Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.02.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-02-02
- Erscheinungsdatum
- 02.02.1910
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19100202
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191002020
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19100202
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1910
- Monat1910-02
- Tag1910-02-02
- Monat1910-02
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1426 Börsenblatt f. d Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. .-U 26, 2 Februar 1910. erstatter nickt mir zu; er hat aber doch Unrecht. Nach meiner festen Überzeugung ist diese Stelle nämlich ganz oerkehrt gelesen. Der Nachdruck liegt nicht etwa auf den Worten »sitten-, bau-, feuer- oder gesundheits polizeilichen Rücksichten,« sondern auf den Worten »im Interesse der Sicherheit des Staates, der öffentlichen Ordnung, des öffentlichen Verkehrs.« Darum handelt es sich! Selbstverständlich kann man aus polizeilichen Gründen zur Aufrechterhaltung der Sicher heit des Staates, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Aufrechterhaltung eines ungehinderten Verkehrs die Ausübung eines sonst gestatteten Gewerbes beschränken. Es wirft sich aber für uns die Frage auf: »Handelt es sich hier überhaupt um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder, was damit in Parallele gestellt wird, um die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs oder um die Sicherheit des Staates?« Und darin irrt der Herr Berichterstatter meines Erachtens, daß er diese Worte sich nicht genügend zum Bewußt sein gebracht hat. Denn hätte er es getan, dann hätte er zu dem Er gebnis gelangen müssen: Gerade diese Stelle gestattet in keiner Weise, daß man irgendwie den Gewerbebetrieb beschränkt, so wie es vom Ausschuß beantragt ist. Denn ob in einem Schaufenster oder in einem Schaukasten Werke oder Schriften der Schmutz- und Schundliteratur liegen, das hat mit der öffentlichen Ordnung gar nichts zu tun. Das ist an sich vollkommen Privatsache. Natürlich: wenn etwa eine große Menschenmenge sich ansammelt und den Laden, wo diese Schmutzbilder aushängen, umdrängt, dann ist der öffentliche Verkehr Gewerbetreibende in seinem Laden tut und was nicht. Daher meine ich ich, daß dieses Zitat für den Berichterstatter und für den Ausschuß zur Begründung ihrer Anträge nicht irgendwie dienen kann. Wenn es anders wäre, meine Herren, dann müßte der Herr Berichterstatter sammenhang gegriffenen Satz berufen können, sondern dann müßte er aus dem Buche von Landmann, das ich genau darauf durchgesehen habe, wo mindestens 50—60 Beispiele gerichtlicher Entscheidungen irgendeine von ihnen anführen können, die auf den hier zur Frage stehenden Fall auch nur einigermaßen paßt. Aber nichts Derartiges kann in der Beziehung beigebracht werden. Nun kommt weiter die Frage: »wie liegt es nach dem Reichsstraf gesetzbuch?« Wie Sie wiederholt gehört haben, meine Herren, bestimmen die §§ 184, 184a, und 184b des Reichsstrafgesetzbuches über unzüchtige Schriften und Ausstellung von Werken, die, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen. Sie suchen also die Kinder zu schützen. Sie wenden sich auch gegen die unzulässige Berichterstattung über Gerichtssitzungen usw. Nun steht Herr vr Wolffson und ich mit ihm auf dem Standpunkt: durch diese Paragraphen des Reichsstraf gesetzbuches sind diese Fragen endgültig geregelt, und es ist kein Einzel staat in der Lage, nachdem einmal jene eingehende Regelung statt gefunden hat, seinerseits Vorschriften zu treffen, die sich auf dasselbe Gebiet beziehen. Herr Wolfhagen, der leider heute abend nicht hier ist (Wolfhagen: Doch! Heiterkeit.) — er kommt, wie ein ckeux ex maobina — ist allerdings anderer Ansicht, und ich freue mich, daß ich ihm nicht hinter seinem Rücken zu sagen brauche, daß ich nicht mit ihm übereinstimme. Auch Herr Wolfhagen hat ein Zitat beigebracht. Ich habe schon vorher bei meinen Ausführungen gegen Herrn I)r Popert auseinandergesetzt, wie gefährlich es ist, ein Zitat aus dem Zusammenhänge zu reißen. Herr Wolfhagen bezieht sich wieder auf einen anderen Kommentar und, wie ich zugeben will, auf den vornehmsten Kommentar zum Straf gesetzbuch, auf den von Olshausen. Olshausen sagt, wie Herr Wolf hagen richtig angegeben hat, daß landesgesetzliche Bestimmungen zu lässig seien auf dem Gebiet, um das es sich hier handelt, soweit der Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung in Betracht kommt, wenn nicht eine Verletzung der Sittlichkeit, sondern eine Gefährdung derselben getroffen werden soll. Und von diesem Gesichtspunkt ans, sagt Herr Wolfhagen, können wir ruhig unsere gesetzlichen Vorschriften treffen. Meine Herren! Sie sehen, wie recht ich mit meinen Ausführun gen vorhin hatte, wenn Sie beachten wollen, daß auch Olshausen von dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung ausgeht, und genau das, was ich vorhin gesagt habe darüber, daß das Zitat von Landmann nicht paßt, weil es lediglich die öffentliche Ordnung als Allsgangspunkt nimmt, das trifft, so meine ich, auch hinsichtlich dieses Zitats aus dem Reichsstrafgesetzbuch zu. Jeder aber, der die Reichs tagsverhandlungen verfolgt hat, die sich lim diese Frage drehen, wer weiß, wie minutiös abgewogen worden ist: wie weit wollen wir mit den gesetzlichen Bestimmungen gehen, wie weit wollen wir die Jugend gegen derartige verwerfliche Schriften schützen, der muß sich sagen: das Neichsstrafgesetzbuch ist mit seinen §§ 184—184b dazu gelangt, endgültig diese Materie zu regeln, und ein Eingreifen des Einzelstaates ist absolut ausgeschlossen. Nun hat Herr Wolfhagen zur Unterstützung seines Standpunktes sich auch noch auf ein Reichsgerichtserkenntnis berufen; aber er hat nach meiner Auffassung nicht bemerkt, daß dieses Reichsgerichtserkenntnis mehr gegen ihn als für ihn spricht. Wenn der Herr Präsident gestattet, darf ich auch hieraus einen kleinen Satz zitieren. Es handelt sich um die Bestrafung des Konkubinats. Man ist früher der Ansicht gewesen, in Hamburg sagt, das »polnische Leben« zu bestrafen, und zwar, weil das Neichsstrafgesetzbuch dem entgegensteht. Das Reichsgericht ist anderer Ansicht und setzt die Möglichkeit, daß ein Landesgesetz erlassen werden kann — hier^handelt es sich um^ein badisches Gesetz — wie folgt auseinander: »Ausschließlich in diesem Rahmen aber bewegt sich die angegriffene landesgesetzliche Bestimmung, sie zeigt ihre spezifisch polizeiliche Tendenz in der Anordnung der Trennung der Zusammenlebenden und enthält Haupt eine Strafdrohung« — und nun ist es gesperrt gedruckt — »w e g e n Verletzung der Sittlichkeit.« Mit anderen Worten: Das Reichsgericht sagt: »Ihr dürft wegen Konkubinats Strafen verhängen, wenn diese Strafdrohung nicht wegen Verletzung der Sittlichkeit stattfindrt.« Herr Wolfhagen nickt mir freund lich zu. Er täuscht sich aber selbst, wenn er glaubt, daß sein Antrag nicht wegen Verletzung der Sittlichkeit gestellt ist. Er wird nun kommen und mir sagen: »Nicht wegen Verletzung der Sittlichkeit, sondern wegen G e f ä h r d u n g der Sittlichkeit.« Nein, wegen Verletzung der Sittlichkeit beantragen Sie das. Sie sagen zwar etwas von der Gefährdung, wenn es in dem Anträge heißt: »Verboten werden sollen Schriften, Abbildungen usw., die in sittlicher Beziehung Ärgernis zu geben geeignet sind.« Dann wollen Sie aber doch diese Schriften, Ab bildungen und Darstellungen nicht etwa lediglich deshalb verbieten, we'.l sie die Sittlichkeit gefährden, sondern -chen deshalb, weil sie die Sittlichkeit verletzen. Das ist doch ganz klar. Das wäre doch ein Spiel mit Worten, wenn man etwas anderes sagen wollte. (Zuruf.) Dann heißt es weiter: »Dieses Landesgesetz richtet sich vielmehr gegen das dem Ehestand ähnliche Zusammenleben ehelich nicht ver bundener Personen. Es droht keine Strafe an für unzüchtige Handlungen im einzelnen, die diese Personen begehen, sondern es stellt ihr Verhältnis zu verkennen, daß das Delikt in enger Beziehung zu der mit ihm ver bundenen Sittlichkeitsverletzung steht; allein diese Beziehung begründet keinen Eingriff in die vom Reichs gesetz behandelte Materie der Sittlichkeits delikte, weil nicht sie, sondern andere gesetz geberische Erwägungen den Ausgangspunkt bilden.« Was wollen denn aber die Herren vr Popert und Wolfhagen eigentlich? Nun, sie wollen doch Strafen verhängen wegen unsitt licher Handlungen, die die Buchhändler usw. begehen. Mit anderen Worten: Das Reichsgericht sagt: »Wenn der Grund, weshalb du ein solches Gesetz beantragst, der ist, eine Verletzung der Sittlich keit zu verhindern, dann darfst du es nicht erlassen, denn durch § 184 ist das geregelt.« Der Grund aber, der die Herren I)r. Popert und Wolf hagen zu ihren Anträgen bestimmt, kann gar kein anderer sein. Wir haben uns schon in drei oder vier Sitzungen nur über unsittliche Schriften unterhalten, und darüber, daß gegen diese wegen Verletzung der Sittlichkeit eingeschritten werden soll. — Ich bin kein Recht haber; ich kann mich irren, obwohl ich nicht glaube, daß ich mich in diesem Falle irre, aber nehmen Sie an, es wäre jemand da, der mich wider legen könnte, oder es wäre jemand da, der Herrn vc Wolffson, der in dieselbe Kerbe haut, widerlegen könnte oder mit Gründen gegen unsere Ausführungen spräche. Was ergäbe sich daraus? Meinen Sie, daß die Herren vr Wolffson, I)c Knauer, Vr Philipps oder ich uns von dem betreffenden Herrn überzeugen lassen würden? Das ist ganz unmöglich! Es könnte nur sein, daß gesagt wird: »Diese sagen das und diese« — nebenbei die Minorität — »sagen jenes!« Dann bleibt doch jedenfalls bestehen, daß es sich um eine im hohen Grade zweifelhafte Sache handelt. Das wäre das Allergünstigste, was man für Herrn vr Popert sagen könnte. Von zweifelhaften Sachen sollten wir aber unter allen 11m-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder