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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1870
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- 02.04.1870
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- Deutsch
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-1? 75. 2. April. Nichtamtlicher Theil. 1131 ersten und zweiten Berathung einer freiwilligen Commission gelinge» werde, den ganzen Gesetzentwurf durchzuberathen. Nun hat sich zwar auch eine solche sreiwillige Commission gebildet, in welcher die ausgezeichnetsten Krästc vertreten waren, allein das Werk einer Durchbcrathung des Entwurfs ist ihr nicht gelungen; sic bat nur einige wenige Paragraphen des ersten Abschnitts dieses Entwurfs bcrathcn, und auch diese Paragraphen meines Erachtens nur unvollständig. Ich bin weit entfernt, damit der freiwilligen Commission irgend einen Borwurf machen zu wollen, es liegt das nicht an de» unzureichenden Kräften oder in dem ungenügenden Willen der freiwilligen Commission, nicht etwa an der einseitigen Zusammensetzung derselben, sondern cS liegt an der Bcschasscnheit des Entwurfs, der aller dings sehr schwer amendirbar ist. Dieser Entwurs ist aus einer ganz einheitlichen und untrennbaren Weltanschauung hcrvorgegangcn. Es ist der Entwurs, wie er das Ideal des engen Kreises bildet, der allein bisher das entscheidende Wort bei diesem Gegenstände mitgcsprochcn hat. Was ich vor allem vermisse, sowohl in den Anträgen der freiwilligen Commission als auch in dem Entwurf, das ist das allcrwichtigstc Kapitel aus dem Gebiete des Urheberrechts, nämlich daö Verlagsrecht. Wenn Sic die deutschen Gesetzgebungen durchgehen, soweit überhaupt über diesen Punkt eine Gesetzgebung in den 22' verschiedenen norddeutschen Bundesstaaten eristirt, so werden Sie finden, daß in denselben daS Verlagsrecht einen sehr wichtigen Bcstandthcil bildet. Wir wissen ja sehr wohl, daß zwischen dem Autor und dem Publicum, welches seine Schriften liest, und ebenso zwischen den übrigen geistigen Urhebern und denjenigen Menschen, die sich an dem Genuß ihrer Werke erfreuen, eine dritte Potenz in der Milte steht, und daß, wenn man überhaupt die Frage erschöpfend regeln will, eS doch auch absolut nothwcndig ist, das Vcrhältniß dieser dritten Potenz zu dem geistigen Urheber aus der einen Seite und zu dem Publicum aus der andern Seite zu regeln. Ich erlaube mir Sie in dieser Beziehung auf das Beispiel der Gesetzgebung des Königreichs Sachsen zu verweisen, von dessen Gesetzgebung — das muß ich von meinem persönlichen Standpunkte aus, da ich ja von vielen Seiten gleichsam als Sachsenfrcsser ausgeschrieen werde, ausdrücklich betonen — wir sehr viel lernen können, und die wir namentlich auch in Beziehung auf die vorliegende Materie sehr wohl gethan hätten, neben der preußischen zu berücksichtigen. In der sächsischen Gesetzgebung findet sich namentlich der Ansatz wenigstens zu einem Verlagsrecht, welches alle die controvcrscn Fragen regelt, die jetzt noch bestehen, und von der Justiz in jedem der 22 norddeutschen Bundesstaaten anders entschieden werden. ES sind das keineswegs sogenannte Doctorfragcn, sondern Fragen von., der allcrcntschicdenstcn praktischen Wichtigkeit. Z. V. also: Welches ist daS Vcrhältniß zwischen Urheber und Verleger? Darüber gibt uns der vor liegende Entwurf keine Auskunst. Ich will Ihnen nur einige Momente ansühren. In dem einen Lande muß der Vcrlagsvertrag zwischen dem Ur heber und den: Verleger in schriftlicher Form abgcfaßt sein, sonst gilt er nichts; in dem andern Lande kann er auch mündlich abgcfaßt sein, in dem dritten Lande ifi cS strittig, ob schriftliche Form nöthig ist oder mündlicher ConscnS genügt. Dieser ganze Zwiespalt, der die öffentlichen Verkehrsintcrcsscn gefährdet, bleibt nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ungeregelt, und ich sehe auch kaum eine Möglichkeit, ihn durch dieses Gesetz regeln zu können, weil ja überhaupt der Gesetzentwurf sich mit dem Verlagsrecht gar nicht beschäftigt, weil er das Verlagsrecht nicht der einheitlichen Gesetzgebung vindicirt, sondern cS der Verschiedenheit der Tcrrito- rialgesetzgcbungcn überläßt. Dann hebe ich hervor, daß das sächsische Gesetz z. B. bestimmt, wie stark die Grenze der Auslage ist in dem Falle, wenn zwischen Autor oder Verleger nichts ausdrücklich über die Zahl der zu druckenden Ercmplarc bestimmt ist. Dann, sagt daS sächsische Recht, soll die Auflage als nur 1000 Ercmplarc stark präsnmirt werden. Der Gesetz entwurf enthält weiter nichts darüber, wie cS denn nun mit der Firirung des Preises ist, ob nun der Verleger den Preis auf eigene Faust machen darf oder ob er sich darüber in Einvcrständniß mit dem geistigen Urheber setzen muß; denn der geistige Urheber schreibt doch nicht in erster Linie des Gewinnes wegen, sondern er schreibt, um gelesen zu werden, weil er glaubt der Welt etwas Nützliches und Neues mitthcilcn zu können. Wird nun der Preis so gesetzt, daß daS Buch nur eine ganz geringe Verbreitung findet, dann wird möglicherweise dem Zwecke des Verlegers entsprochen, aber gewiß nicht dem Zwecke des Autors. Dann fehlt darin die Bestimmung über den Zeitvcrlauf, wann denn die Frist der Ausübung de« Autorrechts durch den Verleger zu Ende geht, wenn in dem Contract nichts Aus drückliches darüber bestimmt ist. ES fehlt dabei auch die Vorschrift über das Rückcrwcrbungsrccht des Autors, und cS wird mir von Autoren ver sichert, daß eine Vorschrift hierüber sehr notbwendig ist. Man sagt mir — aus eigner Erfahrung kann ich nicht sprechen, aber Autoren sagen mir: — Ich verlause dem Verleger eine Auflage von 1000 oder 2000 Ercm- vlarcn. Er schreibt mir: ich will eine neue Auflage machen, die Auflage ist beinahe erschöpft. Ich sage: Gut, was wollen Sie für die 2. Auflage geben? Er schreibt mir eine Minimalsnmme; und ich sage ihm: das will ich nicht, dann lasse ich meine 2. Auflage von einem andern machen. Dann sagt er: Halt, erst die Ostcrmcssc abwartcn, dann kommen die Krebse. Gut, der Autor wartet die Ostcrmesse ab. die Krebse kommen. Er fragt den Buchhändler, wieviel hast du nun noch aus deinem Lager? Er jagt ihm: 150 Ercmplarc. Dann sagt er ihm: Gut, ich will dir die 150 Ercmplarc zum Nettopreise abkanfcn, und will dann selber wieder mein Urheberrecht ausübcn. Der Verleger sagt ihm: Huoä non, die hebe ich mir auf, so lange bis du mürbe geworden bist und den Preis für die 2. Auflage acceptirst, den ich, der souveräne Verleger, dir, dein unter meinem Griff und meiner Botmäßigkeit stehenden Autor, vctroyirc. Nun be darf denn dieser Punkt keiner Regelung? Sollte man nicht auch in der Bundcögcsetzgebung etwa sagen: wenn nur noch so und so viel Erem- plarc übrig find, oder wenn so und so viel Zeit abgelaufen ist, dann hat der geistige Urheber das Recht, durch Ankauf der kleinen Anzahl Ercm- plare, welche noch übrig sind, zum Nettopreise, daS Recht zu einer weiten Auslage wieder zu erwerben? Oder sollten wir nicht übcrb.nipt agen: er hat nach Ablauf von so und so viel Zeit so ipso das Recht zur zweiten Auflage? Warum sollen wir die Rechte des geistigen Ur hebers einerseits, der sein Werk auöbeuten will und zwar so schnell wie möglich — insofern ist auch er ein Geschäftsmann — und warum sollen wir die Rechte des consumircndcn PublicumS andererseits, das gute nnd billige Bücher haben will, beschränken zum Vorthcil eines Dritten, der doch eigentlich weit entfernt davon ist, geistiger Urheber oder nur irgend etwas dem AehnlichcS zu sein? Dann aber, meine Herren, ab gesehen von diesem Falle des eisernen Residuums, welches sich ja der Ver leger auf ewige Zeiten aufheben kann, dadurch daß er verhindert, daß das Er sannen des Buches überhaupt publik wird, kann er auch andere Gründe haben, die Verbreitung des Buches zu hindern, und da wäre er nach diesem Entwurs auch ganz souveräner Herr über den Schriftsteller. Er kann ja z. B. cS unterlassen, das Werk zu drucken. Muß er drucken? Die sächsische Gesetzgebung beantwortet diese Frage mit: Ja, er muß drucken. Muß er verbreiten? Die sächsische Gesetzgebung sagt: Ja, er muß verbreiten; er muß sogar der Verbreitung durch Inserate und alles Dasjenige, was Pflicht eines sorgfältigen Geschäftsmannes ist, auf das eifrigste unter die Arme grei fe». Ja, meine Herren, das fehlt alles hier, nnd infofern glaube ich nicht Unrecht zu haben, wenn ich sage: dieser Gesetzentwurf ist weniger ein Gesetz zum Schutz der Autorrechte, als ein Gesetz zum L>chutz der Verleger- rechte. Ich will Ihnen noch einige andere Punkte ans dem Gebiete des Ver lagsrechts mittheilen, und da ich sehr wohl fühle, daß bei denjenigen Herren, die auf dem Standpunkte des Entwurfs stehen, meine Autorität eine außer ordentlich leichtwicgende ist, so will ich Ihnen eine andere Autorität ver führen, die vollständig auf dem Standpunkt dieses Entwurfs steht; daö ist eine Abhandlung des königlich sächsischen RegicrungSrathS Herrn von Witz- lcbcn: „Die Norddeutsche Bundcsgesctzgebung über Nachdruck", die sich in dem ersten Heft dcö 1870er Jahrganges der Cotta'schcn deutschen VicrtcljahrS- schrift vorfindct. Also Herr von Witzlcbcu steht auf dem Dtandvunkt dcS Gesetzentwurfs, er ist aber ein durchaus sachkundiger und scharfsinniger Kri tiker; ich habe seinen Aufsatz gelesen und viel Belehrung daraus geschöpft. Er hebt z. B. noch folgende ZwcifelSpunkte hervor: Erstens die in praxi bereits vorgckommcnc Frage, ob das Verlagsrecht, das durch einen Vertrag mit dem Urheber erworben wird, nun bis zu einem so eminenten Grade in das Eigenthumsrccht des erwerbenden Verlegers übergeht, daß es gegen den Willen des Urhebers noch auf einen dritten übertragen werden kann, sei cS durch weiteren Ucbcrtragungscontract, oder sei es durch die Firma, oder auf welche andere Art, oder aber, ob das Vertragsrccht nur ei» fus per- sounlissiinum zwischen diesem Schriftsteller 2HÜ.. und diesem Verleger -M. ist. so daß der Verleger kein Recht hat, cS weiter zu übertragen ohne Zustim mung des Urhebers. Das ist ein Fall, der vorkommt. Ein Schriftsteller erzählte mir noch dieser Tage, daß er ein Buch über einen volkSwirthschaft- lichen Gegenstand geschrieben hat, das im Anfänge wenig Aufnahme fand; er hatte cs dem Verleger aus gutes Vertrauen gegeben. Der Verleger hatte ihm ein Honorar von so und so viel versprochen; der Verleger macht Ban kerott: das .Verlagsrecht 'wird aus der Concursmasse für eine Kleinigkeit verschleudert, der Schriftsteller bekommt sein Honorar nicht und der Verleger, der daS Verlagsrecht aus der Concursmasse erworben hat, macht ein glän zendes Geschäft. Nun, meine Herren, sollen wir denn alle diese Fragen ungeregelt lassen? — Herr von Witzlcben fragt weiter: welches ist daS Zeit maß des VerlagscontracteS, wenn der Contract keine ausdrückliche Bestim mung darüber enthält? Er fragt weiter: welches sind die verlagsrechtlichen Befugnisse im Zeitschriften- und Zeitungswcsen? Ist der Herausgeber, der Redakteur, der Verleger, oder wer sonst hier der Eigcnthümer? Und wer hat hier das Verbictungsrccht? Hat cS der geistige Urheber oder der Mann, der die Zeitungen verlegt, und hat der letztere das prohibitive Verbictungsrecht auch gegen den geistigen Urheber? Auf letzteres gibt zwar der Entwurf eine Antwort, aber meiner Meinung nach eine sehr ungenügende nnd die Rechte des geistigen Urhebers zu Gunsten des Verlegers oder dcö Eigcnthü- mcrS allzusehr beschränkende. Eine gewisse Frist kann man ja dem Zcit- schriftcnherauSgeber gönnen, auch in dem Fall, daß dieselbe nicht contractlich verabredet ist; aber diese Frist muß doch eine verschiedene sein, je nachdem es 160'
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