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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.01.1932
- Strukturtyp
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- 1932-01-28
- Erscheinungsdatum
- 28.01.1932
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- Deutsch
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X: 23, 28. Januar 1932. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. Ausland: Umfangreiche Vorbereitungen zu Goethe-Feiern werden gemeldet aus: Osterreich: 22. März Goethe-Ausstellung in der »Albertina« in Wien, die bis in die Reisezeit hinein geöffnet bleiben soll. Amerika: Herausgabe von Festblichern mit ausgesuchten Werken Goethes in Deutsch und in englischer Übersetzung. Ein wissenschaftlicher Beirat, an dessen Spitze die Professoren Bruns (University oi Wisconsin) und Prokosch (Vals 17ui versitz, New Haven) stehen, soll die Auswahl der betresfcnden Werke und ihre Übersetzung ins Englische leiten. In allen Schulen und Colleges usw. Amerikas sind Feierlichkeiten geplant. Italien: Der Mailänder Verlag Mondadori bereitet eine neue italienische F a u st - Übersetzung von Guido Monacorda vor, sowie eine Anthologie Goethescher Lyrik, die 150 Gedichte umfassen soll. In der von Professor Borgese herausgegebencn Ro mantischen Bibliothek wird zum Goethe-Tag eine Übertragung des Ur-Meisters (Wilhelm Meisters theatralische Sendung) von Silvio Bcnco erscheinen. Frankreich: Aufführung des »Clavigo« im Vbeätrs äs l'Oäsou in Paris, in einer neuen Übersetzung von Gabriel Boissy und dem Deutschen Eberhard Nebelthau. Spanien: Alle Kulturzentren Spaniens treffen Vorbereitungen großen Stils. Die Universität Barcelona plant einen Zyklus von Vorträgen, szenische Darbietungen und eine bibliographische Aus stellung. Teile des »Faust« sollen in katalanischer Über tragung auf der Bühne gebracht werden. Die Veranstaltungen beginnen am 12. März und dauern bis in den Oktober. Der 22. März wird in Barcelona selbst mit einem großen öffent lichen Akt feierlich begangen. Vorbereitungen sind ferner gemeldet von der T s ch c ch o s l o w a k e i, England, Japan und Indien. Sch. Umsturz der Rechtschreibung? Was ist wichtiger: Erleichterung der Arbeit von hunderttausend Setzern oder von sünszig Millionen Lesern? Von Gustav Ruprecht. Ter Bilbnngsverband der deutsche» Buchdrucker (Gehilfe») hat, wie in Nr. L5S des Börsenblattes mitgeteilt, eine Abstimmung über die Reform der Rechtschreibung vorgcnommen, bei welcher sich 77 v. H. der Beteiligten ftir Reform (rund ein Drittel davon für absolute Kleinschreibung und rund zwei Drittel davon für teilweise Reform) der Rechtschreibung ausgesprochen haben. Daraufhin hat der 7. Ver- tretertag dieses Bildungsverbandes !m August in Erfurt eine Er klärung veröffentlicht, in der er sogar Sprachgclehrtcn und Lehrern die Möglichkeit abspvicht, unsere Rechtschreibung zu beherrschen, und die »ganz willkürliche Groß- und Kleinschreibung« als »auch sprach wissenschaftlich unhaltbar« bezeichnet. Er knüpft daran als Mindest forderung lll Punkte, deren Einzelheiten hier nicht weiter behandelt werden sollen, deren Überblick aber auffällig macht, daß diesmal eine Hauptforderung, die logischerweise in dieser rationalistischen Re tortenarbeit als ihr ältester Ladenhüter einen Grundbestandteil bildet, schamhaft verschwiegen worben ist. Dies bezeichnende Stück aus der Bewegung zu beleuchten, wolle» wir einem Nachwort überlasse». Wird man »UN heute ebenso wie 1S17 mit der Erklärung, daß wir Besseres zu tun haben, als i» dieser Nolzeit unsere Zeit mit Umsturzpläne» zu vergeuden, zur Tagesordnung übergehen? Im »Kriege mit andere» Mitteln« befinde» wir uns nach wie vor, und für alle Zersetznngserscheinungcn hat sich der Blick geschärft. Bas sollen Abstimmungen, wo Redensarten herrschen, wie in der Erfurter Entschließung: baß unsere Zeit hochentwickelter Technik und ver änderter Form der Aussassung es dringend erfordere, ein so wich tiges Ausdrucksmittel der Sprache, wie die Rechtschreibung (ivarum fehlt hier die Schrift?), wesentlich zu vereinfachen? Was soll dem Bil dungsverband Bildung ohne Nachdenken? Die geltende Rechtschreibung bringt, sagen sie, »viele Widerwärtigkeiten im Produktionsgang», und im Schulunterricht Aufwand von Zeit, die angeblich nützlicher soll verwendet werden können. Die letztere Behauptung wird von den besten Volkserziehern mit trefflichen Gründen bestritten, und eine solche Stimme wird hoffentlich in einer der nächsten Nummern mit- 88 geteilt werden können, sodaß ich hier nicht näher daraus cingehen will. Ich darf aber wohl behaupten, daß es herzlich gleichgültig ist, ob der eine Schriftsetzer, dem -regelmäßig mindestens Hunderte oder Tausende, ja oft Zehntausende und viele Hunderttausende von Lesern dessen, was er gesetzt hat, gegenübcrstehen, etwas mehr Nachdenken anwenden muß alz bei radikaler Kleinschreibung. Die Unsumme von Erleichterung, größerer Sicherheit und Schnelligkeit der Auffassung beim täglichen Lesen von 58 Millionen unseres Volkes hat zu ent scheiden, nicht aber in Wirklichkeit mehr eingebildete Schwierigkeiten des einzelnen Setzers. Tatsächlich beherrschen unsere Setzer die be stehende Rechtschreibung durchaus. Diejenige» Korrekturkoste», die durch Zweifelssälle der Rechtschreibung entstehen, find durchaus un erheblich, wie jeder Verleger weiß, sodaß von einer Erschwerung des Erzsugungsganges nicht im Ernst gesprochen werden kann. Wollte man behaupten, daß sich das Sehen verlangsame, wen» die Recht schreibung ein wenig Nachdenken erfordert — tatsächlich vollzieht fich's blitzschnell und in Al v. H. aller Fälle fast mechanisch —, so wäre dem entgegenzuhaltcn, baß die Hoffnung, alle Schwierigkeiten durch Rationalisierung unserer Rechtschreibung zu beseitigen, ein schöner Traum bleiben wird, weil unabsehbare Mißverständnisse und Erschwerungen entstehen würden. Immer neue Rechtschreibreformen würden unvermeidlich werben, und unser Volk käme niemals zum Ziel*). Im Ausland aber würde der Absatz der deutschen Bücher und die Verbreitung unserer Kultur geschädigt werden. Dem gegen über verschlägt es nichts, ob der einzelne ungeübte Schreiber einmal Schnitzer in der Rechtschreibung macht, ober ob zwei verschiedene Schreibungen für das gleiche Wort Giltigkeit haben. Ich verweise dafür, wie hinsichtlich des Wertes unserer Rechtschreibung für die sprachliche Bilbrmg gerade auch des Volksschülers, auf zahlreiche Zeug nisse berufener Lehrer. Wollten wir nach dem Muster des Bildungs verbandes der deutschen Buchdrucker verfahren, so würde ja unsere gesamte Kultur aus den Tiefstand der ungebildeten Masse herab geschraubt werden. Daß durchschlagende sprachwisscnschastliche Gründe für unsere be stehende Großschreibung nicht vorhanden sind, wie die Erfurter Er klärung hervorhebt, ist nichts Neues. Neu ist nur, daß ausgerechnet heute noch ein Wissenschaftler in den »Kachmitteilungen für die deut schen Korrektoren« die Großschreibung der Hauptwörter im Deut scheu als sprachwissenschaftlich falsch und deshalb nicht wert, ausrechterhalten zu werden, nachzuweisen sich bemüht hat. Solcher Bannspruch im Namen der Wissenschaft ist Grenzübcrschrei- lung und hat mit der Wissenschaft nichts mehr zu tun, wenn er auch in Erfurt, wie man sieht, gläubig aufgegrisfen worden ist. Kür die Entwicklung unserer deutschen Großschreibung, die sich in der Haupt sache erst seit drei Jahrhunderten vollzogen hat, entscheidend war nicht der w i s se n s ch a s t l i ch e Befund, sondern das praktische Bedürfnis möglichst schneller und sicherer Übersicht und Sinncrfassung unserer in, Gegensatz zu anderen Sprachen beweglicheren und vielgestaltigere» Satzbildung. Trotzdem schrieb kürz lich ein Mitarbeiter der Zeitschrift »Die deutsche Schule«: »Es bleibt auch noch fraglich, ob Beschränkung der Großbuchstaben wirklich eine so große Erschwerung beim Lesen bedeutete, wie es ihre Gegner be haupten: das müßte erst durch genaue einwandfreie Versuche be wiesen werden, und solche sind bisher noch nicht angestcllt.« Ta cr bchauptete, daß die verwickelte Form vieler Großbuchstaben der deutschen Druckschrift die Auffassung erschwere, und beschwichtigte, »eine reichlich bemessene übergangssrist« werde jeder Änderung der Nechtschreibung die üblen Folge» sür den Verlagsbnchhanbel neh men, habe ich aus diese beiden Punkte im August-Heft der Zeitschrist »Tie deutsche Schule» Folgendes erwidert und will damit diese Be leuchtung des Vorstoßes des Vertretertages des Bildungsverbandes schließen: 1. Um die Frage des Nutzens der Großschreibung zu klären, hat auf meine Veranlassung schon im Jahre 1918 der Mlttelschul- lehrcr Marx Lobften bei seinen in de» »Beiträgen zur Kindcrsorschung und Heilerziehung« erschienenen »Experimentellen Untersuchungen über Lesbarkeit von Fraktur und Antiqua« (Langensalza, Beyer *) Noch ehe die Druckberichtigung dieses kritischen Berichts er ledigt ist, bringt schon ei» inzwischen erschienenes Buch von Dr. Theodor Steche die Bestätigung dieser Voraussage: »Die deutsche Rechtschreibung. Stillstand oder Verbesserung?« Darin erklärt der Verfasser trotz dem auch von ihm geforderten Umsturz alte M—Mt Jahre« cinen — neuen Umsturz (eine neue »Änderung«) schon heute sür nötig. Dies Zeugnis müssen wir uns merken als ein in seiner Harmlosigkeit wahrhast erschütterndes Selbstgengnis sür die Vergeblichkeit auch seines heißen Bemühens, mit Nationalismus dem irrationalen Leben der Sprache und dessen Ausprä gung in Rechtschreibung und Schrift beizukommen.
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