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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.05.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-05-27
- Erscheinungsdatum
- 27.05.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. .v 122, 27. Mai lg 16. in der Ferne, und unverhüllt werden einem die Schützengräben gegen Bulgarien gezeigt. In Ramadan, dem rumänischen Donauhafen, wieder Patz- und Zollrevision. Eine kurze Fahrt über die Donau im Sonnenglanz, und drüben blinkt Rustschuck, der bulgarische Donauhafen. Das erste Minaret grüßt herüber. In Rustschuck sehr strenge Patz«, Zoll- und Leibesrevision. Man muß sein Hotel in der Stadt und in Sofia angeben, sowie sagen, wie lange man bleiben will. Bulgarischer Landsturm ohne Uni« form, nur mit Gewehr und Bajonett bewaffnet, schützt den Hafen. Der Zug nach Sofia geht erst am andern Morgen, wir haben also Zeit, uns umzusehen. R. macht einen sehr guten Eindruck. Breite Straßen, zum größten Teil gut gepflastert, ein gutes deut sches Restaurant, in dem die deutschen, österreichischen und os« manischen Offiziere, außer den bulgarischen, speisen. Ein großer Platz mit einem Denkmal, das die Befreiung Bulgariens ver herrlicht. Die Läden klein und dürftig. Buchhandlungen im eigentlichen Sinne gibt es nicht; es sind Läden, die Schreibpapier, Musikalien, Zeitungen und sogar Bücher verkaufen: Ullstein, Engelhorn, Neclam. Am andern Morgen geht es wieder um 41< Uhr durch die schweigenden Gassen. Der Bahnhof liegt außerhalb der Stadt, und der Weg dorthin ist fürchterlich. Der Wagen versinkt einmal auf der linken, das andere Mal auf der rechten Seite in einem Loche. Am Bahnhof wird das Publikum in strenge Zucht ge nommen. Zuerst wieder die obligate Paßrevision, dann Ein sperrung im Restaurant, das vor Abgang des Zuges unter keinen Umständen verlassen werden darf, und schließlich Abfahrt unter militärischem Schutz, das heißt, in Begleitung einiger Hundert Soldaten di« vom Urlaub zurückkehren. Der bulgarische Soldat hat zweifellos sehr gute militärische Eigenschaften, er hält sich stramm und grüßt mit großem Ernst. Auch sonst ist er ernst und in sich gekehrt. Scherze und Lieder hört man fast gar nicht. Die Fensterscheiben sind mit Kalk beworsen, sodatz man von der ganzen Gegend nichts sieht. Langsam verrinnen die Stunden. In Stara-Gornewicza haben wir einen Aufenthalt von drei Stunden, den wir in der Bahnhofsrestauration zubringen müssen. Nochmals eine ganze Nacht auf der Bahn, und endlich, endlich am andern Morgen um 5 Uhr, nach 24stllndiger Fahrt ist Sofia erreicht. Es ist grimmig kalt, als wir nach dem Hotel fahren. Dort zuerst ein wohlverdienter Schlaf und dann ein Gang durch die Stadt, der zugleich den Besuch der Polizei enthält, wo man sich die Aufenthaltsbewilligung geben lassen mutz, die die Photographie enthält. Diese Bewilligung muß auf dem bulgarischen Militärkommando visiert werden. Jetzt kann man nach seinen Geschäften sehen. Die deutsche Schule unter der Leitung des evangelischen Pfarrers ist sehr hübsch eingerichtet, und die Kinder, die wir bemerken können, sind sehr gut gezogen. Buchhandlungen gibt es eine ganze Anzahl, doch keine große darunter. Die meisten führen, wie die in Rustschuck, Bücher nur nebenher. Eine Buch- und Musikalienhandlung in der Haupt straße wird von zwei Damen, Bulgarinnen, gehalten, die beide deutsch wie ihre Muttersprache sprechen und beide schon öfters in Deutschland waren, das sie sehr verehren. Deutsch wird neben Französisch immer mehr verstanden, wozu auch die An wesenheit der zahlreichen deutschen und österreichischen Soldaten viel beiträgt. Die Stadt selbst ist, da sie wenig höhere Häuser enthält und mehr im Villenstil gebaut ist, außerordentlich weit läufig und der neue Ferdinanddoulevard Wohl über eine Stunde lang. Die orthodoxen Kirchen mit ihren Zwiebeltürmchen, die Straßen- und Ladeninschristen mit den cyrillischen Buch staben, das Militär und die Polizei in Uniformen nach russischem Schnitt, — alles dies trägt dazu bei, den Glauben zu erwecken, man sei in einer russischen Stadt. Vor der Abfahrt muß die Reise nach der Polizei und dem Militärkommando noch einmal angetreten werden und zu guterletzt auch noch auf dem Bahnhof ein Visum des Bahn kommandos eingeholt werden. Abends geht der Schnellzug nach Konstantinopel ab, der 24 Stunden dorthin braucht. In aller Frühe sind wir in Philippopel, sehen aber von der Stadt gar nichts. Um die Mittagsstunde sind wir in Adrianopel und fahren gleich weiter bis Kuleli Burgas, wo die neu« Grenze 874 beginnt und die bequemen, schönen Wagen der Orientbahn be stiegen werden, die den bulgarischen an Komfort weit voraus sind. Die Patz- und Zollrevision erfolgt in sehr bequemer Weise im Zuge selbst, und zu später Nachtstunde fahren wir in den Stambuler Bahnhof ein. Noch ein paar Worte über Konstanlinopel: Am meisten fällt einem das völlige Fehlen von Inschriften in anderer als tür kischer Sprache auf. Die Orientierung für den Neuling, der nicht türkisch lesen kann, ist dadurch ziemlich erschwert. Angenehm be rührt die allgemeine Sauberkeit in den Straßen, die von der westeuropäischer Städte kaum absticht; elektrische Trambahnen bringen einen überallhin. Das elektrische Licht und das Tele phon haben ihren Einzug gehalten, kurz, man vermißt keine der westeuropäischen Einrichtungen. Daß die Preise der Lebens mittel und der Waren in den Kaufläden bedeutend höher als früher sind, ist durch den Krieg bedingt und die Beschränktheit der Transportmittel, die größtenteils für Militär reserviert sind. Aber Stambul ist und bleibt ewig schön. 8eb. Der Krieg in der Bücherwelt. batLillv <1u livre«) l Übersetzung aus: »I^'dvmm« enetiaüis« Nr. 508 v. 7. Mai 1916.) Herr Hcrriot*), der mit seinen Eigenschaften als Verwaltungs-Fach mann die eines vielseitig gebildeten Gelehrten vereinigt, bemüht sich, Deutschland die Vorherrschaft in der Bücherwelt zu entwinden. Das ist nämlich einer der Vorzüge, auf den dieses Land mit vollem Recht besonders stolz ist. Nicht zufrieden damit, die Welt mit seinen Hand lungsreisenden, mit seinen Technikern und Bankiers zu überschwem men, wollte es auch das Monopol der Geisteswerke an sich reißen. Wahrlich, es würde ihm schwer geworden sein, nach dem Zepter des guten Geschmacks zu streben. Attizismus und Germanismus werden niemals durch dieselbe Pforte schreiten. Mangels dieses Lorbeers hat es in richtiger Erkenntnis es unternommen, den Geschmack der anderen ausznbenten und sich als dessen Spenderin zu geben, indem es die Hand auf den Markt aller Druckwerke legte, die der Belehrung oder Unterhaltung der Zeitgenossen dienen, oder, einfacher noch, der gegen seitigen Mitteilung nützlicher Kenntnisse von Land zu Land. Das Wahre, das Schöne, das Nützliche, alles muß über den schrecklichen Stapelplatz Leipzig gehen. Es kann nicht ausbleiben, daß Frankreich, und mit ihm sein alter Weltruf, die traurigen Folgen der Rückständigkeit im geistigsten aller Gewerbe über sich ergehen lassen muß. Ein kommerzieller Verlust, dessen Bedeutung hervorzuheben sich erübrigt, der sich aber verdoppelt, verdrei-, verzehnfacht im Hinblick auf die Eigenschaft des Schriftdrucks als Mittlers für die breite Öffentlichkeit. Mit seiner Hilfe feiert und verbreitet Deutschland den Ruhm seiner Erzeugnisse, seiner Gast häuser, seiner landschaftlichen Reize und aller seiner Unterneh mungen nnd arbeitet so darauf hin, in aller Welt das Zutrauen des Verbrauchers, des Reisenden und des Kapitalisten zu gewinnen. Im merhin ist es der moralische Schaden, der uns vor allen Dingen beun ruhigen sollte. Das Buch, die Broschüre, die Zeitschrift sind die großen Verbreiter einer Zivilisation, eines nationalen Geistes. Nach ihrem Absatz bemißt sich die Ausbreitung einer Sprache und in wei terer Folge einer Volksseele. Der Krieg bezeichnet im Leben eines Volkes eine außergewöhnlich kritische Stunde, wo es sich darum han delt, eine Frage um Leben oder Tod gewaltsam zu entscheiden. Aber in Zeiten ungestörter Entwicklung bezeugt eiu Volk seine Lebenskraft, indem es der Außenwelt den Gebrauch oder die Bewunderung alles dessen abnötigt, was es geschaffen hat. Dazu von allen seinen Schöpfungen die ausdrucksvollste seines Temperaments, zugleich auch die menschlichste und dauerndste, — ist das nicht das Kunstwerk, das wissenschaftliche oder philosophische Werk, wie das unendlich vervielfäl tigte Buch sic der Seelenverwandtschaft aller gesitteten Geister bietet? Griechenland überlebte sich in Sophokles, in Plato, nachdem es die Welt des Altertums für die Sprache und die Gedanken dieser Lehrer erobert hatte und dazu über die bescheidensten Verbreitungsmittel verfügte. Geistig hat es das Römische Reich kolonisiert. Wie ganz anders noch hätte sein Ruhm gestrahlt, wenn Gutenberg die Mensch heit zwanzig Jahrhunderte früher mit seiner Erfindung beschenkt hätte! Frankreich schien es zu sein, dem diese geistige Erbschaft zugcfallen war. Lange Zeit hat es diese ungeteilte Vorherrschaft ausgeübt, und auch Deutschland selbst hat das Aufblühen seiner Stammeseinheit der innigen Berührung mit unserem nationalen Glanz zu verdanken. Wir *) Maire von Lyon, Anreger der Büchermesse. Red.
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