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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1859
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1859-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1859
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- Deutsch
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836 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 49, 27. April. Aus den Gehilfenkreisen. In Nr. 44. des Börsenblattes wird die sogenannte „schwarze Liste" zur Sprache gebracht, welche dazu bestimmt sein soll, dem Ge- hilfcnstande bei Einleitung von Engagements gewisse Aufklärungen zu ertheilen. Ob diesem Product einer Übeln Laune eine praktische Bedeutung beizumessen ist, fühlen wir uns nicht berufen, hier zu erörtern. Wir und Andere mit uns haben sie bisher mehr als einen Gegenstand des Scherzes betrachtet; wenn auch eines schlechten Scherzes. Ob aber die eigentliche Absicht der Verfasserschaft damit erreicht ist oder nicht, jedenfalls liegt es nahe, für die Veröffent lichung derselben auf unreine Motive zu schließen. Proscriptions- listcn tragen unter allen Umständen etwas Gehässiges an sich, sie gehen mehr darauf aus, Anderen zu schaden, als dem Gemeinnützen zu dienen. Abgesehen von dem Gehässigen der Sache an sich, und zugegeben selbst, daß die Verfasserschaft mit den in ihrer Liste aus- gedrückten Klagen überall im Rechte wäre, so ist es doch ein illoyaler Schritt, wenn man im Gehilfenstande, als dem abhängigen Theile, zu solchen Maaßregeln seine Zuflucht nimmt, und die weitaus große Majorität desselben ist auch sicherlich viel zu besonnen dazu. Bei alledem will cs uns scheinen, daß man den Grund zu einer derartigen Erscheinung tiefer zu suchen hat, als es der Verfasser jene« Artikels thut. Die Proscriptionsliste für den Gehilfenstand steht nicht vereinzelt, sic hat kaum Anspruch darauf, als Original zu gelten. Vielleicht ist sie nur der Ausfluß einer weiter verbreiteten Anschauung, welche mehr als alles Andere beweist, wie sehr der Buchhandel noch an schlimmen Grundsätzen leidet. Im Geiste des Rechts liegt es, den Geschäftsmann, und wenn er halb insolvent ist, gegen öffentliche Discreditirungen zu schützen, da es anders ein Leichtes wäre, ihn unrettbar verloren zu machen. Wir im Buch handel kennen zwei jährlich neu redigirte Listen gegen schlechte Zahler, die in ihrer Form freilich gegen keinen Gesetzesparagraphcn ver stoßen mögen; auch steht einem Kreise von Geschäftsmännern sicher lich das Recht zu, gegen gemeinschaftliche Unbilden wirksameMaaß- regcln unter sich zu ergreifen; allein wir bezweifeln, ob das Recht soweit geht, jedem auch nicht direct Jntcressirten die Liste verfügbar zu machen. Man verkenne die Eonsequenzen nicht. Im Wege des Privatuntcrnehmcns werden auf Grund jener Aufstellungen Sorti- mcnterlisten zusammengestelll, die durch Kreuz - und Stern-Margi nalien die Ereditgewährung zu beeinflussen suchen. Nach den bei der ursprünglichen Aufstellung befolgten Grundsätzen ist es annehm bar, daß gute und mangelhafte Firmen in einer Kategorie erscheinen, die bcstfundirten ncucntstandcncn Firme» werden cs sich außerdem gefallen lassen müssen, in diesem wie jedes andere Buch zu beziehenden Adreßbuchc des öffentlichen Erediks ein oder zwei Jahre lang das Kainszeichen an sich zu tragen. Daß dies Verfahren noch andere Folgen hat, die mittel- oder unmittelbar daraus heczuleiten sind, liegt auf der Hand. In jüngerer Zeit ist es mehrere Male vorge kommen, daß einzelne Firmen drohten, die Namen ihrer Schuldner zu veröffentlichen. Natürlich. Nachdem die Prämisse — wenn auch, wie wir zugcben wollen, in legaler Form — einmal in corpore aus gestellt und anerkannt ist, darf sich Niemand darüber wundern, welche Folgerungen hier und da eine obscure Firma daraus zieht. Das sind Dinge, die zunächst nicht zum Thema gehören, sie dienen nur zur Erläuterung; sie sollen zeigen, daß jene gehässige, durch und durch ungeschäftliche Handlungsweise, die der Proscrip- tionsliste des Gehilfenstandes anklebt, im Buchhandel nichts Ver einzeltes ist, sondern in allgemeineren Anschauungen ihre Erklärung findet, welche der fortschreitenden Gefchäfksbildung der Gesammt- beit hoffentlich immer mehr weichen werden. Wie sehr wir berechtigt sind, uns darauf zu berufen, dafür kan» uns der Einsender in Nr. 44. als Beweis dienen. Er ist im Pcincip gegen das Unwesen durchaus nicht eingenommen, er tadelt nur die Anwendung der Maxime im vorliegenden Falle und schlägt deßhalb unter Hinweis auf eine verwandte Maaßrcgcl eine Proscriptionslistc gegen den Ge hilfenstand vor, um das „Gift", die „untauglichen Leute", die er an einer Stelle mit „schlechten Subjccten" identisicirt, aus dem Buchhandel zu entfernen. Dadurch nöthigl uns der Verfasser, ihn vor der Oeffentlichkcit vom nämlichen Standpunkte zu behandeln, den wir gegen die- Urheberschaft der von ihm angegriffenen Pro scriptionsliste einnehmen. Freilich mag die Gereiztheit seiner Gegenvorschläge einiger maßen dadurch entschuldigt werden, daß er nach seiner Versicherung unglückliche Erfahrungen mit dem von ihm engagirten Gehilfenpec- sonal gemacht hat. Es ist das um so mehr zu beklagen, als er, wie er weiter versichert, bei fast glänzender Salarirung freundlich und wohlwollend gegen seine Leute ist. Seine Erfahrungen scheinen in der That ganz besonders unglücklicher Art, denn wir gestehen trotz einer 13jährigen, vielseitig bewegten Praxis mit ruhigem Gewissen nicht jenes Zcugniß unterschreiben zu können, welches er der jüngeren Generation des Buchhandels ausstcllt. Nach seiner Behauptung sollen von 10 jüngeren Buchhändlern kaum 4 den „mäßigsten An sprüchen" als Gehilfen entsprechen, Faulheit, schlechter Lebenswan del u. s. w. werden noch als Zugabe zu der großen Unfähigkeit der jüngeren Generation hcrvorgchobcn. Nach dem Eintritte eines solchen Gehilfen, fährt er fort, „findet man, daß er wie Ballast an dem Geschäfte hängt, dessen Besitzer trotz allem Fleiß, aller Thätigkeit, aller Intelligenz nur langsam vorwärts kommt, da er von seinem Personal nicht gehörig unterstützt wird". Die Eindrücke, welche wir durch regen persönlichen und geschäftlichen Verkehr im Süd und Nord, im West und Ost des deutschen Vaterlandes empfangen ha ben, verbunden mit den Strebungen, wie sie sich bei den jüngeren Gliedern des Buchhandels mannichfach zeigen, reden das gerade Ge- gentheil, und wir haben Grund, unser» Erfahrungen mehr zu trauen als den erbitterten Bemerkungen jenes Einsenders, bei dem die Art des logischen Verfahrens mindestens einige Zweifel zu der Art seiner Behauptungen einflößt. Wie kann es auch anders sein? Jedermann, der sich um die geistigen Bestrebungen seiner Zeitge nossen ernstlich kümmert, weiß, welchen ungemeinen Aufschwung Handel und Gewerbe in den letzten 10—15 Jahren in ihren praktisch- geistigen Bildungsinleressen genommen haben- „Mit Handel und Wissen erobern wir die Welt" — hieß der Wahlspruch beim letzten Sliftungsessen des Leipziger kaufmännischen Vereins. Und nur der Buchhandel, dem die Quelle der Bildung so nahe gelegt ist, soll aller fortschreitenden Bewegung zum Trotz an einer so ungünstigen Ergänzung seiner Kräfte leiden. Eine solche Annahme ist — nichts für ungut — eine Absurdität. Wir sind weit entfernt, mit allzu großer Selbstgefälligkeit auf die Fortschritte des buchhändlerischen Bildungswesens namentlich gegenüber einzelnen Handelsbranchen zu blicken. Wer treulich be strebt ist, über seine Stellung zum geschäftlichen Berufe ins Klare zu kommen, und sich die Gcsammtinlecessen seines Standes einiger maßen angelegen sein läßt, der wird mancherlei Dingen begegnen, von denen er wünschen muß, sie seien anders. Es wird schon viel gewonnen sein, wenn wir uns in der Vecschiedenartigkeit unserer gegenseitigen Stellung zum Geschäft richtig erkennen und würdige» gelernt haben, wenn sich die Ueberzeugung immer allgemeiner unter uns Bahn bricht, daß der Buchhandel ein Geschäftsorganismus ist, in welchem Kräfte und Fähigkeiten der verschiedensten Art ihre Be rechtigung haben, in welchem Einer nicht für Alles und Alles nicht für Einen geschaffen ist, und wenn wir hiermit namentlich auch vor der Oeffentlichkcit mehr und mehr zu jenem bescheidentlichen, rück- *) I. S Nr. 44.
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