für den Deutschen Buchhandel und für die mit lfm verwandten Geschäftszweige. H e r a u S g e g e b e n von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börscnvercins. ^1-102. Dienstags, den 23. November 1841. Ist das Volportircn erlaubt oder nicht? (Aus der Südd. Buchhändler-Aeitung.) ^Fortsetzung aus Nr. 95.f Wer hat eigentlich das Colpvrtiren, Hausiren, oder glimpflich ausgedrückt das „Reisen" auf Bücher so in Ver ruf gebracht, oder jenem Namen den Stempel der Gering schätzung und Verwerflichkeit aufgedrückt — das belästigte Publikum oder die in ihren Gerechtsamen gekränkten Sor- timentshändlec? Wohl beide, je nachdem wir Seiten, Arten jenes Verfahrens ins Auge fasten, deren es mehr giebt, als man beim ersten Blick wohl denken möchte. Einmal giebt es Verleger, die beinahe gänzlich verzichtend auf die übliche Weise des Verkehrs mit Collcgen, ihre Geschäfte in exten8o nur durch Reisende beweiben, dicccten Absatz gegen baarcs Geld an das Publikum dem gewöhnlichen langsamen Wege des Neuigkeiten oder s coml. Vcrsendens und der Messe- Zahlungen vorziehen: die sich so zu sagen freiwillig in den Bann der Collcgenschaft begeben, und aufalle Nachthcile der selben zu Gunsten ihres eigentlichen Handelsbetriebes ver zichtet haben ^—'Kaufleute, die mit Büchern handeln, wie mit jeder andern Waare. Wir nennen hier nur das biblio graphische Jnstitutin Hildburghausen, dieses für den Ferner stehenden so räthselhafte Etablissement, das, soviel wir wis sen, nur mit wenigen einzelnen Buchhändlern Verbindung hat und außerdem im In- und Ausland die mannigfachsten Eonnexivnen besitzen muß, um den erstaunenswerthen Absatz zu bewirken, von dem seine zahlreichen Pcospecte und Anzei gen fabelhafte Kunde bringen. Neben solchem Ricsen-Jnsti- tut gibt es aber noch gar vielerlei kleinere ähnliche Firmen, die sich auf Production einzelner, in einem mehr oder weniger ausgedehnten Bezirke um sie herum gangbaren Artikel be schränken, und hier alle Hebel der Ucberredungskunst in eigenen Reisenden aufbicten, einen Absatz zu machen, der oft weit über den vom ganzen Buchhandel bei anderen Büchern gehofften hinausgeht. Diese Klasse von Verlegern nebst 8r Jahrgang. ihren Reisenden fällt wohl außer den Bereich der Klagen des Sortimcntshandels, weil ec die fraglichen Artikel gar nicht als solche zu betrachten gewöhnt ist, die in sein Gebiet gehö ren : er ignorirt diesen Verkehr ruhig und hat er einmal einen Auftrag aus solchen Verlag zu effcctuiren, so betrachtet ec cs als eine Ausnahme, bezieht gegen baar oderaus zweiter Hand. Das Publikum ? auch dieses denken wir uns hier nachsichtiger: der Reisende wird bald seine Abnehmer kennen, weil er stets mit demselben „Genre" von Artikeln cinhcr- kommt, der Besuchte braucht nicht lange unschlüssig zu sein, ob er Hildburghauscr, Mergcnthcimer und ähnliche Erzeug nisse sehen, prüfen oder kaufen, will; er kennt sie bald und braucht deshalb den vertrauten Colporteur nur mit ein fachem Willkomm oder Dank zu begrüßen, ohne Zeit mit Anhören neuer, ungewohnter Lobpreisungen und Schilderun gen zu verlieren. Die nächste Klasse, die wir bilden, ist schon bedenklicher: es sind die sogenannten Provisions-Reisenden, die nicht Ei ner Handlung gleichgestimmtem Verlag sich widmen, sondern auf Bücher reisen, die in den meisten Fällen eben sie selbst plausibel oder einträglich finden, und diese Bücher für ihren Zweck von den Verlegern erhalten, oder zu erhalten suchen, hier freundlich begrüßt, dort kühl abgewiesen, je nachdem die Producenten zu einer oder der andern der Eingangs geschil derten Fahnen schwören. Diese Gattung, auch wohl Sub- scribentensammler im Allgemeinen genannt, denken wir uns, werden dem Publikum solche Besuche am meisten verleidet haben: es sind häufig Leute, die in irgend einem andern Beruf gestört oder herabgckommen sind, den neuen Erwerbs- zwcig nur aus Noch ergreifen und nicht selten schon in ihrem Acußcrn nicht eben die gewinnendste Empfehlung tragen: kommt nun ein solcher Gast zu einem muthmaßlichen Bü cherfreund und quält ihn mit sünfzigerlei Anerbietungen von Dingen, die ihm nicht Zusagen, heterogen und auch wohl gemischt mit Erzeugnissen, die einen offenen Ver- 193