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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.02.1847
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- 1847-02-02
- Erscheinungsdatum
- 02.02.1847
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- Deutsch
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112 N i ch^ a m t l i Buchhandel und Polizei in Preußen. lieber polizeiliche Censur-Masiregeln in Preutzeu; Liber den Verfall und Be drückung dcö Buchhandels und die Mittel, ihn zu heben. Die neueste Zeit bietet in Bezug auf polizeiliche Eensur-Maßnah- men in Preußen so Manches von wichtigem Interesse dar, was der Erörterung in diesen Spalten nicht unwerth erscheint. Wer nur ein wenig unbefangen in die jetzige Lage der Presse sieht, dem wird es ein leuchten, daß die Macht derselben noch nie so groß war als jetzt; jedoch in demselben Grade ist auch die polizeiliche Bewachung regsam gewor den. Was noch vor 10 Jahren genügte, reicht heute nicht mehr aus; — wurde damals blos einfach verboten, so geschiehts jetzt bei An drohung von Strafen und mit der Zahl mißliebiger Schriften ver mehren sich die polizeilichen Rescripte. Wir fragen: wohin soll das noch Alles führen? — In diesen Blättern ist kürzlich noch dargethan worden, daß für Eontraventionen die Polizei nur zwischen 10 bis 100 in Strafe nehmen kann — ein klebriges aber nach dem Gesetz gerichtet wird, und tritt das Gericht auf, dann ist die Strafe wegen Eensur-Eontravention Nebensache, dann gilt es dem Verbrechen. Die polizeilichen Verwar nungen also erscheinen demnach ganz überflüssig und werden es auch bleiben, so lange das Gesetz mehr als das Ncscript gilt.—Woher aber diese Art energischen Einschreitens von Seiten der Behörden? — Man weiß, daß verbotene Bücher dennoch coursiren, dafür gehts also auf die Buchhändler los. Müssen die aber durchaus dieseSchrif- ten verkauft haben ? kann nicht auf andere Weise gefehlt worden sein? — Wir bejahen dies. Wer nur einen Blick auf die deutschen Bundes und Zollstaatlichen Verhältnisse wirft, wer nur bedenkt, wie die Eisen bahnen die Entfernungen ausgeglichen haben, der muß bei den ver schiedenartigen Interessen und Gesetzen der deutschen Staaten zugcben, daß bei dem sich steigernden, Ungeheuern Verkehr nichts leichter ist, als die Verbreitung sogenannter mißliebiger Schriften. Dem Publikum ist nichts verboten, es kann kaufen, ohne in Gefahr zu gerochen, und wem es um ein Buch zu thun ist. dessen Verkauf der inländische Buchhändler verweigert, der kann sich's mit Leichtigkeit von da selbst verschreiben, wo es nicht verboten ist. Auch ist es nicht unbekannt, daß das Eolportcur-Wescn dem Vertrieb von unsittlichen und gefähr lichen politischen Schriften großen Vorschub leistet. Diese Art Bü cherverkäufer treiben unter den Augen der wachsamen Behörde den größten Unfug und benutzen die Eisenbahnen, um derartige Schriften direct zu beziehen, deren Absatz ihnen bei ihrer Bekanntschaft im Pu blikum nicht schwer fallen kann. Wir sehen also, das bloße Verbot dem Buchhandel gegenüber reicht nicht aus; warum steuert man nicht dem erwähnten Eolportcur-Unsug und verbietet nicht auch dem Publi kum? — Das geschah vor Jahren durch die Amtsblätter, nahm aber schnell ein Ende. Man scheute sich vor diesem Aufmerksammachen, man glaubte auch gar vielleicht damit mehr zu schaden als zu nützen. Je mehr die polizeilichen Hemmungen auf die Opposition wirkten, je schroffer wurde die Stellung zwischen Regierern und Regierten, und die neueste Zeit setzt dies ins grellste Licht. Wir behaupten: Vertrauen erweckt Vertrauen. Eine weise Regierung weiß, was sie thut, und hat sich vor der Oeffentlichkeit nicht zu fürchten. Wären also die polizeilichen Maßnahmen stets nach dem Sinne der Regierung und des Volkes gegangen, es wäre nie dahin gekom men, wozu es gekommen ist. Wenden wir uns wieder zur Presse. Diese ist jetzt vierfach: eine gouvernementale (sogenannte gute) Presse, eine konservative und eine Oppositions-Presse. Ganz, für sich steht die s ch l echte Presse da, und ihre Macht ist bei den bestehenden Eensur-Ver- hältnissen oft eine sehr große und gefährliche, oft eine unbedeutende. Der polizeilichen Bewachung sollte diese schlechte Presse einzig und ^?10 cher Th eil. allein untergeordnet sein*), sie ist es aber nicht allein, denn leider ist in neuerer Zeit der frische, belebende Geist der Opposition mit dem der Vernichtung oft gleichmäßig gehemmt worden. Den Begriff: „was ist schlechte Presse?" hat die Behörde wohl nur unvollständig aufge faßt, sonst könnten unmöglich die Erzeugnisse der schlechten Presse so großartig angewachsen sein, wie das der Fall ist. Wir sind gerecht genug, alle die Schriften, deren Tendenz eine gewaltsame Zerstörung des Bestehenden, eine Verspottung der Landesgesetze bezweckt, zur schlechten Presse zu rechnen, und halten deren Verbot unter den obwal tenden Verhältnissen für gerechtfertigt. Das ist aber nur ein unbe deutender Theil. Man sehe nur einmal die in den letzten 6 Jahren herausgekommenen Bückerkataloge durch, und man wird uns zugcben, daß der am Meisten gefährliche Theil der schlechten Presse, welcher un gehinderten Debit bei uns hat, gerade am Wenigsten Eensur- und Polizei-Schwierigkeiten besteht. — Welche Schaar von unsittlichen, alles Edle im Keim verletzenden Romanen bevölkern unsere Leihbiblio theken,— welcheMasse von schamlosen Schriften, die durch sinnlich auf regende Titel zum Kauf reizen und viel gekauft werden, ziehen jährlich durch den Buchhandel — wieviel sogenannte populair-medizinische Werke entnerven jährlich Tausende von Menschen! — Und ungestört geschieht dies Alles unter den Augen der Behörden! — Oeffenlliche Verbote von Schriften bezeichnter Art würden auch öffentliche Anerkennung finden. Hemme man also das Böse und för dere man offen das Gute, der Erfolg wird nicht ausbleiben. Der Sortiments-Buchhandel in Preußen wird jetzt im Allgemeinen durch die sich häufenden Verbote immer beschwerlicher, sein Verhältniß zur Behörde ein gedrücktes. Die Leichtigkeit zur Erlangung einer Buch- Handlungs-Eonzession hat Schaaren von Eindringlingen, die weder das Geschäft kannten noch von der Ehrenhaftigkeit desselben eine Vor stellung hatten, zur Folge gehabt. Diesem Uebel ist auch zum Theil der Verfall des sonst so geachteten Geschäftes zur Last zu legen. So gut wie man den Apotheker vor Eoncurcenz schützen zu müssen glaubt, und ihn vor der Gründung oder dem Ankauf einer Apotheke ein Examen machen läßt, hätte man auch den Buchhändler ähnlich begün stigen müssen. Die Wichtigkeit des Buchhandels in seinen Beziehun gen zum Staate und in dem Vertrieb der geistigen Nahrung ist we niger richtig erwogen worden, als sie es verdient hätte. Zur Wahrung des möglichen Unfugs in der Erzeugung und Verbreitung gemeinschäd licher Schriften kann nicht genug auf die moralische Person des Buch händlers selbst gesehen werden. Ein durchaus moralischer Lebens wandel, ein Verstehen des Geschäftes in allen Beziehungen, ein *) Wird auch nichts nützen, weil — die tägliche Erfahrung zeigt es — unausführbar, da der Begriff „schlecht" ein zu relativer ist. Der sitt liche, religiöse oder politische Standpunkt des einzelnen Polizcimanncs oder Censors, seine größere oder geringere Neigung, sich bei dieser oder jener Partei, bei dieser oder jener höher» oder hohen Person beliebt zu machen, die Rücksicht auf wirkliche oder vermeintliche Snmpathieen oder Abneigun gen in den höhcrn und höchsten Regionen, das Alles sind Dinge, die gar leicht auf polizeiliche Maßnahmen wie auf den Gebrauch des Roth- stifts influiren und manchem absichtlich oder unabsichtlich verkannten Guten störend in den Weg treten, während—und das ist sehr schlimm — das Schlechte nicht selten durch die Druckgenehmigung des Censors und das Gewährcnlaffen der Polizei, als der Organe der Regierung, also mit deren Vorwiffen und gleichsam unter dem Schutze derselben Ver breitung findet. — Positive Gesetze, unnachsichtige Bestrafung der Zuwi derhandelnden, Prüfung der moralischen und intellektuellen Befähigung der zum Buchhandel Zuzulaffenden — nicht von der Polizei, vielmehr durch eine besondere, aus Buchhändlern und Vertretern des Staats zusammenzusetzcnde Behörde — größere Beschützung des Buchhandels gegen Eingriffe von Außen, auch den Polizei- und Verwaltungs-Behör den gegenüber — dürsten wohl wirksamere Mittel zur Beseitigung der mannigfachen Ungebührnisse von unten wie von oben' sein. d. M.
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