Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.11.1843
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 10.11.1843
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18431110
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-184311109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18431110
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1843
- Monat1843-11
- Tag1843-11-10
- Monat1843-11
- Jahr1843
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3403 98 3404 Am Rheine besteht eine Einrichtung, deren Zweckmä ßigkeit sich in einem Zeiträume von vier Jahrzehnten be währt hat. Es sind dies die Handelsgerichte, wenn man will auch Schiedsgerichte zur Schlichtung von Strei tigkeiten , die unter Handelsleuten entstanden sind *) Ihre Befugniß erstreckt sich weiter, als die der Civilgerichte, da die Handelsgerichte ihre Urtheile unter dem Nachtheile der körperlichen Verhaftung vollstreckbar erklären können. Der Gesetzgeber hat diese große Gewalt lediglich in die Hände einiger Kaufleute gelegt, welche das Vertrauen ihrer Stan- desqenossen zu diesem Amte zeitweise beruft **). Kein Ju rist ist Beisitzer dieser Gerichte, noch nimmt er an den Bc- rathungen Theil. Und dennoch geschieht es äußerst selten, daß bei Berufungen an ein höheres Gericht, den Appella tionsgerichtshof zu Köln, die Urtheile der Handelsgerichte umgcstoßcn werden. Diese sichere, schleunige und volksthümliche Handha bung des Gesetzes verdankt der rheinische Kaufmann ledig lich der Kürze und Klarheit seiner Gesetzbücher. Eine mehrjährige Erfahrung hat mir die Ueberzeugung verschafft, daß die Kcnntniß einer geringen Anzahl von Bestimmun gen desselben zur Beurtheilung der meisten kaufmännischen Streitfragen ausreicht. Das rheinische Gesetzbuch stellt nicht etwa mögliche Rechtsfälle, sondern einfache Rcchts- grundsähe auf, und gewährt deshalb dem Richter ge bührenden Raum zur Anwendung seines eigenen Verstan des. Es begünstigt in Beziehung auf Handelssachen das persönliche Erscheinen der Parteien vor Gericht, und geht von dem Grundsätze aus, daß jeder Kaufmann am Besten befähigt sei, seine Streitsache selbst dem Richter vorzulegen***). Welches Gesetzbuch soll nun das Thüringische Schieds gericht bei seinen Urtheilen zum Grunde legen? Etwa das preußische Landrecht oder das weimarsche oder gothaer? Art. >. des rheinischen Handelsgesetzbuches. Handelsleute find diejenigen, welche Handelsgeschäfte treiben und daraus ihr gewöhnliches Gewerbe machen. Art. 831. Die Handelsgerichte erkennen i I) über alle Strcitigkei. tcn, welche sich auf Verpflichtungen und Vereinbarungen unter Han. dcltreidenden, lkaufleuten und Wechslern beziehen; —2> zwischen allen Personen, über Streitigkeiten, welche sich auf Handelsgeschäfte be ziehen. Art. 818. Die Mitglieder der Handelsgericht- werden in -i. ner Versammlung gewählt, die aus den Notabeln der Handelsleute und hauptsächlich aus den Chefs der ältesten und wegen ihrer Recht, schaffenheit, Ordnungsliebe und soliden Geistes am meisten cmpfeh. lungswürdigen Häuser zusammengesetzt ist. Art. 820. Jeder Handelsmann kann zum Richter oder zum Er. gänzungSrichtcr ernannt werden, wenn er dreißig Jahre alt ist, und seit fünf Jahre» mit Ehre und Auszeichnung Handel treibt. Der Präsident muß vierzig Jahre alt sein, und kann nur auS den ehe maligen Richtern, diejenigen, welche bei den gegenwärtig bestehen, den Gerichten fungirt haben, und selbst die ehemaligen Handels richter mit einbegriffen, gewählt werden. Art. 823. Der Präsident und die Richter können nicht länger als zwei Jahre in ihrem Amte bleiben, und nicht eher, als nach dem Zwischenräume eines Jahre» wieder gewählt werden. »"> Art. 627, Die amtliche Mitwirkung der Anwälte ist bei den Handelsgerichten nntersagt; niemand kann bei diesen Gerichten für eine Partei da» Wort führen, wenn nicht die Partei, in der Au. dien; gegenwärtig, ihn dazu ermächtigt,, oder wenn er nicht mit einer Spezialvollmacht versehen ist. Es läßt sich darauf erwiedern, daß die Fälle, welche die Schiedsgerichte zu entscheiden haben werden, mit seltenen Ausnahmen ebenso gut und besser noch nach den Gesetzen des natürlichen Rechtes, das in der Brust jedes redlichen Mannes wohnt, als nach den geschriebenen Rcchtsbüchern beurtheilt werden können. Ich selbst bekenne, daß mir das Rechtsbewußtsein, welches in From mann, Erhard oder anderen Männern ihrer Art lebt, jedes geschriebene Gesetz auswiegt. Man kann aber nicht verlangen, daß Jeder diese Ueberzeugung theilc, und die Schiedsrichter selbst werden häufig in den Fall kommen, ein bestimmtes Gesetzbuch ih ren Entscheidungen zu Grunde legen zu müssen. Ich sehe nämlich voraus, daß sic auch Fragen zu beurtbeilen haben werden, die nicht auf der Oberfläche des buchhändlerischen Verkehrs schwimmen, die vielmehr tiefer in das Privatrecht eingreifen, wie dies z. B. bei dem ersten Fall in Stuttgart geschah. Dem Schiedsgericht wird ohne ein bestimmtes Gesetz buch der Boden unter den Füßen schwinden. Das Ver- ständniß und die Anwendungskunst der Gesetzbücher, welche in den Landen des thüringischen Krcisvereins zu Recht be stehen, erfordern, abgesehen davon, daß man sich erst über ein Bestimmtes vereinigen müßte, was leicht zu mancherlei Erörterungen führen könnte, sicherlich zeitraubende Stu dien. Mancher wird denken, das ist nicht unsere, das ist Sache des beisi'tzenden Juristen. Dadurch wird diesem aber ein so gewaltiger Einfluß cingeräumt, daß das Schiedsge richt leicht zur Form werden kann. Selbst dem unbefan gensten und verständigsten Laien wird es schwer, sich diesem Einflüsse da, wo für ihn die nähere Kenntniß der gesetzli chen Bestimmungen eine unbekannte Größe zu sein pflegt, zu entziehen. Das rheinische Handelsgesetzbuch ist kurz, klar und be stimmt. Kein anderes wird sich, in Verbindung mit den bezüglichen Artikeln des bürgerlichen Gesetzbuches und des preußischen Nachdrucksgesetzcs vom 1l. Juni 1837, besser als Grundlage für die buchhändlerischen Schiedsgerichte eig nen. Kein andere« gestattet eine so freie Bewegung und eine solche Unabhängigkeit von dem zünftigen Rcchtsgelchr- ten. Es ist darauf berechnet, ohne diesen gehandhabt zu werden. Mir scheint daher, daß ein wesentlicher Fortschritt zur Bildung der Schiedsgerichte in der Annahme dieses Gesetz buches liegt. Artikel 1 der in No. 94 des Börsenblattes abgedruckten Verpflichtung bedarf nur des Zusatzes, daß die Bestimmungen des rheinischen Handelsgesetzbuches bei den Urtheilen der Schiedsgerichte maßgebend seien. Kein Gesetz kann Privatleuten verdicken, sich zu vereinigen und unter sich zu verpflichten, daß bei Streitigkeiten auf ein bestimm tes Gesetzbuch gefußt werden solle. Je unabhängiger wir unsere eigenen Angelegenheiten zu ordnen wissen, um so sicherer stehen wir. Was dem rhei nischen Kaufmann möglich ist, die Handhabung des Gesetzes in kaufmännischen Dingen ohne Mit wirkung eines Juristen, das wird dem Kaufmanne in Schwaben oder Thüringen nicht schwer werden, beson ders wenn der Buchhandel die Grenze ist, innerhalb welcher die Wirksamkeit der Schiedsgerichte sich bewegen soll.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder