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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.03.1870
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.03.1870
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- Deutsch
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686 Nichtamtlicher Theil. ^ 50, 2. März. Angehörige in Anspruch nahmen. Die Buchhändler selbst kamen nur insoweit in Betracht, als dieselben ihre Verlagsrechte „von denen Autoren in redlicher Weise erworben hatten". Auch nicht eine Stimme in dem durch Wahl des ganzen deut schen Buchhandels gebildeten Ausschuß hat sich dafür erhoben, dem Autor für seine Lebenszeit das Eigenthnm an seinen Geisteswerken zu entziehen. Keiner hat auch nur in Frage gestellt, ob denselben das Leid angethan werden dürfe, eine Arbeit, an welche sie vielleicht ihr Herzblut gesetzt haben, noch bei Lebzeiten von Unberechtigten ausbcntcn lassen zu müssen. Der deutsche Buchhandel zeigte sich von einer viel zu tiefen Pietät gegen seine Dichter und Künstler durch drungen, um einen so herzlosen Vorschlag zu machen, wie der Ab geordnete von Wiesbaden solchen über die Lippen — ein Herz kann der Mann unmöglich besitzen — zu bringen vermocht hat. Der selben Pietät ist auch der zweite Vorschlag entsprungen, die Schutz frist noch für das nächste Geschlecht bestehen zu lassen. Man dachte nicht daran, den Kindern von Schiller und Goethe, von Gluck und Mozart, von Rauch und Schwanthaler die Vortheile zu entziehen, welche vielleicht das einzige Erbthcil bildeten, das ihnen vom Ruhm ihrer Väter geblieben war. Es ist ein sittlicher Grund, auf welchem diese Vorschläge be ruhen, und nicht von einer Ausdchnun'g der Urheberrechte, sondern von einer Beschränkung derselben ist die Rede. Ebenso wenig kann vom Rechtsstandpunkt aus die Frage erhoben werden, welche Gegen stände geschützt werden sollen. Alle geistige Arbeit trägt die Berech tigung dieses Schutzes in sich, und wird der Standpunkt verlassen, auf Welchem die Vorschläge von 1833 beruhen und welcher auch in dem neuen Gesetzentwurf fcstgehalten worden ist, so handelt es sich nicht mehr um Schutz, sondern um Beraubung der Autoren zu Gunsten der Wählerschaften der Reichstagsabgcordncten. vr. Braun ist in seinem Elemente, so lange nur von Enteignung der Berechtigten die Rede ist, und er verräth seine volle Unbckanntschaft mit dem Gegen stand, sobald er auf die Thatsachen eingcht. Er weiß nicht, auf wel chen Erwägungen die Fcsthaltung des Schutzes für die Lebenszeit und die muthmaßlichc Lebensdauer der Kinder beruht. Er weiß nicht, daß die 28 Jahre des englischen Schutzes bereits seit 28 Jahren, durch ein Gesetz der Königin Victoria vom 1. Juli 1842, auf die Lebenszeit des Autors und 7 Jahre nach seinem Tode, vorausgesetzt daß dann wenigstens 42 Jahre nach dem Erscheinen abgelanfen sind, verlängert worden ist. Er weiß nicht, daß diese Verlängerung der Fristen zu dem Zweck erfolgt ist, um der Hervorbringung guter Bücher Vorschub zu thun, und er weiß endlich nicht, daß unter dem Wort „Bücher" auch alle übrigen Erzeugnisse von Kunst und Wissenschaft verstanden werden. Dem Abgeordneten von Wiesbaden, obgleich er der französi schen Grenze so nahe gelebt hat, ist unbekannt geblieben, daß durch das Napoleonische Gesetz vom 8. April 1854 die früher ungleich kürzer bemessene Schutzfrist bis auf 30 Jahre nach dem Tode des Autors, beziehentlich seiner Wittwe, erstreckt worden ist. So scheint er auch davon nichts gehört zu haben, daß der Kongreß von Brüssel, auf Anregung des Kaisers, die Frage auf Wiederherstellung des un beschränkten Eigcnthums der Autoren in crnstlichste Erwägung ge zogen hat. Und solche Unwissenheit macht in einer gesetzgebenden Versamm lung sich breit! Der Mann, der nichts davon erfahren hat, daß die alten deut schen Bücherprivilcgien in der Regel kaiserliche waren, daß sie in Frankreich schon vor Ludwig XlV. eingeführt gewesen sind, und wel cher gar nicht auf den Gedanken kommt, daß überhaupt ein Bedürf- niß solchen Schutzes gar Nicht früher erwachen kann, als bis die Lölker lesen gelernt haben, ergeht sich in wohlfeilen Redensarten über Zustände, welche sicher nicht schlimmer waren als die, welche er zu schaffen vermöchte. Derselben in jedem Worte sich verrathenden Unbekanntschaft mit der Sache entspringt der Hinweis auf die Deutschen im Ausland. Er hat keine Ahnung davon, daß seit länger als zwanzig Jahren die Bemühungen der deutschen Regierungen unablässig darauf gerichtet gewesen sind, internationale Verträge zum Schutz von Literatur und Kunst abzuschließen. Er weiß nicht, daß die Bundesbeschlüsse von 1837 und 1845 in die Landesgesetze von Bayern, Württemberg und Oesterreich übergegangen sind und daß die gegenwärtige Nachdrucks gesetzgebung dieser Länder sich in wesentlicher Uebereinstimmung mit der von Norddeutschland befindet. Weit davon entfernt also, diese Uebereinstimmung zu fördern, würden seine Vorschläge nur dazu dienen, die bestehende Uebereinstimmung aufzuheben. Und ebenso hartnäckig, wie die genannten Staaten früher am Nachdruck fest- hieltcn, würden sie gegenwärtig dem Braun'schen Rückschritt wider streben. Wer irgend mit dem Fortschritt der Literatur vertraut ist, dem kann es nicht verborgen geblieben sein, welchen Auf schwung der Buchhandel von Stuttgart und Wien seit 1845 ge wonnen hat, und nur die bodenlose Ucberhebung des Reichstags abgeordneten traut dem Reichstag zu, ebenso unwissend zu sein wie er selbst ist. Ob es möglich sein wird, einen Vertrag mit Nordamerika zu Stande zu bringen, ist freilich die Frage, denn die Rechtsbegriffe des amerikanischen Kongresses stehen mit denen des Abgeordneten von Wiesbaden etwa auf gleicher Stufe. Thatsache ist cs aber, daß die angesehensten amerikanischen Verleger es verziehen, den berühmteren englischen Schriftstellern zum Theil sehr bedeutende Honorare zu zahlen, anstatt sich aufGrund der Gesetze und der mangelnden Verträge dieser Ehrenpflicht zu entziehen. Aus welchen Gründen aber die Amerikaner den Abschluß von Verträgen zum Schutz des Autoren rechts abgeneigt sind, würde der Abgeordnete am gründlichsten aus den bekannten Steigcr'schen Flugschriften lernen können. Weil vö. Braun mit der Thatsache unbekannt ist, daß die Schutzfristen in Frankreich bedeutend länger sind als in Deutsch land, und daß die in England von seinen Vorschlägen weit abweichen, so hat er selbstverständlich auch in seinen Folgerungen sich gründlich getäuscht. Die größeren Auflagen und der raschere Verkauf der Aus gaben von beliebten englischen und französischen Autoren beruht jedenfalls nicht aus den verschiedenen Schutzfristen, sondern darauf, daß der Buchhandel in Frankreich und England sich wesentlich auf die beiden Hauptstädte beschränkt, in welchen, auch vcrhältnißmäßig, ungleich mehr gekauft wird als in Berlin, was erklärlich ist, wenn man die eigene Schilderung des Abgeordneten von der Benutzung der Leihbibliotheken für wahr hält. Darüber jedoch kann kein Zweifel sein, daß im Gegentheil in ganz Deutschland Kunst und Wissenschaft ungleich verbreiteter sind als in England und Frankreich, und daß z. B. eine Stadt wie Frank furt einen wenigstens zehnfach größeren Bedarf hat als etwa Lyon und Marseille, oder Manchester und Liverpool. Sobald der Abgeordnete auf den Buchhandel kommt, spricht er wie der Blinde von der Farbe und wir verzichten darauf, ihm einen Begriff von der Einrichtung desselben beizubringen. Wenn ein Mann, der nicht einmal weiß, auf welchen Gegenleistungen der Rabatt beruht, welchen der Sortimenter erhält, und zu welchem Zwecke derselbe eingeführt ist, doch darüber spricht, der muß eben das Sprechen für seinen Beruf halten. Auch bezüglich des englischen Buchhandels hat er nur lauten und nicht zusammenschlageu hören. Auch unter die Konsumenten von Bedeutung läßt er sich nicht zählen, sonst müßte er wissen, daß in Deutschland vermöge der Einrichtung-des deutschen Buchhandels der
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