Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1870
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18700207
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187002078
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18700207
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1870
- Monat1870-02
- Tag1870-02-07
- Monat1870-02
- Jahr1870
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
408 Nichtamtlicher Theil. 30, 7. Februar. des römischen Ductus geformte Schrift, nämlich die nach der römi schen Canzleischriftgeschniltene schiefe sogenannte römische Kur sivschrift (in Frankreich Italic oder psucbc) erfand, die gleich der Antiqua später mannigfache Ausbildung und Verschönerung er langte, und seitdem mit ihr in Italien und Frankreich herrschend ge-> blieben ist. In England war gleich Anfangs die in deutschen Drucken vorkommende Type (dort svAlisk black, auch black-Isttsrs ge nannt — schwarze Schrift, weil sic ihrerstarkenStrichewegengegendie lateinische Schrift schwarz erscheint) angcwendet worden; es erklärt sich diese Erscheinung dadurch, daß der erste Drucker Englands, Wil liam Carton (1474—1491), seinen ganzen Druckapparat aus Deutschland, wahrscheinlich aus Cölu, wo er das Drucken erlernt hatte, mituahm. Ebenso war es bei den Druckern, welche nach Dänemark, Schweden, Böhmen, Polen re. kamen; auch dort erscheint schon in den ersten Druckwerken eine Unterart der gothischen Schrift. Noch Carton selbst aber nahm auf die in gleichzeitigen englischen Handschriften vorkommende Buchstabenform Rücksicht, und seine Schüler und Nachfolger führten endlich eine nach dem Muster der italienischen Antiqua und später (1531) auch Cursiv geschnittene Schrift ein, welche vielfach verbessert und theilweise selbständig ge staltet, noch heute gilt. Auch die Dänen haben später die runden Schriftarten ange nommen, ja man setzte sich dort frühzeitig mit berühmten Druckern des Auslandes in Verbindung, um durch sie schöne römische Typen zu erlangen, und nahm an allen Verbesserungen, welche Antiqua und Cnrsiv erfuhren, regen Antheil. Zum Druck dänischer Werke Wurde aber die runde Schrift erst am Ende des vorigen Jahrhun derts versuchsweise eingeführt. Im Allgemeinen gilt in Dänemark noch heute die deutsche Fractur, und zwar in der Form, welche als Schwabacher Schrift bezeichnet wird, als Nationalschrift. Dies ist auch in Schweden der Fall, obwohl nicht verkannt werden darf, daß hier in den letzten Deccnnicn die runde Schrift, besonders bei wissenschaftlichen Werken, immer mehr an Ausdehnung gewann. Am längsten hat sich in außcrdcutschcn Ländern die deutsche Druckschrift iu B öhmen und Polen erhalten, denn erst seit etlichen zwanzig Jahren begann hier die Schwabachcrschrift der Antiqua zu Weichen, ja in Schriften für das Volk ist sie, abgesehen von Zeitungen, noch heute gebraucht, und cs scheint, daß cs auch den angestrengten Ver suchen, welche aus Nationalitätseifer gemacht worden sind, nicht so fort gelingen dürfte, die beim Volk tief gewurzelte Schwabacher schrift zu verdrängen. In Deutschland wird die Schwabachcrschrift heutzutage nur selten, höchstens auf Titeln und zu Citatcn angcwendet. Noch im scckzchntcn Jahrhundert aber ward sie zum Druck ganzer Bücher, und zwar sowohl deutscher als lateinischer gebraucht. Sie ist dicker als die Fracturschrift und mehr abgerundet und läßt sich auf zum schnelleren Schreiben eingerichtete Schreibweise zurückführen, welche bei Erfindung der Buchdruckerkunst neben dem in den eigentlichen Handschriften vorkommenden Ductus im gewöhnlichen Leben ange- wcndct wurde. Schon Gutcnberg hat seine Typen theilweise nach dem Muster dieser Schrift geschnitten, mehr noch Schösser, der eigent liche Begründer des Schwabachcr Typus, der bald darauf namentlich durch die Augsburger Drucker B ämler und Sorg Verbesserungen erfuhr, und von einem späteren Verschönerer seinen Namen erhielt. Nur durch Schüler, Freunde und Gehilfen der Erfinder sind, zugleich mit der deutschen Erfindung, die Typen, welche aus der in gleichzeitigen deutschen Handschriften geltenden Schrift entwickelt wa ren, ins Ausland gekommen, und cs muß daher auffallen, wie man, diese Thatsachc vollständig außer Acht lassend, die in den ersten deutschen Drucken vorkommenden Typen für ein Gemeingut aller Völker im fünfzehnten Jahrhundert erklärte, und wie selbst Jacob Grimm im ersten Bande seiner deutschen Grammatik behaupten konnte, „daß diese scharfeckige Buchstabenform ebenso in allen lateini schen, französischen, italienischen, slavischcn Handschriften und Drucken herrsche, daß man diese Schrift mit gleichem Fug z. B. die böhmische heißen könnte, und daß es ohne vernünftigen Grund geschieht, wenn man diese verdorbene Schrift, wie sie sich zur Zeit der erfundenen Druckerei gerade gebildet hatte, eine gothischeoderdeutsche nenne." — Denn obgleich diese Schrift und der auf derselben ruhende Druck keine Originalerfindung der deutschen Stämme ist, und obgleich sie auch auf der lateinischen Schrift basirt, so ist sie doch eine selbstän dige und nationale Modification der lateinischen Schrift und verdient schon deshalb den Namen einer deutschen ebenso gut als viele andere Erfindungen der deutschen Wissenschaft und Kunst. Oder dürfen wir etwa die eigenthümlichc Ausbildung der Gothik in Deutschland auch nicht mehr deutschen Baustil nennen ? Die Vorwürfe, welche man der deutschen Druckschrift macht, sind zum Theil ungerecht. Es ist wahr, sie bietet für die eigenthümlichen deutschen Laute keine besonderen Zeichen, denn ß und w verrathen noch immer ihren Ursprung aus römischen Doppelbuchstaben, und ch, sch, tz, die wenigstens zum Theil alte ein fache Laute unserer Sprache bezeichnen, sind ganz in lateinischer Weise aus zwei, drei Consonanten zusammengefügt. Indes) sind diese zusammengesetzten Buchstaben in unserer deutschen Fracturschrift dem Auge doch noch wohlgefälliger als in der runden lateinischen Schrift, in welcher Wörter wie: clagr, räuscbcbov ganz unerträglich ausschen. Wenn ferner Grimm meint, „schon das mache die deutsche Schrift verwerflich, daß sie nicht alle Lautunterschicde dar zustellen vermöge, daß ihr z. B. in der Majuskel I und 3 Zusam menfalle, daß ihr in der Minuskel re, os, ö mangle, daß sie vollends keine Accente, keine Circumflere gewähre" — so scheint er in seinem Eifer, Mängel unserer Schrift aufzudecken, ganz außer Acht gelassen zu haben, daß wir die letzteren Unterschiede ja auch dann nicht be zeichnen, wenn wir uns für moderne Sprache der lateinischen Schrift bedienen. Oder schreibt nicht etwa Grimm selbst auch in der lateini schen Schrift lancier, maebts, lä§e, ^äre, wie wir in der Fractur schrift nur Länder, Mächte, läge, wäre kennen? wo hat er jemals in seinem Deutsch zwischen Uäncler, wäcbte und Im^e, nrers unter schieden oder berx, belle, seb^estvr u. s. w. gedruckt? Wo finden sich bei ihm Accente? Wie kann man also unsere jetzige Druckschrift für verwerflich halten, weil sie das nicht auszudrücken gewohnt ist, wozu in moderner Sprache überhaupt kein Bedürfniß vorhan den ist? Braucht die Schrift Zeichen für Unterschiede, die einer früheren Sprachperiode, z. B. dem Mittelhochdeutschen, angehören, so wird man sich mit Fug an die lateinische Schrift halten und diese nach den Bedürfnissen der fremden Sprache mit neuen Zeichen und Buch staben versehen, z. B. für 6b, tb, sr. Für solche scharfe und ge naue Bezeichnung der Laute in einer todteu oder aus fremdartiger Schrift transponirtcn Sprache ist die lateinische Schrift, trotz ihrer Buchstabenarmuth, in der ganzen civilisirten Welt gebräuchlich worden, sie wird auch bei altdeutschen Sprachdenkmälern recht passend das Auge und den Sinn zwingen, die Laute und den In halt der Worte schärfer in ihrer Besonderheit zu fassen. Aber die deutsche Fracturschrift soll nach Grimm nicht nur aus den angeführten Gründen verwerflich, sondern auch „unförm lich und das Auge beleidigend sein", zu welchem Belege die „Unge heuer BPGI einem L k <3 3 gegenübergestellt werden, mit der Bemerkung, daß hier überall die einfachen Striche verschnörkelt, verknorzt erscheinen." — Ob die einfache, einförmig harte Ver bindung von Kreissegmenten und geraden Strichen in der lateini schen Schrift oder die geschnörkelte Brechung der Curven und geraden Linien in der deutschen dem modernen Auge wohlgefälliger erscheinen müsse, soll hier nicht ausgemacht werden. Das Schönheitsbedürf-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder