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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.12.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-12-14
- Erscheinungsdatum
- 14.12.1915
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- Deutsch
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MMMmHmWevViMaM r s^sa M.NIIr auch!- ^ Nr 2S0. UlAMuind^Är'lelMrettL'öeMUWnB'üctj'U Leipzig, Dienstag den 14, Dezember 19 iS. 82. Jahrgang. Redaktioneller Teil Sichre Freunde in unsicher» Zeiten. Von L. Niessen-Deiters. Nachdruck gestattet I Wo sind sie heute alle, unsre Freunde? — In diesen Zeit läuften, in denen selbst die Erdteile nicht mehr fest zu stehen scheinen? Wo hat dieser ungeheure Sturmwind sie hingewirbelt, — ge rade die besten, die treuesten, die wenigen, auf die man sich mehr verließ als aus sich selbst? Wohin hat diese Sturmflut sie ver schlagen, — auf welches Schlachtfeld, in welchen fernen blutigen Kampf, — in welche ernste Arbeit hinein, die bis zum letzten alle Kraft erfordert? Wo höchste Pflicht ruft, da darf es kein Wort der Klag« geben; gelassen lassen wir sie ziehen, auch die teuersten. Und doch brauchte man sie gerade jetzt so bitter nötig, die Freunde! Nicht die, mit denen man tanzte und lachte. Oder die man zu Festen bat oder denen man auf Festen begegnete. Nicht einmal die, die nur mit einem arbeiteten, — Berufsgenossen, Amts kollegen, Arbeitskameraden. Sondern die stillen; die bedäch tigen; die, die einem mitten in diesem tobenden, brüllenden, ver wirrenden Wirbelsturm helfen könnten, das Gleichmaß der Seele zu bewahren. Die, die einem selbst über diese Meere von Blut und Tränen hinweg die heitere Gelassenheit des Gemüts zu- lächeln könnten, die sonnigere Zeiten erfüllte und die in son nigeren Zeiten wieder aufleben wird. Die als freundliche Weg weiser den schmalen Pfad unbeirrbarer Menschlichkeit aufzeigen könnten, mitten im wilden Losbruch der Kräfte, in all den Wirr nissen von Kampf und Haß und Tod. Die in stillen Stunden der Sorge, in arbeitsvollen Tagen oder einsamen Nächten unsre Hand fassen, Ausblicke zeigen könnten in Tage, die gewesen sind, Tage, die wiederkommen werden, — Tage der friedevollen Ruhe, des heitern Genusses, Tage der feinen Geistesfreuden. Wir müssen sie ziehen lassen, auch die teuersten. Und wenn ja der eine oder andre noch da ist, steht nicht immer die stille Frage daneben: wie lange noch? Weiß man, welche ernstere Pflicht ihn weggerissen haben wird übermorgen, morgen, viel leicht schon heute? Weiß man, welche dringlichere Arbeit ihn ganz mit Beschlag belegen wird, vielleicht schon in dieser Stunde? Und dennoch steckt in uns allen, — in allen, die da rastlos arbeiten, die tapfer kämpfen, — und doch steckt noch in uns allen der Mensch der Friedenszeit, voll leiser Sehnsucht nach all den Dingen, die in so eisernen Zeilen unerreichbar werden müssen. Wer bleibt für diesen unfern allerinnersten Menschen übrig! Doch! Einer. Ein Freund bleibi! Ein stiller Freund, der nie ungefragt redet; der keine An sprüche macht; der mit dem bescheidensten Obdach zufrieden ist; der alle Schätze der Welt verschwenderisch vor einem ausbreitet und nie einen Gegendienst erwartet, — ein treuer, kluger, ein sicherer und unschätzbarer Freund: das Buch! Ist es zu begreifen, daß es Menschen gibt, die den Ankauf eines Buches für Luxus halten? Selbst unter der Klasse, die es für selbstverständlich hält, ihren Kleiderschrank, ihren Weinkeller, ihren Silberkasten mit dem Besten und Teuersten zu füllen? Die sür einen Hut, eine Vorspeise das Dreifache von dem ausgeben, was selbst ein teures Buch kostet? Oder sollte der Krieg auch da eine Umwertung der Werte vollziehen: sollten sie begreifen, was in ernsten Zeiten das bessere ist: der Kleiderschrank, der Wein keller, der Silberkasten, — oder aber der Bücherschrank? Sollten sie begreifen, daß, wer den letzteren pflegt, nie allein ist, — nicht in Einsamkeit und Sorge, nicht in Freude oder Kummer, sollten sie begreifen, daß der aufrichtige Bücherfreund in der Verwir rung nicht unsicher und in ernsten Fragen nie ganz ohne Rat ist? Da stehen sie, die stummen Freunde, die doch aus eine kleine Handbewegung hin so beredt werden, — zu erzählen beginnen, zu raten, zu lächeln, zu träumen, zu fragen Auch dir beginnt stellenweise der Boden zu schwanken, du aufrechter und eiserner Mann der Pflicht und der Tat? Selbst du erbebst zuweilen vor dem Allzuungeheuren? Sieh hier: hier reden die ernsten Geister zu dir, die vor dir der strengen Herrin gedient haben, in deren Händen der Kranz der Unsterblichkeit leuchtet! Du stehst verwirrt vor all den neuen, immer heftiger an drängenden Aufgaben, du Frau mit dem willigen Herzen und der mangelnden Schulung? Es fehlt dir, sagst du, die Möglichkeit, die Gelegenheit, dir bei den Erfahrenen Rat zu holen? Aber hier hast du die Summe all dieser Erfahrung! Für eine lächer- lich geringe Summe, vielleicht für soviel, als du sonst für ein Paar Handschuh ausgibst! Und du, meine liebenswürdige schöne Freundin, die du in Heller Friedenszeit deine Freunde entzückst mit deinem auser lesenen Geschmack, — mit einer bezaubernden Farbenzusammen stellung, mit einer seltnen Blume im köstlichen Kelch, mit all den reizenden kleinen Feinheiten, die des Lebens anmutiger Schmuck sind, — du fühlst dich überflüssig und verwaist? Findest keinen Widerhall mehr aus deiner Welt? Sieh dich um! Da stehen alle deine Gefährten! Künstler aus allen Zeiten. Künst- lerlaunen — buntester Träume farbiger Glanz — übermütiger Lebenslust prickelndes Jauchzen — zu erstehen um den Preis viel leicht einer deiner kostbaren Blumen! Und du, Menschenkind, voll Sorge, innerlich wund von bit- term Kummer: du glaubst in Wirklichkeit dich verlassen? Scheust dich, die Fremden in deines Schmerzes Heiligtum blicken zu lassen? — Aber die milden und tiefen Worte der edelsten Herzen aller Zeiten erreichen dich !m Buche. Können dich erreichen und trösten und aufrichten, ohne daß du auch nur vor eines Menschen Auge deine Tränen zu profanieren brauchst. Und du, junger Mensch, der du dir in ernstester Zeit allein raten und helfen sollst: geh nicht auf die Gasse mit deinen Fra gen! Halte dich lieber an das Buch. Findest schlechte Gesell schaft da draußen, die dir wenig helfen kann. . . . Was sagst du? Es gibt auch unter den Büchern schlechte Ge sellschaft? Ja, freilich. Leider. Die Schundliteratur — Wie? Das ist es nicht, was du meinst? Was denn? Bitte, sprich dich aus. Was hält dich von den Büchern fern? Was ist es, das dich verwirrt, dich unlustig macht, was dich veranlaßt, dein Geld in Gott weiß was anzulegen statt in Büchern? So! — Der Kitsch, sagst du. Diese furchtbare verwirrende Masse Kitsch. Hm. Laß' mich überlegen. Weiß Gott. Du hast nicht unrecht. — Es ist eine schauerliche
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