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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1843
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- Ausgabe
- Band
- 1843-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1843
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- Deutsch
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1161 35 N62 gewiß, §. 35 der Vcrfassungsurkundc harrt noch der Zeit, die ihrem Organismus Leben und Gestalt geben soll, und, meine Herren, diese Zeit wird nicht ausblcibcn. Unser, ja Deutsch lands Recht auf freie Gcdankenmitthcilung, auf Preßfreiheit ist ein klarer Brief, von dreifachem Siegel verbürgt, wovon das eine dem deutschen Bunde, das andere dem deutschen Volke und das dritte dem Institute der Ccnsur selbst angehört. Wie schon erwähnt wurde, hat Art. 18 der Bundcsactc unter andern deni deutschen Volke versprochenen Rechten, ihm Preßfreiheit zu ge währen, zugcsagt, mit dem Bemerken, daß sich in ihrer ersten Sitzung die Bundesversammlung mit Abfassung eines Prcßge- setzes beschäftigen werde. Daß nun dieses Versprechen eine Wahrheit werde, diese Hoffnung findet sowohl in der Heiligkeit des Fürstcnwortes, als in der Eigenschaft des Volkes, als eines Rcchtssubjectcs, ihre Gewährleistung, eine Gewährleistung, auf deren Sicherheit das Vertrauen in dem deutschen Volke selbst, in seiner Geschichte und in seinem Culturzustandc eine kräftige Stütze findet. Man spricht häufig da, wo es sich um Gründe gegen Neuerungen handelt, von historischem Rechte gegenüber modernen Jnstuutioncn; man spricht häufig von Institutionen des Auslandes da, wo man das Verlange» nach zeitgemäßen Reformen bekämpfen will. Nun, meine Herren, lassen Sie auch uns einmal diese Gründe auf das Gebiet der vorliegenden Frage anwendcn. Welches Recht ist mehr historisch, ist älter, das der Freiheit, oder Beschränkung, der Censur? Welches Recht ist namentlich in Deutschland älter? Ich verlange nicht die Beant wortung dieser Frage nach der Zeit, wo unsre Geschichte aus dem Ncbelgebict der Sage tritt, ebenso wenig nach der Zeit, wo des Reiches Sccpter noch weithin an den Gestaden der Ost see, in Hclveticns Bergen und an Burgunds Ncbcnhügcln ge böte nein, ich begnüge mich mit Wenigem, ich verlange Ant wort auf die Frage aus der Geschichte der letzten Jahrhunderte. Damals war die Censur kaum dem Namen nach in Deutsch land bekannt; ihr Wesen, ihr Wirken, kurz ihr Ich kennen zu lernen, diese Gelegenheit hat uns erst die Neuzeit gelehrt, die jüngste Vergangenheit, welche den Riesendamm gegen die Wo gen der Gedanken aufzubauen unternahm, nachdem Deutschland durch seiner Völker Kraft von dcrHerrschaft der Fremden befreit, die Throne ihren rechtmäßigen Eigenthümern wiedcrgcgeben, und bezüglich genommen worden waren- Man will keine Institutio nen des Auslandes; nun gut, so sei man auch coniequent, so verbanne man auch die Censur, deren Namen schon den Fremdling verrärh, und für deren Bezeichnung selbst der über schwengliche Reichthum unsrer Muttersprache doch nicht aus reicht. Undcutsch ist die Ccnsur; jenseits der Alpen ist ihr Vaterland und ihr Erzeuger war ein Bischof zu Rom, des sen Versuch, den Geist zu beschwören, den Gutcnbergs Genius hervorgezaubert, durch Luthers Manneswort und Schrift in Deutschland vereitelt ward. Undeutsch ist die Censur, eine Gabe des Auslands, eine Schöpfung moderner Staatswcishcit, eine Institution, die umsoweniger in dem deutschen Volke wurzelt, je mchr dessen Denkungswcisc und Charakter ihr völlig wider strebt. Besonnen ist des deutschen Volkes Sinn, gebildet sein Verstand, tief sein Gemülh, fest seine Treue an seine angestamm ten Herrscher, so besonnen, so gebildet, so tief, so treu, daß es darin kaum eines seines Gleichen gibt. Und diesem Volke soll das Recht der freien Gedankcnmiltheilung vorenthaltcn wer den, das Recht, das alle deutsche ebenbürtige und civilisirte Sta tionen besitzen, Hochhalten und als das Heiligthum bewahren, in welchem die Bundcslade der politischen und bürgerlichen Frei heit steht! Ist denn aber, kann man fragen, Preßfreiheit wirklich ein Recht des Volkes? Fürchten Sie nicht, meine Herren, daß ich, um dies darzuthun, auf einen Beweis des so oft schon in der Sländeversammlung, wie in Büchern Bewie senen eingehe; nur Einiges will ich darüber bemerken. Wenn ich von dem Rechte freier Gcdankcnmittheilung sprach, so ver stehe ich darunter nicbt den Zustand einer Fessellosigkeit, einer Unveranlwortlichkeit der Presse; nein, ich setze dabei ein Prcß- ges.tz, das die Strafen auf die Ucbertretungen der Presse be zeichnet, wie ein Preßgeeicht, sei dies nun ein Schwurgericht, oder Verein, wie er vorhin angcdcutct wurde, als Bedingungen voraus. In dieser Voraussetzung aber trage ich kein Bedenken, die Preßfreiheit für ein Recht des Volkes zu erklären. Wie kann die Censur ein Recht sein? Sie, welche auf dem Grundsätze des möglichen Mißbrauches des schriftlichen Wortes fußend allen und jeden Gebrauch desselben ihrer Aufsicht unterwirft, welche alle Staatsangehörige, die geistig und sittlich Mündigen und Unmündigen vor ihre Schranken stellt und so den Zwang, wel cher nur das Mittel gegen Bedrückung und für Aufrcchlhaituug des Rechts sein soll, zum allgemein herrschenden Principe und daher zum Zwecke selbst macht. Man will diesem Nachthcile der Censur durch Censurgcsetze abhclfcn. Allein vernehmen Sic, was in dieser Beziehung ein gefeierter Staatsrechtolchrcr Deutsch lands treffend sagt: „Man darf lächeln, sagt Mohl in seinem System der Präventiv;ustiz, wenn ein Censurgesetz wegen der Achtung gepriesen wird, die cs für die Freiheit des geistigen Verkehrs an den Tag lege — die Aufgabe, ein Censurgesetz zu entwerfen, welches die Freiheit der Presse auf ihre eigentlichen Bedingungen beschränkte, ist ihrem Wesen nach unauflöslich. — So gewiß, fährt er weiter fort, das Urtheil über Gefähr lichkeit einer Schrift eine Wahrscheinlichkeilsbercchnung ist, so gewiß muß ein jedes Censurgesetz einer jeden Ausdehnung em pfänglich sein, die man ihm geben will." Dies sind, kann und wird man cinwenden, abstrakte Sätze, hier von um so ge ringerer Bedeutung, als unsere Presse ziemlich frei sei und sich in derselben mehrfache, nicht gerade erfreuliche Beweise von dieser Freiheit fänden. So höre ich Mehre sprechen. Allein ge setzt, unsere Presse sei jetzt weniger bedrückt; wer bürgt denn dafür, daß das Morgen dem Heute entspricht; wer bürgt dafür, daß die Censur, wie sie heute ist, morgen eben so werde gchand- habt werden? — Ich gebe zu, die Presse sündigt bisweilen, absichtlich und unabsichtlich, indem sie vielleicht hier Lehren ausbreitet, die, nur verneinender Natur, zerstören, ohne aufzu bauen, während sie dort vielleicht der Jmmoralität das Wort redet- Allein, was beweist dies? Beweist dies nicht ganz vorzüglich, daß die Ccnsur nicht geeignet ist, ihren Zweck zu erfüllen? Denn alle diese Erzeugnisse der Presse, worüber man zu klagen Ursache hat, waren und sind bisher der Aufsicht der Censur unterworfen gewesen und finden sich trotz der Cen- sur Unregelmäßigkeiten, Vergehen, Mißbräuche, so zeigt dies entschieden, daß das Werkzeug seiner Aufgabe keineswegs ge wachsen ist. Je klarer dies von Tag zu Tage wird, je mehr sich die Ucbcrzcugung verbreitet, baß bei dem Bestehen der Ccnsur wirklich strafbare Erzeugnisse der Presse ungestraft bleiben und bleiben müssen, wie ich gezeigt habe, je mehr sich» andcrntheils die Ansicht ausbildet, daß die Preßfreiheit gleich der Lanze Achill's die Wunden, die sie schlägt, auch zu heilen verstehe, desto mehr wächst in mir das Vertrauen, daß die Censur keine Zukunft in Deutschland haben werde. Ich will hier ebenso wenig das allgemeine Verdammungsurtheil, welches die besten Köpfe, die ersten Staatsmänner des Auslan des und des deutschen Vaterlandes darüber abgegeben haben, anführcn; nur Eins kann ich nicht verschweigen, die Worte, welche Arndt, der nun von zwei Königen wieder anerkannte Arndt, sprach, als er die lange zurückgehaltcne Stimme wieder erhob, und, was that er zuerst? An die Freiheit des Wortes, als ein Bcdürfniß Deutschlands, erinnerte er, „auf daß, wie er sagte, Engländer und Franzosen uns nicht die Geschichte unsrer eignen Zeit vorwcgnehmen, die Geschichte, von deren Lust und Leid Schule und Haus sich sättigen könnten, während uns jetzt erst nach 50 und 100 Jahren kaum die Möglichkeit bleibt, die Schatten des Lebendigen nachzumalen, wenn die, welche das Mitgclebte und Mitgethane hätten malen können, im Grabe längst stumm sein müssen. Alle Lichter aber sind dann längst erloschen, waran die Seelen sich hätten erwärmen und erleuchten können. Auch haben uns Franzosen und Engländer durch ein kühnes und freches Gemisch von Wahrheit und Prun- kereien selbst die letzten wenigen glorreichen Jahre schon verküm mert. Sie hauen darin großartige Lügen zu aus dickem und vollem Holze, und wir müssen noch die Spänchen verfeinern,
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