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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.03.1870
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- Erscheinungsdatum
- 05.03.1870
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- Deutsch
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53, 5. März. Nichtamtlicher Theil. 747 sönlichkeit. Was würde ein unbefangener Beurlheilcr nun wohl zu dem Verlangen sagen, daß Häusser gleichwohl nicht berechtigt ge wesen sei, dieses Werk als sein Eigcnthum zu betrachten, oder daß dieses Eigenthumsrecht etwa nur bei der ersten Auflage, oder nur auf wenige Jahre nach dem Erscheinen der ersten Auflage hätte fort- dauern sollen? Das Studium eines Lebens lag in dem Werke, das Honorar, welches der Gelehrte für seine erste Auflage erhielt, ent sprach nicht entfernt dem Aufwand«: von Arbeit und Zeit, welches er darauf verwandt hatte. Der Verleger mußte erst sehen, wie das große Geschichtsbild von den Zeitgenossen ausgenommen werde. Erst durch die zweite und die folgenden Auflagen konnte der Antor dar auf rechnen, auch nur auf die Kosten seiner Forschungen zu kommen. Nun ergreift ein verharrendes inneres Leiden den rastlosen Mann; er siechte ein paarJahre dahin und starb, kaum ein Jahrzehend, nach dem der erste Band seiner Geschichte erschienen war. Soll nun mit diesem frühen Tode sein Recht auf sein Lcbenswerk erlöschen? Soll von da ab Jeder, der über ein paar Seher und eine Druckcrprcsse verfügt, im angeblichen Interesse des Publicums die Erlaubniß ha ben, das Werk an sich zu reißen, dasselbe, da er dem Autor oder sei nen Erben kein Honorar zu zahlen hat, zu billigerem Preise zn ver breiten und so auf Kosten des Mannes und seiner Familie sich ein gut Stück Geld zn verdienen? Ist ein solches Naubsystcm etwa ge rechter, idealer, als das System eines vernünftigen Schuhes des An tors, einer billigen Ausgleichung der verschiedenen Interessen? Hin dert denn dieser Schuh irgend einen zweiten Schriftsteller, nun seinerseits preußische und deutsche Geschichte zu schreiben und dabei die Vorarbeiten Häusscr's auf das gründlichste zu benutzen? Wenn Jedermann das Recht hat, mit dem Werke seiner Hände, mit der Thätigkeit seines Kopfes sich ein Einkommen zu verschaffen, ein Vermögen zu erwerben und für die Zukunft der Scinigcn zu sorgen, soll nur der Gelehrte, der Dichter dieses Recht nicht haben? Wir glauben nicht, daß es jemals gelingen wird, den Beweis für eine solche Ausnahme von der allgemeinen Regel zu führen. Allerdings, ein gewisser Unterschied besteht zwischen der mate riellen und der geistigen Production. Der Gegenstand, welcher von einem Fabrikanten, einem Handwerker hcrvorgebracht wird, geht durch Verkauf oder Vererbung von Hand zu Hand und bleibt, so lange er überhaupt eristirt, ein individuelles Eigcnthum. Dieses Eigcnthum kann sich durch Jahrhunderte hindurchzichen, obwohl cs meistens sehr viel kürzere Zeit dauert, da die Artikel des mensch lichen Verbrauchs und Genusses vergänglich sind, da sic theils rasch verzehrt, theils bald abgenutzt werden und außer Mode kommen, oder jedenfalls endlich der Zerstörung verfallen, welcher alle sinn lichen Dinge unterliegen. Mit ocm geistigen Eigcnthum ist es an ders. Das Buch verjüngt sich in seiner Existenz, indem cs von neuem gedruckt wird, die geistigen Schätze erhalten sich durch Jahr tausende, und es müssen schon so ungeheure Ereignisse, wie z. B. die Völkerwanderung am Ende des römischen Kaiserthums, dazu kommen, um die schriftstellerischen und künstlerischen Erzeugnisse der früheren Welt theilweise zu vernichten. Eben wegen dieser längeren Dauer geistiger Production ist es nöthig, dem individuellen Eigcn thum hier eine Grenze zu ziehen, welche bei den materiellen Pro- ductcn die Natur in Folge der Vergänglichkeit aller irdischen Dinge von selbst zieht. Man darf die individuellen Eigcnthumsbegriffe nicht so übertreiben, wie cs durch die Forderung eines ewigen Au torrechts geschieht. Man muß bedenken, daß die unendliche Mehr zahl aller literarischen Werke schon innerhalb einer Generation den individuellcnWerth, welchen sie bei ihrem Erscheinen besaßen, längst verloren haben. Man muß endlich erwägen, daß allerdings der Ein zelne bei der Erzeugung und Gestaltung neuer Gedanken aus der allgemeinen geistigen Lebenskraft seiner Nation schöpft und daß also einZeitpunkt eintritt, wo diese das zurückfordcrn darf, was er gleich sam nur als geliehenes Gut von ihr besaß. Aus diesen Betrach tungen folgt, daß der Schutz des Autors nur über einen gewissen Zeitraum sich erstrecken darf. Ob dieser Zeitraum 50 Jahre dauern soll, wie in Frankreich, oder 42 Jahre, wie in England, ob die Frist bis 30 Jahre nach dem Tode des Autors, welche der Gesetzentwurf vorschlägt, nicht bereits zu lang bemessen ist, das sind nicht mehr Fragen des Prinzips, sondern der praktischen Erwägung. Auch uns scheint diese letztere Frist zu lang, auch wir glauben, daß manches Dctail in dem Entwürfe vereinfacht werden könnte, aber wir halten daran fest, daß das Prinzip des Gesetzentwurfes vollkommen berech tigt ist und daß die Verhandlungen im Reichstage in dieser Hinsicht zum Theil über das Ziel hinaus geschossen haben. (Magdeb. Ztg.) Julius Rodcnberg gegen Karl Braun. In der Allgemeinen Zeitung spricht sich Julius Nodenberg in einem Berliner Briese also aus: Die Reichstagsverhandlungen über die Vorlage zum Schutze des geistigen Eigcnthums haben unsere hiesige „literarische Re publik" in nicht geringe, und zwar keineswegs sehr angenehme Aufregung versetzt. Man fragt sich: wie cs möglich gewesen, daß ein Mann, der selbst Schriftsteller ist und zur Reichstags mehrheit gehört, gegen die den Interessen der Schriftsteller gün stigen Bundesvorlagen sprechen konnte; und daß ein Mann, welcher Verleger ist und zur Opposition gehört (Franz Duncker), sie vertheidigen mußte! Karl Braun gegen die Schriftsteller! er, der (von seinen frühern fachwisscnschaftlichcn Arbeiten abgesehen) mit seinen „Geschichten aus der deutschen Kleinstaaterei" jüngst erst so erfolgreich in die Zahl derselben eingetreten ist — er, der geschätzte Mitarbeiter einiger unserer populärsten und gclesenstcn Untcrhaltungsblättcr! Es gab eine Zeit, wo jeder Schriftsteller in jedem Verleger seinen geschwvrnen Feind erblickte. Diese Doctrin ist längst veraltet und der Friede zwischen Schriftsteller und Verleger geschlossen; allein daß ein Schriftsteller sich von den Schriftstellern lossagen kann in demselben Augenblicke, wo der Staat endlich nach jahrelangen Kämpfen bereit ist, ihren Erzeug nissen den Schutz zu gewähren, welchen er den Marken eines Weinhändlcrs und dem Stempel eines Scherenfabrikanten nicht verweigert, das ist trotzdem immer noch viel unbegreiflicher, als daß ein Verleger sich erhebt, uni mit Einsicht und Würde das Wort für Diejenigen zu nehmen, die ohne ihn keinen Anwalt gehabt hätten vor dem Parlament des Norddeutschen Bundes! Auf Seiten Franz Duncker's war die Gerechtigkeit, die Logik und die Vernunft, während wir so wenig den Standpunkt als die Argumente Braun's begriffen haben. Es handelt sich einfach darum, dem Autor das Recht an seinem eigenen Werk zu sichern, für seine Lebenszeit, sollte man denken, selbstverständlich, und für seine Erben auf eine gewisse Zeit nach seinem Tode, über deren Dauer, ob kürzer oder länger, man verschiedener Ansicht sein kann. Nun aber gibt Hr. Braun vor, daß er sich auf die Seite des Publicums stellen wolle, und leugnet im Interesse desselben zunächst den ersten Satz, d. h. das Recht des Autors an sein eigenes Werk. Er sagt: „Das Autorrecht ist ein Monopol, welches das Product vertheuert, und zwar um so mehr, je länger die Dauer des Autorrechts ausgedehnt ist." Das ist ganz gut, wenn es seine Meinung ist; denn gegen Meinungen kann man polcinisircn. Aber wie kommt er selber daun dazu, gleich in den folgenden Sätzen seiner Rede die Lage der deutschen Schriftsteller zu beklagen? Abgesehen davon, daß die meisten von ihnen mit ihrer Lage ganz zufrieden sein werden — glaubt er sie wirklich dadurch zu verbessern, daß er damit anfängt, ihnen das Recht an ihren eigenen Werken zu nehmen? Er verwirft im Prinzip den Begriff des geistigen Eigenthums und will es höchstens aus Con- venienz gelten lassen, indem er dem Autor für eine gewisse Zeit
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