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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.03.1916
- Strukturtyp
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- 1916-03-23
- Erscheinungsdatum
- 23.03.1916
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Redaktioneller Teil. ^ 68, 23. März Iglg. 2. Man lasse jedoch den leiblichen Erben des Urhebers, so lange solche nachweisbar sind, einen gerechten Prozentsatz am weiteren Gewinn, den der Staat ihnen auszuzahlen hat. Sa gen wir: 30 7« davon. 3. Dem Verleger ist grundsätzlich das rechtmäßig erworbene Verlagsrecht gegen eine mäßige Abgabe von jedem verkauften oder gegen Entgelt verliehenen Exemplar an den Staat zu be lassen. In den Fällen, wo der Verleger die Abgabe nicht leisten will, fällt das Verlagsrecht an den Staat, der es selbst oder durch Weitergabe verwerten kann. 4. Grundsätzlich ist diese Enteignung auf alle Werke der Tonkunst und Literatur auszudehnen. Sie habe rückwirkende Kraft für alle Zeiten. 5. Somit fallen natürlich auch alle Aufführungsrechte 38 Jahre nach dem Tode des Urhebers an den Staat, der also auch aus ihnen den leiblichen Erben des Urhebers fortlaufende Ren ten (30 7° des Gewinnes) zahlen und dann auch selbst durch sie beträchtliche Einnahmen erzielen kann. 6. Alle diese Maßnahmen sind, schon allein um uns zu schützen, auch auf ausländische Werke und Übersetzungen anzu wenden, wenn sie in Deutschland zum Handel oder zur Auf führung gelangen.« Die Folgen beschreibt Schattmann u. a. so: »Gibt man der Gesetzesänderung rückwirkende Kraft — und es gibt keinen Grund, dies nicht in beliebiger Ausdehnung, bis zur Roswitha von Gandersheim oder bis Homer und Konfuzius, zu tun —, dann erschließt sich dem Staate eine vorerst unüberseh bare Einnahmequelle, eine Einnahmequelle, die jedenfalls die Sorge um neue Steuern wesentlich verringern könnte. Niemand wird auch dadurch in irgend einem auch nur schwer zu tragenden, geschweige denn unerträglichen Maße belastet. Dieser Gesichts punkt ist besonders scstzuhalten. Die Verteuerung des einzelnen Exemplars einer ,Volksausgabe', welcher Art sie auch immer sei, würde doch schließlich ganz unwesentlich sein, da der Staat sich ja in den Fällen, in denen der Verleger die Abgabe, die .Anerken nungsgebühr', auf sich nimmt, mit einer geringen Quote — von, sagen wir: 10 7» des aufgedruckten Preises — begnügen kann, weil es ja ,die Masse bringen wird', in den Fällen aber, wo er selbst den Verlag in die Hand nimmt, die Herstellung unter Um ständen sogar noch verbilligen kann. Ja, das einzelne Exemplar brauchte eigentlich überhaupt nicht teurer zu werden, da ja auch xuhig der Zwischenhandel etwas von seinen oft unverhältnis mäßig hohen Prozenten opfern könnte.« Ähnliches führt der Verfasser dann für die Bühnen aus, die ohne Schaden solche Abgaben leisten könnten, und mündet dann in den Satz aus, daß durch ein staatliches »Reichsamt des Ur heber- und Verlagswesens«, das dann geschaffen werden müßte, wieder viele Staatsbeamte Arbeit und Brot finden und viele »kulturelle Keime« durch den Staat gefördert werden. Sehen wir uns doch gleich einmal das »ideale« Moment etwas näher an: Wirklich? Ist es der Verleger, der das Genie nicht hoch kommen läßt, wie Herr Schattmann meint? Er weiß Wohl nicht, was alles gedruckt wird, daß sich Verleger mit Inbrunst für Werke eingesetzt haben, die dem Publikum lange Zeit als ganz schiefe Sachen erschienen? Heute, bei dem gewaltigen Druckbe trieb kann man wahrhaftig nicht mehr von den Veilchen reden, die im Verborgenen blühn — aus Verlegerungunst. Oft freilich ist dieZsit dem Ideal des Genies nicht reis, wenn es ohne ma teriellen Erfolg bleibt; die Menschen, die die Werke lesen und kaufen sollen, das Jahrhundert ist es, auf das auch der Verleger Rücksicht nehmen muß, wenn er nicht sein Mäcenatentum nach kurzer Zeit soll aufstecken müssen. Ganze Vermögen sind da auf neue Poeten vom Verlag contra Publikum angelegt worden. Und gerade die Konkurrenz der Verleger unter einander hilft dem ringenden Künstler und Schriftsteller ans Licht. Glaubt jemand, der nicht weltfremd ist, daß ein staatliches Zentralamt da besser die Wege ebnen könnte? Ein Amt, das, wenn es einen Mann oder ein Werk abgelehnt hat, ihm dann den Weg ans Licht überhaupt versperrt haben würde! So lesen wir denn auch in einem Artikel der Leipziger Abendzeitung, der diese Schattmannsche Anregung bespricht, u. a.: 308 »Unangenehm berührt sicherlich in dem Gcdankengang des Verfassers die von seinem Autorenslandpunkt aus zwar verständ liche, aber gerade deshalb befangene Beurteilung des Verleger- tums in seinem sozialen Verhältnis zur Autorenschaft. Es ist doch etwas leichtfertig, zu behaupten, daß zumeist die Verleger aus den .freien' Werken verdienen, die nicht das geringste für ihre Autoren getan haben. Auch Herr A. Schattmann dürste wissen, daß gerade das deutsche Verlegertum, indem es die freundschaftlichsten und auch mit der offenen Geldbörse keines wegs knausernden Beziehungen zu den Urhebern Pslegte, unend lich viel zur Entfaltung der künstlerischen Kräfte beigetragen hat. Schlagworte wie das vom .lachenden Unternehmertum' soll inan aus der Debatte fernhalten, und man darf nicht willkürlich das verallgemeinern, was der eine oder der andere .Kunstpächter' sich an Betonung seines egoistischen .Kapitalistenstandpunktes' ge leistet hat.« Zu der Behauptung, der Verleger tue nichts für junge Autoren, kommt dann das Gegenstück, er verdiene übermäßig an ihnen nach ihrem Freiwerden. Ich will nicht bestreiten, daß solche Fälle Vorkommen kön nen, aber sie sind zweifellos recht selten. Wenn der Original verleger nicht während der Schutzfrist an seinem Autor verdient, nach dem Frei- nnd Billigwerden kann er es — trotz des Ein i slusses der Billigkeit auf den Absatz — nicht einholeu. Aber Schattmaun will ja dem Originalverleger noch ein ge- ! wisses Vorrecht — gegen Abgaben — sichern gegenüber den an deren Verlegern, die sich über die freigewordenen Werke her machen und daran verdienen. Nun denn: ist die Konkurrenz, die gerade in dem Augenblick des Freiwerdens einsetzt, nicht das allerbeste Gegengift gegen zu großen Verdienst? Durchbricht sie nicht am allerwirksamsten die verdienstsichernde Monopolstellung? Und liegt nicht in ihr die ^ sicherste Gewähr, daß das Beste und Wohlfeilste geleistet werden wird? Durch diesen Wettbewerb entsteht nicht allein der beste Anreiz für den Fortschritt, sondern zugleich auch die wirksamste Fürsorge für die Verbreitung der klassisch gewordenen Werke! Wir wollen doch mal einen lebenden Künstler fragen, ob es ihm nicht ein lieberer Gedanke ist, wenn seine Werke 30 Jahre nach sei nem Tode in vielen um die Güte wetteifernden Ausgaben dem Publikum immer wieder nahegebracht werden, als wenn die eine staatlich behütete Ausgabe ihr vornehmes (und deshalb viel- i leicht stilles, wenig angepriesenes) Leben führt! Wollte man jenen Gedanken von Sommer-Schaltmann durch führen, so müßte man ihn zum Grundsatz erheben, in gleicher Weise also mit allen Patenten und Gebrauchsmustern Verfahren, so daß alles, was sich bewährt hat, nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist staatssozialistisches (nicht bloß kulturelles) Allgemein gut würde in dem Sinne, daß nach einiger Zeit und dann dauernd der immer weiter sich verzweigende Baum der Kultur und Technik, der Kunst und Wissenschaft staatlich paragraphiert, geleitet, verwertet, monopolisiert sein würde. Der Sinn der Schutzfrist war bisher der, daß ein Werk nach einer gewissen Monopolzeit der Privilegierten frei werden solle, nicht aber daß es dann aus derprivaten Bindung in die staatliche Bindung übergehe. Wir dürfen also nicht ver gessen, daß dies die Grundlagen unseres Sozial- und Geistes lebens umstotzen würde und nicht etwa nur eine Finanzmaßnahmc wäre! Sehr treffend führt denn auch der schon genannte Artikel der Leipziger Abendzeitung in dieser Hinsicht aus: »Man sollte nicht verleimen, daß in einer Verstaatlichung von Kunstdingen eine Gefahr für das deutsche Geistesleben liegt, die man jetzt vielleicht noch unterschätzt. Wenn das reine Staats- Monopol schon in Dingen ganz wirtschaftlicher Natur versagt hat und man hier den .gemischtwirtschaftlichen Betrieb' als die bei weitem bessere und die Kräfte bei weitem mehr entfaltende Art der Organisation auffaßt, um wie viel mehr muß das im viel komplizierteren und feinnervigeren Geistesleben der Fall sein! Gerade der Verdienst, den der Verleger aus tantiemefreien Wer ken zieht, wird zum großen Teil wieder umgesetzt in die Ent fesselung von Autorenbegabungen, aus denen sich zunächst keine oder doch nur geringe Münze schlagen läßt.«
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