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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.03.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1911-03-20
- Erscheinungsdatum
- 20.03.1911
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- Deutsch
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3470 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 65, 20. März 1911. Herr Geheimrat Martus hat damit offenbar die Vor züglichkeit der lateinischen Druckschrift als Fibelschrift dartun wollen. In Wirklichkeit aber bestätigt seine Erfahrung doch klar und unwiderleglich, daß die deutsche Druckschrift, trotz ihrer geometrisch komplizierteren Formen, außer ordentlich leicht zu erlernen ist (sechsjährigen Kindern, die schon eine andere Schrift kennen, nimmt es nur eine einzige Stunde) und daß die Lamentationen über mühsames Einprägen und über die Quälerei der Kinder durch die Zweischristtgkeit vollständig un begründet sind. Windecks Angaben in Prozenten zugunsten der größeren Schreibflüchtigkeit der Altschrift sind irreführend und falsch. Wie er der deutschen Schreibschrift 33,6 Prozent mehr Takte und 41 Prozent mehr Druckstellen zuschreiben kann, ist mir unerfindlich. Wahrscheinlich rechnet er die kleine Schleife bei a, g usw. als Takt und Druckstelle. Übrigens sind Druckstellen von geringem Belang, seitdem man auf Grund des immer zunehmenden Gebrauchs von Füllfedern immer mehr von der Unterscheidung von Haar- und Grundstrichen abkommt. Sämtliche kleinen deutschen Buchstaben können in einem Zuge, ohne abzusetzen, geschrieben werden. Dabei mutz allerdings beim kleinen e beim zweiten Aufstrich eine halbe Strecke zweimal befahren werden. Nachzufügen sind die Punkte bei i und j und der Haken beim u. Die latei nischen Kleinbuchstaben können ebenfalls alle in einem Zuge geschrieben werden. Hier find gleichfalls drei Zeichen nach zufügen: die Punkte des i und j und der Querstrich durch das t. Aber bei den lateinischen Buchstaben muß, wenn sie in einem Zuge leserlich geschrieben werden sollen, bei einer ganzen Anzahl eine größere Strecke, und dazu noch oft eine gekrümmte, zweimal befahren werden, so bei a, ä, g, g, o, r. Beim Weiterschreiben fordern die deutschen Kleinbuchstaben ein Absetzen eigentlich nur beim x, und das kommt im In laut selten vor. Das f kann ja gerade so gut mit dem Ausstrich, wie das lateinische, geschrieben werden. Bei den lateinischen muß nach jedem s abgesetzt werden, wenn man nicht den unteren Bogen des s zweimal befahren will. Das doppelte Befahren einer Strecke ist aber viel unangenehmer, schwieriger und zeitraubender, wenn der Buchstabe seine richtige Form erhalten soll, als das Absetzen. Die deutschen Großbuchstaben können ohne Ausnahme in einem Zuge, ohne Absehen, geschrieben werden (der Querstrich durch das F ist ganz überflüssig), und bei der Verbindung mit den folgenden Zeichen braucht nur bei I, O und S ab gesetzt zu werden. Beim E kann ohne jegliche Entstellung der Form die große Schleife bis zur Mitte gezogen werden und dann unter Anwendung der kleinen Schleife ohne Ab fetzen weitergeschrieben werden. Ebenso beim F. Bei den großen Lateinbuchstaben mutz bei neun im Buchstaben selbst abgesetzt werden. Vierzehn gestatten die Verknüpfung mit den nächsten Buchstaben ohne Absetzen. Von diesen vier zehn gehören aber fünf zu jenen neun, bei denen im Buch staben selber abgesetzt werden muß. Es bleiben also wirklich nur neun, mit denen man ohne abzusetzen ein Wort beginnen und weiterschreiben kann. Das haben denn auch die lateinisch schreibenden Völker längst heraus gefunden und haben deshalb die Hälfte der großen Lateinbuchstaben so umgeformt, daß sie mit den deutschen nahezu übereinstimmen. Wie man angesichts der hier angeführten Tatsachen zu den von Windeck gemachten Angaben über die Schreibflüchtigkeit gelangen kann, sehe ich nicht ein. Das kleine s der lateinischen Schrift ist nicht um ein Haar besser als das deutsche. Daß letzteres unbequem ist, kann nicht geleugnet werden. Es sollte durch etwas Besseres ersetzt werden. Das lateinische s ist dazu nicht geeignet. Wenn man es als einfache mittelgroße Schleife schreibt, füllt es sich zu leicht ganz mit Tinte. Die verbesserte Form mit der Knicke im Ausstrich, ist bei einigermaßen flüchtigem Schreiben kaum ausführbar. In englisch sprechenden Ländern gibt man ihm daher neuerdings vielfach die Form des griechischen r, die ja wohl auch das Vorbild des deutschen e gewesen ist. Herr Windeck schreibt: -Was die mit der Antiqua in den Grundzügen übereinstimmende Offenbacher Schwabacher anbelangt, so ist unerfindlich, was diese Form mit der eigentlichen Fraktur zu tun hat Es ist daher eine seltsame Irreführung, wenn man sagt, die Offenbacher Schwabacher würde von Ausländern flott gelesen, mithin wäre auch die Fraktur allgemein lesbar-. Herr Windeck hat sich, nach dem Vorstehenden zu schließen, die Schwabacher, und speziell die Offenbacher Schwabacher, offenbar noch nicht genau angesehen. Sonst müßte er doch gemerkt haben, daß die kleinen Buchstaben mit denen der gewöhn lichen Fraktur in allen wesentlichen Stücken ganz identisch sind. Sie sind von der Antiqua genau so ver schieden wie die der Fraktur. Die großen Buchstaben aber, die so abgeändert sind, daß sie mit denen der Antiqua die Einfachheit der Form, mit denen der Fraktur aber die Ver meidung der schädlichen Kreisbogenrundung, der Rechteckig keit und des Parallelismus der Striche gemein haben, sind mit ein oder zwei Ausnahmen den Frakturformen immer noch ungleich näher verwandt als der Antiqua. Es liegt also keinerlei Jrresührung vor. Im Gegenteil, man darf sich dreist folgender maßen fassen: Wenn man Ausländern, die vorgeben, die deutsche Schrift nicht lesen zu können, Fraktur vorlegt, in welcher man das lange s durch das runde ersetzt hat, und in welcher die Großbuchstaben im Sinne der Offenbacher Schwabacher Schrift umgeändert sind, dann können sie die selbe flott lesen. Ja, sie merken nicht einmal, daß es die verhaßte deutsche Druckschrift ist. Was an der angeblichen Schwierigkeit des Ausländers Wahres ist, läßt sich auf das ungewohnte lange s und einige zu sehr gewundene Groß buchstaben zurückführen. Alles übrige, so behaupte ich, ist »böser Wille« von seiten des Ausländers. Wie sollte ihm auch das so große Schwierigkeiten bereiten können, was, nach den weiter oben zitierten Angaben eines bedeutenden Schul mannes aus dem Lager der Altschriftler, ein Kind von sechs oder sieben Jahren mit Leichtigkeit in einer Stunde lernt! In seinem Schlußworte sagt Herr Windeck: »Müssen wir Deutschen unbedingt eine besondere Liebhaberei für uns haben, und noch dazu eine, die andere früher aufgegeben haben?« Aber woher weiß denn Herr Windeck, daß es eine bloße Liebhaberei ist? So sagen zwar die Altschriftler. Aber da sie bei der Beurteilung der Lesbarkeit der beiden Schriften nachgewiesenermaßen von falschen Voraussetzungen ausgehen und die wichtigsten Gesichtspunkte außer acht gelassen haben, so haben ihre Ansichten nicht die Bedeutung von Resultaten einer vorurteilslosen und gewissenhaften Untersuchung. Die Mehrheit des deutschen Volkes und mit ihr diejenigen, die ohne Vorein genommenheit die guten und schlechten Seiten beider Schrift arten geprüft haben, sind anderer Ansicht. Sie haben er kannt, daß die deutsche Schrift —Druckschrift wie Schreib schrift — trotz einiger verbesserungsfähigen Schwächen, ganz bedeutende, nicht zu unterschätzende Vorzüge besitzt, und daß es aufs tiesste zu beklagen wäre, wenn auch dieses Merkmal deutscher Eigenart dem lärmenden Anstürme der lateinisch gesinnten und pseudo-kosmopolitischen Alles-gleich- macher zum Opfer fielen.
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