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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1932
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- 1932-06-04
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1932
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Redaktioneller TA Zur Wirtschaftslage. Von Pros. I)r. G. M e n z. s Regierungswechsel — Lausanne — Finanznot — Konjunktur — Buchgcwcrblichcs.j L e i p z i g, den 2. Juni 1932. Der Rücktritt Brünings und seine Ersetzung durch von Papen überschattet im Augenblick alle anderen Dinge. Auch für die Be urteilung der Wirtschaftslage ist dieser zunächst als Aus druck parteipolitischer Machtkämpfe anzusehende Vorgang von ausschlaggebender Bedeutung. Man wird sich dadurch aber nicht den Blick dasür trüben lassen dürfen, daß hinter diesen Veränderungen auf der offenen Bühne, so interessant und bedeutsam sie sein mögen, gerade für die Wirtschaft die längst bekannten, nur immer brennen der werdenden Krisenprobleme in unveränderter Dringlichkeit und mit ungemildertcm Ernst fortbestehcn. Ihre Lösung ver trägt längst keinen Aufschub mehr. Am allerwenigsten wäre eine Vertagung etwa mit Rücksicht auf parteipolitische Macht- und Prestigefragen zu verantworten. Der Regierungs wechsel scheint uns vielmehr überhaupt nur Zweck und Sinn zu haben, wenn dadurch die Lö sung der Krisenprobleme beschleunigt und tatsächlich gesichert wird. Die Aussichten dasür sind aber leider allem Anschein nach nicht sonderlich groß. Wenn man nämlich jetzt vielfach schon von einer »Zwischenlösung« und einem »llbergangskabinett« glaubt sprechen zu müssen, so läßt das befürchten, daß Einflüsse die Oberhand gewinnen könnten, die wirklichen Entscheidungen womöglich doch wieder zu ver tagen, bis ja, bis wann? Gerade dieses Verfahren kann die Wirtschaft nicht mehr vertragen. In der Aufregung dieser Tage fällt es nicht leicht, ein von parteipolitischen Einseitigkeiten freies und von Vorurteilen un getrübtes Bild der Zusammenhänge zu gewinnen. Dem Ver fasser stellen sich die Dinge so dar: Als Brüning seinerzeit die Regierung übernahm, ging die Rechnung dahin, daß er an den Mittelparkeien von den Volkskonservativen bis zur Staatspartei eine den, Einfluß der Sozialdemokratie das Gleichgewicht hal tende Stütze haben würde. Die durch alle diese Parteien gehende Querverbindung der Gewerkschaften von Lambach bis Aushäu ser, mit dem Übergewicht aus Seite der christlichen Gewerkschaf ten, sollte die Grundlage der Politik abgeben. Deren Exponent war der Arbeitsminister Stegerwald. Die Rechnung erwies sich als verfehlt, sobald die nationalsozialistische Bewegung die Par teien rechts vom Zentrum aufzureiben und auch der Sozial demokratie Sorge zu machen begann. Außerdem wurde die Stellung Brünings immer schwieriger, je mehr die Entwicklung der Wirtschaftslage die Gewerkschaftsintcrcsseu bedrohte. Hier stand das Arbeitslosigkeitsproblem überragend im Vordergrund. Je mehr Stegerwald den Gewerkschaften zumute» mußte, desto schwerer wurde es, die zur Mehrheit erforderlichen Parteien zu- sammenzuhalteu. Je weniger sich aber Brüning und Stcger- wald zu grundlegenden Wirtschafts- und sozialpolitischen Re formen nach der einen oder der anderen Seite durchzuringen vermochten, desto mehr verfiel die Wirtschaft. Die große Hoffnung Brünings blieb, aus der Außenpoli tik die Erlösung gewinnen zu können. Wie steht es um diese Hoffnung? Brüning hat nach dem verfehlten Unionsexperiment von Curtius die Führung der Außenpolitik selbst in die Hand genommen und hat unleugbare Erfolge errungen. Mit Hilfe MacDonalds brachte er Hoover zur Erklärung des bekannten Feierjahres. Er hat cs weiter ver standen, ein deutsches Nein in der Tributfrage so zu begründen, daß niemand Deutschland daraus einen Strick zu drehen wagen kann. Was jedoch noch völlig fehlt ist ein positiver Vorschlag, wie aus der Sackgasse herauszukommen sein soll. Das gilt nicht nur für die deutsche Politik, sondern auch sür alle andern. An einer Lösung ist die übrige Welt nicht weniger interessiert als Deutschland. Die Abkehr vom Goldstandard in England hat nicht den erwarteten Erfolg gebracht. Man hat in London Mühe zu verhindern, daß das Pfund schon jetzt wieder aus dis alte Goldparität steigt. Um dem zu entgehen, wirbt die City um Anschluß weiterer Partner an den Sterlingblock. Sie findet aber nicht einmal im Empire Anklang. Südafrika und Kanada gehen eigene Wege. Bei dieser Lage ist zweifelhast, ob die Ottawa-Konferenz einen Erfolg haben kann. Auf der anderen Seite steigt die Sorge, was werden soll, wenn der Balkan zu- sammenbricht. Auf die Gefahren im Fernen Osten sei nur im Borübergehen hingedeutet. Auch in den Vereinigten Staaten kommt man nicht vorwärts. Alle Krcditausweituugsmaß- nahmen sind bisher verpufft. Sie haben nur die Befürchtung vermehrt, daß doch auch Amerika den Goldstandard preisgeben könnte. Aller Unternehmungsmut, der die unerläßliche Voraus setzung für jede Ankurbelung der Wirtschaft ist, scheint verloren gegangen zu sein. Die Staatssinanzen sind nur mit größter Mühe in Ordnung zu bringen. Vor der Präsidentschaftswahl ist irgendeine entscheidende Wendung schwerlich zu erwarten. Selbst in Frankreich spjtzt sich die Lage immer ernster zu. Die neue 3ie- gierung hat ein böses Erbe zu übernehmen, und vorläufig weiß noch niemand, was eigentlich geschehen müßte. Im Grunde ge nommen läuft alles das nicht gegen Deutschlands Interesse. Die Zeit arbeitet zweifelsohne für uns. Aber es ist ebenso unzweifelhaft, daß Lausanne jetzt im Juni, sofern es überhaupt zur Konferenz kommt, die Lösung noch nicht bringen kann. Man sprach zuletzt von zwei Möglichkeiten: entweder soll die Erledi gung vertagt werden, und zwar für längere Zeit, durch einfache Verlängerung des Hoover-Moratoriums auf mehrere Jahre, oder Deutschland solle die sofortige Erledigung der Tributsrage erkaufen durch eine letzte, endgültige Abschlußzahlung, deren tat sächliche Begleichung auch noch sür einige Zeit gestundet werden könnte. Voraussetzung für eine solche Lösung war aber in jedem Falle, daß es gelang, eine vorherige Verständigung darüber zwischen Deutschland und Frankreich zustande zu bringen. Brü ning scheint an die Möglichkeit dessen geglaubt zu haben. So ist wohl seine Bemerkung von "»den letzten 100 Metern« zu ver stehen gewesen. Zunächst aber ist Tatsache, daß seit Ende vorigen Jahres jeder persönliche Kon takt zwischen dem Quai d'Orsay und der Wil li elmstraße gefehlt hat. Das hat den endlichen Erfolg von Lausanne vielleicht nicht in Frage gestellt, hat aber jeden falls wesentlich dazu beigetragcn, eine Klärung zu einem frü heren Zeitpunkt zu verhindern. Die Aussicht, daß durch den außenpolitischen Erfolg die Behebung aller Schwierigkeiten ge sichert werden würde, hat damit verständlicherweisc nicht gerade «ine Stärkung erfahren. Diese Verzögerung nun und die daraus sich ergebende größere Unsicherheit fiel aber um so schwerer ins Gewicht ange sichts der inncrpolitischcn Zuspitzung infolge der Lage in Preußen nach dem nationalsozialistischen Wahlerfolg. Noch ist der Schleier 4S7
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