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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.01.1869
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- Erscheinungsdatum
- 07.01.1869
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- Deutsch
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4, 7. Januar. 47 Nichtamtlicher Theil. ist dann nur der Form nach ein artistisches und im Wesen ein literarisches und buchhändlerischcs Product." Man sicht also, die Definition dessen, was unter einem artisti schen Werke zu verstehen, geht hier vom Zweck aus, das Mittel der Herstellung ist gleichgültig; denn mit dem nämlichen HersteUungs- mittel, dessen ich mich zur Hcrvorrufung eines Werkes der bildenden Kunst bediene, kann ich unter Umständen auch ein literarisches Werk im eigentlichen Wortsinne produciren. Der Zweck des Kunstwerkes ist das sich stets Gleichblcibcndc, er ist der ruhende Pol, um dcu sich das Mittel seiner äußeren Herstellung in steter Wandelung bewegt, daher der Zweck der allein feste Grund, auf dem der Begriff des Kunstwerkes zu construiren ist. Diese Ansicht steht in der einschlagenden Literatur nicht allein. In den Motiven zum norddeutschen Gesetzentwurf heißt es in dieser Beziehung: „Mandrh und mit ihm viele süddeutsche Gelehrte wollen als Kriterium den vorwiegenden Zweck des Werkes, nicht das Mittel der Herstellung angesehen wissen. Es soll das Werk dann den Werken der bildenden Kunst zugezählt werden, wenn cs vor wiegend dem Zwecke der ästhetischen Beschauung und nicht der Be lehrung, auch nicht dem Gebrauche (industrieller Zweck) diene." Gegen diese Auffassung nun erklären sich die preußisch-nord deutschen Motive, da dieselbe ihrer Ansicht nach bei vielen Werken über die industrielle oder künstlerische Natur Zweifel bestehen lassen soll. Deshalb entscheiden sie selber sich dahin, das Mittel der Darstellung als Kriterium dafür, was Kunstwerk sei und nicht, gelten zu lassen. Zeichnen, Malen, Modcllircn seien heutzutage bei uns die bekannten Mittel, durch welche eine künstlerische Darstellung hcrvorgebracht werde. Ein Wechsel, resp. eine Vermehrung dieser Mittel könne in der Weise cintretcn, daß eincTcchnik, die ursprüng lich anderen Zwecken als künstlerischen gedient, sich allmählich zum Kunstmittel erhebe, wie z.B. die Kunst des Ausschneidens inPapicr nachgerade als eine rein künstlerische Jllustrationsform Anerkennung gefunden habe. Der Sachverständige werde fast in jedem Falle mit vollkommener Sicherheit sagen können, ob ein Werk mit einem Mit tel hcrvorgebracht sei, das als ein künstlerisches, berechtigtes und übliches erscheine. Was aber als in dieser Art hcrvorgebracht befun den wird, gilt dem Entwurf als Werk der bildenden Kunst und soll den absoluten Rechtsschutz des Kunstwerkes genießen, also sowohl die Leistung, welche dem ästhetischen Genüsse, als diejenige, welche wissenschaftlichen Erläutcrungs- und industriellen Gebrauchszwecken dient. Damit würden wir dann am Ende derjenigen Benutzungsfrci- heit stehen, welche bis jetzt ans dem Felde literarisch-artistischer Schöpfungen so allgemein zu Statten gekommen ist. Eines weiteren Polemistrcns bedarf cs hier kaum. Die Zweck-Theoretiker werden schwerlich Neigung fühlen, vor den Mittel-Theoretikern des preu ßisch-norddeutschen Gesetzentwurfs das Gewehr zu strecken. Das kann zugegeben werden, daß es der Zweck-Theorie schwerlich gelingen wird, alle Ncchtszwcifcl darüber zu beseitigen, was vor dem Gesetze als literarisches und was als artistisches Werk zu behandeln sei. Auf ein solches Gesctzesideal wollen wir vor der Hand auch gern verzich ten und uns bescheidentlich daran erinnern, daß wir auf einem Rechtsgebiete stehen, auf dem die wissenschaftliche Forschung noch Manches zu leisten und sich vor allem einer genaueren Kunde des praktischen Verkehrs zu befleißigen hat, als dies bis jetzt geschehen ist; wenn wir uns nur nicht in Cardinalpunktcn versündigen! Letz teres läßt sich den Mittel-Theoretikern nachsagen, und wenn ihrer Ansicht entsprechend die Bestimmungen des neuen Gesetzes ausfallcn, so wird der norddeutsche buchhändlerische Verkehr genöthigt sein, in sich zu gehen und Grundsätze abzuschwören, nach denen er bis jetzt gelebt hat und bis auf die durch eine mangelhafte Gesetzgebung ge nährten Prozeßstreitigkeitcn gut gediehen ist. Die Männer der Zweck-Theorie haben aber vor den Männern der Mittel-Theorie nicht bloß das voraus, daß sich ihre Gründe ge schrieben ganz gut ausnehmcn, sondern sie befinden sich mit ihren Schlüssen und Folgerungen auch mit den Anschauungen der Praxis in Konformität. So bestimmt der Börsenvereins-Entwurf §. 44. all o., daß als verbotene Nachbildung nicht anzunehmen sei, wenn einer wissenschaftlichen Arbeit damit in Verbindung stehende Abbildungen beigefügt werden, sofern nur die wissen schaftliche Arbeit als der Hauptzweck des Werkes anzusehcn ist und die Abbildungen bloß den erläuternden und nützlichen Zu behör bildczi. Das ist also gerade das, worauf die Zweck-Theoretiker auslau- fcn: daß nämlich Abbildungen, welche nicht die Bestimmung und Eigenschaft haben, dem ästhetischen Genuß zu dienen, sondern die nur den Zweck der Erläuterung in wissenschaftlichen Dingen verfol gen, nicht als Werke der bildenden Kunst im gesetzlichen Sinne zu betrachten und deshalb auch nicht nach den strengen Grundsätzen des artistischen Rechts, sondern analog den Grundsätzen des literarischen Rechts gegenüber Citatcn, Anthologien re. zu beurthcilen seien. Natürlich erklärt sich deshalb der preußisch-norddeutsche Ent wurf in diesem Punkte auch gegen den Börsenvereins-Entwurf, denn nach der ihm zu Grunde liegenden Theorie kommt es auf den Zweck der Abbildungen nicht an; sind sie durch ein künstlerisches Mittel der Herstellung hervorgerufen, so gelten sie ihm als Werke der bildenden Kunst und genießen als solche den vollen artistischen Schutz. Die in §. 55. vorgesehene allgemeine analoge Anwendung der für die Lite ratur bestimmten §§. 1—38. auf das artistische Recht gibt keinerlei Sicherung auch gegen die strengste Durchführung dieses Grundsatzes, denn, wie §. 55. sagt, ist jene Anwendung nur soweit zulässig, als im artistischen Recht nichts Abweichendes bestimmt ist. Auffallend erscheint nur noch die Einwendung gegen denBörsen- vercins-Entwnrf, daß seine Bestimmung zu Gunsten dcrBenutzungs- frciheit von Abbildungen zu wissenschaftlichen Zwecken auch deshalb gefährlich sei, weil cs im einzelnen Falle überhaupt schwer sein dürfte, den wissenfchaftlichenZwcck als den Hauptzweck des Werkes zu erwei sen. Das ist denn doch eineMeinung, die sich kaum auf ausreichende Erfahrungsresultate stützen kann. Absolut Rechtszweifel zu verban nen, ist, wie schon oben angedcutct, vor der Hand ganz unmöglich auf dem Gebiete des literarisch-artistischen Rechts; man kann sie nur vermindern. Wenn es aber auf diesem Gebiete nichts Schwierigeres gäbe, als den wissenschaftlichen Zweck eines Werkes als Hauptzweck zu erweisen, so wäre leichter darauf zu wirthschaften, als Diejenigen zu sagen wissen, die sich eingehender mit den hier einschlagendcn Fra gen beschäftigt haben. Das mag nur noch kurz constatirt werden, daß der preußisch-norddeutsche Entwurf in den Abschnitten III. und I V. Dinge vor Nachbildung absolut schützt, bei denen sich in den von selbst verstandenen Grenzen notorisch weder die Möglichkeit einer vermögensrechtlichen noch personcnrechtlichen Schädigung Nachweisen läßt, so daß eigentlich nichts von dem übrig bleibt, was nach den eigenen Ansichten des Entwurfs zum Nachdruck und zur verbotenen Nachbildung begriffsmäßig gehört. Alles was bei solcher Benutzung zu beanspruchen ist, ist das Citat, die Nennung des Originalwerks, wie das Anstand und guter Ton bedingen. Abschnitt III. und IV. mögen demnach den Sachverständigen zur sorgfältigen Prüfung empfohlen sein. Anders steht zu befürch ten, daß wir einen Rückschritt und keinen Fortschritt damit machen. Zu den in diesem specicllen Falle competenten Sachverständigen ge hören aber nicht bloß Kunstverständige, Künstler und Kunsthändler, sondern auch Männer der Wissenschaft und Buchhändler. A. Schürmann. 7*
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