Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1841
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- 29.01.1841
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179 9 180 und nur einzelne in sich abgeschlossene Nachrichten über die selbe mittheilen, ohne die Einigung der Ui8jecta mcmbru auch nur im Entferntesten zu versuchen. »" ' Aus den deutschen Blattern werden Sie bereits die Kunde erhalten haben, daß auch die letzte Spur der polnischen Uni versität in Wilna, welche ohnehin schon seit der Besiegung des polnischen Elementes bloß eine mcdicinische Facultät war, nun endlich ganz verschwunden ist, oder wie der kaiser liche Ukas sich ausdrückt,nach Kiew hinübergcpflanztwurde. Durch diese Maßregel der Regierung ist die polnische Presse in Lithauen ganz verschwunden, da vorzüglich die Jünger der Universität die einzigen Träger der schwachen, nachwachscnden polnischen Literatur waren. In dem blinden Eifer für russische Nationalität, ein Eifer, der alle Behör den, alle Beamten und die höhere Geistlichkeit beseelt oder zu beseelen scheint, wird nicht einmal die sonst gewöhnliche Nachsicht gebraucht, dem Erscheinen kirchlicher Schriften für das Volksbedürfniß kein Hinderniß in den Weg zu legen. Die römisch-katholische Kirche folgt dem Geschicke der polni schen Literatur hier in Lithauen, die Pforten der Typo graphie sind für beide fast gleich verschlossen. Mit rö misch- ik a t h o l i sch e n R cli gi o ns b ü ch crn in populärer polni scher Sprache wurde sonst von Kleinhändlern kein unbedeu tendes Geschäft gemacht ; man verband damit in der Regel auch den Vertrieb von polnischen Volksbüchern. Jetzt wird aber nur die kirchliche Literatur des griechisch-katholischen Kul tus begünstigt oder vielmehr geduldet, und der polnischen Bevölkerung bleibt nur die trübselige Wahl, entweder sich mit der russischer Nationalität ganz zu assimiliren, was ein großer Theil auch thut, oder jeder Theilnahme an Erzeugnis sen der Presse zu entsagen. In Lithauen, wo die Regierung Mühe und Kraft verwendet, um auch die matten Abendroth- strahlcn des polnischen Elements zu verdüstern und zu ver scheuchen, ist nicht von einer Strenge der Eensur, von einer Ueberwachung der polnischen Meinung die Rede, sondern nur von radikaler Antipathie. Jede Acußerung der polnischen Na tionalität durch die Presse, die Sprache des römisch-katholi schen Kultus, kurz alle Elemente, welche den Polen von den Russen scheiden, werden von der Regierung mit aller Kraft und Anstrengung in den Hintergrund gerückt, um ein einiges großes Slavcnreich vorzubcreiten, in welchem der russische Charakter den Grundzug bilden soll. — Eine nur um ein Geringes bessere Lage hat die polnische Presse in dem Groß- hcrzogthume Warschau. In diesem eigentlichen Polen vermag nun einmal nicht die Regierung, bei allem Fanatis mus für russische Sprache und Literatur, das polnische Ele ment zurückzuweisen; die polnische Literatur lebt da noch zu frisch, und schlägdnoch ihre Wurzeln in dem Herzen des Vol kes, als daß selbst die härteste Eigenmächtigkeit des Besiegers eine solche Fortschaffung, wie in Lithauen, vornehmen durste. Aber auch daselbst, wo noch vor zwei Jahrzehnten die polni sche Presse in ihren Erzeugnissen dH russische überragte, ist jetzt von keiner polnischen Literatur die Rede. Die Eensur im Innern, welche in ihrer Strenge dem eisernen Küstern Ge schicke des Volkes gleicht, und die harte, fast chinesische Ab schließung von außen, haben die Presse bereitsauf eine Uner- giebigkeit und Unfruchtbarkeit rcducirt, die selbst den Gleich gültigen in Erstaunen setzt. Wäre die Grenzsperre weniger streng und hart, so würde der norddeutsche Buchh a n - d cl an Polen einen trefflichen Absatzmarkt gefunden haben, da Empfänglichkeit genug bei diesem Volke vorhanden ist, während jetzt kaum die wenigen Handlungen in Breslau, Lissa, Rawicz und Posen einige Geschäfte zu machen vermögen. Wie viele Pressen im Posen'schen und in Schle sien hätten nicht durch den Druck der polnisch-nationalen Klassiker oder der Industrie-Literatur eine gcwinnreiche Be schäftigung gefunden, wenn überhaupt die politische Gestal tung dieses Landes dem einheimischen Schriftenthum günsti ger wäre! Aber die p o lnisch e Presse ist leider im gan zen ehemaligen polnischen Reiche stumm, selbst Krakau und Galizien, obgleich unter milderem Zepter, theilen hierin das Schicksal des übrigen Landes, und wenn in Warschau mehr als irgendwo gedruckt wird, so ist es nur jene flache in differente Literatur, welche auch die Sklaverei besitzen kann. Nur das Gcoßherzogthum Posen macht eine geringe Aus nahme, indem von Seiten Preußens dem Debit der polnischen Schriftwerke kein Hindcrniß in den Weg gelegt wird. Die deutsche Presse, so fern sie auch fremdländische Werke produ- cirt, der deutsche Buchhandel, indem er auch außerländische Schriftwerke dcbitirt, haben beidiesen Verhältnissen kein In teresse, die polnische Literatur in den Bereich ihrer Geschäfte zu ziehen. Nächst der p o ln isch cn Litera tu r in dem weiten Gebiete des Slavcnthums war seit der Erfindung der Presse die jüdisch ein quantitativer Beziehung die bedeutendste, obgleich diese Literatur nur räumlich zur slavischen gehört. Gegen zwei Millionen Hebräer, wie man hier zu Lande die Juden nennt, sind unter den Slaven verstreut, und die west lichen Provinzen allein, wie Bessarabien, dieKrim und die Länder jenseits des Kauk asus, haben sogar, nach der neuesten Statistik Rußlands, 1007 Gemeinden, 586 Syn agogen und 2377 Tempel- oder Rcligionsschulen der Be kenner des mosaischen Glaubens; diese unter sich durch Re ligion und Abstammung zusammenhängende Masse hat aber stets in einer geistig-literarischen Aeußcrung Ergiebigkeit und Fruchtbarkeit bewiesen. Von jeher waren deshalb jüdische Pressen in großer Anzahl über das Reich verbreitet; fast in jeder nur einigermaßen ansehnlichen Gemeinde gab es eine Druckerei, wo außer Ritualien zum Gebrauche der jüdischen Kirche auch andere Werke gedruckt wurden, und noch vor zehn Jahren zählte man ungefähr 60 solcher Druckereien, die ei nen bedeutenden Umfang hatten. Daß es in Bezug auf diese Literatur auch viele treffliche Schriftgießereien gab, ist nicht zu verwundern, da sämmtliche jüdische Druckereien die ses Landes ihren höchst bedeutenden Bedarf an Schrift nicht aus der Fremde her holten; aber merkwürdig und unbegreif lich schien es mir, daß in allen Druckereien keine Spur einer russischen Schrift sich vorfand, obgleich alle außer den hcbrä- schen Schriften auch deutsche hatten. Dieser Gestaltung der jüdischen Presse hat die Regierung, wie der polnischen, ein Ende gemacht; durch einen Ukas wurden sämmtliche jü dische Pressen Rußlands bis auf die in Kiew und Wilna geschlossen, ohne darauf Bezug zu nehmen, daß Tausende von Familien durch Vernichtung dieses Erwerbs zu Grunde ge hen und das geistige Leben einer so zahlreichen Religionsge nossenschaft dadurch vernichtet wird. So klar und einleuch-
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