49, 29. Februar 1910. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1301 Zn Vorbereitung befindet sich die 13.—18. Auslage von: Paul Keller Irrten vom Ich Die Kölnische Zeitung schreibt darüber in ihrer Nr. 184 vom 20. Februar I9t6: Ein Werk von herzersrischender Liebenswürdigkeit hat Paul Keller im Bergstadtverlag von W. G. Korn in Breslau veröffentlicht. Es trägt den etwas schwierigen Titel: Zerien vom Ich, der vielleicht manchen Leser an irgendwelche philosophische Grübelei denken läßt. Philosophie ist nun wohl in dem Buche, aber keine grüblerische, sondern eine sonnig heitere und leicht faßliche. Im Kern handelt es sich um eine uralte Weisheit, die verjüngende Kraft natürlicher Lebensweise auf dem Lande. Diesem oft behandelten Gegenstand gewinnt Paul Keller durch die besondere Art seiner dichterischen Anschauung neue Reize ab. Ein junger Arzt gründet ein ländliches Erholungsheim nach dem bekannten Grundsätze der Nervenheilanstalten: die Gäste der Anstalt wohnen in einer Kolonie von Bauerngehöften und verrichten bei der einfachsten Kost streng geregelte ländliche Arbeit. Aber sie entäutzern sich dabet nicht bloß gewisser Lebens- und Berufsgewohnheiten, sie tragen auch einen fremden Namen und dürfen bei Gefahr sofortiger Entlassung sich den Mitgästen nicht verraten; sie tragen gleich- mäßige einfache Tracht, empfangen keine Post und führen kein Geld bei sich. So entäutzern sie sich völlig ihres bisherigen Jchs, nehmen Ferien von dessen Lasten, Sorgen und Ärgernissen. Ein geschäftlich wohlerfahrener Amerikaner interessiert sich aufs lebhafteste für den eigenartigen Plan des jungen Arztes, gibt ihm Mittel und übernimmt die äußere praktische Organisation. Da übt Keller nun zunächst schon eine überaus feine, in ihrer Einzelgestaltung höchst fesselnde Charakteristerungskunst in der Darstellung der Art, wie dieser Amerikaner nüchtern, aber immer treffsicher zupackcnd dem idealen Gedanken des Arztes Fleisch und Blut gibt, nicht ohne dem Idea listen mancherlei Ängste, manchen Ärger zu bereiten. Nun kommen die Gäste. Der Humor, der sich entwickelt, hat nichts gemein mit billigen Schwankspätzen und hergebrachten Sommerfrischenfiguren. Er hat die tiefere Be deutungsweise lächelnder Menschenkenntnis, der Ernst in Gestalt einer büßenden Sünderin klingt dazwischen durch und leuchtender, wärmendes Sonnenlicht glänzt an allen Ecken und Enden, ein herrlicher Optimismus predigt den Glauben an die Kraft der Selbstbefreiung des Menschen durch den Willen. Aus reichem Rankwerk schält sich als Haupthandlung die erfolgreiche Liebe des wackeren Amerikaners zu einer fröhlich blühenden, viel- umworbenen Sängerin. Das tiefere Wesen des Buches liegt aber nicht in der lustig-anmutigen Handlung, sondern in dem köstlichen ethischen Gehalte sieghaft heiterer Lebensphilosophie. Es bringt selber dem Leser einen Teil jener Wirkungen, die die fröhliche Anstalt erstrebt, von der es erzählt. Wir haben ein wirkliches Kunstwerk des Humors vor uns. Solche sind sehr selten, denn es wird viel Unfug mit dem bedeutsamen Wort „Humor" von geschäftstüchtigen Spaßmachern getrieben. Die Wirkung dieser glänzenden Besprechung macht sich in weitestem Umfange bemerkbar. Erfreulich ist aber auch, daß sich die Herren Kollegen, die durch eigene Lektüre Interesse an dem Roman gewonnen haben, ständig Partien davon nachbeziehen. Dies gibt uns Veranlassung, ein Leseexemplar mit 50°/, Rabatt anzubteten. Nach der bisherigen Beurteilung aus Berufskreisen wird das Lesen von „Ferien vom Ich" jedem einzelnen srohe Stunden und reinen Genuß bereiten. Auch nach den übrigen Paul Keller-Biichern nimmt die Nachfrage andauernd zu; sie brauchen nur vorgelegt und empfohlen zu werden, um wirklich dankbare Käufer dafür zu gewinnen. Bestellzettel sind beigefügt. M öreslau I- Sergstaötverlag wuh. Goal. Rorn. M 177«