Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.08.1856
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 25.08.1856
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18560825
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-185608259
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18560825
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1856
- Monat1856-08
- Tag1856-08-25
- Monat1856-08
- Jahr1856
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
M 106, 25. August. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1577 Joh. Phil. Palm, 40 Zahr alt, geb. zu Schondorf, ansässig zu Nürnberg, wo er einen Buchhandel, unter dem Namen und Firma der Stein'schen Buchhandlung treibt (gegenwärtig). N. Merkel, Gastwirth zu Neckars Ulm, im Würtemberg., ab wesend und nicht vor Gericht erschienen. Jvs. Friede. Jeiiisch, erster Commis der Buchhandlung Stage in Augsburg, abwesend und nicht vor Gericht erschienen. N. Kupfer, Buchhändler und Buchdrucker von Wien, abwe send und nicht vor Gericht erschienen. N. Eurich, Buchhändler von Linz, abwesend und nicht vor Gericht erschienen. Diese wurden als Verfasser, Drucker und Vertheiler von Schandschriften beschuldigt, welche gegen Se. Maj. des Kaisers und Königs und seiner Armeen erschienen, und in der Absicht verfaßt sind, die Gesinnungen der Einwohner des südlichen Deutschlands irre zu führen, indem sie selbige zur Meuterei, Aufstand und Meu chelmord gegen die franz. Truppen auffordern, ja sogar diese letzte ren verführen und zu Ungehorsam und Vergessenheit ihrer Pflichten gegen ihren rechtmäßigen (?) Oberherrn verleiten wollen. (!)" Nun folgen eine Menge Förmlichkeiten und Redensarten im damaligen Machthabersinne, die uns noch heut aufs tiefste empören müssen, da sie zeigen, wie flach und nichtssagend das ganze Verfah ren, das man eigentlich nur als formelle Faxe betrachten muß, war. Alle werden für schuldig befunden und zurTodesstrafe ver- urtheilt. Nun heißt es weiter: „Es wird ferner verordnet, daß die benannten I. Schoderer und I. P. Palm, welche gegenwärtig sind, 24 Stunden nach ge genwärtigem Urtheil hingerichtet werden, und daß die benannten Merkel, Kupfer, Jenisch und Eurich, welche abwesend und nicht vor Gericht erschienen sind, überall, wo sich die franz. Armee befin det, verhaftet und gegenwärtiges Urtheil nach seinem ganzen Inhalt gegen sie vollzogen werden solle." Weiter wird noch bestimmt, daß dasselbe in 6000 Ex. gedruckt und verbreitet werden soll, dann folgt die Verurtheilung in die Kosten und die Unterschriften. Schodcrer's Hinrichtung wurde 1 Stunde vor der dazu festge setzten Zeit durch Befehl aufgeschoben und nach 6 Wochen folgte seine vollständige Begnadigung. Palm ^schrieb noch einen Brief an seine Gattin eine halbe Stunde vor seinem Tode. Die festgesetzten 24 Stunden wurden nicht eingchaltcn, man eilte so sehr als möglich, um sich das Schlacht opfer nicht entgehen zu lassen. Aus den Briefen des ihn zum Tode vorbereitenden Weltpriesters Pöschl an die Gattin Palm s theilcn wir nun noch die weitern Umstände über seine letzten Stunden mit, da der Raum leider nicht gestattet, sie vollständig hier abzudrucken. Nach diesem war es schon 8 Tage vorher bekannt, daß ein Buchhändler aus Nürnberg nach Braunau gebracht werden solle, um da erschossen zu werden. Palm glaubte nach den Verhören selbst ganz bestimmt an seine Freilassung und war vollständig guten Muthes. Am 26. Vorm. 11 Uhr wurde ihm das Urtheil vorgelcsen. P. verlangte hierauf einen Geistlichen und der erwähnte kathol. Priester verfügte sich darauf in Begleitung des Spitalseelsorgers I. M. Gropp zu ihm , denen er bekannte, daß er Protestant sei, was die trefflichen Männer indeß nicht hinderte, ihm die Tröstungen der Religion zu spenden und ihn durch die sogenannte geistliche Communion zu stär ken. Hierauf sang er seine 2 Lieblingslieder: „Alles ist an Gottes Segen -c." und „Gott Lob, nun ist es wieder Morgen rc." Neben, der Sorge für die Seinigen und dem Trennungsschmerz, den er aus sprach, quälte ihn auch noch der Gedanke, wie seine Gläubiger bezahlt werden sollten! Die Geistlichen verfügten sich sodann nochmals zum Commandanten und legten Fürsprache ein, doch ohne Erfolg. Gegen 2 Uhr wurden ihm von einem Soldaten die Hände rückwärts gebunden, was die Geistlichen trotz aller Bemühungen nicht hintertrciben konnten, und der schwere Gang angetreten. Vor der Thür stand ein Leiterwagen mit 2 Ochsen bespannt, auf dem ein Bret zum Sitzen befestiget war, den Palm mit den 2 Geistlichen bestieg. Von Cavallerie und Volksmassen umgeben, fuhr der Wa gen langsam durch die Stadt; auf allen Gesichtern war die größte Thcilnahmc zu lesen. Der franz. Eommandant St. Hilaire und noch andere franz. Ofsiciere verreisten, um der Trauerscene nicht beiwohnen zu müssen. Auf dem Glacis war von Militär ein Quarre gebildet, die Seile nach der Stadt zu aber offen. Auf den Wällen waren die Kanonen zum Feuern fertig, im Fall Unruhen durck diese Execution hervorgerufen würden. Nachdem ihm die Geistlichen die letzten Trosteswortc gesagt, übergab er ihnen für die Seinigen das durch seine Thränen feuchte Schnupftuch. Hierauf ver band ihm Pöschl mit seinem eigenen Tuch die Augen, er kniete nieder, worauf von 6 Soldaten mir zitternden Händen in einer Distance von 10—12 Schritt auf ihn gefeuert wurde. „Da sank er auf das Angesicht zu Boden, und ächzete laut. Auf dies wur den die nächsten unter den ersten stehenden Soldaten zu feuern be fehligt, die sich aber ebenso zaghaft bezeugten. Darauf wurde es still. Ich wollte mich aber seines gewissen Todes versichern, und sprang ganz nahezu ihm hinzu, da bemerkte ich, daß er noch athme, welches ich sogleich mit lauter Stimme anzeigte; worauf wieder an dere Soldaten herbeieilten, das Gewehr auf den Kopf hielten und so abfcuerten, daß die Hirnschale in Stücke zersprang, unterdessen aber der commandircndc Hauptmann, voll des größten Unwillens, die Soldaten auf französisch heftig ausschalt". Selbst das Militär war über diese Mordscene empört, der commandirende Hauptmann erklärte, er wolle lieber quittiren, als noch einmal eine solche Execution auf sich nehmen; in welcher Stim mung die Geistlichen wie das zuschauende deutsche Volk war, läßt sich denken. Palm's Leichnam wurde dem Befehl zuwider, der auf Ein scharren auf der Richtstätte lautete, auf dem Gottesacker bestattet. Aus dem Bericht des Geistlichen Gropp, der sich noch specieller über die letzten Stunden Palm's ausspricht, ersehen wir, daß nach den ersten 6 Schüssen P., wie schon oben gesagt, nicht todt war, darauf feuerten 3 andere Soldaten ebenso unsicher, worauf denn 2 Soldaten ihre Gewehre an die Schläfe setzten und den Kopf zer schmetterten. Das Schlachtopfer war nun gefallen! Hier noch weitere Betrachtungen anzustellen, wäre am Unrech ten Orte, jeder Leser wird die seinigen halten. Pflicht des deutschen Buchhandels ist es, das Andenken an den Edlen am heutigen Tage zu erneuern, Pflicht jedes einzelnen deutschen Buchhändlers ist es, diesem Märtyrer seines Standes in Wehmuth einige Augenblicke der Erinnerung zu weihen. Eduard Berger.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder