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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.06.1917
- Strukturtyp
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- 1917-06-30
- Erscheinungsdatum
- 30.06.1917
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 150, 30. Juni 1917. de? Urhebers einschließt und entsprechend zu ahnden ist, gleich- viel ob der Rechtsbruch geschützten oder gemeinfreien Werken, lebenden oder verstorbenen Urhebern widerfährt. Bemerkens wert ist es auch, daß nur eine beschränkte Reihe von Gesetzen das Plagiat ausdrücklich nennt bzw. unmittelbar trifft. Es sind in erster Linie die von Ecuador und der Türket, in weiterer die von Bulgarien, China, Japan, Österreich, Rußland, auch von Belgien und Kolumbien. Ohne festes Unterscheidungsmerkmal pendelt, wie der Ver- sasser sagt, beim Zitat oder der Entlehnung unter Verschweigung des wahren Autornamens der Ausdruck »Plagiat« zwischen der Freizone der erlaubten Wiedergabe und dem Vergehen des teilweise» Nachdrucks hin und her. Der Gründe für die Frei gabe eines beschränkten Zitationsrechts gibt es viele und zwin gende. Daß daher alle Gesetzgebungen die Freiheit des Zitie- rens zugestehen und diese Freiheit nur durch leicht zu er füllende Bedingungen einschränken, ist verständlich und bekannt. Bezüglich besonderer Gattungen von Werken, so namentlich der Unterrichtsbücher zum Schulgebrauch, der Chrestomathien, der Anthologien, auch hinsichtlich des Zeitungsinhalts haben die meisten Gesetze weitgehende Entlehnungsbefugnisse eingeräumt. Nur zwei Einschränkungen sind dieser Freiheit auferlegt: die Forderung genauer Quellenangabe und die des Maßhaltens im Umfang der Entlehnungen. Nun mag sich Ben Akibas vielberusenes Wort »Alles schon dagewesen« auch hier bewähren und mancher anscheinend neue Gedanke in beinahe der gleichen Form schon früher irgendwo zum Ausdruck gekommen sein, wie deren mehrere vom Verfasser in Beispielen angeführt werden, so daß es sich empfiehlt, mit dem Vorwurf des Plagiats recht vorsichtig umzugehen. Aber zuzustimmen ist dem Verfasser in der Behauptung, daß absolute Gleichheit im Ausdruck einer Gedankenfolge eine psychische Un möglichkeit sei. Diese Unmöglichkeit hat denn auch manchen Abschreiber überführen helfen, zumal auch die gewöhnliche Aus rede, daß er und sein Opfer aus der gleichen Quelle geschöpft haben müßten, oft durch den Nachweis getreulichen Mit- abschreibens von Ungenauigkeiten, Jrrtümern und Fehlern Lügen gestraft werden konnte. Aller gewährten Freiheit zum Trotz wird gerade auf diesem Felde durch Mißbrauch vielfach gesündigt. Weit schwerer und rücksichtsloser aber fällt die betrübend häufige Übertretung der an zweiter Stelle genannten ein schränkenden Bedingung ins Gewicht, der des Maßhaltens im Umfang der Entlehnungen. Manches mitgeteilte Beispiel er härtet diese Tatsache, auch manches gerichtliche Urteil. Die Meinungen der Gerichte schwanken hier, und sonderbarerweise wird in Frankreich der Ausdruck »Plagiat« in einer neuen, gemilderten, entschuldigenden Auffassung gerichtlich gebraucht. Diese Auffassung hat eine bisher unbekannte besondere Art der Rechtsverletzung, die des »simple Plagiat«, geschaffen, deren Ver urteilung der öffentlichen Meinung überlassen bleiben müsse, ohne richterliche Ahndung. Auch der Italiener Rosmini spricht von »il kurt» lotterario minora« und von »an plaxiat tolerable et lieite«. Merkwürdig ist dabei, daß der schwere Vorwurf des Plagiats im Ausdruck beibehalten bleibt. Röthlisberger wendet sich mit Entschiedenheit gegen diese unklare Stellungnahme. Für ihn gibt es nur ein »Entweder, oder«. Er kommt zu dem Schluß: einerseits, daß das mißbräuchliche Großzitat »teilweiser Nach druck« und hierfür der Ausdruck »Plagiat« nicht zu gebrauchen sei; anderseits, daß die Herkunstsbezeichnung bei keiner Ent lehnung, keinem Zitat fehlen dürfe. Jede gegenteilige Handlung sei Plagiat. »Eine verhüllte Anmaßung der Substanz eines Werkes, mit bloß äußerlichen Veränderungen«, — »die versteckte Wieder gabe des wesentlichen Inhalts eines Geisteswcrks in anderem Kleide, mit bewußter Entlehnung der Substanz, aber unter falscher Flagge«, — »die unberechtigte, perfide, den guten Glauben ausschließende Benutzung fremden Geistesgutes« - mit diesen hart treffenden Bezeichnungen erklärt Röthlisberger das Wesen der dritten und häufigsten, unter Umständen auch gefährlichsten, verschleierten Form literarischer oder künstlerischer j 770 Rechtsverletzung. Nicht jedem ist lebhafte Phantasie, die Gabe eigenen Ersiudens und Gestaltetes, die Kunst, »zu fabulieren«, verliehen; gleichwohl empfindet mancher Arme an Geist den Drang, sich Hervorzulun, und greift nur gar zu gern nach frem dem Stoff, der ihm gefällt und passend scheint. Aus der schlichten Erzählung wird ein dicker Roman, ein Theaterstück, und um gekehrt, aus der gefälligen Melodie eines Liedes ein anspruchs volles Konzertstück, aus dem Schauspiel ein Operntext, und was der Verwandlungen und Verkleidungen mehr sind. An Bei spielen fehlt es nicht; sie zählen nach Tausenden. Die rechtliche Beurteilung, anscheinend einfach, ist hier im Gegenteil besonders schwierig und erfordert die größte Sorg falt und Unbefangenheit der Gutachter und Richter. Nur in ganz zweifelsfreien Fällen offenbaren Rechtsbruchs dürfte das verletzte Recht durch Richterspruch wiederhergestellt werden, und hierin liegt eine unverkennbare Gefahr. Gedanken sind nicht nur »zollfrei«, sondern auch frei vom Zwange irgend welchen Gesetzes, und jeder ist befugt, ihnen in gewissen Grenzen Ausdruck zu geben. So kann auch kein Gesetz dem Geistesarbei ter den Gedankeninhalt seines Werkes schützen; jeder andere darf ihn sich zu eigen machen und mit eigener Gestaltungskraft neuschöpserisch anderweit verwerten. Gesetzwidrig und strafbar wäre allerdings eine sklavische Nachbildung des schöpferischen Planes eines Werkes, seiner ganzen Anlage, des inneren Auf- und Ausbaus der Handlung, der persönlichen Note des Ur hebers in der Ausdrucksform, seiner gedanklichen Verarbeitung des Stoffs und ähnliches. Da nun aber die Ausdrucksform meist verändert wird, so kann man sich unschwer ein Bild davon machen, mit welchen großen Bedenken die Verantwortung von Gutachtern und Richtern belastet ist. Eine erschöpfende Begriffs bestimmung der unerlaubten Wiedergabe bringt Artikel 12 der revidierten Berner Konvention von 1908 <1886 Art. 10). Die Frage hat viele Gerichte beschäftigt. Bei Untersuchung der Frage, ob das Libretto zur »Lustigen Witwe« eine Adaptation des französischen Lustspiels »I^ttaekö ck'Lmdassacke« sei, hat sich das Reichsgericht dahin schlüssig gemacht: ». . . . Entschei dend kann nur der Gesichtspunkt sein, ob die Neugestaltung der Operette in so hohem Maße Ausfluß der selbständigen Denk tätigkeit ihrer Verfasser ist, daß dem gegenüber die Entlehnun gen aus dem Lustspiel in den Hintergrund treten«. Röthlisberger widmet diesem Abschnitt eine seiner Be deutung zukommende große Ausführlichkeit. Auch hierzu bringt er eine Fülle von Beispielen, Rechtsgutachten, Urteilen, Gelehr tenmeinungen bei. Eine mit dem Namen »Plagiat« zu be- legende Zwischenstufe zwischen freier schöpferischer Anlehnung und unerlaubter mittelbarer Benutzung gibt cs nach seiner Er klärung nicht, vielmehr auch hier nur ein Entweder — oder. Bemerkenswert ist, daß alle Urheberrechlsgesetze für diese Form unerlaubter Aneignung den Ausdruck »Plagiat« vermeiden, mit Ausnahme des türkischen, das hierfür das deckende Wort »intobal« gebraucht. Zusammenfassend erklärt Röthlisberger den Begriff des Plagiats wie folgt: »Das Plagiat ist jede Aneignung irgend eines fremden urheberrechtlich geschützten oder gemeinfreien Geistesgutes, die von unbefugter Besitzergreifung des höchst Persönlichen Rechtes der Autorschaft begleitet ist« »Das Gegenteil des Plagiats ist die stete Namensnennung bei Be nutzung fremder Geistesarbeit. Der Plagiator ist der fretbeute- rische Namensräuber«. Wie alles, was der verdiente Lehrer und Förderer inter nationalen Urheberrechtsschutzes im Laufe von mehr als dreißig Jahren zur Wahrung und Mehrung dieses Schutzes veröffent licht hat, so bietet auch die vorliegende Schrift dem Buch händler reiche rechtskundige Belehrung in ansprechender Form. Ihr Inhalt sei der Kenntnisnahme der Kollegen empfohlen. Ist es bei Verletzungen von Urheberrechten doch zumeist der Verleger, der, durch Vertrag zeitweilig an die Stelle des ver letzten Rechtsinhabers getreten, regelmäßig fast mehr als dieser unter dem Schaden zu leiden hat. F,
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