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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.05.1843
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- Erscheinungsdatum
- 05.05.1843
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- Deutsch
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1205 36 1206 ganz Deutschland die Preßfreiheit nach dem 18. Artikel der deutschen Bundcsacte vom 8. Juni 1815, so beanspruchen wir Sachsen sie noch besonders nach §. 35 unserer Vcrfaffungsur- kunde. — Nach einer bekannten Rechtsregel ist ein nach Zeit und Umfang unbestimmt gelassenes Versprechen so bald und so gut als möglich zu erfüllen. Nach einem fast 12jährigcn Zeit räume sind wir aber noch da, wo wir vor dem Versprechen waren. Und daß, was den Umfang des Versprechens anbelangt, der vorgelcgte Gesetzentwurf eher jeder anderen Sache, als einem Preßfreiheitsgesetzr ähnlich sieht, darüber braucht man nicht erst einen Commenlar zu schreiben. Ist aber die Verfassung nicht das kostbarste Gcsammtgut für Fürst und Volk, die Gewähr leistung des gegenseitigen Rechtes, woran Fürst und Volk glei chen Antheil nehmen? Es ist also auch die Heilighaltung und die Erfüllung der Verfassung die wichtigste Angelegenheit für Alle — Fürst und Volk, die Minister, wie die Stände, haben hier alle gleiche Pflicht. Darum, meine Herren, wer für d>e Constitution, wer für eine einzelne Paragraphe der Constitution, wer für die Preßfreiheit spricht, der spricht nicht nur für das Volk, sondern auch für die Regierung. Es besteht aber diesen heiligen Bestimmungen entgegen nicht die Preßfreiheit, der Grundsatz, sondern die Censur, also das pure Gegentheil. Kaum kann es zwar fehlen, daß das, was hier gesagt werden muß, da und dort mißbcliebig ausgenommen werden wird; allein die freie Rede, die Rede der innern Uebcrzcugung ist ein uns ver trautes Gut, für dessen Nichtgebrauch wir eben so verantwort lich sind, wie für den bösen Gebrauch. — Der einzige Grund, der gegen die Preßfreiheit angeführt zu werden pflegt, besteht darin, daß sie oft mißbraucht werden könne und leider überall mißbraucht werde. Aber wir wollen dem Mißbrauch ebenfalls Schranken setzen, feste Schranken setzen. Diese Freiheit darf nicht die Rechte Anderer und das Sittengesetz verletzen, nicht die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden. Die Ucbcrschrei- tung dieser Grenzen, der Mißbrauch dieses Rechts muß der strengsten Bestrafung und Cwilentschädigung unterworfen sein. Die durch die Presse begangenen Verbrechen müssen sogar har ter geahndet werden, als die gewöhnlichen, weil ihre Wirkung weithin verbreitet ist. Denn eine Verleumdung, eine Ver letzung, ein Angriff, der mit der Schnelligkeit der Preßverbrei- tung geschieht, schlägt tiefere Wunden, als die mündliche Rede. — Dieser Gefahr vorzubeugen, ist jetzt die Censur bestimmt. Allein abgesehen davon, daß dieses Institut den Mißbrauch, wie wir alle wissen, nicht hindert, so hat es auch große Nachtheile und Rechtsverletzungen in seinem Gebiete und Gefolge. An die Stelle der Censur sollen zur Abwendung des Mißbrauchs der Presse die strafenden Gerichte treten, und zwar wegen der cigen- thümlichen Verhältnisse der Presse am zweckmäßigsten die Ge- schwornengerichle. Wir weisen also gänzlich zurück die Beschul digung, als verlangten wir eine unbeschränkte Freiheit der Presse; auch wir fordern die Beschränkung derselben; aber nicht durch die Willkür, dies ist der unauslöschliche Charakter selbst der so genannten liberalen Censur, sondern durch das Gesetz, was oft noch härter sein mag, als die Censur. Denn gerecht ist der Abscheu gegen den Mißbrauch der Presse und gegen die Preß- srcchheit. Allerdings kann die Frcihcir der Presse zu den tiefsten Abscheu erregende» Mißbräuchen übergehen. Wie in allen mensch lichen Dingen, so ist auch hier der böse Wille zu fürchten. Was ist aber im menschlichen Leben Großes und Edles nicht miß braucht worden, was kann nicht gcmißbraucht werden? Sollen wir die Religion abschaffen^ die Kirchen schließen, weil sie auch unzählige Mal entsetzlich mißbraucht worden sind; sollen wir das monarchische Princip, das Königthum für verwerflich erklären, weil es oft in Sultanismus ausartete und zur Unterdrückung der Menschenrechte mißbraucht wurde? Können wir die heilsam sten Einrichtungen und Anstalten des Staaies entbehren, weil so oft Unheil aus ihnen hervorgeht, und sie für Einen oder den Andern mit Beschränkungen und Beeinträchtigungen verbunden sind? Ueber die Mißbräuche darf man die Wohlthatcn nicht ver gessen, und das Nothwendige muß man um so mehr beibehaltcn, wenn die Letzteren die Nachtheile der Ersteren aufwiegen. Daß aber alle Erscheinungen des Mißbrauchs der Presse, als Der- Icumdungcn und empfindliche Verletzungen von Privatpersonen, Angriffe der Religion und Sittlichkeit, Verbreitung von Lchrcn, welche dem Staate im Ganzen oder der Staatsrcgierung nach- thcilig sind, welche die Grundsätze der Ordnung untergraben, Liebe und Vertrauen der Unterthanen zu ihren Fürsten erschüt tern, auch in solchen Ländern Vorkommen, wo die literarischen Erzeugnisse der Censur unterliege», das wird Niemand leugnen, das ist eine tägliche Erfahrung, eine Erfahrung aller Zeiten und Völker. Eine Maßregel aber, die neben dem Vorwurfe der größten Ungerechtigkeit auch noch der der Unzweckmäßigkeit trifft, die wird Niemand für die Länge vcrtheidigcn wollen; es können sie höchstens außerordentliche Umstände auf Zeit rechtfertigen- Ich habe die Censur ungerecht genannt, weil sie eine jede Recht fertigung ausschlicßt, wenn der Ccnsor streicht, was ich geschrie ben habe. Ich kann mich ihm gegenüber nicht rechtfertigen, nicht beweise», daß er mit Unrecht gestrichen hat, weil die Er laubnis; der Veröffentlichung der Sache vor dem Publicum, die einzige Möglichkeit zur Rechtfertigung, mir entzogen ist. Will kür ist und bleibt der ausschließliche Charakrer der Censur, also eines Institutes, welches constitutionelle Staaten nicht kennen sollten; denn cs ist dem subjektiven Ermessen des Ccnsors über laßen, die Meinungen, welche er für schädlich, für irrig hält, nach seinem Belieben zu streichen. Ist cs aber nicht Hohn ge gen den menschlichen Geist, gegen die Gottheit selbst, einem Menschen das vernichtende Urthcil über die geistigen Erzeugnisse vieler tausend Anderer, ihm nicht Nachstehender, ihn vielleicht hundertmal Ucberragendcr cinzuräumcn? In einem constitutio- nellen Staate soll kein Bürger in der Ausübung eines wesent lichen Rechtes der Willkür eines Andern unterworfen sein, das ist ein Satz, welchen Niemand bestreiter. Wie will man nun diese Willkür bei dem unveräußerlichste» aller Rechte, bei dem Rechte, Andern seine Gedanken mitzutheilen, Belehrung zu geben und zu empfangen, rechtfertigen? Wie kann man einem einzel nen Menschen das Recht verleihen, nach Willkür die Gcdankcn seiner Mitbürger zu verstümmeln, zu verfälschen; und wie will man einer gebildeten Nation zumuthen, nur das als Wahrheit gellen zu lassen, was der Censor für wahr hält? Wie darf man sich in christlich constitutionellen Staaten erlauben, die freie Entwickelung der Keime und Anlagen zu hindern, welche die Statur und der Schöpfer in uns gelegt hat? Der Zwang der Geister ist eine wahre Versündigung gegen den Schöpfer. Hat man die Sklaverei des menschlichen Körpers, die Leibeigenschaft, für immer aufgehoben, sind wir der Sclaverei des Grundeigen- tbums, das heißt, den auf dem Grundeigenthum haftenden Lasten entgegen getreten, so werden wir auch wie aus einem Munde die Sclaverei des menschlichen Gcistcs, das heißt, die Unter drückung der freien Presse, die Censur verdammen. Denn jede Sclaverei ist eine Schmach; und da in dieser geehrten Versamm lung wohl Niemand leugnen wird, daß der Geist höher steht, als der Körper und das Grundcigenthum, so ist die Sklaverei des Geistes, die Unterdrückung der freien Presse, gewiß eine größere Schmach, als jede der beiden andern. Dies erkennt auch unsere Verfassung ausdrücklich an, indem sie dieser Skla verei ein Ende zu machen versprochen hat. Ja, wir fordern das Recht zurück, welches der Schöpfer und die Natur den Menschen gab, welches aber eine falsche und übel verstandene Politik der Negierungen ihnen nahm und bis jetzt vorenthiclt. Und welcher Nutzen wurde durch solche Maßregel den Regie rungen erzeugt? Wurden die Mißgriffe der Regierungen etwa weniger geladelt und angegriffen, weil dies im Verborgenen ge schah ? Konnte Vertrauen und Liebe daraus erwachsen, daß man die Erfüllung jener heiligen Versprechungen von Zeit zu Zeit hinausschob, daß man nur der Regierungspartei die Frei heit der Presse gestattete, alle klebrigen aber zum Stillschweigen verdammte? In Nichts trifft die Regierungen mehr der Ver dacht, in den Völkern keine anderen Meinungen als die ihrigen zuzulasscn, als in der Unterdrückung der Preßfreiheit. Wenn sich hie und da in Deutschland Stimmen von Unzufriedenen gezeigt haben,'so liegt der Grund vorzugsweise darin, daß jene 82*
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