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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1850
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- Erscheinungsdatum
- 09.04.1850
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- Deutsch
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406 erscheint die bisherige Auslegung noch schlimmer als der Text selbst und durch diesen keineswegs gerechtfertigt. Unter „Auszug" kann nach gewöhnlicher Logik und Grammatik wol nichts Anderes verstanden werden als: Herausnahme eines Bruchstücks aus einem Gcistes-Producte behufs der Benutzung zu selbstständigem Zwecke. Sobald das Product ganz genommen wird, kann es augen scheinlich nicht mehr Auszug getauft werden. Wer also aus einem Drama eine Seene, aus einer Oper eine Arie, aus einem Gedichte einen Vers entlehnt, macht einen Auszug, wer aber Drama, Oper, Gedicht re. ganz abdruckt, macht keinen Auszug, sondern hat einen unleugbaren, auch nach Württembergischcm Gesetze strafbaren Nachdruck begangen. Ob das Nach- gedrucktc von größerem oder kleinerem Umfange ist, kann moralisch und juridisch offenbar nicht in Betracht kommen, denn wo wäre hier eine Grenzlinie zu ziehen? Derselbe Schutz, welchen das fünfaetige Drama, das Epos, der Roman re. genießen, muß auch der einaktigen Posse, der Romanze oder Erzählung zu gute kommen, denn diese bilden in sich ab geschlossene geistige Ganze, gerade wie jene. Ebenso gleichgültig ist die äußere Form, in welcher das „privilezicte" (gesetzlichen Schutz genießende) Product veröffentlicht worden ist, ob in Folio oder in Sedez, allein, oder mit ähnlichen Geifkswerken in einem Band vereinigt, ob zu einem Groschen oder einem Louisd'or, der Schutz gebührt der geistigen Arbeit, nicht ihrem äußerlichen Gewände- Daß jede andere Interpretation den gesetzlichen Schutz illusorisch, ja das geistige Eigenthum geradazu vogelfrci machen würde, liegt auf flacher Hand. Wenn ein Nachdrucker aus Schiller's Gedichten den Kampf mit dem Drachen oder die Glocke abdruckcn dürfte, weil dies nur ein Auszug aus Band 1. der Gcsammt-Ausgabc von Schiller's Werken sev, warum sollte ein Anderer nicht den „Don Carlos" aus Band 3., den dreißigjährigen Krieg aus Band 8. auszichen dürfen? Warum nicht sämmtlichc Gedichte weniger Eines, sämmtliche Tragödien weniger Eine, oder am Ende gar neun Bände Schiller'scher Schriften, weil ja doch noch der zehnte fehlen und also nur ein „Auszug" geliefert würde? Das ist Alles schon versucht worden, aber wahrlich, die Ehre unserer Gesetz gebung fordert, daß sie solchem Mißbrauche ernstlich entgcgentrete. Wenn die Württcmbergische Gesetzgebung die Absicht hatte — was doch nicht bezweifelt werden kann — effektiven Schutz zu gewähren für „privilegirte Schriften," wie es im Jahr >815 hieß, oder für „aner kannte Verlagsrechte," wie es wol im Jahr 1848 heißen muß, so kann wohl keine andere Interpretation des Wortes „Auszug" stattsindcn als die folgende: als gesetzlich erlaubter Auszug aus einem Geisteswcrkc ist zu betrachten: die Anführung von Bruchstücken und einzelnen Stellen, so lange diese Bruchstücke zusammen nicht ein gewisses (gesetzlich zu be stimmendes) Verhältniß zu dem Ganzen überschreiten. Unerlaubt dagegen ist jeder vollständige Wicder-Abdruck eines in sich geschlossenen Ganzen, wäre dieses auch noch so klein und seine Ver öffentlichung mit noch so vielen ähnlichen Arbeiten in äußerlichem Zusam menhang erfolgt; dieser unerlaubte Abdruck ist gesetzlich strafbar, sobald und in soweit dem Besitzer des Verlags- (Eigcnthums.) Rechtes nach weisbar dadurch Schaden erwächst, und dieser Schaden ist um so offen barer und um so größer, je augenfälliger der unerlaubte Abdruck aus blos mcrkantilischen Absichten unternommen ist, und je dircctcr er mit der ursprünglichen Publication nach Form und Preis in Concurrenz tritt. Eine solche Interpretation kann offenbar die freiste geistige Bewegung nicht hindern. Man wird dabei Citate machen, Slvlproben mittheilen, empfehlen, rccensiren, polemischen ic- können, soviel man will, aber der literarischen Freibeuterei und der rücksichtslosen buchhändlerischen Speku lation werden heilsame Schranken gesetzt sepn. Es möchte etwas schwie riger werden, aus drei Lehrbüchern ein viertes oder aus einem Dutzend eine Encyklopädie zusammcnzustoppeln, und die „B lumen lesen de n" Buchhändler dürften genöthigt seyn, entweder sich mit den Verlagsbe rechtigten abzufinden — was jetzt schon häufig geschieht — oder diesen ihre leichte Arbeit ganz zu überlassen. Das Publicum wird dabei in keiner Weise verlieren. Wenden wir nun das Bisherige auf den unserer Bcurthcilung unter stellten speciellen Fall an, so können wir nicht umhin, das Verfahren des Herrn K. Göpel ein unerlaubtes und strafbares zu nennen, denn: 1> sind die abgedruckten Lieder und Melodieen selbstständige, in sich abgeschlossene, einzeln verkäufliche Ganze; 2) geschah der Wiederabdruck nicht etwa in einem kritischen, literar historischen re. Werke zu wissenschaftlichen Zwecken, sondern rein im Inter esse einer buchhändlerischen Speculation; 3) concurrirt diese Speculation auf nachtheiligc Weise sowol mit bereits erfolgten, als etwa noch beabsichtigten Veröffentlichungen des Ver- lagsberechtigten. ^ 29 Der kleine Umfang des Nachgcdrucktcn kann hier nur in Betracht kommen, wenn cs sich um Ermittelung des Schadens handelt, nicht aber bei der Frage nach dem Recht. Die Compositioncn sind selbstständige, in sich abgeschlossene Gcistesproducte, cessions- und verkaufsfähig, und haben denselben Anspruch auf Schutz als Werke von größerer Ausdehnung. Ebenso ist in rechtlicher Beziehung gleichgültig, ob der unbefugte Ab druck einzeln oder in einer Sammlung erfolgte; in der praktischen Wir kung bedingt cs allerdings einen bedeutenden Unterschied, in sofern die Concurrenz um so nachthciligcr wird, je dircctcr sie statisindcl; immerhin aber darf nicht verkannt werden, daß musikalische Produkte solcher Art meist nur durch den Reiz der Neuheit verkäuflich sind; daß einzelne der selben, die vorzugsweise Glück machen, den Verkanf ganzer Hefte ic- befördern, und daß sonach Sammelwerke, die gerade das Beste und Be liebteste auswählen und zu sehr billigem Preise abgegeben werden können — haben sie doch keine Honorare und keinen Schaden an dem Nichtgangbaren zu tragen — den Verlagsbercchtigten großen Nachtheil zufügen müssen- Wenn wir also nach Pflicht und Uebcrzeugung da« Verfahren des Herrn Göpel für strafwürdig erklären müssen, so scheint uns dagegen die Schadensbcrechnung des Klägers zu hoch. Wir könnten in Erwägung: 1) daß zahlreiche ähnliche Unternehmungen im Deutschen Buch handel vorgekommen, und vor den Gerichte» straflos geblieben sind; 2) daß der Nachdruck in einem größeren Sammelwerke und nicht in direkter Concurrenz mit den Publikationen des Klägers erschienen ist; nur eine mäßige Geldbuße für die bereits verkauften Exemplare des „Wehrmanns-Liedcrbuches " und Verpflichtung, in allen nicht verkauften Exemplaren die betreffenden Bogen Umdrucken zu lassen, für gerecht er kennen. In vollkommenster Hochachtung Einer König!. Stadt-Dircction ergebenste Der Ausschuß des Ktuttgnrlcr Puchhändlcr-Vercing: der Vorsteher: Lollis Noth. Heinrich Erhard. A. Licsching. A. Ebner. Adolph Krabbe. (Ohne Datum, jedoch mit dem amtlichen Vermerk am Rande: pr. 28. November 1848.) 3786. Erkenntnis) des K. Ministeriums des Innern als zweiter Instanz. DieK. Würlt. RcgierungdesReckarkreises an die K. Stad t- Direction Stuttgart. In Betreff der Beschwerde des K. Göpel von Stuttgart gegen ein Erkcnntniß der Kreis-Regierung in der Nachdrucksklagsachc des Buchhänd lers Friedrich Hofmeister in Leipzig wird der König!. Stadtdirection zur weitern Eröffnung und Besorgung in Gemäßheit Ministcrial-Er- lasscs vom 14/20. d. M. Nachstehendes zu erkennen gegeben: Don dem Beschwerdeführer K. Göpel ist zugcstanden, daß er, ohne Erlaubnis) des berechtigten Verlegers» die in dem Verlage des F. Hofmei ster in Leipzig erschienenen zwei Lieder: Was ist des Deutschen Vaterland, componirt von G. Reichs,dt, und: Was perlet im Glase, componirt von H. Marschncr, unverändert in seine Sammelwerke: Odeon für Quartett und Chorgesang, Germania und Deutsches Wehrmannsliederbuch ausgenom men hat; und ebenso ist unbestritten, daß diele beiden Lieder ursprünglich in einer größern Liedcr-Sainnilung, Tafclgesängc für Männcr-Stimnicn, und zwar das Eine: Was ist des Deutschen Vaterland, componirt von G. Reichardt, im vierten Hefte dieser Sammlung unter dem weitern Titel: Sechs Lieder für die Liedertafel in Berlin von G. Reichardt op. 7., mit fünf weitern Liedern, das Andere: Was perlet im Glase, componirt von H. Marschncr, mit drei weiteren Licocrn im laten Hefte der Hauptsamm lung unter dem besonderen Titel: Tunnelliedcr von H. Marschncr vp. 46. Wenn nun auch diese beiden Hefte der ganzen Liedersammlung nickt als integrirende Theilc der letzteren, sondern als für sich bestehende, ab geschlossene, einzeln verkäufliche Werke zu betrachten sind, wie dies die besonder» Titel dieser Hefte und der nicht bestrittene Umstand, daß sie einzeln verkauft werden, allerdings kaum bezweifeln lassen, so ist damit noch keineswegs dargcthan, daß das Verfahren des Beklagten, welcher aus diesen beiden Heften je ein, den kleinern Thcil des Inhalts derselben bil dendes Lied in seine Sammelwerke ausgenommen hat, als unerlaubter Nach druck anzusehen ist. Da vielmehr nach Artikel 7. des K. Rescripts vom 25. Februar 1815 ein Auszug aus einer privilegirte» Schrift dem Nachdrucks-Verbote nicht unterliegt, und es, nach dem gemeinen Sprachgebrauch und nach der ent schiedenen Praxis als ein von dem Nachdrucks-Verbot ausgenommencr Aus zug anzusehen ist, wenn, wie in dem vorliegenden Fall, aus einer größe ren, ein ungetrenntes Ganze bildenden Liedersammlung ein einzelnes Lied
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