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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.05.1932
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- 1932-05-07
- Erscheinungsdatum
- 07.05.1932
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105, 7. Mai 1932. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschu vuchhau-rl. soll, nicht gelingen wird. Sie befindet sich je doch selb st dabei in einem argen Dilemma. Soll mann sagte im Zusammenhang mit den oben zitierten Aus lassungen u. a. auch, die Sozialdemokratie erkenne den Volks spruch der preußischen Landtagswahlen an, aber sie habe leinen Grund, den Nationalsozialisten die Türen zu den Ministerzim mern zu öffnen. Die nationalsozialistischen Führer müßten sich durch erfolgreiche Koalitionsvcrhandlungen mit dem Zentrum schon selbst bemühen. Solche Verhandlungen «müden nur znm Ziele führen können, wenn die Nationalsozialisten sich positiv zum »System« einstellten. Im Jahre 1912 hätte die Sozialdemo kratie 112 von 393 Sitzen im Reichstag erobert, aber zur Be teiligung an der monarchistischen Regierungsgewalt sei sie nicht gelangt, weil sie eben das damalige »System« grundsätzlich abge lehnt habe. In einer ähnlichen Lage seien jetzt die Nationalsozia listen. Trotzdem warnte Sollmann zum Schluß nicht ohne Angst, das Zentrum werde wohl aus der Geschichte Italiens gelernt haben, wo der Faszismus auch mit einer Koalitionsregierung be gonnen habe, die dann den politischen Katholizismus entmachtete, und glaubte, prophezeien zu können, dieses Spiel werde sich in Deutschland unter ganz anderen soziologischen Voraussetzungen und außenpolitischen Bindungen nicht wiederholen. Severing aber schrieb neulich im Vorwärts u. a. von der Sozialdemokrati schen Partei: »Sie hat den stärksten Wunsch, sich einmal von der Last der Regierung recht gründlich erholen zu dürfen. Aber sie vergißt wicht, was sie dem Staate und dem Volke schuldig ist. Insbesondere kann es nicht ihre Absicht sein, das Zentrum in der Freiheit seiner Entschließungen irgendwie zu beengen. Vielleicht wird sie einmal gegen das Zentrum schwere Vorwürfe erheben müssen, wenn es den Nationalsozialisten ohne ausreichende Vor sichtsmaßnahmen einen Anteil an der Regierung überläßt. Sie darf sich also selber nicht dem Vorwurf aussetzen, sie hätte durch ungeduldiges Drängen das Zentrum zu verhängnisvollen Ent schlüssen genötigt.« Das Zentrum selbst wartet in kühler Ruhe ab und läßt die Dinge an sich herankommen. Wahrscheinlich stellt es dabei mit in Rechnung, daß niemand die Verantwortung wird übernehmen wollen, die schwebenden außenpolitischen Verhand lungen durch Überspitzung der Krise zu gefährden. Man hat also wohl mit einer nur langsam fortschreiten den Entwicklung zu rechnen, in die aber auch allerhand außen-, innen- und w i r t s ch a f t s p o l i- tische Überraschungen Hineinplatzen können, wofür der Rücktritt des Reichswirtschaftsmi nisters Warmbold bereits symptomatisch sein dürfte. Die Lage inGenf hat Minister Stegerwald eben sehr tref- . send in die wenigen Worte zusammengefaßt, es hätten sich dort in den letzten Tagen die Verhandlungen wieder einmal sestge- fahren und müßten innerhalb einiger Wochen von neuem flott- gemacht werden. In der Tat ist der Vorstoß der Amerikaner, aus den im letzten Bericht hier hingewiesen worden war, vorläufig völlig verpufft. Was das bedeutet, wird erst ganz deutlich, wenn man sich noch einmal in Erinnerung ruft, wie zuversichtlich die Amerikaner hinsichtlich des Erfolges ihrer Politik ursprünglich waren. Stimson erklärte bei seiner Ankunft in Paris am 15. April mit aller Bestimmtheit, die Abrüstungskonferenz werde mit einem greifbaren Resultat endigen. Einem Vertreter des Temps erklärte Stimson schon bei seiner Landung in Le Havre, daß seiner Überzeugung nach die Periode der wirtschaftlichen De pression zu ihrem Ende gekommen sei. »In den Bereinigten Staaten hat bereits eine neue Prosperitätsära ihren Anfang ge nommen, der Handel belebt sich. Ich glaube nicht an einen plötz lichen Wiederanstieg, aber ich rechne mit einer allmählichen Be lebung der Konjunktur.» Kellogg fügte dieser Erklärung hinzu, daß seines Erachtens die Staaten, z. B. auch die Vereinigten Staaten Amerikas, ihre Ausgaben allerdings weiter eingeschränkt halten müßten, damit sich die Bewegung ungestört entwickeln könne. Allein schon nach der ersten Aussprache zwischen Stimson und der französischen Regierung wurde in Paris von weniger offiziellen Stellen eingeräumt, daß die Unterredung zu einer hoffnungslosen Gegensätzlichkeit der beiden Anschauungen ge führt habe, die aus allen Gebieten der aktuellen Politik so ent- 370 gegengesetzt seien wie nur möglich. In der Abrüstungsfrage, in der Reparations- und Schuldenpolitik, in der Handels- und Kre ditpolitik find die Denkweisen der beiden Regierungen in der Tat völlig verschieden, und es gibt im Augenblick kaum zwei Länder, deren politische Mentalität stärker voneinander abweicht als Frankreich und die Bereinigten Staaten. Umgekehrt hat sich zwischen Amerika, England, Italien und Deutschland in Gens eine immer weitergehende Annäherung der Ansichten heraus gestellt. Während mit den amerikanischen Vertretern, wie aus Genf berichtet wurde, hinsichtlich der Reparationsfrage nament lich ihre Stellung zu Lausanne und den möglichen Ergebnissen der kommenden Reparationskonferenz besprochen wurde, haben die Unterredungen Vr. Brünings mit den Außenministern Eng lands und Italiens schon eine weitgehende Vorbereitung von Lausanne ermöglicht. Aus diesen Gesprächen ergab sich jeden falls volle Übereinstimmung darüber, daß nicht allein die Repa rationsfrage schnell, dringend und in einer Weise gelöst werden muß, welche die Welt befriedigt, sondern daß in Lausanne auch der Versuch gemacht werden muß, die in Unordnung geratene Weltwirtschaft wieder anzukurbeln. Allem Anschein nach wird die Lausanner Konferenz also nicht nur eine Reparationskonse- renz werden, sondern sehr umfassende Wirtschaftsverhandlungen bringen, dis sich aus die Handelspolitik der Staaten, das Wäh rungswesen und die Politik der Notenbanken erstrecken. Die Moratoriumsgerüchte, die im Zusammenhang mit den Verhand lungen verbreitet worden sind, treffen nach einer Darstellung des Vertreters der Kölnischen Volkszeitung in Genf nur insofern zu, als man Deutschland von französischer Seite ein zweijähriges Moratorium angeboten hat, während Or. Brüning gegenüber diesem Angebot nur daraus verweisen konnte, daß Deutschland nicht mit halben Maßnahmen und verklausuliertem Aufschub, sondern nur mit einer Endlösung gedient ist, und daß Deutsch land vom kommenden 1. Juli ab Nicht mehr zahlen wird, weil es nicht mehr zahlen kann. Auch jene Stimmen, die von einem »Junctim« zwischen Abrüstungs- und Reparationsfragen wissen wollen, gehen an der Wahrheit vorbei; ein solches Junclim wäre nach begründeter deutscher Auffassung eine schwere Gefahr, weil es eine neue Politisierung des Rcparationsproblems bedeu ten würde.« Auf die neuesten in Amerika verlautbarten Lösungs vorschläge für das Reparationsproblem lohnt es sich vorläufig noch nicht einzugehen. Es ist noch nicht zu übersehen, wie weit sie über den Wahlkampf hinaus werden eine Rolle spielen kön nen. Die Genfer Abreden aber schweben ja insofern ebenfalls noch völlig in der Luft, als Frankreich bisher seine Zustimmung versagt hat. Tardieu ist zur letzten entscheidenden Sitzung einfach nicht erschienen. Man hat insolgedessen alles weitere bis vor- läusig Mitte Mai vertagt. Stimson hat mit leeren Händen nach Hause fahren müssen. Der Vertreter der Kölnischen Volkszeitung schloß seinen Bericht vom 1. Mai mit den immerhin noch opti mistischen Worten: Wenn Lausanne eine Weltwirtschastskonserenz — freilich ohne die Amerikaner — werden wird, so dürste dort auch die Donau srage einer Klärung entgegengehen; wenn aber Lausanne noch keine Endlösung der Reparationsfrage bringen und damit auch noch nicht den entscheidenden Anfang zur Wirtschafts-Ankurbelung be deuten würde, so wäre die Gefahr ungeheuer, daß dann die Slld- ostftaaten der Ausgangspunkt für eine neue, schwerere und viel leicht allgemeinere Katastrophe würden, als sie im vergangene» Jahr von Slidosten aus über Europa hereingebrochen ist. Diese Gefahr hat man auch hier gesehen, und es ist zu hoffen, daß diese Erkenntnis, die sich namentlich bei den Engländern gefestigt zu haben scheint, dazu beiträgt, daß die verantwortlichen Staatsmänner alles daransetzen, um Lausanne zu einer wirklich ergebnisreichen Konferenz zu mache». Die Welt wartet darauf — einmal muß niit der großen Ausräumungsarbeit begonnen werden. Di« Vor bereitung dieses großen »Aufräumens«, das demnächst in Lau sanne und auch in Genf kommen muß, so eingeleitet zu haben, daß die deutschen Lebensnotwendigkeiten bei den künftigen Aus einandersetzungen verstanden und geachtet werden, das ist Sinn und Bedeutung von Brünings Genfer Aufenthalt gewesen. In der D o n a u s r a g e hat sich im übrigen augenscheinlich eine Wendung vollzogen. Es war bereits nicht ohne Bedeutung, daß Griechenland, als die Genfer Verhandlungen aus den toten
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