Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.12.1869
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1869-12-06
- Erscheinungsdatum
- 06.12.1869
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18691206
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-186912068
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18691206
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1869
- Monat1869-12
- Tag1869-12-06
- Monat1869-12
- Jahr1869
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
4050 Nichtamtlicher Theil. 283, 6. Deccniber. man den Verleger auch strafen, wenn er etwas Unstrafbares nicht dnrchlcse. Er bitte also um Ablehnung von Art. 20. Abg. vr. Wigard: Da Art. 20. einen Rückschritt in sich schließe, der an die fünfziger Jahre erinnere, stimme er gegen denselben. Die vom RcgicrnngScommissar vorgcführtcn Gründe spitzten in der Polizciansicht, daß jeder Mensch ein Verbrecher sei, solange er nicht das Gcgentheil nach- gewicscn. Soll das Strafgesetzbuch für alle Lagen des Lebens dienen, so dürfe inan auch die Presse davon nicht anöschlicßen. Schwierigkeiten wegen Auffindung des Verbrechers fänden sich nicht bei der Presse allein, auch in demselben Verhältnisse bei anderen Gewerben. Vor allem aber werde das DcunnciationSwcscn durch die Regierungsvorlage wieder zur Blüthe kom me». Aus Gerechtigkeitsgefühl stimme er nicht für den Bicdcrmann'schen Vorschlag, sondern nur für Ablehnung dcö Art. 20. (Bravo!) Regicrungscommissar Barth: Er habe nicht die Schwierigkeit allein, sondern die Wahrung des RcchtsznstandcS betont. Die Kammer habe drei Wege vor sich: gehe sie mit Panitz, dann würden Preßvergehcn gar nicht mehr zu strafe» sein, gehe sic mit Biedermann, dann werde man Un schuldige mit Strafe bedrohen, nur der RcgicrungSweg sei der einzig rathsamc. Referent De. Biedermann zieht seinen Antrag zu Gunsten des Panitz'- schen zurück. Abg. Ackermann: Die Deputation habe im Berichte vorgeschlagcn, jedes Preßvcrgchen den Geschworenen zu überweisen. Schasse man dort für die Presse einen Ausnahmezustand, so möge man doch auch den Auönahme- nstand dcö Art. 20. sich gefallen lassen. "Er erkenne sehr an, daß in Sach en die Presse einen weisen Gebrauch von ihrer Freiheit mache, aber doch sei nicht ausgeschlossen, daß dieselbe auch in einzelnen Fällen vollkommenen Grund gebe, Schntzmaßregcln gegen sic fcstzusctzcu. Regicrungscommissar Held: Die Justiz werde das Gesetz nicht als ein unlogisches hinnehmen. Im weitern verthcidigt der Redner noch die Vorlage. Der Schluß der Debatte wird beantragt und beschlossen. Nach den Schlußworten der Referenten der Minorität und Majorität nahm die Kammer Art. 19. einstimmig und Art. 20. mit allen gegen 21 Stimmen nach den Vorschlägen der Majorität an. Art. 21. wurde ohne Debatte genehmigt. Bei Art. 22., welcher von der Verantwortlichkeit der Redacteurc han delt, erklärt RcgicrnngScommissar Barth auf Anfrage dcö Referenten, daß ein Rcdactcur, welcher den Namen des Einsenders in Fällen verweigere, wo cs sich nicht gerade um etwas Strafbares, aber vielleicht um Verletzung des Amtsgeheimnisses rc. handle, zwar nicht zur Bestrafung gezogen, aber doch als Zeuge vernommen werden könne. Verweigere er das Zengniß, dann fänden allerdings die Bestimmungen des Strafgesetzes über Zeugen vernehmung Anwendung auf ihn. Infolge dieser Erklärung beantragt der Referent einen Zusatz zu Art. 22., welcher einen derartigen Zcugenzwang ausschlicßt. Regicrungscommissar Held entgegnet, daß ein solcher Zusatz die Auf- rechtcrhaltung des Strafgesetzbuchs gefährde. Auch wären die diesseitigen Bestim mungen in Bezug auf Zeugen nicht so streng wie in Preußen; im schlimm sten Falle könne den Redactcnr eine Gcfängnißstrafe von sechs Wochen tref fen. Nenne er dann den Einsender nicht, so sei die Sache damit erledigt, klebrigen« greife man möglicherweise mit dcm'vom Referenten beantragten Zusatz der Bundesgcsetzgebung vor. Referent Professor Biedermann: Nur aus Rücksicht auf letztere ziehe er sciucn Antrag zurück. Hieraus wurde Art. 22. genehmigt. Art. 23. lautet nach dem" Entwurf: „Die Verantwortlichkeit für den Inhalt von Berichten über Gerichtsver handlungen ist nach den allgemeinen strafgcsctzlichcn Bestimmungen zu be- urtheilen, insbesondere wird dieselbe durch die Ocffentlichkeit der Gerichtsver handlungen nicht aufgehoben." Die Majorität der Deputation beantragt Wegfall dieses Artikels, wäh rend ihn die Minorität in folgender Fassung zur Annahme empfiehlt: „WahrheitsgetreueBerichterstattungen über öffentliche Gerichtsverhandlun gen , desgleichen über öffentliche Verhandlungen des sächsischen Landtags und des norddeutschen Reichstags sind straflos." Abg. Ludwig erklärt sich entschieden für den Wegsall, worauf von der Regierung die Erklärung abgegeben wird, daß ihrerseits auf Beibehaltung dieses Artikels kein Gewicht gelegt werde. Nachdem Abg. Temper noch einen llntcrantrag zum Minoritätsvotum begründet hatte, wird die Debatte geschlossen. Referent Professor Biedermann verbreitet sich zwar im Schlußworte sehr eingehend über Vorkommnisse in England und Preußen, welche dem An träge der Minorität das Wort sprechen könnten, zieht aber dann selbst zu Gunsten der Majorität das Minoritätsvotum zurück, worauf die Kammer Art. 23. einstimmig strich. Art. 24. und 25. handeln vom Verfahren bei Confiscation der Preß- erzeugnisse. Die Deputation erhebt keine Einwendungen gegen den Ent wurf. Abg. Ludwig tritt prinzipiell jeder Confiscation entgegen, da dem ver letzten Gesetz schon durch die Strafe selbst Genüge geschehe. Zu welchen Con- seqnenzcn müsse cs führen, wenn man eines einzigen Satzes oder eines ein zelnen Bildes wegen ein ganzes Werk der Vernichtung prciSgebc. Regicrungscommissar Held: Der gestörte RechtSznstand werde durch den Richtcrspruch so lange nicht hergestellt, als die Wirkung des Verbrechens fortbestehe. In Preußen dehne man die gesetzlichen Bestimmungen über Confiöcationcn noch viel weiter ans, als es der Entwurf thue. Abg. Ludwig: Das beste Mittel, Confiscatioucn unmöglich zu machen, sei die sittliche Hebung und Bildung der öffentlichen Meinung; strebe man diese von allen Seiten an, so würden die Confiöcationcn von selbst weg fallen. Nach einem kurzen Wortgefecht zwischen den Abg. Sachßc und Ludwig über einige Acußerungcn des letzter» nahm die Kammer Art. 24. und 25., desgleichen Art. 26. ohne weitere Debatte an. Art. 27. schlägt die Deputation in folgender Fassung vor: „Die Untersuchung und Aburtheilung in den Fällen des Art. 20. u. fg. erfolgt ans den Antrag des Staatsanwalts, beziehentlich des PrivatanklägcrS durch dasjenige Bezirksgericht, in dessen Bezirke die Beschlagnahme des Preß- crzeugnisses erfolgt ist, oder, dafern eine solche nicht erfolgt ist, das Bezirks gericht dcö Wohnorts des Angeschnldigtcn. Bei dem Zusammentreffen meh rerer Bezirksgerichte entscheidet das Zuvorkommen. lieber den Antrag erkennt das Bezirksgericht nach Gehör des Antragstellers und des Angeschuldigtcn in öffentlicher Sitzung, jedoch vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 6. der rcvidirten Strafprozeßordnung. Auch ist auf Verlangen des Ange klagten die Ocffentlichkeit anszuschließcn und solchenfalls die Zulassung dritter uubetheiligter Personen, einschließlich der in Art. 6. Abs. 4. der rcvidirten Strafprozeßordnung genannten, nicht gestattet. Gegen das Er- kcnntniß sind diejenigen Rechtsmittel des Staatsanwalts und des Angc- schuldigten gestattet, welche denselben gegen ein Endcrkenntniß des Bezirks gerichts nach den allgemeinen strafprozessualischen Vorschriften eingcräumt sind." Außerdem empfiehlt noch die Deputation der Kammer, den Antrag zu stellen: „Die hohe Staatsrcgierung möge dahin wirken, daß in die zu erwar tende Strafprozeßordnung für den Norddeutschen Bund eine Bestimmung wegen Verweisung aller von Amts wegen zu untersuchenden Preßvcrgchen ohne Unterschied der Höhe der darauf gesetzten Strafen an die Geschworenen ausgenommen werde/ Schließlich empfiehlt noch die Deputation die Annahme folgenden Art. 27.5: „Die Strafbarkeit der in Art. 20. n. fg. erwähnten Preßvergehcn verjährt mit dem Abläufe von drei Monaten. Ist jedoch innerhalb dieses Zeitraums ein Strafverfahren nach Art. 19. eröffnet worden oder sind darauf hin- zielende gcrichtSpolizeiliche Erörterungen im Gange, so ruht während der Dauer der letzter«, beziehentlich des cingclciteten Strafverfahrens, der Lauf der Verjährung." Abg. v. Könncritz spricht sich gegen die Verweisung der Preßvergehcn an die Geschworenen aus, weil es eine Inkonsequenz sei, bei der allgemein angestrebten Abschaffung aller Privilegien ein solches für die Presse zu schaffen. Regicrungscommissar Held: Die Vergehen der Presse seien ganz wie alle anderen Gesetzwidrigkeiten zu behandeln und je nach der Schwere des Falles, d. h. nach dem Charakter des Vergehens, an die Geschworenen, L>chöffen oder an den Einzelrichter zu verweisen. Bei den in Art. 27. er wähnten Ordnungsstrafen sei der Einzelrichter kompetent. Uebrigcns möge man doch nicht Bestimmungen treffen, mit denen man vielleicht der Straf prozeßordnung des Bundes vorgrcifc. Abg. Walter: Gerade im Interesse der Geschworenen selbst und der Erweiterung ihrer THLtigkcit möge die Regierung dem Dcputationsvorschlage nicht hinderlich sein. Justizminister vr. Schneider: Die Preßvergehcn wären schon heute weder vom Schwur- noch Schöffengericht ausgeschlossen. Es komme ganz auf die Größe des Vergehens an. Die Regierung sei mit der Einrichtung dieser Institute außerordentlich zufrieden; aber sollte sie ohne Noth weiter gehen, ohne jetzt schon wissen zu können, was die norddeutsche Strafgesetz gebung bringen werde? Er sei ein Gegner aller Privilegien und wenn man wünsche, daß Privilegien von konservativer Seite fallen gelassen würden, so werde er nie dafür stimmen, neue Privilegien zu Gunsten liberal-politischer Parteien zu schaffen. Bleibe man stehen bei dem Guten, was wir haben; Gott bewahre Sachsen vor Zerrbildern auf dem Gebiete der Justizpflege, wie sic mitunter in anderen Staaten vorkämen. Abg. Walter: Er betrachte den Deputationsvorschlag nur als einen Wunsch, das Gute, welches wir haben, zu retten, indem es Aufnahme in der Bundesgesetzgebung finde, und sei weit entfernt davon, mit dem An träge irgend etwas Anderes zu meinen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder