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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.03.1843
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- Erscheinungsdatum
- 21.03.1843
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- Deutsch
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723 23 724 der Ausdruck der Ansichten eines Einzelnen, sondern das Organ der Gesinnungen einer Mehrzahl, nach Befinden! einer Gesammk-Tendenz ganzer Elassen der Bevölkerung sein sollen, so steht doch auf der andern Seile als Reprä sentant dieser Tendenz ein verantwortlicher Herausgeber dem Staat und dem Bolke gegenüber. Hiermit ist es aber un vereinbar, die Einheit dieser Repräsentation sofort zu einer Illusion werden zu lassen und ungeachtet seiner Vertretung durch einen Einzigen doch eine Vielheit von Verantwortlich-^ kciten im concreten Falle hervorzurufen. Dieses Argument gewinnt unstreitig noch an Bedeutung, wenn man erwägt, daß cs sich in allen Fällen, von denen hier die Rede sein kann, nur um ein durch das Medium der Presse begange nes Vergehen handelt: ein Vergehen, das seiner Natur und den Rechtsgrundsätzen nach nur an dem zu strafen ist, wel cher als gesetzlicher Vertreter dieses Mediums anerkannt ist. Die Verantwortlichkeit des Redactcurs würde aber eine blos nominelle sein und aller Wirkung entbehren, wenn wir nicht anzunchmcn berechtigt wären, daß er für das in sei nem Blatte durch die Presse begangene Vergehen einzustehen hätte. Die Presse, d. h. hier die einzelne Zeitschrift hat sich desselben schuldig gemacht und die Presse, d. h. der Ver treter derselben hat dafür die Verantwortung auf sich. Schon das hier dargelcgte Sachverhältniß spricht sonach dafür, die Verantwortlichkeit in dem bezcichnetcn Sinne als Regel anzucrkennen und cs daher als Grundsatz auszusprc- ^ chcn, daß der Rcdacteur zur Nennung des Verfassers eines anonymen odcrpscudonnmen Artikels nicht verpflichtet sei, so bald er die Last und die Folgen der Verantwortlichkeit auch ^ bezüglich dieses Artikels zu tragen bereit ist. Noch klarer dürfte sich aber die Zweckmäßigkeit, ja Nothwendigkcit die ses Anerkenntnisses Herausstellen , wenn man das Ungenü gende der gegenwärtig geltenden Vorschrift näher erwägt. Diese Vorschrift — wornach der Rcdacteur zur Namens nennung angehalten wird, wenn die Polizeibehörde diebe treffenden Aufsätze für beleidigend oder für Gegenstände strafrechtlicher Verfolgung hält — diese Vorschrift beeinträch tigt auf das Wesentlichste das gegenseitige Vertrauen, welches zwischen dem Rcdacteur und den Mitarbeitern statt finden muß: denn wie soll dieses Vertrauen Wurzel fassen, wenn kein Einsender eines Artikels davor sicher ist, wegen desselben gerichtlicher Belangung oder außergerichtlicher Vc- xation gewärtig sein zu müssen, weil die Polizeibehörde des Redactcurs diesen Artikel für einen Gegenstand strafrechtli cher Verfolgung erachtethat? Diese Vorschrift kann ferner bei öfterer Anwendung gegen dasselbe Blatt den Ruin der ganzen Zeitschrift hcrbciführen: denn wer wird bereit sein, z. B. das 'Amt eines Eorrespondenten aus gewissen Städten zu übernehmen, wenn niedrere Vorgänger nach einander in Folge icncs Zwangsverfahrens genannt worden sind? Diese Vorschrift verletzt nicht minder die moralische Stellung des Redactcurs, indem sie etwas nicht anerkennt, ohne welches keine Zeitschrift sich 'Achtung und Bedeutung verschaffen kann, das Redactionsgchcimniß: denn wie kann von der Bewahrung eines solchen ferner die Rede sein, wenn der 'Antrag eines Dritten hinreicht, um die Namensnennung zu erzwingen, dafern nur eine polizeiliche Erwägung indem betreffenden Aufsätze etwas gefunden hat, was die Einlei tung einer Untersuchung möglich macht? Diese Vorschrift ist endlich — und das dürfte vielleicht nicht das unwichtigste Argument sein — trotz aller Härte und Schärfe keineswegs geeignet, zu dem beabsichtigten Endzwecke zu führen: denn in vielen Fällen ist cs einer vorsichtigen Redaction leicht, ungeachtet sie jener Vorschrift Genüge leistet und in keiner Weise sich eine Ungesetzlichkeit zu Schulden kommen läßt, doch den wirklichen Verfasser des Artikels nicht der gerichtli chen oder außergerichtlichen Verfolgung Preis zu geben; und in nicht wenigeren Fällen wird auch gegen den wahren Verfasser, wenn er genannt ist, ein gerichtliches Einschreiten oder überhaupt irgend eine Maaßregel nicht thunlich sein. In dieser letzteren Beziehung ist cs zu wiederholten Ma len vocgckommen, daß derjenige, auf dessen Antrag eine solche Nennung erfolgt ist, von allem weiteren Verfahren gegen den Genannten abgesehen hat. Hier ist also nicht die Absicht, die denkbarer Weise jener Vorschrift allein zu Grunde gelegen haben kann, die Anstellung eines Rügen- ober Strafproccsscs zu ermöglichen, erreicht, sondern diese Vorschrift wird zum Deckmantel unedler Neugierde, wo nicht gar zum Werkzeuge noch unwürdigerer Handlungen, die wir schon oben als außergerichtliche Vexationen bezcich- ncten, gemißbraucht. Ganz anders, wenn dic.Vcrantwortlichkeit des Redak teurs auch in diesem Sinne anerkannt wird. Dann steht für den Einsender kein Mißbrauch des Vertrauens, für den Rcdacteur kein Zwang zur Verletzung des Rcdactionsge- hcimnisscs, aber auch für den, der durch einen Artikel sich verletzt fühlt, nicht die Gefahr zu fürchten, daß der ihm ge nannte Einsender außer dem Bereiche der gerichtlichen Ver folgung liege. Und doch verkenne» wir keineswcgcs die Bedenken, welche der unbedingten Annahme dieses Principcs entgegenste- hcn. So sehr wir dasselbe als Regel, als Grundsatz ausge sprochen zu sehen wünschen, so wenig können wir cs uns verhehlen, daß diese Unbedingtheit sehr gefährliche, dem Rechtsschutze, den der Staat verleiht, entgegenstehcnde Sei ten darbieten würde, und daß cs daher auch Ausnahmen von dieser Regel geben muß. Könnte man mit derselben Sicher heit, mit welcher man in der Rücksicht aus materielle In teressen ein selten fehlschlagendes Motiv zu erblicken vermag, auch aus die Kraft der geistigen und moralischen Interessen rechnen, so würde man vielleicht gar keiner solcher Ausnah men bedürfen. Denn die Ehrenhaftigkeit einer Redaction wird es nie gestatten, sich zum Werkzeug oder zum Com- pliccn solcher erwiesen straffälliger Handlungen hcrzugcben, welche das Wohl des Staates beeinträchtigen. Aber so lange cs, wie in allen menschlichen Verhältnissen, einer Garantie für das unfehlbare Vorhandensein dieser Ehrenhaftigkeit oder auch nur für die unfehlbare Einsicht, daß cs sich hier um eine solche handle, gebricht, wird der Staat so berechtigt als verpflichtet sein, an die Stelle dieser Garantie einen Zwang zu setzen. Daher glauben wir, daß in dem Falle ausnahmsweise die Redaktionen genöthigt werden können, den Verfasser eines Aufsatzes zu nennen, wenn dieser Artikel erwiesener Maaßen ein Staatsverbrechen in- volvirt.
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