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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.04.1917
- Strukturtyp
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- Band
- 1917-04-26
- Erscheinungsdatum
- 26.04.1917
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- Deutsch
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Redaliionellec Teil. ,.tz 96, 26. April 1917. Der Film als literarischer Erzieher? Die Entwicklung der kinematographischen Belletristik in den letz ten Jahren und die Sucht der Filmfabriken, anerkannte schreibende und darstellende Künstler für die Mitarbeit an der Filmdramatik zu gewinnen, haben dahin geführt, daß so viele vom Kino gering den ken. Im Grunde genommen ist das verständlich. Tenn bei diesem an sich ganz anerkennenswerten 'Streben wurde das Wunder der Filmphotographie für allerlei scheinkünstlerischen Humbug ausgenutzt. Trotz der Beschränkungen, der auch die Kinobranche in diesem Kriege unterworfen ist, zeigen die kinematographischen Fachblätter lind die Ankündigungen der Lichtspielbühnen gerade in den letzten Monaten auffallend viele Ftlmneuerscheinungen an, die kinematogra- phisch-dramatisierte Bearbeitungen von bekannten literarischen Wer ken sind. Das Bestreben der Literaten, ihre Werke in kinematographischer Fassung dem Publikum zugänglich zu machen, ist natürlich auch für uns Buchhändler von besonderem Interesse, denn es führt uns zu der Frage, ob dem Film Kräfte als literarische Erzieher innewohnen. Die Welt von heute will zerstreut werden, und dazu bedarf es ziemlich derber Wirkungen. Der Spielplan unserer Kinos steht und fällt mit dem »dramatischen Schlager«. Es ist nun zweifellos, daß der ausgesprochene Unterhaltungscharakter des Films dem Bedürfnis unserer unter Hochdruck arbeitenden Generation entgegenkommt wie kein anderes Zerstreuungs- und Unterhaltungsmittel. Unbestreitbar ist der Kinematograph ein genialer Kopist des Lebens. Aber da es in der Natur des gespielten Films liegt, daß er auf das feine Werk zeug der Sprache verzichten muß, auf die Worte, die das dichterische Instrument der Poesie sind, so ergibt sich ein Manko: der Film bietet nur dem Auge etwas. Jeder Gedanke, jede Empfindung ruft ein Bild in uns wach, und daher ist es auch möglich, die ganze Abstufung von G'edanken durch Bilder auszudrücken. Da es keinen Gedanken gibt, der nicht in un serem Innern ein entsprechendes Bild entstehen läßt, keine Impression, deren unmittelbare Wirkung nicht ein Bild hervorruft, ist unsere ganze Gedankenwelt ein Kaleidoskop von allerlei Bildern und Ge bilden, und die Hauptmission der Poesie ist es, uns Gemälde vorzu zaubern, deren einzelne Motive in unserer Seele schlummern, das Mosaik des Angenehmen, Schönen und Furchtbaren. Das kinematographische Bild vermag wohl alle Nuancen der Schilderungen wiederzugeben, aber trotzdem haben wir gesehen, daß kinematographisch-dramatisierte Werke in ihrem Erfolge versagen. Die Filme gedeihen über den rein technischen Reiz nicht hinaus, und was gerade zugunsten einer tieferen Wirkung verborgen bleiben müßte, die »gute Mache«, kommt ganz allein zur Geltung. Nachdem sich mehr und mehr zeigte, daß die »Hinauspflanzung« der Filmkunst viel zu spät angestrebt wurde, war es für uns auch ersichtlich, daß der Film ein literarischer Erzieher nicht sein kann. Der Film bannt die in der Natur vorkommenöen Bewegungen ans seine unendlichen Bildstreifen und kann sie uns in jedem beliebi gen Grade von Geschwindigkeit wiedergeben. Solche Ansichten können nicht in nackter Unmittelbarkeit von unsere Augen treten, sondern in einer Verbindung zusammengehöriger Erscheinungen, die den Eindruck eines bewegten Geschehens und eines zweckvollen Nacheinanders und womöglich einer künstlerischen Komposition machen. Es ist möglich, daß diese Bilderzusammenstellung den Zuschauer veranlassen kann, sich den der Handlung zugrunde liegenden Noman zur Lektüre zu verschaf fen. Das ist aber dann lediglich eine Befriedigung der Neu gierde, des Anreizes. In den meisten Fällen jedoch wird dem Zu schauer die inhaltliche Wiedergabe eines Romans durch den Film genügen, und er wird kein Verlangen darnach tragen, ihn zu lesen. So gesehen, verliert der Dichter die Möglichkeit, durch sein Buch auf den Kinobesucher zu wirken. Eine feinere seelische Schwingung kino- künstlerisch zur Darstellung zu bringen, scheitert an der Technik des Kinematographen. Dies führt zu einer anderen Beobachtung. Schnelligkeit ist heute das Idol, der Tyrann und der Fluch der Welt. Den verderblichen Einfluß der Schnelligkeit zeigt nichts so deut lich wie die ungeheure Beliebtheit des Kinos. Zugegeben, daß er in der Veranschaulichung ernster und belehrender Stoffe Hervorragendes geleistet hat, auf dem Gebiete der Filmdramatik hat er uns in unseren Erwartungen doch bisher enttäuscht. Was die Massen zum Kine matographen zieht, ist der billige Romanheld, das grausige Komplott, die Aufdeckung von Verbrechen, die realistische Darstellung des Lasters. Wer nun im Kinotheater eine Verfilmung irgendeines klassischen oder modernen Romans gesehen hat, betrachtet dies als Äquivalent des Werkes selbst und glaubt, er brauche nun keine genauere Bekanntschaft mit ihn, zu machen. Dem Durchschnittsmenschen liegt nichts mehr daran, nachdem er eine Geschichte »gesehen« hat, sie noch zu lesen. Das Lesen geht ihm zu langsam. Aus dem Gesagten erhellt, daß in unserem Zeitalter der Technik und der Maschine der Kinematograph der Literatur gewissermaßen einen tödlichen Stoß versetzt, und was besonders für unsere Heranwachsende Generation von Übel ist, die Schnelligkeit des Kinos erzeugt Oberflächlichkeit. So also, wie die Dinge hellte noch liegen, kann man von einer literarischen Erziehung mit Hilfe des beweglichen Filius nicht sprechen. Es ist nicht ausgeschlossen, wenn eine alle Möglichkeiten der Kine matographie ausnutzende Regie in den Dielist der verfilmten Lite ratur gestellt wird, daß der kinematographischen Belletristik eine neue Farbe gegeben wird und daß in der reichen Bildersprache alle Fein heiten des Ausdrucks wiedergegcben werden können. Man wird da mit der künstlerischen Entwicklung des Films näher kommen, aber es fragt sich, ob dann die Beliebtheit der Filmvorführungen nicht schwindet. Wenn nicht alles täuscht, liegt die Zukunft des Films im Phantastischen, in der Zeichnung romantischer Konturen. »Ein aus Wirklichkeit und Traum gemengtes Zwielicht ist die richtige Film soli ne.« Auf alle Fälle aber bleibt der »F i l m ein schneller Ersatz für die Literatur«. Daran vermögen selbst technisch hervor ragende, ohne possenhafte oder kitschige Zutaten auf die Leinwand übertragene Werke der Literatur, die völlig außerhalb des Darstel- lungsbereiches des wirklichen Theaters liegen, nichts zu ändern. Dev Film ist ein Dolmetscher des Lebens, nicht aber das Leben selbst. Walter T h i e l e m a n n. Kleine Mitteilungen. Jubiläum. — Die angesehene Verlagsbuchhandlung J.F.Stein- köpf in Stuttgart konnte im März d. I. auf 125 Jahre ihres Besteheus zurückblicken. Der eigentliche Gründer des Geschäfts war der Urgroßvater des 1903 verstorbenen Kommerzienrats Fritz Steinkopf, Buchbinder- obermeister Joh. Christoph Betulins, ein Mann mit guter Gymnasial bildung, der am 9. März 1769 ein Antiquariats-Privileg in Stutt gart erhielt. Er gab die Buchbinderei auf und widmete seine ganze Kraft deni Antiquariat, mit dem er einigen Verlag verband. Außer Lokalverlag gab er schon eine Anzahl evangelischer Schriften heraus^ damit gewissermaßen dem Geschäft Ziel und Richtung weisend, denen es bis heute treu geblieben ist. Nach seinem Tode erwarb sein Enkel und Zögling Johann Friedrich Stein topf am 13. März 1792 das Geschäft von den Erben, dem er die Firma seines Namens gab. Er bevorzugte die Verlagstätigkeit, besonders von evangelischen Ge bet- und Predigtbüchern, und trat, um sich ganz dem Verlage zu wid men, das Antiquariat ab. Trotz der schweren Kriegsjahre von 1792 bis 1815, in denen nach einer Äußerung Stcinkopfs ihm nur Starks Gebetbuch und Luise Löfflers Kochbuch das Brot ins Haus gebracht haben, gedieh der Verlag und zog nach und nach fast alle Wissens gebiete in seinen Bereich. Hauptrichtung blieb immer die evangelisch christliche, die u. a. Werke von Fromme!, Earl Burk, Pastor Otto Funcke und Fries in sich schloß. Daneben erschienen gediegene Schriften für die Jugend, von denen die Sammlung Deutsche Jugend-und Volks bibliothek sowie die von Weitbrecht herausgegebenen Jugendblätter ge nannt seien. Im Jahre 1844 verkaufte Steiukopf sein Geschäft an seinen Neffen Louis Hänel, der ihm schon seit 1834 tatkräftig zur Seite gestanden hatte. Hänel starb jedoch schon 1847, und von seiner Witwe ging im darauffolgenden Jahre das Geschäft an Fritz August Steinkopf über, der es bis zu seinem 1903 erfolgten Tode geführt hat. 1873 trat ihm sein Schwiegersohn Eonrad Weitbrecht zur Seite, dem sich 1886 der kürzlich verstorbene Karl Steinkops (vgl. Nr. 88) zuge- sellte, und 1890 trat noch ein weiterer Schwiegersohn, Conrad Gnstorff, hinzu. Mit ihnen vereint hat Fritz Steinkopf wacker gearbeitet und hatte die Freude, im Jahre 1892 das 100jährige Jubiläum seiner Firma festlich begehen zu können. Nach dem Tode Weitbrechts trat zu nächst 1899 Friedrich Weitbrecht, 1906 Otto Wcitbrecht als Teilhaber ein, von denen letzterer 1915 wieder ausschied, um die Firma K. Thienemann Verlag in Stuttgart zu übernehmen. Auf 125, eigentlich 148 Jahre, kann in diesem Jahre das ange sehene Verlagshaus zurückblicken, in denen es stets in derselben Fa milie geblieben ist, und wenn auch wegen der ernsten Zeit und des kürzlich eingetretenen Trauerfalls an eine Feier nicht gedacht werden konnte, so haben sich doch die jetzigen Inhaber im Andenken an ihre Vorgänger des Erreichten mit Stolz und Dankbarkeit freuen können. Titelwesen. — Durch königlichen Erlaß ist eine Änderung in der Titulatur der etatmäßigen Professoren an den preußischen Technischen Hochschulen verfügt worden. Von jetzt ab führen die genannten Pro fessoren den Titel »ordentlicher Professor«. Verantwortlicher Redakteur: Emil Thomas. — Verlag: Ter Bvrsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchbändlerbauS. Druck: Ramm L Seemann. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig. Gerichtsweg 2« sBuchhändlerhau-t. 412
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