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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1843
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- 1843-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1843
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1153 35 1154 fahren, dann kann cs geschehen, daß, wie Frankfurt a. M., einst auch Leipzig von sich sagen muH, daß cs der Mittelpunkt des deutschen Buchhandels gewesen sei. Freilich ist der Zustand der Presse in den Staaten, die bei einer Veränderung zunächst in Frage kommen konnten, im Augenblicke wahrlich nicht von der Art, daß man sehr versucht wäre, sich daselbst anzusiedeln und sich den dortigen Gesehen zu unterwerfen; aber wir dürfen cs nicht vergessen, daß dieser Zustand sich ändern kann und daß dann allerdings ein Leipzig nahgelegener und vielleicht mit dem selben durch Eisenbahnen verbundener Ort ebenso gut eine» Mit telpunkt bilden wird, wie Leipzig. Daß in Sachsen nicht klar bestimmte Gesetze die Verhält nisse der Presse regeln, bedarf am wenigsten eines langen Be weises. Es ist zwar eine Instruction für die Ecnsorcn publicirt, zu der dann und wann Nachträge gegeben werden — die wirk samsten Nachträge und Ergänzungen finden leider statt in der Folge von Verweisen an die Sensoren, durch diese wird ein prac- tischer Commcntar zu der allgemeinen Instruction geliefert —, wir haben außer ältern Gesetzen besonders auch die berühmte Verordnung von 1836, und es ist darin ein Jnstanzenzug für die Angelegenheiten der Presse eingerichtet. Nichtsdestoweniger aber gilt bei den Entscheidungen der Censoren sowohl, als in Fällen, wo Reklamationen gegen dieselben stattsindcn, sowie da, wo Verbote und Consiscationen eintrcten, doch eigentlich bloße Willkür, administratives Ermessen. Man weiß in Sachsen nicht, was erlaubt, was verboten ist; heute läßt ein Censor in Leipzig stehen, was ein anderer morgen in Dresden streicht; und ist glücklicherweise die Ccnsur erlangt, so ist man deshalb doch nicht sicher, daß in Folge einer Reklamation von auswärts, oder weil die Kreisdircction oder das Ministerium selbst irgend einen Anstand entdeckt, nichteine Consiscation stattfinde. Der literarische Verkehr ist in dieser Hinsicht in einer ganz erccptionellen Stel lung. Alle bürgerlichen Verhältnisse, jeder Handelsverkehr ist durch Gesetze geregelt, und wenn auch Mancherlei gegen diese Gesetze erinnert werden mag, so weiß doch Jeder, daß, befolgt er sie genau, er vor jeder Verantwortlichkeit sicher ist. Nicht so beim literarischen Verkehr- Hierbei reicht die genaueste Erfül lung aller Vorschriften, soweit sie bekannt sind, nicht aus für den Schriftsteller, Verleger und Buchdrucker; es ist bisweilen nothwendig, daß Jemand außerdem noch ein Diplomat sei, um die feinen Beziehungen zu ahnen, die in einzelnen Fällen statt finden. Man kann sich freilich gegen die Entscheidungen der Censoren oder einer untern Behörde an eine Höhere Behörde wenden; aber man möge doch deshalb, weil vielleicht verhältniß- mäßig wenig Reklamationen eingchen, ja nicht glauben, daß kein Grund zu Beschwerden vorhanden sei. Es hat sich in dieser Beziehung der Schriftsteller, Buchhändler und Buchdrucker eine gewisse Trostlosigkeit bemächtigt, und man weiß schon, daß, wenn ein Censor Bedenken trägt, ein Ccnsurcollegium sehr we nig Neigung zu haben pflegt, die Verantwortlichkeit zu überneh men, und konsequent das Ministerium noch weniger die Verant wortlichkeit für das Ccnsurcollegium und den Censor. Und selbst eine reformirendc Entscheidung hilft in den meisten Fällen nichts, da dann in der Regel, trotz aller Beschleunigung, der Moment vorübcrgcgangen ist, wo das erlangte Recht noch benutzt werden kann. Die Behauptung: daß der deutsche Autor und Verleger mit doppelten Ruthen gepeitscht werde, indem erst die Censur die Gedanken verstümmele, er dann noch verantwortlich gemacht und gestraft werde, nicht auf dem Wege und nach den Entschei dungen der Justiz, nicht nach klaren bestimmten Gesetzen, son dern nur der Verwaltung, nur nach administrativem Ermessen — diese Behauptung ist auch in Beziehung auf Sachsen nur zu wahr. Lassen Sie mich hier einen Fall anführen, der die stattfinden den Verhältnisse darlegt, und ein solcher Fall kann nach der be stehenden Gesetzgebung jeden Tag sich wiederholen. Unsere Hand lung erhielt im Jahre 1841 das Manuskript einer Schrift über den Rhein von dem bekannten deutschen Schriftsteller Vcnedcv. Der Verfasser behandelte die Rheinfrage aus einem deutschen 10r Jahrgang. patriotische» Gesichtspunkte, und wie er auf der eine» Seite auf die Gefahren hinwies, die Deutschland von Frankreich dro hen, so warnte er auch gegen Rußlands Anmaßungen in Bezie hung auf Deutschland. Das Manuskript ward der Censur vor- gelcgt; diese strich Wehres und verlangte die Abänderung eini ger anderer Stellen. Dies wurde von dem Verfasser bewirkt und nun erhielt die Schrift das Imprimatur. Was erfolgte weiter? Als ein Eremplar der Schrift zur Erlangung eines Ccnsurschcins — der Beweis für die erlangte Nachccnsur — an die Kreisdircction gegeben wurde, nahm diese nachträglich an einigen Stellen gegen Rußland Anstoß, verweigerte den Ccnsurschein und verlangte die Weglassung dieser Stellen. Diese in einer schon durch die Censur gegangene» Schrift zu bewirken, hatte unsere Handlung keine Neigung und ohne Einwilligung des ent fernt wohnenden Verfassers noch weniger ein Recht. Die Schrift war schon gepackt und zur Ausgabe bereit, und auf unsere Wei gerung wurde daher an das hohe Ministerium des Innern Be richt erstattet. Anstatt, daß wir Recht erhalten hätten, erfolgte alsbald die Entscheidung: das Buch sei zu consiscircn und, wie der Ausdruck, soviel ich mich besinne, lautete, zu vernichten. Uns ward Entschädigung für Druck und Papier angeboten; da gegen die Zahlung des Honorars, das dazu erst gezahlt worden war, nachdem wir das Imprimatur erhalte» hatten, verweigert. Honorar wird nämlich in solchen Fälle», trotz der Ansichten der beiden Kammern bei Gelegenheit der Bcrathung über die Prcß- polizcivcrordnung von 1836, nie von dem Ministerin zugcstandcn. Nicht nur also, daß der Verleger, der nach erlangter Censur ein Recht auf den Vertrieb einer Schrift, ein Recht zu neuen Auf lagen erlangt hat, wesentlich in seinem Rechte gekränkt ward, so soll er auch noch das Honorar cinbüßen, das er in diesem Falle schon gezahlt hatte, das er aber schon aus andern Rücksichten sich zu zahlen verbunden betrachten wird, wie denn auch wahr scheinlich eine hierauf basirtc Klage von sächsischen Gerichte» nicht für den sich etwa weigernden Verleger entschieden werden möchte. Obwohl nun nicht zu zweifeln ist, daß wir unfern Pro- ccß gegen den Fiscus gewinnen werden, da §. 31 unserer Ver fassung zu deutlich es auslvricht, daß Niemand gezwungen wer den kann, ohne volle Entschädigung sein Eigcnthum zu Staats- zwccken abzutreten, so ist doch aus dem Grunde, weil der Fis cus in der zweiten Instanz einen Termin versäumt und deshalb Restitution erlangt hat, der Proceß noch nicht beendigt. Wie sich übrigens von selbst versteht, hat der Verfasser seine Schrift in ihrer ursprünglichen Gestalt anderwärts erscheinen lassen und diese „zweite Auflage" ist sehr verbreitet. Sie können sich leicht vorstellcn, meine Herren, daß in die ser Weise ein Autor oder eine Buchhandlung in die crnstlichste Verlegenheit kommen kann, und haben sie sich dabei irgend ein Versehen zu Schulden kommen lassen, so sind sie des Anspruchs auf jede Entschädigung gänzlich, verlustig. Wie cs dann gehal ten wird und wie der Verleger dann froh sein muß, einen Ar tikel aus Gnaden verstümmeln zu dürfen, zeigt sich in dem nach folgenden Fall. Der Drucker der Schrift „Ungarn und Sieben bürgen" von Paget, die ordnungsmäßig ccnsirt worden war, lie ferte die Auflage an den Verleger aus, che er den Ccnsurschein in Händen hatte, und der Verleger gab die Schrift, weil die Zeit wegen des Jahresschlusses drängte, sofort aus- Da sich nun später Anstände ergaben und in Folge der Nachccnsur das Werk confiscirt werden sollte, wurde der Buchdrucker wegen zu früher Ablieferung zu acht Lage Gefängniß verurthcilt, was später in 50 Thlr. Geldstrafe verwandelt wurde, und der Ver leger mußte es als eine Gnade betrachten, daß ihm gestattet wurde, für das schon Censirte Cartons zu drucken. In Folge hiervon ist das in der Literatur Unerhörte geschehen, daß in diesem Buche im zweiten Bande auf Seite 81 — 89 folgt, auf Seite 215 — 226, auf Seite 381 — 386, auf Seite 415 — 422, auf Seite 431 — 436! Man hört auf der Ministerbank wahrscheinlich nicht gern das Wort Recensur und Nachccnsur, und in der Verordnung von 1836, wie überhaupt in ofsiciellen Schriften, wird dieses 79
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