für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. 60. Freitags, den 1. Juli 1842. Bruchstück aus dem Tagcbuche eines jungen Buchhändlers. Sortimcntshsiidlcr und Verleger mögen immer mehr der Wahrheit huldigen, daß sie alle Glieder einer Kette sind, berufen, einer wie der andere, das Reich des Lich, tes zu verbreiten. Th. Ensli». (S. Börscnbl. IM. S. 6.) Der Buchhändlerstand ist ein so achtungswerther, er habener und wichtiger in der bürgerlichen Welt, daß ich nicht begreife, wie es möglich ist, daß die meisten Men schen es für so leicht ansehen, Buchhändler zu werden, und selbst viele Principale es für eine Kleinigkeit halten, ei nen jungen Mann zum Buchhändler zu machen, wenn er lesen, schreiben und rechnen kann, und allenfalls einige latei nische Vocabeln gelernt hat. Der junge Mann wird ins Geschäft genommen, packt im ersten Jahr, trägt Zettel und Briefe herum, führt ein Leihbibliothekregister, verkauft auch wohl einmal wenn der Principal abwesend ist ein Schulbuch, falzt Journale, schreibt späterhin Rechnungen aus, trägt Fakturen in vorliegende Schemas, addirt und subtrahirt, und nach Verlauf von mehreren Jahren ist der Buchhändler fertig zum Heil der ganzen Welt- Hat der junge Mann irgend einiges Vermögen, so wird er es bald zu drückend und mit seiner Würde unvereinbar finden, län ger den untergeordneten Diener zu spielen, während er sein eigener Herr sein zu können glaubt. Mit Hülfe der ge priesenen Gewerbefrcihcit wird es ihm nicht schwer, die Eoncession zu Anlegung eines eigenen Geschäfts zu erlan gen und dies wird nun errichtet, unbekümmert darum, ob der näher oder entfernter wohnende Nachbar, der bisher selbst nicht im Ucberfluß lebte, darüber zu Grunde gehen sollte oder nicht. Der nun selbstständig gewordene junge Buchhändler strengt seine Kräfte an; ec findet das Sortimentsgeschäft mühsam und beschwerlich und —wenn überhaupt— doch nur langsamen Gewinn abwerfend, gern möchte er aber 9c Jahrgang. sein Vermögen so schnell als möglich verdoppeln, und siehe da, der Pastor, Schulmeister oder irgend ein Universal- Gcnie des Orts hat ein Buch geschrieben, um sich vor Schiffbruch zu retten. Das Ding hat einen großartigen Titel, eine verwegene Vorrede, der junge Buchhändler staunt, er kauft, bereichert den Meßkatalog, — und nach Verlauf eines Jahres verwandeln sich seine stolzen Hoff nungen, die Dukatenschiffe, die schon vor seinen lüsternen Blicken segelten, und auf ihn zuzurudern schienen, in häß liche Krebse. Verdrießlich sieht er den Autor an und sucht vergeblich nach Spuren seiner goldenen Zahlpfennige. Das Genie tröstet mit zuversichtlicher Miene und sagt ihm, es habe etwas Neues geschrieben, das sei gerade an der Zeit und würde Effect machen; in dieser Schrift sei der an dern Erwähnung gethan, und beide würden reißend ab- gehcn. Der Buchhändler läßt sich bereden, er greift nochmals in seines Beutels goldene Tiefen, langt einige des Genie's Durst beschwichtigende Doppellouisd'orc hervor, und ist kühner Pläne voll. Es vergehen mehrere Jahre, keine Mühe ist gespart mit den hoffnungecregenden Verlagsartikeln die Welt zu entzücken — kein Mensch entzückt sich — man ist zuletzt froh, daß der Krämer für einige Groschen die blanken schweren zu leichten Makulatur gewordenen Goldstücke ein- handclt, um sie zur Einwickelung von Käse und Häringen oder zu Pfeffecdütchen zu benutzen, so daß die Machwerke des Genies doch in der Thal noch etwas Piquantcs vor ihrem gänzlichen Verschwinden in das leere Nichts an nehmen. Seltsam! Von dem geistigen Pfeffer und Salze des Kritikers wurden die Schriften begrüßt, und flogen scheu zurück nach des Buchhändlers Elause, um zu ruhen; tre ten wieder ins Leben, nehmen wirkliche materielle Gewürze in sich auf, und werden wieder was sie waren, — Schatten. 111