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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.12.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-12-24
- Erscheinungsdatum
- 24.12.1935
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19351224
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193512247
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1935
- Monat1935-12
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ZH 298, 24. Dezember 19S5. Redaktioneller Teil Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Ein Japaner über Zeitung und Zeitschrift in Japan*) Zeitungen sind in Japan ebensowenig eine moderne Errungen schaft, wie sie es in den europäischen Ländern sind; Nachrichten blätter, die Erlasse der Negierung enthielten, Meldungen von Schlach ten oder Naturereignissen, bestanden schon im Mittelalter; wenn auch die Japaner nicht eine so altehrwürdige Zeitung ihr eigen neunen können wie die chinesischen Nachbarn, die ein Tageblatt besitzen, das heute im tausendsten Jahrgang erscheint. — Der Buchdruck geht bei uns nachweisbar auf das Jahr 770 zurück, schätzungsweise auf einen noch früheren Zeitpunkt. In jenem Jahr wurde die buddhistische Dahrani-Bibel in großer Auflage von Knpferplatten gedruckt. »Eine Million kleiner Pagoden wurden im ganzen Lande errichtet und in jede der Pagoden ein Baud der Dahrani-Bibel getan«, so heißt es in einem alten Bericht, doch ist die »Million« wohl als ein Aus druck gläubiger Übertreibung zu werten. Immerhin sollen noch heute etwa 40 000 Exemplare der Bibel erhalten sein, die also 1105 Jahre alt wären; im Horyu-Dji-Tempel in Nara kann mau sie sehen. Die Drucktechuik mit beweglichen Typen war im Fernen Osten bereits bekannt, che sie für den Westen vom Deutschen Gntenberg erfunden wurde. Fünfhundert Jahre vor dessen Zeit, also um 050, druckten wir mit einzelnen Holztypen; um 1000 ging man zu Kupser- typen über, die aus Korea kamen. Einen Begriff von der Höhe der Drucktechnik bei uns geben die bekannten Farbenholzschnitte des 18. und 10. Jahrhunderts, bei denen oft bis zu zwanzig Platten mit einer Präzision übereinandergeöruckt sind, wie sie vorher und nachher nie wieder erreicht wurde. — Von den Holländern lernten wir den Kupferstich und die Radierung, und diese wurden zum Druck von Banknoten, Nomanbändchen, von Flug blättern und Broschüren mit der Darstellung von Ereignissen im In- und Ausland, den Vorläufern der Zeitung, verwendet. Immerhin sind unsere Tageszeitungen im modernen Sinne jün ger als die europäischen Gegenstücke; so ist die heute führende Tages zeitung, die »Osaka Asahi« — zu Deutsch »Morgensonne von Osaka« — vor 50 Jahren gegründet worden, also gerade zu jener Zeit, da Japan die Augen öffnete, die Glieder reckte, um regen Anteil an der Entwicklung des Zeitalters zu nehmen, das man boshafterweise aber bezeichnend das »papicrne« nennt. Die Umstellung des japanischen Druckbetriebs auf die Erforder nisse einer modernen Zeitung, die zweimal im Tag erscheint, das Neueste bringt und noch feucht in die Hände der Leser gelangen soll, war gewiß nicht leicht. Man muß sich nur erinnern, daß die 3—4000 gebräuchlichsten Schriftzeichen der japanischen Schrift eine ganz andere und umfangreichere Einrichtung der Setzerei erfordern als die 24 Buchstaben des europäischen Alphabets. Die Drucktypen sind nicht in handlichen Kästen beieinander wie in westlichen Betrieben, sondern füllen aufrechte Wände aus, die beim Buchdruck, der mehr Buchstaben verlangt, so hoch hinaufreichen, daß die Setzer gezwungen sind, auf Leitern daran hcrumzuklettcrn. Und natürlich sind die Lettern nicht alphabetisch geordnet, sondern, dem Wesen der japanischen Schrift entsprechend, nach Begriffen. Also, beim Zeichen für »Manu« be finden sich »Kraft«, »Feldarbeit«, »Acker« usw.; beim Zeichen für »Frau« die Zeichen »Lärm«, »Klatsch«, »Ehebruch«, aber auch »Liebe« und »Beruhigung«. Der Drnckprozeß selbst unterscheidet sich nicht von demselben tech nischen Prozeß bei den großen europäischen und amerikanischen Blät- sern; Notationsdruckpresscn von großer Schnelligkeit, laufende Bän der für den Transport der fertigen Exemplare, das alles ist vor handen und sorgt dafür, daß die Nachrichten schnellstens auf die Straße und unters Volk kommen. Die »Osaka Asahi« und ihr Schwesterblatt für die Hauptstadt, die »Morgensonne von Tokyo«, gebe» acht Morgenausgaben und drei Abendausgaben heraus! — Auch die Aufmachung der Zeitung unterscheidet sich, von der Schrift und von der Tatsache abgesehen, daß inan japanische Zeitungen von hinten nach vorn blättert, daß also die Rückseite die Titelseite ist, nicht von Zeitungen irgendwo in der Welt; politischer Teil, Wirtschaststeil, Unterhaltung, Fortsetzungsroman (meist illustriert), Sonntagsbei lagen in Tiefdruck, das ist alles dasselbe. Die großen Blätter »Asahi«, »Mainitji«, »Nitjinitji«, »Hotji«, »Djidji«, richten sich in letzter Zeit nach amerikanischen Vorbildern, die sie aus manchen Gebieten bereits übertrumpfen. Für den Nachrichten dienst steht bei der »Asahi« ein Geschwader von 20 Flugzeugen zur Verfügung, bei der »Mainitji« (der »Täglichen«) ein solches von zehn. *) Mit freundlicher Erlaubnis des Zwinger-Verlages Rudolf Glöß in Dresden mit einigen Weglassungen entnommen dem kürzlich erschienenen Buch von Komakichi Nohara: »Das wahre Gesicht Japans«. Scharen von Brieftauben befördern Schnellreportagen und Inter views vom Reporter, der einen Korb zur Aufnahme einer Taube umgeschnallt trägt, direkt zum Redakteur; die Redaktionen sind durch private Nohrpostanlagen mit den Postämtern und Bahnhöfen, durch Ferndrucker und Kurzwellenstationen mit Filialen an anderen Orten verbunden. Zwischen Osaka und Tokyo, über 450 km Entfernung, werden Fotografien durch drahtlose Bildübermittlcr ausgetauscht: die Übermittlung eines Bildes dauert aus den Apparaten japanischer Her stellung 10 bis 12 Minuten; die Kopien sind von den Originalen kaum zu unterscheiden. . . . Auf dem Gebiet der innigen Erfassung aller Teile des Landes durch die großen zentralen Hauptstadtzeitungen sind die europäischen Blätter bereits überflügelt; es nimmt daher auch nicht wunder, daß die »Osaka Asahi« und »Tokyo Asahi« zusammen eine Auflage ziffer haben, die von keiner anderen Tageszeitung der Welt erreicht wird: über 3 Millionen. Die Ausgabe für die Landeshauptstadt pflegt mehr den politischen Teil, diejenige für das Handelszentrum Osaka den wirtschaftlichen Teil. — Tie »Osaka Mainitji« und ihr Schwesterblatt, die »Tokyo Nitjinitji« (»Tag für Tag«) haben eine Auflage von über 1500 000; daneben erscheint eine englischsprachige Ausgabe für Ausländer und eine in Braille-Schrift für Blinde. Die »Asahi« spielt, vom Gebiet der Zeitung an sich abgesehen, eine große Nolle im kulturellen Leben, indem sie z. B. eigene Säle besitzt, in denen moderne Konzerte, Noh-Vorführungen, Vorträge usw. veranstaltet werden. Die »Asahi« war es auch, die den ersten trans sibirischen Flug Tokyo—Berlin finanzierte und so zur gegenseitigen Annäherung der beiden Völker beitrug. In den »Auditorien« unserer großen Blätter sind viele bekannte Künstler Europas zum ersten mal in Japan ausgetreten. Dem inneren Wesen nach ist ein großer Unterschied gegenüber den westlichen Blättern darin zn finden, daß die japanischen Zei tungen fast ausnahmslos keine Partcipolitik treiben, zu keiner der politischen Parteien in Verbindung stehen . . . Wenn unsere Zeitungen auch nicht gerade Parteipolitik treiben, so haben sie natürlich doch eine gewisse politische Tendenz, und so vertritt die »Asahi« die Interessen des Handels und der Industrie, ist politisch, um eiu abgegriffenes aber häufig zutreffendes Wort zu gebrauchen, »liberal«; wogegen die »Mainitji« eher die Interessen und Ziele des Militärs, des Adels, der Beamtenschaft pflegt und etwa als »konservativ« angesprochen werden kann. Die Tageszeitung ist bei uns vornehmlich eine Lektüre des Mannes; daß die Frau und die Kinder nicht zu kurz kommen, dafür sorgen die zahllosen Zeitschriften oder »Magazine«, die monatlich oder auch wöchentlich erscheinen; nnd zwar gibt es acht Zeitschriften für Frauen, dreizehn für Knaben und Mädels, elf allgemeinen In halts, und für die kleinen Kinder, wie es sich in Japan gehört, die größte Zahl, nämlich dreißig. Man hat ausgerechnet, daß die Zeit schriften und Magazine in Japan 70 Prozent der ganzen gedruckten Produktion ausmachen. Die meisten Zeitschriften befinden sich in der Hand des »Magazin- Königs« Seidji Noma, eines selkmacks man von geradezu ameri kanischem Auftrieb und Ausmaß und von ungeheurem Einfluß im heutigen Japan. Vor etwa zwanzig Jahren gründete er eine kleine Zeitschrift für Beredsamkeit und öffentliches Sprechen; heute gibt sein Unternehmen, die »Kodanscha«, neun Magazine heraus, die mit ihrer Gesamtauflage von monatlich 5!^ Millionen Exemplaren 80 Prozent aller Magazine des Landes ausmachen. Die bedeutendste seiner Publikationen ist der »King« mit über einer Million Auflage, der iu Anspielung aus Nomas Herrschcrrolle im Zeitschriftsnwesen so genannt ist, daneben »Fudji«, »F-udjin-Elub« (Frauenklub), »Gendai« (Neuzeit) usw., einige davon ebenfalls mit einer Auflage vou rund einer Million. Seidji NomaS Publikation ist »Futter für die Massen«, sein Leitsatz bezeichnenderweise: »Drucken, was alle lesen dürfen«. Das Volk nennt seinen Verlag »das private Unterrichtsministerium«. Der Geist, den er verbreitet, ist, wie er selber sagt, »der traditionelle Nippongeist auf der Grundlage des Buschiüoh«, also der moralischen Vorstellungen der Schwertrittcr. Indem die Frau ihr »Magazin« liest, ist sie nicht allein »fleißige Leserin«, die durch spannende Fortsetzungsromane verlockt wird, das Abonnement zu erneuern oder die nächste Nummer zu kaufen; sie gehört vielmehr einem riesengroßen Kreis, einer geschlossenen Familie von Leserinnen an, die sich um Rat und Unterstützung an die Zeit schrift wenden, die zu Diskussionen über alle Themen Zusammen kommen, welche die Frau angehen oder sich in der neuzeitliche» Ent wicklung der Japanerin ergeben, die Kochrezepte, HaushaltSwinke, (Fortsetzung auf Seite 1111) 1109
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