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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.03.1850
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- Erscheinungsdatum
- 19.03.1850
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- Deutsch
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314 fM23 an die Stelle des Ersteren und übernimmt für ihn die volle Verantwort lichkeit. — Ist aber weder Verfasser noch Verleger bekannt, oder sind diese im Auslande, so haftet die Verantwortlichkeit auf dem Drucker. Ist aber auch dieser Letztere nicht bekannt oder nicht im Lande, so bleibt die Verantwortlichkeit auf jedem g-wcrbsmäßigcn Verbreiter einer Schrift. Die Verantwortlichkeit des Verfassers thcilt der Verleger oder beziehungs weise der Drucker, wenn Einer von ihnen oder Beide die Abfassung einer fraglichen Schrift veranlaßtcn. Der Drucker trägt die Mitverantwort lichkeit in den Fällen, wo er den ihm bekannten Verfasser, oder Rcdacteur, oder Verleger, oder Herausgeber mit oder ohne deren Einwilligung auf der Schrift richtig zu bezeichnen unterläßt, oder falsche Namen beidruckt, oder seine eigene Firma wegläßt, oder dafür einen andern Drucker fälsch lich angiebt, er mag hierbei den Verfasser re. genannt haben oder nicht. In allen diesen Fällen kann mit Recht die Kenntniß des Schriftinhaltcs vorausgesetzt werden, so wie daß er in Folge solcher Kenntniß das Eine gcthan oder das Andere unterlassen habe, er also hier Mitwisser eines dabei unterlaufenen Preßvergehens oder Verbrechens sey. Es darf unter dieser Voraussetzung mit vollem Rechte, jedoch unbeschadet des in dem Art. 1 des Gesetzes vom 29. August 1848 „die Abänderung einiger Be stimmungen des ersten Theils des Strafgesetzbuches vom Jahre 1818 be treffend" in Ansehung der Aburtheilung ausgesprochenen Grundsatzes — die Untersuchung eingcleitct werden. — Der Commissionsbuchhändlcr haftet in derselben Weise für eine Schrift wie der Verlagsbuchhändler; der Sor timentsbuchhändler aber von dem Augenblicke an, wo ihm die strafbare Natur einer ihm zum Vertriebe zugekommenen Schrift auf irgend eine Weise bekannt gegeben wird. Diesem, dem Sortimentsbuchhändler, schon früher eine Haftbarkeit zuschieben, hieße von ihm die umfassendste Kennt niß und das reifste Urtheil über alle, fast täglich und oft massenweise ein gehenden Novitäten verlangen, was in das Bereich der Unmöglichkeit fällt.— Ein und dasselbe Buch gelangt in dcr Regel fast gleichzeitig an alle Sor- timcntshandlungen eines Landes, und jede Handlung beeilt sich, und muß sich aus Concurrenzrücksichtc» sowol, als auch aus Pflicht gegen das Publicum beeilen, eine neue Schrift auszustellen und ihren Kunden zuzu- schickcn, und sic besieht also oft kaum den Titel derselben genau- Alle Gcschäftsgcnossen einer Stadt und Provinz würden daher durch eine ihnen aufcrlcgtc, unbedingte Verantwortlichkeit bei der notorischen Unkenntniß des Inhalts einer Schrift in ihren merkantilen Operationen gehemmt, und damit dcr ganze literarische Verkehr zum Stillstand ge zwungen. Ja cs müßte, wenn solidarische Verantwortlichkeit sich bis auf die Sortimentsbuchhändler erstrecken konnte, nothwcndig geschehen, daß wegen einer und derselben straffälligen Schrift alle Buchhändler des Kö nigreichs und zwar fast zu gleicher Zeit in Untersuchung und zur Vcrur- theilung gezogen werden müßten. Ein Gesetz, das aus jedem einzelnen Straffalle eine derartige Riesenvcrhandlung provociren müßte, kann doch unmöglich ein gutes Gesetz genannt werden. Dcr von der Kammer der Abgeordneten zum Regierungscntwurfc beliebte Zusatz zu Art. bl, wornach den Gewerbspolizcibehörden eine so weit tragende Befugniß eingeräumt ist, erscheint als etwas Unerhörtes auf dem Gebiete der Gesetzgebung, wenn man den Sinn dieses Zusatzes nach seiner wahren und vollen Bedeutung auffaßt. Nicht dem verurthciltcn Verleger oder verurtheilten Drucker kann, wenn er zwei Mal in diesem Falle war, das dritte Mal die Aus übung seiner Gewerbsbcfugniß bis auf ein Jahr gesperrt werten, son dern cs genügt, wenn aus einem Verlage oder einer Druk- kerei Schriften h er v o rg eg a n a en, welche zur Verurthci- lung Anlaß gaben. Also wenn beide Male der Verleger oder Drucker vom ordentlichen Richter für unschuldig erkannt worden, wenn jedes Mal einen Dritten die Strafe getroffen, hat die Beewaltungsbehördc, gleichsam zum Hohne des ordentlichen Richters, Gewalt, den unschuldigen Gewerbs- mann vollständig zu ruinircn. Ein vollständiger Ruin ist aber ausge sprochen in dcr Sistirung einer Buchhandlung oder Buchdruckerei, wenn diese Sistirung auch nur auf 4 Wochen lautet. Nicht nur, daß mit einer Sistirung der Erwerb dem Bcthciligtcn entzogen wird, auch seine Arbei ter, seine Kunden und Gläubiger sind damit gestraft, denen gegenüber er Verpflichtungen eingcgangcn hat, für deren Nichterfüllung er zum Scha denersatz ungehalten werden kann und wird. Ja in vielen Fällen hängt oft von einem einzigen solchen Etablissement der Nahrungsstand mehrerer Familien ab; Autoren, Buchdrucker, Papie wacher, Buchbinder ,c. haben gar häufig an einem einzigen Buchhändler ihre Subsistcnzquelle; desglei chen Schriftgicßer, Papiermacher, Buchbinder ic. von einem einzigen Buchdrucker. Wie ungerecht wäre daher eine solche, den Verwaltungsbe hörden eingeräumtc Befugniß zur Schließung des Gewerbes selbst bei Nichtschuldigcn rücksichtlich der vielen dadurch hart betroffenen, ganz un- betheiligten Personen? Wodurch kann solche Härte gerechtfertigt werden? — Wie paßt zu einer solchen Befugniß die von den Gemeinde» bei Ansässig- machungcn gestellte Anforderung zum Nachweise eines hinreichenden Nah rungsstandes? Oder kann hier der Buchhändler oder Buchdrucker in Bezug auf diese letztere Wirkung des Gesetzes den sogenannten Polizeigewcrben, z B. den Bäckern, Fleischern, Melbern rc., gleichgestellt werden, denen bei schlech tem Gcwichte oder schlechten Lebensmitteln in Wiederholungsfällen das Gewerbe gesperrt werden kann? Nimmermehr! Diese sind geschützt in ihrem Bestände und Auskommen durch festgesetzte Tarife mit genügender Rücksicht auf ihre Mannsnahrung. Ueberschreitung dieser Tarife oder leichtes Gewicht ist eine Uebcrvorthcilung des Publicums zur Erzielung unrechtmäßigen Gewinnes. Hier ist strenge Strafe am rechten Orte, und Sistirung des Gewerbes die nothwcndig gebotene Folge constatirter fort gesetzter Ucbervortheilung. Diese trifft hier den Schuldigen allein, ihm zur Seite steht nicht eine ganze Kette von schuldlosen Mitbetroffencn. — Wo aber und durch welches Gesetz ist den Buchhändlern oder Buchdruckern, trotz der hierzu erforderlichen enormen Capitalsanlagen, gleich obigen Po- lizeigcwerbcn der Nahrungsstand gesetzlich gesichert? und wie kann den selben im Falle dcr Bethciligung bei einem straffälligen Preßerzeugnisse die Absicht auf einen unredlichen Gewinn unterstellt werden, wenn sie ganz einfach nur die materiellen Mittel zur Erzeugung oder Verbrei tung einer vielleicht erst viele Monate später für strafbar erklärte» Schrift hergcgebcn haben? Die Nachtheile eines also gestalteten, nur zu sehr dcr Willkür des einzelnen Polizeibeamtcn, ja sogar der Privatrache Thür und Thor öffnen den Gesetzes für die Wissenschaft und das geistige Leben der Menschheit überhaupt, sind hierbei nicht minder groß. Abgesehen davon, daß die Kundschaft des Buchhändlers im Fortbezugc begonnener wissenschaftlicher Werke gestört, ja sogar eines häufig voraus erworbenen Eigenthumsrcchtes auf bestimmte Artikel gänzlich beraubt würde, muß naturnothwcndig die literarische Lhätigkcit der Gelehrten sowol als der Buchhändler und mit diesen auch der Buchdrucker in kurzer Zeit aus Bayern entfliehen. Das ganze Gebiet geistiger Thätigkeit wird für Bayern ein brachliegendes Feld, dem der Rückschritt des intellektuellen Culturzustandcs im Volke von selbst folgen muß. Wo soll die Lust zu Unternehmungen Herkommen, wenn stcts das Schwert eines unklaren und der verschiedenartigsten Deutung fähigen Gesetzes über dem Haupte der betheiligtcn Gewerbe schwebt? Wo soll das Vertrauen eines Verfassers auf die Solidität eines Hauses Herkommen, wenn derselbe stets gewärtigen muß, daß sein Committent unschuldig an dcr Herausgabe seines Gei- stcsproudctes verhindert und er so um den Lohn einer Arbeit gebracht werden kann, die vielleicht jahrelang seine ganze Kraft in Anspruch ge nommen hat? Welche entsetzlichen Folge» treten da in gewerblicher wie staatsökonomischcr Beziehung zu Tage? Zwei dcr wichtigste» Gewerbe im Staate werden durch die Unklar heit und Unbestimmtheit des Gesetzes auf Null ihrer Lhätigkcit herabge setzt, das geistige Leben des ganzen Volkes vernichtet und der Erwerb, so wie seine Quellen ohne wahren Zweck aus dem Lande verwiesen. Kann dies eine weise Regierung, kann dies eine hohe Kammer dcr Neichsräthe in wahrer Sorge für das Volk sowol in seiner Gesammthcit, wie seiner cinzclnen zunächst bcthciligten Glieder wollen? Gewiß nicht! Gesetze gegen den Mißbrauch der Presse, das erkennen wir Alle, sind nothwcndig, wir wünschen sie sogar und bitten darum in unserem eigenen, wie in dcr wahren Freiheit Interesse. Aber wir bitten auch zugleich um ein klares, um ein bestimmtes Gesetz, welches den wahrhaft Schuldigen scharf bercichnct und dem Richter ebenso wie dem Bcthciligten mit klaren dürren Worten sagt, wo des Einen oder Anderen Schuld beginnt und wo sie endet; wo eine solidarische Haftung stattsindet und wo nicht, und durch welches die Gefahr des unbedingten Ruins für den vom ordentlichen Rich ter für „nichtschuldig" erklärten Geschäftsmann zweifellos abgcwcndct bleibt. Wir bitten um ein Gesetz, welches den Mißbrauch, den Frevel mit allcr Strenge straft, aber dcn Gebrauch dcr Prcßfrciheic nicht vernichtet. Wir bitten um ein Gesetz, welches das offen und stillschweigend ver worfene Princip der Eautioncn nicht durch eine Hinterthüre cinführt; indcm es dcn Gewerbsmann nöthigt, zu seiner eigenen Sicherheit höhere Cautionen zu focdeen, als dcr Staat sie jemals verlangen könnte. Wir bitten um ein Gesetz, welches der Presse keine Willkürccnsur und zwar solcher Personen aufcrlegt, deren Beruf diese Last zu tragen nicht gestattet. Wir bitten endlich um ei» Gesetz, welches uns noch die Mög lichkeit läßt, als thäcige Bürger unserem Erwerbe nach dem vollen Um fange unserer Gewerbs-Concessionen nachzugehen, damit wir dadurch auch unsere Unterthanspflichtcn gegen dcn Staat erfüllen können. Weder im Regierungsentwurfe noch in den Beschlüssen der II. Kam mer sehen wir die Aussicht, daß Bayern ein solches Gesetz, wie wir es erbitten, bekomme» solle. Wir hoffen daher vertrauensvoll auf eine
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