer zu stellen. Wenn Lessing an einer Stelle seiner.'Emilia Galvtti sagt, Raphael würde ohne Zweifel der größte Maler aller Zeiten gewesen sein, selbst wenn er ohne Arme geboren wäre, so glaube ich, hat er dies ganz in dem Sinne ausgesprochen, in welchem der Abgeordnete Braun die Unpcrsönlichkcit der Idee an sich behauptet. Dadurch aber, daß Raphael mit beiden Händen geboren war und in Folge dessen in der Lage war, seine künstlerischen An schauungen in die Form von unsterblichen Gemälden zn gießen, ward er auch zum rechtlichen Repräsentanten tiefer künstlerischen Aussassungcn, welche in der äußeren Gestaltung ihm und seinen Rechtsnachfolgern als Eigcnthum verbleiben müssen, in ihrer Idee und deren Einwirkung aber allerdings der ganzen Welt angehörcn. Meine Herren, die Leugner des prinzipiellen Urheberrechts haben cs daher in der That nur mit dein Lcssing'schen Raphael ohne Arme zu tlmn. Oder aber: ein Schriftsteller legt in einem Werke neue Grundsätze nieder, welche die bisherigen Wege der Mechanik verkürzen und vereinfachen, so gehören diese Grundsätze sicher lich in Ausführung und Versuch der Industrie an, daS Recht an seinem Birchc muß dagegen aber immer und ewig seinem Verfasser verbleiben. Oder aber, ein Besitzer gestattet dem Publicum den Besuch seines großen und schönen Parks entweder unentgeltlich oder gegen eine gewisse Entschädigung, er kan» Stühle, Bänke, Lauben in ihm vcrmicthen und über ihn verfügen, wie er wünscht und will. Aber, meine Herren, er verliert doch unmöglich dadurch, daß er uns gestattet, unter gewissen Bedingungen an seinem Eigen- thum Theil zu nehmen, seinen Besitz und sein Recht an demselben. Und weiter cntäußcrt sich ja auch der Urheber nicht seines f.rnial gestalteten Ge dankens, als daß er unS erlaubt, unter gewissen Bedingungen seine geistigen Theilnchmer zu sein. — Meine Herren, wenn dem aber so ist und der Ur heber in diesem Sinne immer der Eigenthümcr deS von ihm gestalteten Gedankens bleibt, so dürfen wir doch unmöglich dem Eigcnthum und seiner idealen Form die Rechte aberkennen wollen, welche wir ihm in jeder realen Form unbestritten zugestchcn. Gegen den zweiten meiner Sätze haben sich auch die Einwürfc aller Derer gerichtet, welche mir den ersten Theil allenfalls noch zngeben würde». Dir bist, sagen sic mir, von der Unhaltbarkcit und Unstatthafligkeit Deiner eigenen Ideen so ganz überzeugt, daß Du Dich selbst gezwungen siehst, in dem zweiten Satze Deinen ersten wieder aufzuhebcn und ihn oadurch für eine leere und nichtssagende Phrase erklärst. Meine Herren, dazu müßte mir aber erst nachgcwicsen werden, daß die vernünftige Beschränkung eines Rechtes und dessen gänzliche Aushebung identisch mit einander sind. Ich zweifle nicht, daß mir die Herren Juristen bessere Analogien würden suppc- ditiren können, als ich sie selber zu geben vermag. Mir ist bei dieser Ge legenheit nur das Schurfrecht eingefallen. Obgleich unbestrittener Besitzer von Grund und Boden, nimmt mir die Gesetzgebung doch gewisse gleichsam unlöslich mit demselben verbundene Berechtigungen, wenn ich entweder zu träge oder zu unwissend oder aus sonst einem Grunde nicht in der Lage bin, dieselben selber auSzuübcn. Weiter thue aber auch ich nichts dem Ur heber gegenüber, wenn ich sein Recht da beschränke, wo er entweder nicht in der Lage oder nicht Willens ist, es noch ferner auszuüben. Wie wcitgrciscnd aber die Annahme dieses Prinzips in seinen praktischen Folgen sein würde, das läßt sich am besten an einigen Beispielen erweisen. Meine Herren, cs würden zunächst vielleicht mehr als 99 Procent aller Werke des Gedankens und der künstlerischen Form schon 10 Jahre nach dem Tode des Autors in Wegfall kommen, und das wäre sicherlich schon an und für sich eine höchst wünschenswerthc Entlastung unseres schwer beladenen Lileraturschifses. Und wenden wir das auf einen besonderen Fall an, so war gewiß Nicbnhr'S römische Geschichte zu ihrer Zeit ein im eminenten Grade epochemachendes Werk, welches der heutigen kritischen GcschiäuSschrci- bung den Weg vorgezcichnet und die Bahn eröffnet hat; und doch ist cs seit Decennicn schon die unbestreitbare Beute des Antiquariats 'geworden. ES wäre vielleicht möglich gewesen, das Buch noch über das 2. Decennicn hinaus noch dadurch existent zu erhalten, daß sich der Verleger zu einer wohlfeilen Ausgabe entschlossen hätte; dadurch wäre dann aber das erreicht, was die Abgeordneten str. Braun und von Hcnnig verlangten, indem sie auf wohlfeilere Bücherpreise im Nutzen des Consumenten drangen. Meine Herren, fragen Sic doch einmal in den hiesigen Antiquariaten nach Aleran- der von Humboldt'S Kosnios nach, sowohl waS die Zahl der auf dem Lager befindlichen Exemplare als auch deren Preis betrifft, und Sie werden auch diesem, in seiner Art gewiß einzigen Werke gegenüber zn cigcnihümlichen Schlußfolgerungen kommen. Mau macht sich in der That die übertrieben sten Vorstellungen von der ewigen Dauer eines Buches; ein Werk, das wir als »ere peronuiu? anseheu, bat vielleicht nach wenigen Jahren schon nur noch einen historischen Werth für die Bibliothek des Fachgelehrten und des Sammlers; und greifen wir selbst auf unsere sogenannte klassische Zeit zurück, so werden wir unter den Dichtern Lessing, Goethe, Schiller, unter den Componisten Mozart, Beethoven, Weber, vielleicht noch Hapdn und Schubert finden, die die Feuerprobe von je 10 zu 10 Jahren zu wiederho lender Ausgaben überstanden haben. Für diese möge dann aber das ein- trctcn, worauf der Herr Abgeordnete Braun hingcwicscn hat, als er der Nationalbelohnung gedachte. Meine Herren, ein französischer Staatsmann der neueren Zeit hat bei Gelegenheit der Beendigung einer glücklichen krie gerischen Unternehmung, als es sich um die Deckung von deren Kosten han delte, das Wort ausgesprochen: Frankreich sei groß und reich genug, seinen eigenen Ruhm selbst zu bezahlen. Sollte nicht dasselbe auch vom Volke der Deutschen gesagt werden könne», wenn es sich darum handelte, unsterbliche Meisterfchöpfnngen dadurch früher in das Herz und die Adern der Nation überzuführen, daß mau sie von ihrem Urheber, oder dessen Rechtsnachfolger erwürbe und sic dem concurrirenden Buchhandel zur rascheren Verbreitung überwiese? Oder soll nur von unser» Denkern, Dichtern und Componisten daö nicht gelten, was wir den Malern und Bildhauern schon längst zuge- standcn haben, indem wir ihnen gewisse Posten unseres Staatsbudgets offen erhielten und ihre Werke in Museen und an öffentlichen Orten ausgestellt haben? Diese Phantasien sind in der That bisweilen nicht so ausschweifend, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. Ich fürchte nur das eine, daß das Budget des Norddeutschen Bundes ourch derlei Anträge auf natio nale Belohnungen vorläufig nicht allzusehr belastet werden dürfte. Meine Herren, ich verkenne nicht, daß die Anwendung dieses Grund satzes auf diejenigen Geister, welche ich, um kurz zu sein, von Gottes Gna den nennen will, keinen übertriebenen Einfluß ausübcn wird. Aber da« glaube ich wird sich nicht bestreiten lassen, daß derselbe unbedingt auf eine ideellere Haltung der producirenden Geister überhaupt veredelnd cinwir- kcn, und namentlich auch die Wege deS Buchhandels beträchtlich vereinfachen würde. Wenn ich des Buchhandels gedenke, so kann ich das nicht, ohne auf die nach meiner Ueberzeugung so unverdienten Angriffe, welche er von eini gen Seiten her im Hohen Hause erfahren hat, mit einigen Worten zu er widern. Ich kann es weder bestreiten noch behaupten, daß die deutschen Buchhändler weniger gute Spcculanten und Kauflcutc sein sollen, wie die französischen oder die englischen. Aber, meine Herren, das glaube ich dür fen wir dreist behaupten, daß wir unter unseren Buchhändlern Männer zählten und noch zählen, vom edelsten Streben, non der uneigennützigsten Aufopferung, von wahrhaft wissenschaftlicher Begeisterung und von einem tief nationalen Drange, die sich nicht allein damit begnügt haben, ihre Au toren zu verlegen, sondern im höchsten Sinne des Wortes ihre Freunde ge wesen sind, so daß ihre Namen noch heute in einem gleichsam unauflös lichen Verbände mit den besten Männern unserer Wissenschaft und Literatur erscheinen. Gehen wir aber auf die ^Behauptungen, welche wir über den englischen und französischen Buchhandel vernommen haben, zurück, so gestal ten sich die Dinge dann da doch wesentlich anders, als sie uns hier vorge tragen sind. Ich habe mir einige Data zu verschaffen gesucht, die ich mir erlauben werde, Ihnen mitzutheilcn. Macaulah's englische Geschichte erschien zum Preise von 15 Schillingen. Er wurden vom ersten und zweiten Vande am ersten Tage 800 Eremplare abgesetzt, auf den dritten und vierten Band waren bereits 60,000 Abonnenten angemeldet. Tennyson's stcä/ Aruzst, das um Neujahr 1870, also dstseS Jahr erschien, ist bis jetzt in 35,000 Exemplaren zum Preise von 7 Schillingen das Exemplar ausgegcbcn. Der Preis ist heute noch unverändert. Von Rünan's vis äs ääsus-OIrrist er schien im Jahre 1863 die erste Ausgabe, in demselben Jahre noch zehn andere Auflagen, jede zum Preise von 7^ Francs. Bis heute eristirt noch keine vollständige Ausgabe, sondern nur ein Auszug zu einem abgeminderten Preise. Von Thiers' lustoirs äs lg. rsvolutiou truu^uise erschien 1823 die erste Ausgabe zum Preise von 5 Francs für den Band, erst 40 Jahre darauf eine wohlfeilere Ausgabe; ebenso von seiner iüstoirs äu oorwulnt st äs I'siupirs — erst 20 Jahre nach der ersten Auflage eine Ausgabe zu ver- 154*
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