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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.02.1849
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- Erscheinungsdatum
- 02.02.1849
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- Deutsch
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115 1849.^ an jedem Abend des Winters 3 Stückchen Holz gegeben wurden. Morgens, 6 Uhr, erhielt jeder Knabe eine Taffe Thee, und jeden Sonntag, im Voraus, für die kommende Woche 7 Sückchen Zucker, und 7 Dreier zu Brod. Was mir am Schwersten ankommt, schrieb Perthes seinem Schwarzbucgcr Oheim, ist, daß ich früh nur eine Dreiersemmel habe, davon werde ich knapp satt. Nachmittags, von 1—8 Uhr, bekommen wir keinen Bissen, da heißt es hungern; doch ich denke, es soll sich geben. — Mittags und Abends aßen sie mit der Familie, reichlich und gut, aber schrecklich war für sie, besonders wenn fetter Braten in KürbiSbcei aufgetragen ward, das Gesetz, nach wel chem schlechterdings Alles gegessen werden mußte, was auf den Teller gegeben wurde. Das „Er," mit welchem sie von den Kindern und selbst von den Dienstmädchen und Markthelfecn angeredet wurden kränkte Perthes tief, aber freudig schrieb er; mir wird auch nicht das Mindeste zugemuthet, was meiner Ehre nachtheilig sein könnte; andere Lehrburschen müssen z. B- dem Herrn die Schnallen putzen, den Tisch decken, den Kaffee ins Gewölbe bringen, von allen dem bin ich befreit." Doch weitere Auszüge, so interessant sie sein dürften, möchten für den Umfang dieses Referats und des dafür bezeichnten Raumes nicht thunlich sein; ich hoffe, daß diese wenigen Zeilen schon so viel Reiz gegeben haben, daß Viele darauf hin das Buch selbst zur Hand nehmen werden. Die ersten anderthalb Jahre war Perthes wenig anders als Lauf bursche, der Knabe war aber in allen Leipziger Handlungen gern gese hen. Wahrend einer 9wöchentlichen Krankheit war die zweite Tochter seines Lehrherrn, Friederike, ein Kind von 12 Jahren, seinePflegerin. Von da ab trat ein freundliches Vechältniß zwischen Beiden ein, aus dem später bei Perthes die heftigste erste Liebe ward. Nach Raben- horst's Abgang mußte Perthes dessen Arbeiten übernehmen, und ihnen gab er sich mit aller Liebe hin, so daß ec bald seines Lehrhercn unbe dingtes Vertrauen erwarb. Was P. als Buchhändler wurde, das wurde er ganz durch sich selbst. Noch vor Ablauf der Lehrzeit lernte den nun jungen Mann, Hoffmann aus Hamburg kennen, und die ser wünschte ihn für sein Geschäft zu erlangen; Böhme entließ also P. schon ein halb Jahr eher; bei einem feierlichen Miltagsessen trat er an P. heran, gab ihm einen leichten Backenstreich, überreichte ihm einen Degen und nannte ihn Sie. So war die Lehrzeit beendet. In Hamburg ging Perthes eine neue Welt auf. Das Geschäft seines neuen Principals war von bedeutendem Umfange und gab dem strebsamen P. viel Gelegenheit, tüchtige Kenntnisse zu sammeln, und machte ihn reich an Erfahrungen. Was nach 3 Jahren unfern P. schon bewog, ein eigenes Geschäft zu gründen, und wie ihm dies bei gänzlicher Mittellosigkeit gelang, das ist am besten indem diesem Jahr (1796) gewivmeten eigenen Eapitel selbst nachzulesen. Es möchte dasselbe für unsere jünger» Freunde manche Winke bei gleichem Vor haben geben. Auch das Etablissementscirculair wird uns mitgetheilt. P's. sicherer Blick zeigte sich hier auf das Glänzendste; das Etablisse ment, an welchem noch 3 andere Theilnehmer waren, nahm bald einen großen Aufschwung, und verschaffte sich weit und breit Bekanntschaf ten. Bald war Perthes mit den literarischen Notabilitäten Holsteins und des Münsterlandes auf das Innigste verbunden, mögen hier nur Jacobi, Elaudius, die Stollberge, die Grafen Reventlow, Niebuhr, Hensler, die Fürstin Galitzin genannt sein. Im Hause des Wands becker Bolen erblühte ihm das Glück seines Lebens in dessen ältester Tochter, Caroline. Die Ehe wurde >797 geschlossen und war gewiß eine der glücklichsten; so weit wir dieselbe in diesem Bairde kennen lernen, so war Caroline ein Wesen, das unsere unbedingte Hochach tung erwirbt. — Von nicht geringem Einfluß auf den spätem Gang des Geschäftes war der Eintritt Johann Heinrich Besser's als Gesell schafter, nachdem die frühem Eompagnons ausgetreten waren und P. eine Zeit lang alleiniger Besitzer war. Trotz der ungünstigsten Verhältnisse war die Handlung Perthes in Hamburg im blühendsten Zustande, und Niebuhr nannte unsem P. scherzhaft den Buchhändler souverain von der Ems bis an die Ostsee. Ja, als das Gerücht ver breitet war, mit P. stehe es schlecht, wurden ihm die ausgedehntesten Unterstützungen sofort bereitwillig angeboren. Als die Napoleonische Herrschaft über Deutschland hereinbrach, wandte sich P., der bis jetzt mehr in religiösen Regionen (der Galitzin, der Stollberge ic.) gelebt hatte, auch dem politischen Leben mehr zu, wozu ihn schon seine freund schaftlichen Verhältnisse mit Niebuhr, I. v. Müller u. A. führen mußten. Die Briefauszüge, die uns mitgetheilt werden, sind reich an den interessantesten Blicken in jene Zeit. Der Druck derselben lag schwer auf diesem freien Geiste, und er holte sich Trost und Er frischung in Benvenuto Cellini's Leben, Robertson's Geschichte Earls V., Sismondi's italienische Republiken rc. Aus einem 1809geschriebenen Briesean Jacobi heben wir eine Stelle aus: „Der deutsche Buchhandel ist das einzige noch vorhandene Band, welches die ganze Nation umfaßt; ein Nationalinstitut ist er, frei aus sich selbst entsprossen u. jetzt beinahe allein unsere nationalen Eigenthümlichkei- ten recht chacaktecisirend rc." Was würde unser nun Hingeschiedener P. sagen, wenn er noch unsere Tage erlebt hätte und die schönen Anträge der Herren Jung und Berends, in der Berliner Constituante und die Frankfurter Beschlüsse hätte vernehmen müssen? Wie würde ihm das Herz geblutet haben, wenn er hätte erleben sollen, wie Leute der deut schen Gelehrtenrepublik, von welcher er in demselben Schreiben weiter noch so begeistert spricht, so wahnsinnig darnach strebten , dies Band gewaltsam zu zerreißen! Was würde aus diesem von ihm hochgestell ten Nationalinstitut, wenn jene dann zur Ausführung kämen? Der Tod hat dem Edlen diesen Schmerz erspart! Gott sei Dank, noch leben Männer, und noch sind die Regierungen noch nicht so verblendet, daß sie nicht noch aus hochherzige Männer vom Fache hörten. Hoffen wir das Beste! Kehren wir nach dieser Abschweifung wieder zu unserer Biogra phie zurück, so kommen wir jetzt zu der höchst interessanten Stelle, wo uns das Nähere über die von Perthes 1810 gegründete Zeitschrift: „das vaterländische Museum "mitgetheilt wird. P's.Bekanntschaften und die ihm allgemein gezollte Achtung machten es ihm möglich, seinen gro ßen Plan so auszuführen, daß, als nach Verlauf eines Jahres der Druck der Fremdherrschaft die Fortsetzung dieser Zeitschrift unmöglich machte, dies Ereigniß als ein nationales Unglück betrachtet wurde! Nicht minder interessant ist auf Seite 219 u. f. die Schilderung des Drucks, der auf dem Buchhandel damals lastete, in seinen Specialitä- ten, und wie geschickt P. trotz dem die französischen Behörden zu täu schen wußte. Bei alle dem ging ihm der Muth und das Vertrauen auf Gott nicht verloren. Die freundlichen Verbindungen wurden immer ausgedehnter, der Briefwechsel mit Gleichgesinnten, wie Stef fens, Fouque, Reimer, Görces rc. rc., gewann immer mehr Ausdeh nung. Wie sehr wird jedes patriotische Herz erquickt durch die Er zählung seines rastlosen Wirkens, nicht allein für die Befreiung Ham burgs von der Fremdherrschaft, sondern auch für die ganze deutsche Sache. Welche köstliche Perlen finden sich in den damals geschriebe nen Briefen! Zieht man eine Parallele zwischen Damals und Jetzt, so fällt sie gewiß nicht zum Vortheil der Jetztzeit aus. Die edelsten Männer gaben Leib und Leben, Gut und Blut für eine Sache hin, die auch in unfern Augen noch immer als eine heilige erscheinen muß, wenn auch manche Helden der Neuzeit sie lächerlich zu machen suchen, und unsere Barrikadenkämpfer über jene Männer stellen wollen. P. war freisinnig, was zwar jetzt, wo man Demokrat sein soll, nicht mehr viel sagen will, es möchte sich aber schwerlich beweisen lassen, daß jenes Ringen und Kämpfen ein unedles war. Wie hoch muß der nicht ganz aller Vernunft ledige Mann jene Männer achten, die in ihren Briefen einen so edlen Patriotismus zu Tage legten und zur That werden ließen, ein so hohes Gotlvertcauen, das heut zu Tage nicht mehr Mode ist, in sich trugen, daß sie darauf bauend dem Despo- 18*
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