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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.08.1916
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- 1916-08-14
- Erscheinungsdatum
- 14.08.1916
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Redaktioneller Teil. 187, 14. August 1916. Aus dem Bericht eines Mitarbeiters der »Straßburger Post«, der als Verwalter einer Feldbücherei besondere Erfahrungen ge sammelt hat, seien folgende Sätze herausgegrisfen: »Der Unter offizier, der die für seine Kompagnie zur Verfügung gestellten Bücher nach der Stellung abgeholt hatte, erzählte, daß er sich bei seiner Ankunft des Andranges bon allen Seiten nicht erwehren konnte, und daß ihm im Augenblick die ganze Ladung aus der Hand gerissen worden sei. Als ich eine Sendung der schönen bunten Hefte der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung erhielt, habe ich einen ähnlichen Sturmlauf auf meinen Unterstand erlebt. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht in den Kompagnien ver breitet, daß neue Bücher da seien, und alle wollten nun die neuen Bücher lesen. Als ich an diesem Abend in den Unterstand einer Maschinengewehr-Mannschaft trat, da saßen und lagen sie tatsächlich alle ohne Ausnahme in die neuen Bände vertieft. Als ein Wunder muß es doch allen erscheinen, daß sich die Führer der Truppen in solchem Umfange und mit solcher Liebe ihrer Bücherei annehmen, überall in Unterständen und Erd höhlen hat sich die Bücherei schon rein äußerlich Raum erworben, den sie in mancher mittleren Stadt in der Heimat nicht ein- ninnnt. Man mutz da freilich unterscheiden, ob es sich mehr um eine private oder offizielle Einrichtung handelt. — — Der Verwalter der Bücherei mutz mit seinen Schätzen sehr vertraut sein, denn die Aufgabe des Feldbllcherwarts bedeutet noch eine Steigerung derjenigen des Volksbücherei-Beamten im Frieden; denn hier ist die Zeit und der gute Wille, die sich ihm anoer- trauen, besonders kostbares Gut. — Nicht nur um über die Lange weile hinweg zu helfen, sollen Bücher ins Feld, sondern um ein geistiges Gegengewicht gegen die körperliche Anspannung zu schaffen. Es sind die wenigsten, die da draußen mit dem Lesen sich die Zeit vertreiben, sie stehlen sich vielmehr eine Stunde vom Schlaf weg, um durch ein gutes Buch in andere Gedankengänge und Vorstellungskreise zu gelangen. — — Der Be griff gute Unterhaltung ist doch Wohl verwickelter, als sich's der Durchschnittsmensch im Vollgefühl seiner Bildung vor zustellen Pflegt. Was wir einmal unter Kreistag, Scheffel, Storm u. a. besaßen: eine Volksdichtung, die den höchsten künstlerischen Ansprüchen gerecht wird und doch auch dem schlichten Menschen verständlich ist, das haben wir beinahe verloren. Vielleicht daß das Bücherwesen im Felde auch hier manchem die Augen öffnet und daß uns neben dem Burgfrieden als dauerndes Geschenk des Krieges eine echte Volksdichtung beschert wird? Ein Problem, das jedem klar sein muß, der draußen ein Buch cnrpfiehlt, und jedem, der von daheim eins wcgschickt.« Daß in den Kriegsgefangenenlagenr die Nachfrage nach dem Buche und das lebhafteste Bedürfnis nach Unterhaltung und Fortbildung in ganz besonderem Maße vorliegt, bedarf Wohl keiner Erwähnung. Wie groß aber der Bedarf ist, geht aus einem Aufruf des Professorenrats des Kolonialinstituts hervor. Im Dezember 1915 hat dieser zu einer Sammlung von wissenschaft licher Fachliteratur für die in russischer Gefangenschaft befind liche» deutschen Studierenden und Angehörigen gelehrter Berufe aufgefordert, als deren Ergebnis 12 große Bücherkisten zu ver zeichnen waren. Es fehlt aber trotzdem immer noch an Studien werken aller Art, um allen aus russischen und anderen Gefange nenlagern eingehenden Bitten entsprechen zu können. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß nur vollkommen gut erhaltene Bücher ohne jegliche handschriftliche Notizen, deren erste Auslage nicht nach 1913 fällt und die von der feindlichen Zensurstelle ihrem Inhalte nach nicht so gedeutet werden können, daß sie die feind lichen Staaten im Auge des Kriegsgefangenen herabsetzen, ein- geführl werden dürfen. An dieser Stelle wurde deshalb vor einiger Zeit der Vor schlag gemacht, bei Neuerscheinungen die Jahresangabe fortzu lassen, ein Verfahren, das zu schweren Schädigungen und großen Nachteilen führen könnte. Denn wo gibt es eine Neuerscheinung aus dem deutschen Büchermärkte, die sich nicht in irgendeiner Weise mit dem Kriege befassen sollte, von einigen strengwissen schaftlichen Veröffentlichungen abgesehen? Da könnte man doch zu leicht Gefahr laufen, daß die Einfuhr deutscher Bücher nach den Kriegsgefangenenlagern überhaupt verboten wird. Des- 1074 halb muß man den Erfordernissen Rechnung tragen und sich aus die vor dem Kriege erschienenen Bücher beschränken. Wie aber das Buch seinen Weg geht außerhalb des militäri schen Lebens oder vielleicht gar schon als Folge des Buches im Schützengraben, beweist die Bücherei des Deutschen Vereins in Lodz. Rach viermonatigem Bestehen umsaßt diese bereits 4000 Bände und wird stark in Anspruch genommen. Täglich werden 75 bis 100 Bücher ausgeliehen, und der Leserkreis wächst von Tag zu Tag, ein beredtes Zeugnis für das Lesebedürfnis der Lodzer. Besonders anzuerkennen ist es, daß der Deutsche Verein den Grundsatz der kostenlosen Ausleihung befolgt und .aus diese Weise Kulturarbeit schon jetzt inmitten des Krieges leistet, die nicht hoch genug gewertet werden kann. Seine Arbeit am Deutschtum und deutschen Schrifttum geht aber noch darüber hinaus, denn eine Wanderbücherei von 500 Bänden ist auf dem Lande unter wegs und hat sich gleichfalls schon Viele gute Freunde erworben. Eine weitere Förderung erfährt die Verbreitung deutschen Gei steslebens durch die eingerichtete Lesehalle, die zahlreiche Tages zeitungen und eine Reihe guter Zeitschriften zur Unterhaltung und Belehrung ausweist. Einen guten Erfolg ihrer Arbeit im Ausland darf auch die Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen in Köln jetzt mit ten im Kriege verzeichnen. Ihr Ziel geht dahin, die Bücherei für die großen Kreise der Bevölkerung zu einer allgemein zugäng lichen Stelle der Förderung, Beratung und Aufklärung aus dem schwierigen Gebiete des Selbststudiums und der Bllcherbenutzung zu machen, die Bücherhalle also beim Ausleihen der Bücher von der massenhaften, mechanischen Abfertigung des Publikums zu befreien. In letzter Zeit'ist nun, wie die Zeitschrift für Bücher freunde kürzlich mitteilte, eine von ungarischen Bibliothekaren in ihrer Muttersprache herausgegebene Studie über diese deutschen Bestrebungen erschienen, zu gleicher Zeit kommt in Schweden eine grundlegende wissenschaftliche Arbeit über diese deutsche biblio- thekarische Schule heraus, während holländische Bibliothekare und Bibliothekarinnen kürzlich Mitglied der deutschen Zentralstelle ge worden sind. Danach steht zu hoffen, daß diese Bestrebungen auch in Deutschland Umsichgreifen werden zum Vorteil des Buchhan dels, denn Werke zum Selbststudium muß man in genügender An zahl selbst besitzen und kann sie, wenigstens ist das aus die Dauer unmöglich, nicht leihen. Den besten Beweis für das deutsche Vorbild auf dem Ge biete der Verbreitung der Geistesnahrung erbringt die Gründung eines türkischen »Neclam«. Das türkische Schrifttum hat bisher unter dem Mangel an Veröffentlichungsmitteln und dem gänz lichen Fehlen eines kapitalkräftigen Buchhandels gelitten. Um diesem Mißstand abzuhelfen, wurde kürzlich nach einer Mittei lung des Osmanischen Lloyd unter dem Vorsitz des türkischen Unterrichtsministers eine von der Regierung finanziell unter stützte »Bibliothek nützlicher Werke« gegründet. Da sich ja aber ein tatkräftiger Buchhandel, der feine Aufgaben voll erfüllt, nicht aus der Erde stampfen läßt und die Geistesnahrung nicht nur in »Reclam« besteht, so eröffnen sich dem unternehmenden deutschen Buchhandel hier weite Ausblicke. Doch auch Ereignisse in der engeren Heimat geben dem Buch händler Richtungen und Winke, wo später mit Erfolg der Hebel angesetzt werden kann, die Erfolge der »Dorfbllchereien«. In Nr. 183 des Bbl. wird von einer solchen im oberelsässischen Jura erzählt, wo ein Schuhmacher die Verleihstelle einer Bücherei übernommen hatte, die, ohne öffentliche Unterstützung von ge bildeten Dorfbewohnern eingerichtet, organisch aus sich heraus wuchs. Den Bedürfnissen der Landbevölkerung sollte daher auch der Buchhandel mehr Interesse entgegenbringen, selbst wenn sich der Erfolg nicht auf den ersten Wurf einstellen sollte. Manch einer wird gern die Bücher, die ihm der Zufall in die Hand spielte und die ihm getreue Gesellschaft leisteten, als Eigen tum erwerben, und darin liegt der Wert für den Buchhändler, daß sich später der Käuferkreis bedeutend erweitern wird. Möge maw also das Ergebnis der Reichsbuchwoche richtig einschätzen! - K. W.
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