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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.05.1932
- Strukturtyp
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- 1932-05-07
- Erscheinungsdatum
- 07.05.1932
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- Deutsch
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105, 7. Mai 1932. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn Buchhandel. ob die deutschen Auslandgläubiger freiwillige Nachlässe einer ein seitigen Regelung vorziehen. Von deutscher Seite ist erklärt wor den, daß man solche einseitige Maßnahmen wle ein Transfer moratorium nur nach Fühlungnahme mit den Auslandgläubigern einleiten wlirbe. Insofern Ist es also verdienstlich, wenn Äuße rungen wie die des Basler Blattes die Öffentlichkeit auf solche Möglichkeiten vorbcreiten, die, wie nochmals betont sei, unseres Erachtens nur dann akut werden, wenn die Lausanner Konferenz zu keinem befriedigenden Ergebnis fährt. Freiwillige Zinsnach- lässe müßten sich in diesem Falle freilich in anderem Nahmen halten als die Vorschläge des Basler Blattes. Neben der Devisenfrage steht aber, unmittelbar damit zu sammenhängend, das andere Problem der grundlegcn- denEntscheidungüberdieRichtungderBinnen- Wirtschaftspolitik, das noch wichtiger und gerade jetzt durch den Rücktritt Warmbolds in den Brennpunkt gestellt ist. Es läßt sich kurz auf die Formel bringen: Ausfuhrförde rung oder Binnenmarktpslege. Das erste müßte zu gleich heißen: weitere Lohn- und Kostensenlung. Dabei wäre insbesondere auch der Abbau der Soziallasten endlich in An griff zu nehmen. Welche Gegnerschaften sich damit so fort erheben ist klar. Nachdem die Primitive Kaufkrafttheorie wohl als erledigt gelten kann, steht von dieser Seite her nur die A r b e i t s b e s ch a f f u n g im Vordergründe. Im Grunde han delt es sich dabei umcinFinanzierungsProblem. Die auf Jnflationsgesahr hinauslaufenden Projekte scheinen zurück gezogen zu sein, übrig geblieben ist zunächst der Plan einer Prämienanleihe zur Hervorlockung der gehamsterten Noten. Kann sie Erfolg haben? Viele sagen nein. Es ist danach auch noch der Gedanke einer eigenartigen, mit der Ausbringung der Soziallasten zu verkoppelnden Zwangsanleihe laut geworden. Das wäre aber nichts anderes als eine neue Steuer. Es geht schließlich im ganzen dabei um mehr. Kürzlich hat der Arbeits minister Stegerwald den Gesamtfragenkomplex in einem Vortrag in Erfurt recht deutlich dahin zusammengefaßt: Von Arbeitgeber seite werde er, so führte Redner u. a. aus, immer stärker gedrängt, den staatlichen Lohnschutz zu beseitigen. Solange er jedoch Ar beitsminister sei, lehne er ein solches Ansinnen nach wie vor nach- drücklichst ab. Die Handhabung der Lohnpolitik sei gegenwärtig eine der schwierigsten Staatsaufgaben. Die Arbeitgeber sähen in ihr eine der Hauptursachen der gegenwärtigen Wirtschafts erstarrung Deutschlands. In Arbeitnehmerkreisen sehe man in dem Staat weitgehend die Lohnsenkungsmaschine. Beide Annah men seien falsch. Die staatliche Lohnpolitik hat während der größten Krisis eines Jahrhunderts die Aufgabe, zu verhindern, daß bei der ungleichen Kräftelagerung der Lohn der breiten Ar beitnehmerschichten nicht ins Uferlose sinkt. Sie hat weiterhin die Aufgabe, die Parteien möglichst weitgehend zu freiwilligen Vereinbarungen zu bringen, das beiderseitige Verantwortungs bewusstsein zu stärken und dafür zu sorgen, daß der wirtschaft lichen Vernunft nicht der Weg »erlegt wird. Die gesetzliche Sozialversicherung, insbesondere die Arbeitslosenfürsorge und die Invalidenversicherung, befinden sich gegenwärtig in einer sehr schwierigen Lage. Für das Jahr 1932 fehlen den Fürsorge einrichtungen und Berficherungszweigen noch viele Hunderte von Millionen Mark. Mit Beitragserhöhungen und Steuererhöhun- gen ist dem Defizit nicht wesentlich beizukommen. Damit würde bei der gegenwärtigen Kreditlage und der überdrehten deutschen Steuerschraube nur neue Arbeitslosigkeit geschaffen. In den näch sten Wochen muß eine Kombination zwischen Arbeitsbeschaffung und Arbeitslosenfürsorge gefunden werden, mit der wir über das Jahr 1932 hinüberkommen. Auch die Invalidenversicherung muß aus dem unmöglichen Schwebezustand der letzten Monate heraus kommen und ins Gleichgewicht gebracht werden. Aus längere Sicht gesehen, werden sich grundlegende Änderungen der gesetz lichen Sozialversicherung nicht vermeiden lassen. Heute steht die Sache so, daß mehr als die Hälfte sämtlicher Wähler unmittelbar Forderungen an den Staat stellen (Beamte, Pensionäre, Kriegs beschädigte, Arbeitslose, Invaliden- und Unfallrentner, Wohl fahrtsunterstützungsempfänger usw.). Dabei machen die Parteien, um Wähler zu bekommen, vielfach die größten Versprechungen, die praktisch nicht eingclöst werden können. So werden die Meir ichen ständig und abwechselnd dem Radikalismus von rechts und 372 links in die Arme getrieben. Bei solcher Praxis kommen wir, solange es in Deutschland Parteien gibt, die grundsätzlich den Gegenwartsstaat verneinen, nie zu einem gefestigten Staat. Ohne diesen ist aber keine blühende Wirtschaft und ohne letztere keine dauernd erfolgreiche Gewerkschaftspolitik möglich. Meines Erachtens kommen wir nicht darum herum, die Sozialversiche rung in steigendem Maße den Versicherten zu überantworten. Damit würde sowohl der Streit über die staatlich« Sozialpolitik und der Streit zwischen Arbeitgebern und Versicherten weit gehend zurückgedrängt werden können. Di« Arbeitgeber hätten einen durch Gesetz sestzusetzenden Beitrag zu entrichten, wofür sie in bestimmten Fragen mitzuentscheiden hätten, während für den Rest des Beitrags die Versicherten selbst aufzukommen hätten, wie ihnen auch die Durchführung der Sozialversicherung bei ent sprechender Staatsaufsicht einzuräumen wäre. Auf ähnliche Ge danken hat auch Oberbürgermeister vr. Goerdeler gelegentlich schon aufmerksam gemacht. Für die Festlegung der Wirtschafts politik scheint Stegerwald also eine Verknüpfung mit einer letz ten Endes in die Reichsreform ausmündenden allgemeinen Neuordnung aller staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse vorzuschweben. Dahinter stehen zweifelsohne berufsständischs Ideen, wie sie in der Encyclica Quadragesimo anno grundlegend entwickelt sind. Können aber jo tiefgreifende Wandlungen in die ser Krisenzeit angebahnt und erfolgreich durchgeführt werden? Was wird aus der Wirtschaft dabei? Der Rücktritt Warmbolds beweist, daß der eigentliche Vertreter der Wirtschaft in der Re gierung seine Unterschrift dazu zu geben nicht bereit ist. Richtet sich sein Protest wohl mehr gegen den Reichsfinanzminister, den auch jeiw Staatssekretär Schäffer ja verlassen hat, und erst in zweiter Linie gegen Stegerwald, jo liegen doch wohl im ganzen aber unüberbrückbare Gegensätze vor, die zu denken geben. Man könnte sich darüber hinwegsetzen, wenn nur endlich einmal ganz eindeutig klar gesagt würde, wohin denn nun die Reise gehen soll. Geschehen muß etwas. Auch hier gilt der Satz, daß mehr als ein Weg nach Rom führt. Welcher gegangen werden soll, kann gleichgültig sein (bis zu einer gewissen Grenze), sofern nur eben die Wahl mit festem Willen und eindeutig erfolgt. Die Wirtschaft wird sich darauf einstellen, wenn sie nur das Gefühl hat, nicht einer Utopie oder einseitigen Interessen geopfert zu werden, wenn sie nur die Hoffnung haben kann, vorwärts zu kommen. Wird aber das unentschlossene Lavieren ewig fortge setzt, dann kommt sie sicher unter die Räder. Zum Schluß jedoch vor allem noch eins: Wenn der neue Weg gewiesen ist, dann lasse man dieWirtfchaft auch sreiaus- schreiten. Fortgesetztes Gängeln und Drein reden hemmt dann ebenfalls nur den Erfolg. Aus dem Buchgewerbe ist im Augenblick kaum etwas Neues zu berichten. Die Neuproduktion war im April, an den Neu ankündigungen im Börsenblatt gemessen, ungefähr ebenso groß wie im selben Monat des vorigen Jahres (1930: 956 Einheiten, 1932: 959). Von einer wirklichen Belebung kann aber nicht die Rede sein. Alles ist notgedrungen auch hier auf Abwarten ab gestellt. Das entspricht der Lage, wie sie im ganzen vorstehend zu zeichnen war. Rogate-Sorinabend im Kaffeebaum. Seit Jahrzehnten ist zu Kantate der alte historische Leipziger Kasfeebaum nach dem Bcgrüßungsabend der Sammelpunkt eines kleinen aber auserwählten Kreises meist plattdeutscher und sächsischer Kollegen geworden. Er tagt dort unter dem Vorsitz der -Leipziger Lerche-, unseres lieben, allverehrten, bald 79sährigen Jünglings, unseres Hamburger Kollegen Ernst Mansch, der als geborener Sachse den Verbindungsmann zwischen Nieter- und Obersachsen barstellt. Auch Heuer zu Rogate entwickelte sich unter den Klängen des alten Lammerstraaten-Kasfcebaum-Staminliedes die alte Kantate- Stimmung. Buchhändler blinzeln immer wieder gern etwas in die Sonne, wenn sie ihnen auch in dieser Zeit so sparsam scheint, das ist ihre Eigentümlichkeit; sie legen gar zu leicht einmal ihren Sor gen-Ranzen ab und gedenken an dieser Stätte derer, durch die be scheidene Tat, denen es noch viel, viel schlechter geht. Im Mittelpunkt dieses Abends stand die Lehrlings-Prüfung, die praktisch hier zum ersten Male an den ergrautesten Buchhändler- Schädeln in ihrer Durchführbarkeit erprobt wurde.
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