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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.05.1843
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 05.05.1843
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- Deutsch
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1209 36 1210 liegt; denn außerdem würde sich das Neue an das bestehende Alte angeschlassen haben. Das Neue hat aber nur einen Werth, wird nur dann gerecht, wenn es sich an das bessere Alte an schließt, im Sinne des bessern Älten geschieht. Ist man nicht! in dieser Versammlung, nicht bei der Regierung darüber ein verstanden, daß man bei allen Reformen auf historischem Boden stehen müsse? Damals hat man aber den historischen Boden verlassen, man hat Neues geschaffen, ohne sich der alten Rechte zu erinnern, und dadurch ist cs geschehen, daß wir um unsere besten Rechte gekommen sind. Durch die Knechtung und die schmachvolle Unterjochung der deutschen Fürsten und der deut schen Nation durch Napoleon, den entschiedensten Feind und empörendsten Zcrtrctcr der Rechte der deutschen Fürsten und Völker, den cs je gegeben hat, war es gekommen, daß die hei lige Scheu vor den in anerkannter Wirksamkeit bestandenen Rechten der Unterthancn verloren gegangen. Nach Bezwingung des Wclttyrannen durch die Völker wurden die Throne wieder frei, nicht so die Völker; bei diesen blieb's beim Bonapartis mus. — Wenn ich schon zu Anfang meiner Rede bemerkte, daß die Preßfreiheit die beste Gewährleisten» einer jeden Repräscn- tativvcrfassung sei, so mögen wir dies namentlich auch für wie gegen uns gelten lassen. Weshalb ist die Oeffentlichkeit der stän dischen Verhandlungen so unerläßlich? Wegen der Controlc, welcher auch die Stände bedürfen. Diese geschieht aber nur durch die öffentliche Meinung. Diese aber kann nicht entstehen, kann sich nicht bilden, wo nicht Freiheit der Presse besteht. Man hat es — increäibile ckictu — hie und da Übel nehmen wollen, wenn das Handeln und Streben der Volksabgeordncten der öf fentlichen Beurthcilung durch die Presse unterworfen wird. Meine Herren! Das Volk wird sich wahrhaftig nicht von Menschen, die es selbst gewählt hat, mit völligem Stillschweigen befehlen, Gesetze vorschreiben und das Geld aus dem Beutel bewilligen lassen. So lange man aus Deutschland kein Trappistcnkloster macht, so lange verzichte man auf ein solches Stillschweigen. Gegen seine selbstgcwählten Vertreter will das Volk reden dür fen. Es verlangt also Preßfreiheit auch gegen seine eignen Ver treter, und das von Rechtswegen. — Und ebenso nothwendig ist die Preßfreiheit für die Staatsregierungen. Durch den Preß- zwang und die Censur muß sie einem jeden wahrhaft ehrenden Lobe, einem jeden, volle Uebcrzeugung gewährenden Lobe entsa gen. Jean Paul sagt: „Ja sogar euer Lob gilt aus einem Staate Nichts, dem die Freiheit des Tadels gebricht." Eine ccnsircnde Regierung hat kein Organ, mittelst dessen sie auf die öffentliche Meinung cinwirken kann. Denn was sie in den Blät tern ihres Landes nicht streichen läßt, wird von den Lesern als halb amtlich, was sie aber streichen läßt, als ihr unangenehm genommen. Die inländische Literatur, die Zeitschriften verküm mern geistig und ökonomisch; das Publikum wendet sich an freie Blätter des Auslandes, und diese geistige Contxcbandc ist ge fährlicher, als die materielle. Auch hier erlauben Sie mir, wie der eine gewichtige Autorität anzuführcn, weil geachtete Staats- rechtslehrer und Publicistcn mit ihren Worten mehr Vertrauen einflößcn. Es ist dies der edle Freiherr v. Wangcnheim in der Schrift: „Die Wahl des Freiherrn v. Wangenheim zum Abge ordneten betreffend." Da sagt er: „Und wenn sich die wahre öffentliche Meinung in Deutsch land , welche Nichts will, als daß die Regierungen ihr Wort cinldscn, ihren Völkerschaften gesetzliche Freiheit lassen, die ge setzliche Gleichheit nicht verletzen, die Sicherheit der Rechte Al ler, welche jede wirklich wohlmeinende und wohlgeordnete Re gierung zu gewähren hat, auch wirklich gewähren, und daß sic die Sicherheit Deutschlands und dessen Wohl durch einen ächten Staatenbund nicht blos, wie seit l7 Jahren geschehen, verspre chen, sondern wirklich und wahrhaft gründen sollen, — wenn sich diese wahre öffentliche Meinung in Deutschland, welche keine Revolution, sondern nur Evolution will, und daher von dem Volke auf diesem Wege der Evolution Treue gegen den Regenten, Gehorsam dem Gesetze, Ehrerbietung vor der ord nungsmäßigen Obrigkeit fordert, — wenn sich dicse wahre öf fentliche Meinung in Deutschland nicht noch lauter, bestimmter, entschiedener und allgemeiner ausspricht, woran liegt es?" „Daran liegt cs, daß, weil der ehrliche Mann von den Rechten der Regierung nicht reden kann, ohne ihrer Pflichten, und nicht von den Pflichten des Volks, ohne auch seiner Rechte zu crwähüen, weil er Schwarzes nicht weiß, Saures nicht süß, Schlechtes überhaupt nicht gut nennen kann, die öffentliche und geheime Censur vielen solchen Männern den Mund verschließt. Dann erfährt der Regent nicht einmal, wo seine Minister in seinem Namen sündigen. Denn wenn die Männer der ächten Mitte nicht laut werden dürfen, so reden die Männer der Ex treme, welche, obgleich aus ganz entgegengesetzten Gründen, Nichts zu verlieren haben, allein; und während beide die öffent liche Meinung nicht auszusprcchcn vermögen, scheint dicse sich, aus Haß gegen das eine Extrem, dem anderen Extreme zuzu wenden, ohne sich ihm wirklich zugewendct zu haben. Denn man liebt deswegen die bittere Galle noch nicht, wenn man sie dem süßlichen Gifte Vorsicht! Nun aber setzt man die ganze Wahr heit in die Ausspruche des einen Extrems und die ganze Lüge in die Aussprüche des andern Extrems; idcntisicirt mit den Männern dieses Extrems die Männer der äHrcn Mitte, mit dem, dem Extreme angchörcndcn Journalismus alle» Journalis mus; mit dem Ungeistc wilder Volkshaufcn den Geist der Stän deversammlungen, und zeigt dann dem Fürsten ein gesetzliches und getreues Volk als ein ungesetzliches und untreues, und ver wandelt so, indem man Regenten und Volk gegen einander miß trauisch macht, die gesunde öffentliche Meinung in eine scheinbar krankhafte, und thut alles Mögliche, um diesen Schein in ein Sein zu verkehren." Meine Herren! Die Regierung, welche den Preßzwang übt, verliert immer mehr die Liebe und das Vertrauen des Volkes, wäre sie voll des reinsten Eifers für Volksbcglückung, weil sie das freie Urtheil scheut. Zwar kann unsere sächsische constitu- tionelle Regierung getrost sagen: „Wir brauchen das öffentliche Urtheil nicht zu scheuen, wir scheuen es in der That nicht." Ich unterschreibe das vollkommen; allein so vermeide man auch den Schein, so erkläre man Etwas nicht für nothwendig, für durch die Zeitverhältnissc geboten, was cs nicht ist. Das täglich wic- derkehrcnde Gefühl des Bcvormundetwcrdcns schwächt jene Liebe und Anhänglichkeit an die Regierung immer mehr, und die Cen sur hat nebenbei noch die Folge, daß sie gerade die Intelligen testen und geistig Mündigen am meisten erbittert. Die Regie rung setzt sich durch die Censur der Gefahr aus, nicht zu hören, was das Volk bedarf, sic erfährt nicht, was es drückt und be wegt, sic hört nicht die öffentliche Meinung. Und in welch zwei deutiges Licht stellt sich eine Regierung durch Preßzwang und Censur, indem sie nach Sinn und Wesen der Censur das ge wissermaßen gut heißt und autorisirt, was geschrieben wird. Ein auffallendes Beispiel davon werden nächstens unsere Kammer- vcrhandlungcn darbictcn. Um wieviel mehr ist dies in Zeiten > allgemeiner Aufregung der Fall, und daß Deutschland, daß ganz Europa in einer solchen Zeit lebt, wollen wir uns nicht verber gen. Ich unterscheide hier wohl zwischen faktischem Verhalt und der Idee. Es ist hier nicht der Ort, alle Ursachen und Veranlassungen derselben zu erforschen. Aber Niemand wird wohl verkennen, daß viele Völker zu größerer politischer Mün digkeit erwachsen sind, und daß sie darum die Erfüllung der Ver heißungen hoffe», welche in früherer sturmvoller Zeit von den Thronen gegeben worden sind, daß dicse Forderungen bald mil der, bald stürmischer gehört werden, und daß die Minister, wel che nicht darauf achten, schwere Verantwortlichkeit auf sich laden. Wahrlich! es thut endlich noth, namentlich im deutschen Vatcr- lande, daß diese Aufregung schwinde; daß volles Vertrauen zwi schen Fürsten und Völkern zurückkchrc. Einer der vorzüglichsten Keime dieser Aufregung ist aber nach meiner festen Ucberzeu- gung, ich wiederhole cs nochmals, daß die Verheißung der Preß freiheit nicht erfüllt wurde. „Niemand als wir," sagt Freiherr v. Wangcnheim, „kann wärmer wünschen, daß ein auf gemeinsamen Interessen der deutschen Fürsten und Völker gegründeter Bund erstehen und bestehen möge; Niemand als wir kann zugleich entfernter von dem Wahne sein, daß das Rechte, Schöne und Gute durch An wendung von gcwaltthätigcn Mitteln begründet, entwickelt und
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