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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1932
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1932-05-19
- Erscheinungsdatum
- 19.05.1932
- Sprache
- Deutsch
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2378 X: 114, 19. Mai 1932. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. Ein neuer Autor! Schöpfung aus männlicher oder weiblicherFeder? ^ * Die Ankündigung des neuen Romanes, dem diese Proben entnommen sind, wird am 21. Mai erfolgen. Sortimenter, die sich für das Werk einer neuen, höchst bemerkenswerten dichterischen Erscheinung interessieren, bitten wir, ihre Wünsche bezüglich Erlangung eines Leseexemplares, Durchführung besonderer Vertriebs maßnahmen, Prospektverteilung, Plakataushang anzugeben und sich mit uns auf Grund der für den 21. Mai vorgesehenen Anzeige in Verbindung zu setzen. „Geschmackssache", antwortete Wiesel und lächelte dünn. „Ihr Chef hat sich jedenfalls für die Französin entschie den. Übrigens nicht ganz ohne, daß ausgerechnet Peter Sieben eine Französin zur Frau nimmt. Die Franzosen sind unsere Erzfeinde, aber die Französinnen — da hat selbst der einge- schworenste Franzosenfeind seinen schwachen Rassenpunkt." Er machte eine Pause und schob den Arm unter Lerrn Mi- samer« Ellbogen. „Na, und darin geht die Richtung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einmal nicht auseinander I Sie haben sich ja auch für die Französin entschieden." „Ich!" fragte Lerr Misamer mit irritierten Tastorganen in Wiesels Überlegenheit. „Ja, Sie lieber Freund! Gestehen Sie eS nur. An jenem ersten Bowlenabend bei Schoppenpetzer verliebten Sie sich scharf in das Bild, ich meine, als wir die photographische Platts bewunderten und soweit eiwaS von der schönen Frau Madelon auf dem Negativ zu erkennen war. Als Mann hat man seine eigenen und oft seltsamen Exaltationen. Es wäre sehr nett, wir unterhielten uns noch ein wenig darüber. Wie wär'S, wenn wir beim Kern in der Weinschänke ,Zum Gebirg' ein gutes GlaS Bier tränken?" Lerr Misamer ließ sich fortziehen. Eine Glulwelle Lberiief ihn, ein untergründiger Schauer von Neugierde und Furcht, dennoch trieb ihn eine zähe Wachheit der Sinne an, sich in die Gefahren des von Wiesei angeschlagenen Themas zu stürzen. „Auf derartige Aufnahmen, wie sie die Platte zeigt, ver steht sich Schoppenpetzer ausgezeichnet." begann Wiesel im Weiterschreiten. „Zugegeben, daß er ein Meister in Trick aufnahmen ist, zugegeben, daß die Aufnahme in Karnevals stimmung und in einem Separe ausgenommen ist, aber niemals hätte eine Dame, die nicht wie Frau Sieben vom Theater kommt, verstanden, sich in dieser aufreizenden und zugleich charmanten Weise zu Produzieren. Die Platte ist ein Meister stück erotischer Bildnerei." „Die Platte", sagte Lerr Misamer, „... die Platte möchte ich haben." Wiesel lachte hell auf. „Da verlangen Sie nicht wenig I Schoppenpetzer will die Platte in die Postkartenserie Pariser Salon nach Paris verkaufen." „Nein!" sagte Lerr Misamer, während die Augen aus seinem Kopf sprangen und seine Lände zitterten. „Ich werde die Platte kaufen." „ Sie?" Wiesel zog das Wort wie an einer Leine aus. „Wovon, wenn ich fragen darf... werden Sie die Platte kaufen...?" Wovon...? Lerr Misamer sackte so klein zusammen, daß Wiesel über seine Schulter hinweg auf ein Lau« zeigen konnte, über dessen Eingang in transparenten Buchstaben „Zum Gebirg" stand. - „Wir sind angekommsn", sagte er. „Drinnen werden wir Weiler über die Sache sprechen." Die Gaststube war angefüllt mit Rauch. Stimmen und Rundfunkgeschrei, denn in das gewitterfeuchte „Gebirg", das der Maler Philipp Werum aus Gonsenheim nur als Land schaft auf die Laubenwand des Gartens hingezaubert hatte und das die Burgen Katz und Ehrensels zeigte, hatte sich niemand hineingewagt. Wiesel ging in den Garten. „Lier", sagte er mit zynischen Lächeln. „Lier können Sie die Lorelei singen hören! Überdies eine tropische Schwüle. Lasten Sie uns etwas Kaltes trinken. „Bringen Sie eine Flasche Kupfer berg Gold, Lerr Klemm! Aber gut frappiert, bitte!" Der Wirt hantierte unsanft mit einem Stapel verregneter Stühle, mit denen er die Aussicht auf die Burgen zu ver decken trachtete. Lerr Misamer hatte das Gefühl einer feind lichen Landlung, denn der Wirt sah ablehnend und verbissen aus, selbst der noble Auftrag auf eine Flasche Sekt lockte keinen freundlichen Blick au» seinen Augen. Warum bezeugte der Wirt seine feindliche Laltung Wiesel egenüber so deutlich? Wer war Wiesel? Wer waren die eute, die im Linterzimmer von Schvppenpetzsrs Atelier bei sammen saßen? Lerr Misamer besiegte die irrlichternden Ge danken, die noch immer um die französische Dame kreisten. Er dachte sachlich und scharf. Er vergegenwärtigte sich die Atmosphäre und Gespräche bei Schoppenpetzer, sah die zer rissenen Gesichter, der dort versammelten Menschen. Er über- leuchtete Wiesels Art, mit der er auf den Fang nach ihm ausging, und wußte mit plötzlicher Überzeugung, daß er in eine Franzosenfalle geraten war. Misamer stieg in den Führersitz zurück und fab noch einmal zurück: „Der ist tot", sagte er ganz, ohne Gefühl und Ver stand, „mausetot". Dann gab er Gas. Etwas freute ihn diebisch. Jetzt wußte er wieder, wie ein Motor auf Touren gebracht wurde. Lei, wie der Motor anzog. Jetzt brauste er los! Jetzt war alles qut. Bloß so still war es, so beängstigend, auldringlich still. Bei 80 Stundenkilometern sang doch der Motor sonst. Warum sang er nicht? Warum war es so totenstill? Warum schliefen alle Vögel? Warum schliefen alle Menschen? Gut, daß die Menschen schliefen, aber die Vögel...? Vögel singen doch, wenn der Tag anbricht? Die Sonne rückte schon dichter hinter den Wolkenspiegel. Der Limmelsrand färbte sich schon Heller. Warum wurde es noch stiller? Die Stille war nicht mehr zu ertragen. Er wollie schreien. Schreien war verboten, denn jetzt fuhr er in Laubenheim ein, und Menschen konnten aufgeweckt werden. Die Sliüe macht ihn wahnsinnig. Er horchte und horchte und hörte nichts, als sein Lerz pumpen. Laubenheim lag hinter ihm. Immer wilder begann daS Lerz Blut durch di« Adern zu pumpen. Zuviel Blut. Es rauschte. Es brannte. Rot stand vor seinen Augen. Die Land schaft tauchte in Rot. Die Läufer des nächsten Weindorfs kamen wie brennende Fackeln anspaziert. Das mußte Boden heim sein ... Stand Bodenheim in Flammen ...? Lust sprang ihn an, durch Flammen zu jagen. Er raste in das Dorf. Läufer wurden dunkel und tot...? Straßenzüge...? Das Gehöft des Cheis lag in tiefem nächtlichem Frieden? In die Vision von Feuer und Flammen funkte der Laß. Wie ... hier brannte es nicht? Peter Sieben« Kellereien lagen unangerührt von Flammen und üntergang .. .? „Dann so I" brüllte er, zog den Revolver, duckie sich auf die Lenkstange, entsiwerte den Lahn, feuerte von Wahnsinns vorstellungen angepeitscht, zwei, drei Schüsse in da« Ein fahrtstor von Siedens Gehöft. Er Hörle den Einschlag im Lolz, zuckte wie unter einem Einschlag ins eigene Fleisch zusammen und jagte von haßwlltiger Angst getrieben wie ein Amokläufer die Straße herab.
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