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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.03.1859
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1859-03-30
- Erscheinungsdatum
- 30.03.1859
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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^ 38, 30. Marz. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 637 wenden uns lieber jetzt einer Frage zu, deren Behandlung vielleicht! erst geeignet ist, unsere Vorschläge und Ansichten in der richtigen j Beleuchtung erscheinen zu lassen. Auf den Kaufmann, der diese Zeilen etwa lesen sollte, mag cs vielleicht einen eigenthümlichcn Eindruck machen, wenn er uns hier bestrebt sieht, für einen Zweig des Handels das Risiko so ge ring als möglich nachzuweisen. Ist doch für den wirklichen tüchli- ! gen Kaufmann das Wagen und Riskiren etwas ganz Gewöhnliches und liegt doch gerade in der Kühnheit der Operation, in dem tief angelegten Calcul für ihn erst der eigentliche Reiz seiner Thätigkeit, die vollständige Befriedigung auch auf dem Gebiet des Geistes, die magnetische Kraft, die ihn auch dann noch zu immer neuen Opera tionen mit unwiderstchlickcr Gewalt hinzieht, wenn seine materiel len Wünsche längst gesättigt sind. Oder ist es etwa die Sorge um das tägliche Brod, was die Millionäre der City, die Börsenkänige von Hamburg und Ncw-Vork bis an ihr Lebensende an die Börse treibt, was sie immer von neuem wieder dazu reizt, ihre Schiffe dem trügerischen Meere, ihr Vermögen, den Chancen des Marktes und dem Credit ihrer Geschäftsfreunde anzuvertraucn? Der Mensch lebt nicht allein von Brod und Wein. Diese Appellation an die geistige und sittliche Natur des Menschen gilt auch für den Zweig menschlicher Thätigkeit, der wie kein anderer um seiner materiellen Richtung willen verschrieen ist, für den Handel, und in höherem Grade vielleicht, als cs sich der nichtkaufmännische Theil der Gesell schaft träumen läßt. Bei dem Buchhandel dürfen wir indeß und darf auch der Großhändler nicht übersehen, daß dieser Zweig des Handels, wenn auch nicht durch seine Eigenschaft als Detail-Han del, jedenfalls aber durch die Natur seines Gegenstandes von dem freien, dem kühnen Wagen sich ergebenden Betrieb ausgeschlossen ist. Wenn auch einmal ein Bremer Haus an einer Ladung Brasil kaffee eine Schlappe erleidet, die nächste Ladung bringt den Verlust wieder ein oder es wird auch wohl mit besserem Erfolg in Java, oder in Thran, oder in Farbholz versucht, die Gegenstände des Waa- renhandcls sind ja unbeschränkt und finden überall Absatz. Unser Bremer Haus hat vielleicht eine starke Sendung Blei verschrieben. Es denkt an den Bedarf einer neu projectirten großen Schwesel- säurefabrik oder Schriftgießerei. Die nächsten Wochen bringen aber die Nachricht von einer Kriegserklärung Frankreichs und siehe über Nacht steigen die Preise um 50 Prozent. So gehl es mit Baum wolle, mit Tabgck, mit Zucker, mit Getreide, mit Seide, mit Wein, wenn die Ernteberichte unverhofft schlecht lauten, so gehl es mit den Fabrikaten der europäischen Industrie, wenn Staatsvcrträge ein neues Handclsgebicl eröffnen. Das ist aber Alles ganz anders beim Buchhandel. Was nützt cs dem deutschen Sortimenter, wenn China und Japan dem euro päischen Handel sich öffnen, der deutschen Sprache und der deutschen Eultur werden sic damit nicht erschlossen: die Waaren des Buch handels gehen ja überhaupt nie weiter als das Gebiet der deutschen Sprache reicht. Und innerhalb dieses Absatzgebiets, wie ist der Con- sum wieder so individuell gesplittert! Was soll der Bauer mit Sa- vigny's System, was der Jurist, was der Kaufmann mit Ludwig's Physiologie? Auf dem Büchermarkt gibt cs auch keine Börsen- schwankungcn, da bringt nicht jede Woche andere Eonjunclurcn und andere Preislisten, da gibt cs keine Mißernten, keinen Wett kampf zwischen Nachfrage und Angebot, da ist Alles fest und be stimmt. Solange die 10,000 Exemplare der Auflage nicht ver griffen sind, läßt die Verlagshandlung jedem Sortimenter die ge wünschten Exemplare mit den ein für allemal bestimmten 20 oder 25 oder 30 Prozent Rabatt, und ist der Vorrath erschöpft, so wird eine neue Auflage veranstaltet, das Geschäft bewegt sich in densel ben Verhältnissen weiter und dem Sortimenter ist es dabei keinmal möglich, den Ladenpreis höher zu stellen als 20 oder 25 Prozent über dem Einkaufspreis. Der Krämer mag ferner immer nur oder Hz Pfund Kaffee oder Zucker verkaufen, ec weiß sehr wohl, daß der Käufer wiedcrkommcn wird, wenn das entnommene Quantum consumirt ist, und daß sich dieser Kauf während der Lebenszeit des Käufers vielleicht noch mehrere tausend Male wiederholt. Beim Sortimenter bleibt es regelmäßig bei dem einzelnen Buch, das er an uns absetzt. An diesem Buch genießen wir unser Leben lang und mit uns vielleicht unsere ganze Familie, unsere Enkel, ja wohl gar noch einige Freunde. Der Sortimenter verkauft nicht ballenweise, wie dies beim Großhändler immer, beim Detaillisten doch ziemlich häufig vorkommt, bei ihm geht der Absatz Stück für Stück. Bal lenweise verkauft er erst dann, wenn er seine Bücher nicht als Bü cher, sondern als Maculalur-Papier werthel, und vor solchen En- gros-Geschaften bittet er den Himmel ihn in Gnaden zu bewahren. Die hervorgchobenen Verschiedenheiten des Buchhandels und des Waarenhandels werden hinreichen, um auch dem energischsten Großhändler die Schwierigkeiten und engen Grenzen des Sorti ments-Geschäfts zu vergegenwärtigen, sie werden jedenfalls genügen, um bei den Sortimentern die Ucberzeugung hervorzurufcn, daß wir wenigstens die eigcnthümliche Natur und die dadurch gebotene Betriebsweise ihres Geschäfts keineswegs verkennen. Wenn wir daher, gestützt auf die allgemeinen und lauten Klagen des Publi kums, andere und bessere Geschäftseinrichtungen von den Sorti mentern verlangen, wenn wir namentlich auch der Spcculation einen größeren Spielraum eingeräumt wissen wollen, so mag uns die obige Anerkennung der hierbei obwaltenden Schwierigkeiten we nigstens gegen den Einwand schützen, daß wir die Natur des Sor timents-Geschäfts nicht hinlänglich gewürdigt. Auch bei Berücksicht igung aller Schranken können wir indeß den Sortimentern den Vorwurf nicht ersparen, daß sie ihrem Geschäft einen engherzigeren Charakter aufgedrückt, als es die Natur desselben gebot, daß sie, sich begnügend mit dem althergebrachten Betrieb, cs auch nicht einmal versucht haben, dem Publicum die Unvollkommenheiten des Sorti ments-Buchhandels so wenig fühlbar werden zu lassen, als es mensch licher Anstrengung und Einsicht möglich wäre. Uns hat es nicht in den Kopf gewollt, als wir bei wiederholten Besprechungen mit verschiedenen Sortimentern über die Unzulänglichkeiten ihres Ge schäfts immer wieder auf die eng abgestecktcn Grenzen des Buch handels als ultima ratio verwiesen wurden, daß gesunder, frischer Handelsgcist und daß sich das Publicum hierbei beruhigen müsse, uns siel immer wieder dabei ein, mit wie ganz anderen Schwierig keiten menschliche Energie sich nicht schon abgefunden. Nicht die Hände mit dein Gedanken in den Schooß legen, cs gibt kein Mittel zur Besserung, sondern jede Faser des äußeren und inneren Men schen anspannen, bis Abhilfe getroffen worden, das schien uns hier bei das einzig würdige Verhalten für den Buchhändlcrstand. Als eine solche Provocation auf buchhandlerischc Energie und Elasticitat bitten wir denn auch unseren Vorschlag anzusehcn, die Association bei dem Sortiments-Handel zur Anwendung zu bringen. Ein letztes Wort. Wenn nicht Schweigen mitunter als Anstimmen gedeutet würde, so könnte ich den Artikel: „ An die Gcsammthcit der deutschen Buchhändler" füglich auf sich beruhen lassen. Wer ihn liest, wird auch die vorhergegangenen bezüglichen Artikel im Börsenbl. gelesen haben, oder doch, falls er sich dafür interessier, nachträglich lesen können; daraus geht dann hervor, daß ich Thal- sachcn, die dem Vorstand des Kreisvcreins der Buchhändler in Rheinland und Westphalen allerdings nicht angenehm sein konnten, in ruhiger gemäßigter Sprache ausgestellt habe, daß darauf seitens des Kreisvereins zwar keine Widerlegung der Thaisachen erfolgt ist, weil eine solche nicht möglich war, aber ein Aufruf auf hohem Ko-
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