Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.03.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.03.1870
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18700309
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187003091
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18700309
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1870
- Monat1870-03
- Tag1870-03-09
- Monat1870-03
- Jahr1870
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
56, 9. März. Nichtamtlicher Theil. 795 vor allem von wissenschaftlichen Werken. Gegenüber den herkömm lichen Büchcrpreisen hat sich in jenen beiden Ländern seit etwa 25 Jahren allmählich für Bücher, welche ein großes Publicum haben können, eine neue Preisnormirung eingeführt, welche in sehr starken Auflagen und sehr billigen Preisen den buchhändlerischen Erfolg fin det. Bei uns waren außer Schulbüchern die Tauchnitz-Ausgaben der Klassiker lange fast die einzige Speculation ähnlicher Art. Erst seit wenigen Jahren hat der deutsche Verlagshandcl den Muth ge wonnen, auf den gesteigerten Wohlstand rechnend und auf den Ein tritt der unteren Volksclassen in unsere Bildungssphärc, ebenfalls in sehr großen Auflagen mit niedrigen Preisen seinen Vortheil zu suchen, zunächst durch populäre Wochenschriften mit Illustrationen, unterhaltende Bücher. Das Aufhörcn des literarischen Schutzes für die deutschen Klassiker wurde Veranlassung zu einer ausgedehnten Anwendung desselben Prinzips, welches allerdings von größtem Ein fluß auf die Bildung des Volks werden kann. Und wir dürfen ver trauen, daß die Deutschen in der Ausbeutung dieser Speculation bald hinter ihren wohlhabenderen Nachbarn nicht zurückstehen werden. Gerade unser Buchhandel, den die Concurrenz so sehr zwingt, jeden Vortheil aufzusuchen, wird darin alles Mögliche leisten. Nur muß man nicht meinen, daß der größte Theil unserer guten und fördern den Bücher in Preis und Ausstattung auf den Massenverkauf ange legt werden wird, und man soll ruhig Autoren und Verlegern über lassen, ob sic für ihre Werke den einen oder den anderen Weg der Preisnormirung cinschlagcn wollen. Im Ganzen geht seit den letzten Jahren die Tendenz des Buch- und Musikalicnhandels überwiegend dahin, billig und massenhaft zu liefern. Man wird auch hier Er fahrungen machen, welche Vorsicht anempfehlen. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt in 74 Paragraphen die Rechte der Urheber, der Verleger und der Öffentlichkeit an Schrift werken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen, dramatischen Werken und Werken der bildenden Künste, insofern dieselben auf mechanischem Wege vervielfältigt werden. Der Schutz der Photogra phien soll durch einen besondcrn Gesetzentwurf geregelt werden. Der Entwurf bestimmt, daß der Urheber eines Schriftwerkes ausschließ lich das Recht hat, dasselbe ganz oder thcilweise auf mechanischem Wege zu vervielfältigen, dies Recht mag er übertragen an Heraus geber oder Unternehmer, an Verleger, Bühnen oder Kunsthändler, er mag es überlassen zu einmaliger Vervielfältigung oder zu fortge setzter. Das Gesetz schützt den ausschließlich Berechtigten gegen jede mechanische Vervielfältigung, welche ohne seine Genehmigung erfolgt, eine Anzahl Fälle ausgenommen, in welchen die Benutzung der Schriftwortc, der musikalischen Kompositionen oder des Bildwerkes aus Rücksicht auf allgemeine Culturinteressen und die Freiheit der geistigen Bewegung im Volke gestattet wird. Die Bestimmungen über Alles, was nicht als Nachdruck oder unerlaubte Nachbildung zu betrachten sei, gehören Wohl zu den schwierigsten Problemen, welche der Gesetzgebung überhaupt gestellt werden können. Die be treffenden Paragraphen sind hervorgcgangen aus einem gewissenhaf ten Abwägen der großen Interessen, welche hier heftig gegeneinander- stoßen. Sie beengen nicht übermäßig, sind in ihrer Fassung leicht verständlich, geben dem Urthcil des Richters zweckmäßig formulirte Gesichtspunkte und scheinen uns so gut, als compromittircnde Be stimmungen überhaupt sein können. Die besonderen Verhältnisse der Ucbersetzungen finden dabei gebührende Berücksichtigung. Aber wie der Gesetzgeber das Eigentumsrecht an geistiger Ar beit zu sichern hat, so hat er auch darauf zu achten, daß der Schutz des Urheberrechtes nicht für alle Zeit Werke von dauerndem Werth einzelnen Familien oder Geschäften zu einer privilegirten Erwerbs- guellc werden lasse. Der Entwurf schützt gegen Nachdruck für die Lebensdauer des Urhebers und nach dem Todesjahr noch für 30 Jahre, wobei zu bemerken, daß die Schutzfrist für Uebersehungen, Abhand lungen und Sammelwerke nach besonderen Gesichtspunkten zweck mäßig auf kürzere Fristen normirt ist. Die Zahl von 30 Jahren ist mehrfach beanstandet worden. Sie entspricht früheren gesetzlichen Bestimmungen Preußens und des Bundes. Wollte man nicht ein ewiges Autorrecht statuiren, für welches sich in Deutschland, nach den Erfahrungen, die man an Goethe's und Schiller's Werken ge macht hat, nur wenige Stimmen erheben werden, so mußte eine Schutzfrist limitirt sein. Daß man einen Autor auf Lebenszeiten schützt, ist selbstverständlich, er würde sonst leicht in die Lage kommen, gerade in seinen alten Tagen plötzlich die Subsistenzmittel zu ver lieren, vielleicht während sein Ruf am höchsten steht und er auf wohl verdienter Anerkennung auszuruhcn berechtigt ist. Aber auch wenn das Autorrecht nach seinem Tode erlöschen sollte, würde die Härte gegen ihn selbst und seine nächsten Hinterlasscnen sehr fühlbar wer den. Einem kränklichen oder bejahrten Talent würde der Verleger sich spröde entziehen, denn dieser wäre in Gefahr, durch den Tod sei nes Autors sein gezahltes Geld in plötzlicher Concurrenz zu ver lieren. In vielen Fällen wird erst der Tod eines bedeutenden Schriftstellers Veranlassung, den literarischen und künstlerischen Ge winn seines Lebens zusammenzufassen, oder hinterlassene Werke herauszugeben, und man darf sagen, daß nicht selten der größte pecuniäre Ertrag einer schriftstellerischen Thätigkeit in den ersten Jahren nach dem Tode gewonnen wird. Dies Erbe den Hintcrlasse- ncn zu nehmen, wäre eine Grausamkeit, umsomehr, da gegenwärtig in Deutschland kein Schriftsteller, und selten ein Künstler, und sei er noch so gefeiert, von dem Ertrage seiner Werke zum reichen Mann wird. Sein Ruf und die Käufer seiner Werke Pflegen der Haupt- theil der Habe zu sein, welche er den Seinen hinterläßt. Es ist in der Ordnung, daß diesen Gelegenheit bleibt, dies Erbtheil für sich zu vcrwerthen, es ist zunächst Lebensunterhalt der Wittwe, Aus stattung der Kinder oder Solcher, die dem Todtcn am nächsten stan den. Die festgesetzte Zahl derJahrc ist insofern unwesentlich, als — sehr wenige Fälle ausgenommen — in unserer modernen Wissen schaft, ja selbst in Poesie, Musik und bildender Kunst, 25 oder 30 Jahre nach dem Tode eines Mannes schwerlich die Vervielfältigung eines Werkes, das er geschaffen, noch besonders lohnender Gegenstand der Speculation sein wird, wenn auch noch einmal ein Buch, Opus, Bild von ihm mit Achtung und Zuneigung gelesen, aufgeführt oder aufgelegt wird. Der ausgebildete Antiquarhandel sorgt dafür, daß Bücher u. s. w. früherer Jahrzehende für die Lieb haber immer zu finden sind.W Eigenthümliche Schwierigkeiten boten die Bestimmungen über die Rechte auf musikalische Kunstwerke. Zum Theil weil der erste Urheber viel schwerer fcstgestellt wird; in der Hauptsache deswegen, weil hier die Concurrenz mit dem Auslande von ganz anderer Art ist, und die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen von Frankreich und England berücksichtigt werden mußten, um die Deutschen nicht allzusehr gegen die Fremden zu benachtheiligen. Auch hierin ist der Entwurf ein mühsamer Kompromiß aus einem harten Kampf ent- gegenstehcndcr Interessen und in allen Hauptsachen unendlich besser als die ungenügenden Bestimmungen, welche bis jetzt den Musika lien- und Kunsthandel fast rechtlos machten. Die Annahme des unveränderten Gesetzentwurfs durch den Reichstag wäre für das gcsammte Verkehrswesen der Literatur und Kunst ein sehr großer Gewinn, ein Amendiren einzelner Bestim mungen würde wahrscheinlich den ganzen systematischen Aufbau ver derben. Deshalb wird hier in geziemendem Respect der innige Wunsch ausgesprochen, daß es dem Reichstag gefallen möge, aus nahmsweise einmal den Entwurf, sowie er vorliegt, zum Gesetz machen zu helfen. G. F. 113*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder