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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1932
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- 1932-06-04
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1932
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X- 128, 4. Juni IW. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. nicht überall so weit gelüftet, daß man schon in allem klar sehen könnte. Einiges steht aber doch fest. Die Erklärung des Zen trums, daß die Entscheidung im Reich liege, ist doch wohl so zu verstehen gewesen, daß es die Dinge in Preußen dilatorisch be handeln wollte. Mit der Geschäftsordnungsänderung konnte der Fortbestand der Regierung Braun gesichert gelten. Blieb aber in Preußen alles beim alten, so behielt Brüning auch im Reichs tag mit Tolerierung durch die Sozialdemokratie und die Reste der bürgerlichen Mitte die knappe Mehrheit, die er zum min desten für die immer neue Vertagung des Parlaments brauchte. Wie weit er der Zustimmung Bayerns und der anderen, süd deutschen Staaten sicher sein konnte, steht nicht ganz fest. Immer hin wird man sich zu erinnern haben, daß die bayrische Regie rung an dem Vorgehen gegen die Nationalsozialisten nicht unbe teiligt war. Auf jeden Fall gehörte zur Fortsetzung dieser Poli tik aber die Bereitschaft des Reichspräsidenten, die Regierung mit Artikel 48 der Verfassung beizubehalten. Aus den Äuße rungen der Zentruinspresse geht hervor, daß Brüning in dieser Hinsicht eine Festlegung des Reichspräsidenten herbcizusühren versucht hat, vermutlich für gewisse Zeit. Nachdem er sich für die Wiederwahl Hiudeuburgs persönlich so stark eingesetzt hatte, glaubte er das wohl verlangen zu dürfen. Die Zentrumspresse hat betont, daß Brüning eine solche Rückversicherung für die Stärkung seiner Stellung in Lausanne unbedingt brauchte. Hindenburg hat sich aber augenscheinlich so weit nicht binden wollen. Die Zentrumspresse führt das auf unverantwortliche Einflüsse und Jntriguen zurück. Seit Wochen wird über die »Generals-Kamarilla« geschrieben. Auch hier kam bezeichnender weise der erste Alarm aus Kreisen der Bayerischen Volkspartei. Billigerweise wird man aber doch prüfen müssen, ob nicht auch sachliche Gründe gegen eine derartige Festlegung vorliegen kön nen. Wer kann garantieren, daß es nicht zu Explosionen in Deutschland kommt, wenn sich die außenpolitische Lösung zu lange hinauszögert? Kann auf die Dauer grundsätzlich gegen eine ständig wachsende Bewegung regiert werden? Der Ein- slelluugsbcschluß des Oberreichsanwalts in der Landesverrats sache der S.A. verschärfte die Niederlage Groeuers. Wie dem allem aber auch sei, Brüning hatjedensalls aus der Absage Hindenburgs den Schluß gezogen, sofort zurückzutreten. Er wartete nicht ab, sondern übernahm es von sich aus, den Zeit punkt der Entscheidung zu bestimmen. Ob die sachlichen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Notver ordnungen so groß waren, daß sie nicht auszugleichen gewesen wären, muß dahingestellt bleiben. Sie betressen in keinem Fall Kernfragen, sondern im Grunde nur Dinge zweiter Ordnung, wenigstens soweit Einzelheiten bekannt geworden sind. Bis in die Reihen der Nationalsozialisten ist man sich unter allen Einsichtigen ja einig, daß augenblicklich nicht viel anders regiert werden kann, als es Brüning zuletzt getan hat. Umstritten ist schließlich nur Stegerwald gewesen. So ist aber der Kern der Kriseebeneinerei ne Machtsrage. Dafür spricht auch die starke Verärgerung, aus der weder Zentrum noch Bap- rischc Volkspartei ein Hehl machen. Fast will es nach einigen Andeutungen, namentlich aus Kreisen um Stegerwald, scheinen, als ob man jetzt schneller zu einer Verständigung mit Hitler bereit werden könnte. Kommt es zu Neuwahlen, so ist nicht aus geschlossen, daß sie gleich in diesem Zeichen geführt würden. Wie'würde sich aber Hindenburg zu einer siegreichen Koalition dieser Art stellen? Hoffentlich bleiben uns ernstere Erschütte rungen solcher Tragweite erspart. Angesichts so besorgniserregender Möglichkeiten hat die neue Rcichsregicruug keinen leichten Stand. Man braucht nur einen Blick auf die R e i ch s s i n a n z l a g e zu Wersen, hinter der die Finanznot der Länder, der Gemeinden, der Sozialver sicherung steht, um den ganzen Ernst der Dinge zu erkennen. Nach Mitteilung des Reichssinanzministeriums war Ende des Rechnungsjahres 1930 beim ordentlichen Haushalt ein Fehl betrag von 1190 Mill. RM vorhanden, von den, im Rechnungs jahre 1931 durch die außerordentliche Schuldentilgung 420 Mill. RM abgedeckt worden sind. Das Rechnungsjahr 1931 bleibt somit mit einem Fehlbetrag aus 1930 in Höhe von 458 770 Mill. istM belastet, wozu ein neu entstandener Fehlbetrag von 449,1 Mill. RM tritt, der sich aus einer Mindereinnahme vou 115,7 Mill. RM und einer Mehrausgabe von 333,4 Mill. RM zusaiumcnsctzt. Beim außerordentlicher! Haushalt betrugen im Rechnungsjahre 1931 die Einnahmen 21,7 und die Ausgaben 178,7 Mill. RM. Die Ausgaben überstiegen also die Einnahmen um 151,6 Mill. RM. Einschließlich früherer Fehlbeträge fehlte Ende 1931 beim außerordentlichen Haushalt noch Deckung für insgesamt 470,9 Mill. RM. Da in absehbarer Zeit mit einer Anleihe, bei der dieser Betrag in Rest zu stellen gewesen wäre, in dieser Höhe nicht gerechnet werden kann, ist der gesamte Fehl betrag des außerordentlichen Haushaltes Ende 1931 auf den ordentlichen Haushalt übernommen worden, so daß sich ein Ge samtfehlbetrag von 1690 Mill. RM für den Schluß des Rech nungsjahres ergibt, der nach den Vorschriften der Haushalts ordnung im Jahre 1933 abzudecken ist, wenn nicht etwas anderes bestimmt wird. Wie aber die dafür erforderlichen Mittel auf gebracht werden sollen, nachdem schon die Balanzierung des lau fenden Etats kaum mehr möglich erscheint, ist das große Rätsel. Daß mit bloßer Etatsiuathematik nichts zu erreichen ist, wurde hier schon oft genug betont. Trotz aller Widerstände und Be denken wird man doch um grundlegende Reformen nicht herum kommen. Daß die vom Kabinett Brüning noch vorbereiteten Notverordnungen dem bereits entsprochen hätten, kann man nicht sagen. Es befand sich darunter bekanntlich ein Arbeits- beschafsungsprogramm, für das neben dem Ertrag der geplanten Prämienanleihe Kredite in Anspruch genommen werden sollten, weshalb die Regierung sich Bürgschaftsermächtigung von 370 Mill. RM einräumen lassen wollte, ferner als ein wichtiges Teilgebiet der Arbeitsbeschaffung das Siedlungsprogramm, das zum entscheidenden Stein des Anstoßes geworden ist, und schließ lich eine Reihe von finanziellen Maßnahmen, Einsparungen in verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung und Erschließung neuer Steucrqucllcn. Das Finauzprogramm der Regierung setzte sich zunr Ziel, die kommunalen Finanzen mit einem Schlage zu sanieren; die Erwerbslosenlasten der Gemeinden sollten end gültig begrenzt, durch die Verdoppelung der Bürgersteuer soll ten für sie neue Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das Reich sollte die erforderlichen Mittel erhalten durch eine Abgabe zur Arbeitslosenhilfe aller Beschäftigten einschließlich der Be amten und Pensionäre, die zunächst mit 114 Prozent in Aussicht genommen war, zu deren Steigerung im Falle einer weiteren Verschlechterung des Arbcitsmarktcs die Regierung jedoch er mächtigt werden sollte. Die aus der Beschästigtensteuer herrüh- rcndeu Einnahmen sollten bei der Rcichsanstalt zentralisiert und von dort den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung zuge- lcitct werden. Auch sonst war beabsichtigt, notfalls unter weit gehender Emanzipation von den Parlamenten, die Haushalts führung der öffentlichen Körperschaften zu sichern. Die Erwcrbs- losenbeihilfen des Reiches an die Gemeinden sollten nicht nur von der restlosen Ausnützung aller Ersparnismöglichkeiten und Einnahmequellen, sondern auch vou einer regelmäßigen Prü fung der kommunalen Haushaltsrcchnungcn durch eine neutrale Stelle abhängig gemacht werden. Auch sollte die Reichsregic- rung ermächtigt werden, die Länder zur Anwendung der ihnen durch die Verordnung vom 24. August 1931 eingeräumten Rechte (Verorduungsrecht der Landesregierungen bezüglich der kommu nalen Finanzen) zu zwingen. Eine Veränderung des Landes finanzausgleiches zu ungunsten der Gemeinden sollte unterbun den werden. Die Frankfurter Zeitung, der wir diese Zusammen stellung entnehmen, bemerkte dazu: »Man mag gegen dieses Programm manches sagen können, aber wer seine Entstehungs geschichte verfolgt hat, weiß, daß es aus sehr eingehenden Be ratungen erwachsen ist und allen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen suchte. Die kommende Regierung wird an ihm schwerlich vorübergehen können, wenn auch zunächst die Tendenz bestehen dürfte, Ersparnisse durch Organisationsänderungen stärker in den Vordergrund zu stellen. Derartige Maßnahmen erfordern aber Zeit, während es die wichtigste Ausgabe ist, den solange hinausgezögerten Etat jetzt mit größter Beschleunigung zu er ledigen. Die Kassenlage bei den Gemeinden ist außerordentlich ernst, und von dort aus müßten binnen kurzem auch Kassen-
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