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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.01.1917
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- 1917-01-12
- Erscheinungsdatum
- 12.01.1917
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s, 12. Januar 1917. Redaktioneller Teil. dem wirklich verstehend aufnimmt, hat es Zweck, Neuigkeiten zu bieten, dann wird aber auch der gellende Ruf »Mehr Modernes!« von selbst verstummen. Die Institute werden — wenn diese paradiesische Musik-Zeit anbricht — unaufgefordert Neuigkeiten bringen, sie werden nicht nur der Jagd aus Uraufführungen nach gehen, sondern sich freuen, wenn sie Jahre hintereinander von den Neuigkeiten die besten wieder und wieder den verstehenden, be gierigen Hörern bieten können. Voraussetzung für dies alles ist allerdings: . . . daß unter den Neuigkeiten sich auch »gute und beste« befinden. Oper. Wenn man an der Hand des deutsche» Bühnenspielplans (Verlag Oesterheld L Co., Berlin) die Tätigkeit der Opernbühnen in den letzten Monaten verfolgt, so überrascht auch hier zunächst die Fülle von Neuigkeiten, die geboten wurden. Das Haupt ereignis war die nach der Trennung vom bürgerlichen Edel mann neu erstandene Ariadne auf Naxos von Richard Strauß. Die Uraufführung war in Wien, dann wurde die Oper in Berlin und Stuttgart gegeben und geht nun über viele Bühnen. Die Urteile der Presse sind fast übereinstimmend begeistert von der Straußsche» Musik und wenig erbaut von dem Hofmannsthalschen Text. Ob das Werk als Ganzes sich be haupten wird? Es ist eine merkwürdige Erscheinung, soviel über die Strautzschen Opern geschrieben und gesprochen wird, zu dem eisernen Bestand der deutschen Bühnen gehört außer seinem Rosenkavalier keine einzige. Im Gegensatz hierzu steht d'Albert, er ist von den Lebenden Wohl der mcistgespielte Opern komponist; nachdem er mit verschiedenen Opern nicht durchge drungen, war seine »Abreise« der erste Erfolg, dann kam »Tiefland«, das sich seit Jahren auf dem Repertoire selbst der kleinen Bühnen hält, und nun hat sich auch sein neues Werk: »Die toten Augen«, trotz aller Bedenken gegen den Text, die Gunst der Bühnen und des Publikums erobert, — kaum eine Bühne von Bedeutung, die nicht »Die toten Augen« als Kassenstück zu verzeichnen hätte. D'Albert gehört nicht zu den Großen, und der Erfolg seines neuen Werkes steht in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Wert dieser Oper, er hat aber einen sicheren Blick für das Dramatische und weiß uns, wie etwa Heyse in seinen Novellen, oftmals gegen unseren Willen mitzureitzen und zu entzücken durch den Schwung und den Glanz seiner Musik. An Neuigkeiten (Zeit Juli -Dezember) seien noch verzeich net: Komponist: Titel: Textdichter: Uraufführung: Bienstock, Heinrich. Bittner, Julius. Frcinckenstein, Clemens von. Hoebet, Ernst. Jstel, Edgar. Kienzl, Wilhelm. Lendvai, Erwin. Taubmann, Otto. Vollerthun, Georg. Sandro der Narr. Das höllisch Gold. Rahab. Des Tribunals Gebot. Elga. Porzia. Veeda. Hinzelmann. Komponist. Oscar F. Mäher. Herrn. Kunz. Komponist. Komponist. nach G. Hauptmann. Richard Wilde. Stuttgart. Darmstadt, l?) Dresden. Kassel. Mainz. Wien. Frankfurt a. M. Kassel. Von diesen Werken sind manche freundlich ausgenommen worden, ob sie aber halten, was sie versprochen, mutz die Zukunft lehren; es ist betrüblich zu ersehen, wie ähnlich den Vorgängen im Konzcrtsaal wenige der Neueinstudierungen sich auch nur in der nächsten Saison auf dem Repertoire halten oder gar nach zwei oder drei Jahren wieder zu treffen sind. Selbst «in Werk wie Schrekker »Der ferne Klang«, auf das man so große Hoff nungen setzte, wie selten findet man es verzeichnet I Den Spiel plan der Bühnen zu verfolgen ist aber auch, von den Neuigkeiten abgesehen, nicht uninteressant. Neben Wagner, über dessen Volkstümlichkeit sich manches sagen ließe, gehört in erster Linie: »Hosfiiianns Erzählungen« von Osfenbach überall zu den Kassen stücken '), dann auch Bizets Carmep. Bei solchen Meisterwerken schweigt die Frage, ob deutsch oder ausländisch; wenn aber ein künstlerisch so minderwertiges Werk wie Thomas' Mignon selbst an vielen Hofbllhnen ständig und mit Vorliebe gegeben wird, so sollten hiergegen Publikum wie Presse energisch Front machen. Mit lebhaftestem Bedauern muß man die Vernachlässigung von Mozarts Bühnenwerken verzeichnen. Stärker als der Ruf: Mehr Modernes! sollte der Ruf: Mehr Mozart! erschallen. Was uns Mozart ist, haben wir vielleicht nie beglückender und stärkender empfunden, als in dieser schweren Zeit. Wenn er trotzdem im Konzertsaal wie auf der Bühne uns in seiner wundervollen Reinheit und Größe so selten begegnet, so ist ein Grund hierfür sicher, daß die wenigsten Sänger Mozart zu singen wissen. Die Künstler, die mit italienischer Gesangskunst und deutschem Geist und Empfinden ihm ganz gerecht werden, sind zu zählen; um so mehr wäre es Pflicht, die Heranwachsende Sängergeneration wieder zu dieser hohen Kunst hinzuleiten und die Bühnen immer aufs neue wieder zu Mozart-Versuchen anzuspornen. Don Juan, Figaro, Zauberslöte, vielleicht auch Entführung und Oosi kan tutte gehören zum Repertoire. Wie verhältnismäßig wenig werden aber auch sie gegeben, und wie selten in wirklich würdiger Weise I Angesichts des 125. Todestages Mozarts am verflossenen 5. Dezember haben die Signale dankenswerter Weife begonnen, eine Reihe von Aufsätzen zu veröffentlichen, die sich mit ver schiedenen Mozart-Fragen befassen sollen. Auch sonst regt es sich *> Es wurde unlängst in Hamburg wundervoll inszeniert in teil weise neuer Übersetzung mit außerordentlichem Erfolge neu heraus gebracht. mozartsch an vielen Stellen, und es wäre mit Freuden zu be grüßen, wenn wir einer Mozart-Renaissance entgegengingen. Es ist mit manchen Mozart-Werken wie mit vielen Schöpfungen anderer Großer: es vererben sich über ein Werk An sichten ungeprüft von Geschlecht zu Geschlecht. So z. B. ergeht es dem Titus, der letzten Oper Mozarts, die er krank, kurz vor seinem Tode in wenigen Monaten (man sagt sogar in wenigen Wochen) 1791 auf Bestellung für Prag zur Krönung Leopolds II. zum böhmischen König geschaffen hat. Jahn hat in seiner vielgerühmten Mozart-Biographie den Text als schlecht und das ganze Werk als schwach bezeichnet, und nach ihm haben ln das vernichtende Urteil die meisten Biographen eingestimmt. Die Folge davon ist, daß Titus — außer bei seltenen vollständi gen Mozart-Zyklen, wo man ihn anstandshalber nicht fortlassen kann — überhaupt von der Bühne verschwunden ist. Nun hat unlängst die Leipziger Oper, unter ihrem trefflichen, rührigen Opern-Direktor Professor Lohse, den mutigen Schritt gewagt, Titus nicht so nebenbei, sondern in liebevoller, würdiger Weise nach 35jähriger Pause (!) herauszubringen; die Aufführung, bei der nicht nur guterWille, sondern hohes Können eingesetzt wurde, war von der Begeisterung aller Mitwirkenden durchglüht. Die ganze Vorstellung in der Ausstattung, in der Erfassung jeder einzelnen Rolle, unterstützt und getragen von dem wunder vollen Orchester, war auf »Größe« gestellt, die für Titus das Entscheidende ist und die von den Beurteiler» augenscheinlich meist nicht richtig erkannt wurde. Das Ergebnis war einfach verblüffend, der Jubel zum Schluß war kein gemachter, es war ein Widerhall, wie er nur nach einem wirklich starken künstlerischen Erleben laut wird. Das war also der vielge schmähte langweilige Titus! Zunächst der von Metastafio stam mende Text. Ich finde ihn nicht schlechter als 100 andere, er ist einheitlich und geschlossen; und wie in der Zauberflöte Sa- rastro die verstehende und verzeihende Liebe verkörpert, so hier der ganz von Güte und wahrer Menschenfrcundschast durchdrun gene Titus, als Gegensatz zu ihm die das Böse verkörpernde Vitellia. Was Mozart an dem Text reizen konnte, ist ohne wei teres klar, der Konflikt zwischen Sextus und Titns; wie Sextus aus verblendeter Liebe zu einem unwürdigen Weibe Wider sein Gewissen den hohen Freund verrät, wie er maßlos unter diesem Verrat leidet und wie Titus sich selbst überwindend ihm verzeiht, das war's, was das Genie Mozarts fesselte. Sobald man darü-
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