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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.01.1870
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- 05.01.1870
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- Deutsch
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30 Nichtamtlicher Theil. 3, ö. Januar. die damaligen Zeitverhältnissc ganz außergewöhnlicheThätigkeit Hin blicken, welche dieKoburger in der Bibelproduction entwickelt haben; nicht weniger als fünfzehn verschiedene Bibelausgaben sind bis zum Schluß des fünfzehnten Jahrhunderts aus dem Koburger'schen Ver lage hervorgegangcn, wogegen die Zahl der Ausgaben aus der Zeit dergesammtenKoburger'schenVerlagsthätigkeit auf dreißig, darunter vielbändige Bibclwerkc, sich beläuft. Viele dieser Bibelausgabcn sind mit den Postillen des Nicolaus von Lyra und Hugo von S. Caro versehen, die, wenn auch Luther ziemlich wegwerfend über solche Scholien urtheiltc („also wird durch so viel Commcnt und Bücher die liebeBibcl begraben und verscharren, daß man desTertes gar nicht achtete"), gleichwohl das wissenschaftliche Streben jenerZeit kennzeichnen, welchem der einsichtsvolle Buchhändler zu dienen be strebt sein mußte. Nächst der Bibel waren die in jener Zeit beliebten Üninmas, Lpoculn und wie sonst noch die Bücher heißen, in denen man die Quintessenz alles scholastischen Wissens cncyklopädienartig zusammenstellte, ein hauptsächlicher Gegenstand des Koburger'schen Verlages im fünfzehnten Jahrhundert. Koburger hat jedoch das Verdienst, auch die Werke der altcnHäupter der scholastischenPhilo- sophie selbst, wie des Alexander von Hales, Thomas von Aquino u. A., gedruckt zu haben. Mit noch größerer Vorliebe als die philo sophischen Schriften der Schultheologic finden sich imKoburgcr'schen Verlage die kirchcnhistorische Literatur erbaulicher Gattung und eine gewisse gelehrte Erbauungsliteratur gepflegt, die in dem Legcnden- gebietc Zusammentreffen. Hat auch diese gesammte Literatur gerade keinen positiven Werth, so ist ihr doch um ihrer großen Verbreitung willen eine Art Wichtigkeit beizulcgen; von den „Lsomoues Oisoi- xnli" sind in Koburger's Verlag nicht weniger als zehn Auflagen, von Gritsch's „HnuckraAssimnIo" fünf und von „ckccoobi cls Voru- Aiao Ui8t»ri-r Tomb»rckiou" sechs Auflagen erschienen. Außerdem hat dcrKoburgcr'sche Verlag von Wichtigerem noch Ausgaben von Kirchen vätern (Ambrosius, Augustinus, Fulgcntius, Hieronymus), der päpstlichen Dekrctalcn und Constitutionen, sowie von altclassischen Werken, z. B. Virgil von 1492, Cicero 1497, Juvenal 1497, Valerius Marimus 1510, Plinius 1518 und Ptolcmäus 1525, auf zuweisen. Von dem im Mittelalter vielgebrauchten Buche des Boethius ,,äs eousolstiouo xllilosoplliss" hat der ältere Anthoni vier Ausgaben, eine davon mit beigefügter deutscher Uebersetzung, veröffentlicht. Nach Betrachtung der geschäftlichen Formen des Koburger'schen Verlages bleibt noch übrig, auch der rechtlichen Form Erwähnung zu thun. Der geistige Inhalt der Bücher, dem der Druck die Circu- lationsfähigkeit verleiht, bildet ja doch den Bestandthcil eines geistigen Capitales, ist ein Werth, der als solcher gewisse rechtliche Anschau ungen hervorruft und somit auch eine rechtliche Form des Verlages bedingt. Welches waren nun die Rechtsanschauungen zur Zeit der Koburger'schen Verlagsthätigkeit? „Die ersten Drucker", schreibt Hase, „unterschieden sich von den Verfertigern der Handschriften einzig durch das neu eingeführte Prinizip der mechanischen Verviel fältigung; man übertrug deshalb naturgemäß die Rechtsbegriffe, nach denen man die Handschriften beurthcilt hatte, auf die Druckwerke, und zwar, da die Druckkunst aus freien städtischenGemeinwesen aufging, die Anschauungen, nicht wie sic die Universitätsstatuten geregelt und eingegrenzt hatten, sondern die freien germanischen, wie sie allenthalben den städtischenHandschriftenhandel und die deutsche Literatur charakteri- sirten." Dem Mittelalter, dem die Zeit der Koburger'schen Verlagsthä tigkeit zum größten Theile noch mit angehört, ist der Begriff eines per sönlichen geistigen Eigenthums so gut wie fremd, es kennt, wenigstens in Betreff des stofflichen Inhaltes der Bücher, keine geistigen Eigen thumsrechte. Daher druckte man nach Handschriften und Druckwer ken beliebig nach, und glaubte dadurch wohl noch ein gutes Werk zu thun, weil das dem Drucker zugängliche Material durch die Re- j Production weiteren Kreisen zugänglich gemacht wurde. Mit dem Auftreten der humanistischen Literatur in Deutschland verlor sich in dessen die Harmlosigkeit des Nachdrückens; man erkannte in dem Nachdrucke die widerrechtliche Benutzung fremden Eigenthums, gegen welche man sich bald durch Privilegien zu schützen suchte. Die ersten Koburger'schen Privilegien sind vonLudwigXII. 1510ertheilt, ein späteres 1518 von Leo X. für „lonunis cks IRiburAo gununs. eouk888orum". Diese Privilegien übten aber freilich keine sonder liche Wirksamkeit, und dienten nebenbei auch mehr den Interessen der Buchhändler, als denen der Autoren. Mit der Reformation erst fand die Berechtigung des Autors auf sein geistiges Eigenthum die rechtliche Anerkennung, in deren Folge auch das positive Verhältniß der Drucker und Verleger zn ihren Autoren klarer hervortreten mußte, die Honorarfrage in Anregung kam. Ein Bezug von Hono rar durch die Autoren in Geld war, wennschon nicht ganz ungewöhn lich , doch keineswegs die gebräuchliche Weise. Statt des Honorars erhielt der Autor theils Freiexemplare, thcils mögen die von den Buchhändlern zu leistenden Vergütungen in Rechnung beglichen Worden sein, da die Verleger-Drucker fürdcnBüchcrbcdarf ihrcrAuto- rcn zu sorgen pflegten; ja man bot geradezu Bücher als Honorar au, wie dies nachweislich bei Johannes Koburger dein Zasius gegen über der Fall gewesen ist. Zumeist jedoch vertreten die Stelle des Buchhändlerhonorars die Geschenke, welche Corollarien, Elogien, De- dicationscpisteln und dergleichen den Autoren in damaliger Zeit ein getragen haben. Wendet man sich endlich zu dem dritten Gegenstände der Ko burger'schen Buchhändlerthätigkeit, dem Vertrieb. Das Publicum, welches der ältere Anthoni bei seiner Drucker- und Verlegerthätigkeit zunächst im Auge hatte und nach den damaligen Zeitverhältnisscn fast allein auch nur im Auge haben konnte, war vornehmlich, wie sich aus dem Inhalte seiner Publicationen ergibt, die theologische Gelehr tenwelt in Klöstern und aufUniversttäten. In dieser Beziehung bot zum Theile schon Nürnberg und Umgegend allein für den Vertrieb der Werke einen stattlichen Wirkungskreis; nach Schürstab's Angabe von 1450 lebten in Nürnberg an 450 Geistliche, und sowohl in als um Nürnberg fanden sich allenthalben Klosterbibliothcken. Allein mit einem solchen immerhin beschränkten Wirkungskreise hat sich Ko burger's Rührigkeit kaum lange begnügen können; er suchte sich viel mehr bald und fand auch, wie die rasch auf einander folgenden Auf lagen größerer Werke beweisen, ein weiteres Absatzgebiet. Hierauf bezüglich berichtet Neudörsier von Koburger: „Auch hatt er an fremden Orten seine Factores in nahmhafften Städten der Christen heit, 16 offene Cräm und Gewölber, da ein jedes, wie leichtlich zu gcdencken, mit mancherlei großer Meng Bücher staffiret muß gewe sen seyn." Welches diese „nahmhafften Städte" alle gewesen sein mögen, ist nicht bekannt; die einzig wirklich nachweisbaren Orte sind Paris und Ofen. Am ersteren Orte hatte Koburger schon vor her, ehe seine Produktivität größere Dimensionen annahm, also noch vor 1477, eine Factorei, die namentlich aber gegen Ende des Jahr hunderts im vollen Schwünge gewesen zu sein scheint. Das Geschäft dieser Factorei, des Hauptorgans des Handels mit Frankreich, der auch nach des älteren Anthoni Tode von den Koburgern fortbetrieben worden ist, bestand nicht bloß in dem Vertriebe von Koburger'schem Verlage, sondern auch, wenn nicht überhaupt vielleicht von verschie denem fremden, doch jedenfalls von Schöffcr'schem Sortimente. Von Paris im äußersten Westen erstreckte sich das Koburger'sche Handels gebiet, im Süden von Lyon und Basel und im Norden von Lübeck begrenzt, bis im äußersten Osten nach Ungarn, wo in Ofen eine Factorei bestand. Diese letztere indessen, sowie überhaupt diejenigen, welche sonst noch bestanden haben mögen, sind der Pariser Factorei sowohl in Hinsicht ihrer Bedeutsamkeit als auch der Dauer ihres Be stehens Wohl kaum glcichgekommcn. Die von Neudörffer erwähnten
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