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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.01.1870
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 24.01.1870
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- Deutsch
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auf seines Herrn und Meisters Factur steht gewiß : „Keine Dispo- nenden!" Möchte auch bei diesem Verbote doch jeder Verleger seine Leute ansehen. Es ließe sich leicht berechnen, welche Verluste dem ge wissenhaften, ehrlichen Sortimenter durch diese strengen Anordnun gen bereitet werden. In wie vielen Fällen erhält er nicht alle die Artikel, die er remittircn mußte, bald nachher aufs neue ä cond. Warum also erst ein Disponcnden-Verbot? Ist der Grund dazu nicht Mißtrauen, so könnte man glauben, die Herren hätten einen geheimen llnterstützungsvcrein für Commisstonäre und Eisenbahnen gegründet. Man verbiete Disponenten nicht aus Prinzip, sondern nur aus Nothwendigkeit; man schädige nicht die ordentlichen Leute durch Verbote, die ihnen Geld kosten und die als Zwangsmaßregel für die unordentlichen berechnet sind. Fassen wir unsere Betrachtung zusammen, so ergibt sich als Moral Folgendes: Novasendungen im December bringen dem Verleger mehr Remittenden als Saldi zur Messe, und unnöthige Disponcnden- Verbote sind eine unbillige Schmälerung am mühsamen Erwerbe rechtlicher Collegen. Die Silvestcrfeicr des Wiener „Buchfink". Es war das erste Mal, daß sich der Wiener Verein jüngerer Buchhändler vor einem größeren Forum zeigte, als er zum Silvester abend Mitglieder und Gäste, Damen und Herren in seine Vereins behausung die „Klomserci" geladen hatte. War auch Mancher in diesen Stunden durch andere Pflichten am Erscheinen im Verein ver hindert, so hatte sich doch ein sehr stattliches Contingcnt eingesunken und der große Vereinssaal bot ein äußerst buntbewcgtcs Leben und Treiben dar. Das Programm wurde durch ein sorgfältig gewähltes Concert eingeleitet, welches den lebhaftesten Beifall hcrvorrief. Hr. De. Ger ber interprctirte den durch die Bereitwilligkeit der Fabrik dem Ver ein zur Verfügung gestellten Bösendorsfer'scheu Prachtflügel durch die Weber'schc Freischütz-Ouvertüre und Liszt's lisAattn Vano^iann, auf die geistreichste, eleganteste Werse, während die Hrn. Hartung und Meyersberg, elfterer durch den Vortrag von Schubert's „Erlkönig", letzterer durch die Beethoven'sche „Adelaide" den ge sanglichen Theil in der erfolgreichsten, um die Sympathien der Zu hörer werbenden Weise vertraten. Plötzlich ändert sich die Sceneric: das Geschlecht der Kellner er scheint, Wein-Batterien werden aufgcfahrcn und Jeder schickt sich, ein zweiter Brillat-Savarin, zum würdigen Genüsse des nun beginnen den Festessens au. Der erste, vom Vorsitzenden, Hrn. Heyn, aus gebrachte Toast gilt den Gästen, die herzlich willkommen geheißen werden, indem er gleichzeitig die Leistungen des Vereins in Anbe tracht seines jugendlichen Alters wohlwollender Nachsicht anempfiehlt. Von den Collegen Prags kommt ein Telegramm angeflogen, das dem jungen „Buchfink" rüstiges Wachsthum wünscht; es trägt in wirksamster Weise zur Erhöhung der wachsenden Feststimmung bei, gleichwie die Absingung des ersten Tafclliedes, des „Buch- finkliedcs", die musikalischen Geister wachruft. — Hr. Heit- müller introducirt den Rehbraten mit einem Toast auf die Gemüthlichkcit in launiger Weise, während Hr. Tamm in versi- ficirter Rede den Vorstand leben läßt. — Kaum ist das zweite Tafellied nach der Melodie: „Im Wald und auf der Heide" ver klungen, so gibt die Glocke das Zeichen der beginnenden Theater vorstellung. Nach einer Ouvertüre theilt sich der Vorhang und das „humoristisch - tragisch - musikalisch - buchhändlerische Charaktergemälde iu einem Aufzuge mit diversen Verschlingungen und Gruppen: Buchfink und Bürgermeister oder: Wen's juckt, der kratze sich" nimmt seinen Anfang. Der Chronist verwandelt sich in einen Theaterreferenten und da muß er denn zunächst mit kritischer Genug- thuung constatircn, daß die classischen drei Einheiten: Zeit, Ort und Handlung glänzend gewahrt waren. Letztere spielt sich glatt an einem Tage und im Wohnzimmer des Herrn „Anastasius Zopf, Buchhändlers und musikalischen Antiquars" ab, der an diesem denk würdigen Tage wieder einmal einen Gehilfen, den sechsten a. c., „Gottlieb Zeisig, vacirendenBuchfinken" erwartet, wie er „Minchen, seinem holden Töchterlein" mittheilt. „Marimilian Brettschädel, ab- solvirter sechsclnssiger Realschüler und theatralisches Genie, seinPrac- tikant" ist auf den Bahnhof znm Empfang des neuen Gehilfen ge schickt, findet ihn aber nicht, worüber Zopf's Hausknecht, „Joseph Seelig, ein biederer Verehrer geistiger Genüsse" den zurückkehrenden Marimilian mit einigen — Wienerischen Redensarten regalirt. Marimilian gcräth in Ekstase, verräth dem Manne des Volkes sein Heiligthum, seine geheime Liebe zu Minchen, seinen Drang, Schau spieler zu werden und das unwürdige Joch des Maculaturausstrei- chens, Bindfadenknüpfens, Balleneinnähens abzuschütteln — aber schnöder Spott ist die Antwort Joscph's, so daß Marimilian sich Hin reißen läßt, dem „Privatbeamten" das «pitbston nronns „Pack esel" an den Kopf zu schleudern; der Bruch wird vollständig, wuthentbrannt stürzen die Kämpen ab, Joseph in die Packkam- mer, Marimilian zu Minchen, die ihn zu seiner integriren- den buchhändlerischen Thätigkeit, dem Wäscherollen-Helfen ruft. — Rrr! ein anderes Bild! Zeisig, vom Bahnhof kommend, tritt ein, lustig singend, monologisirend, den Kopf voller Reformidcen, ein Buchfink vom Scheitel bis zur Sohle. Vom Chef, der seinem Namen nur zuviel Ehre machen soll, hat er schon unterwegs gehört, aber das ficht ihn nicht an — im Gegcntheil, er freut sich schon auf den kleinen Strauß in »ps. Zopf erscheint: feierliche Begrüßung, gepaart mit wohlwollender, väterlicher Herablassung, empfängt den jungen Träger der Wissenschaft: Dieser aber, arg verblendet, hat nichts Eiligeres zu thun, als dem erstaunten Chef seine modernen Ideen zu entwickeln, ihm sogar den Prospect eines von ihm projectirlen Liefe- rungsunternchmens mitzutheilen, in welchem das deutsche Volk, Pfiff der Wissenschaft, Donner der Intelligenz, sommerliche Schwimm- hoseni- und winterliche Gratisheriugsschinaus - Prämien bunt- durch einander wirbeln! Das ist zuviel für das würdigeHaupt des Chefs, erschöpft sinkt er einem Lehnsessel in die Arme, als ihn plötzlich die Ladenglocke in die Dornen der Alltäglichkeit zurückschleudert, so daß er den jungen Buchfinken mit einigen leicht zu interpretirenden Rede wendungen allein läßt. Dieser aberscheint sichdas wahrscheinlich nur ein sehr ephemeres Dasein fristende neue Engagement nicht sonderlich zu Herzen zu nehmen, bis das plötzlich erscheinende wonnige Mägde lein Minchen einen fatalen Strich durch die Rechnung macht: in ihr erkennt er eine frühere, treugepflegte großstädtische Pcnsionsflamme, so daß Scheiden und Meiden ihm jetzt in einem viel trüberen Lichte erscheinen. Minchen abcrmalt ihm die Zukunftin den rosigsten Farben, so daß er Besserung und Bleiben verspricht, sich sogar zur Annahme des paragraphenreichen Contracts versteht, der, vom Chef gesungen, seitens desHandlungspcrsonals und Minchens die für unfern jungen Freund so uöthige musikalisch-beruhigende Erläuterung erfährt. Ein Zwischenfall beschleunigt die Katastrophe: die Bürgermeister-Neu wahl ist bevorstehend und der würdige Zopf trägt sich mit begrün deten Hoffnungen auf Erlangung derselben. Joseph bringt einen Brief, und die hinzugefügten Worte: „vom Magistrat" scheinen nur Gutes zu künden, aber das erwartete Magistratsschreiben verwan delt sich dem staunend lesenden Antiquar in ein an Minchen adres- sirtes dithyrambisches Poem voll holden Liebeswahnsinns, dessen Verfasser Marimilian vom zürnenden Liebesbotcn Joseph auf diese schmähliche Weise hintergangen ist! Großes Tableau: der wüthende Vater, der vernichtete Mar, der heimtückisch-verschlagene Joseph, das erstaunte Zeisig- und Minchen-Paar — plötzlich ein zweiter, nun aber vcritabler Magistratsbrief mit Zopf's bürgermeisterlicher Bestätigung, vrgo allgemeine Gratulation, Minchcn's Enthüllung
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