für den Deutschen Buchhandel und für die mit Ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von de» Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. W 61. Dienstags, den 2. Juli 1844. Eine unglaubliche Wirklichkeit. Wir haben dieser Tage mal wieder eine merkwürdige Er scheinung gehabt. Einem jüdischen Antiquar ist es nicht schwer geworden, bald nach seinem Rundschreiben, in dem er sich auch als Buchhändler mit neuen Büchern zu em pfehlen sucht und vor Erlebung seiner ersten Ostermesse, eine Reihe der ersten und klügsten Verlagshändler zu bewe gen, ihm (wie jetzt die Liste seiner Gläubiger zeigt) nicht allein für mehrere hundert Thaler ihres Verlages anzuvertcauen, sondern selbst für Tausende Rechnung zu geben! Wem man dieses (ohne Thalsachen anzuführen) erzäh len wollte, würde glauben, man wolle ihm einen Bären auf binden. Der Mann würde ohngefähr so sprechen: „Ko stet denn den Herren ihr Verlaggar nichts,da möchteichauch Buchhändler werden? — Haben sie denn keine zahlungsfähige Geschäfts freunde an dem Orte und achten sie diese (wenn sie, wie Sie sagen, deren dort haben) so wenig, daß sie einemsolchen unbekannten Händler, vernicht einmal ihr Geschäft kennt, ihren Verlag ge ben, um den andern offenbar dadurch ihren Markt zu verderben?!" — So würde ein Mann sprechen, der nicht zu unscrm Ge schäfte gehört, wohl aber weiß, was ein solider Geschäfts mann zu thun hat, um nicht in Verlust zu kommen, und was man seinen Geschäftsfreunden schuldig ist. Müssen wir aber nicht noch mehr staunen — die wir wissen, wie schwer es oft einem gelernt e n jungen Eolle- gen gemacht wird, bei Erbauung seines eignen Heerdes, auch nur für eine kleine, mäßige Summe Credit zu erhal ten! Und bei solchen Grundsätzen wundert man sich, wenn der Buchhandel zu Grunde geht!? Ich muß hier meinen schon öfters ausgesprochenen Tadel wiederholen, über diedurchnichtszuentschuldigende Willfährigkeit einiger Leipziger Herren Com missi o n äre, jedem Menschen, er magsein wer oderwohec er will, seine Commission zu besorgen. Hier haben wir das vielleicht einzige Mittel in Händen, der Schleuderei, dem 11r Jahrgang. Mißbrauche, der Herabwürdigung unsers einflußreichen ehrenhaften Geschäftes entgegen zu wirken, und ich fodere hiermit d i e Männer unsers Vereines auf, die gezeigt haben, daß ihnen das Wohl und die Ehre unsers Geschäftes am Herzen liege, alle ihre Kräfte und ihren Einfluß daran zu setzen, daß in Zukunft Unberufne, von denen meist im mer der Mißbrauch ausgeht, von unserm Vereine fern gehalten werden. * . * Ein Vorschlag zur Verbesserung des CommissionS- wescnS in Tüddcutlchland. Wer von meinen süddeutschen Herren Eollegen möchte nicht mit mir wünschen, daß Ordnung und Regelmäßig keit in unseren Verkehr kommen möchte, aber ich glaube nicht, daß, ohne viele und gewichtige Interessen zu ver letzen, durch eine Radikalkur, wie mir die Aufstellung eines einzigen Commissionsplatzes (sei es Stuttgart oder Frank furt) erscheint, geholfen werden kann und auch wirklich geholfen wird. — Wer in dieser Hinsicht die norddeut schen Verhältnisse zum nachahmungswerthen Muster auf stellt, bedenkt nicht, daß Norddcutschland im Verhältniß zu s.inec Ausdehnung viel weniger größere und insbesondere mittlere Städte hat, als Süddeulschland, und daß durch die größeren Entfernungen zwischen den dortigen größeren Städten die Verkehrsverhältnisse wesentlich von unseren süddeutschen verschieden sind. Dazu kommt noch die hohe kommerzielle Bedeutung Leipzigs, des Eentralpunktes der meisten norddeutschen Eisenbahnen. Frankfurt wäre nun, was die kommerzielle Bedeutung betrifft, Leipzig am ersten zu vergleichen, aber Frankfurt ist in buchhändlerischer Be ziehung eher rück- als vorwärts geschritten, und hat eine zu exponirte Lage für den größeren Theil Süddeutschlands. — Stuttgart hat durch seine Verlags-Industrie seit dem Jahre 1830 beispiellos an Bedeutung im Buchhandel ge wonnen und sich dis jetzt auf dieser fast schwindelnden Höhe zu erhalten gewußt, ob es sich halten wird und kann, wird von Aeitumständen abhängen. Durch die bedeutende Bü- cherproduction hat Stuttgart jedenfalls sehr viel für sich,